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Redaktioneller Leu. Die Briefmarke des Vicrverbandcs. — Die Franzosen sind auf den Gedanken verfallen, eine gemeinsame »Entcntemarke« vorzuschlagen, mit der einfache Briefe nach allen Ländern des Vierverbandes zum Jnlandprcise befördert werden. Die finanziellen Bedenken, die man in Paris von England befürchtet, iverdsn durch den Hinweis ans den zweifellos gewaltig zunehmenden Briefverkehr unter den befreundeten Völkern beschwichtigt. Begeistert entwerfen sie bereits das Bild dieser Marke. Die vereinigten Wappen erscheinen ihnen für die Idee einer Völkerfreundschaft, wie sie der Krieg erzeugt hat, viel zu nichtssagend, man solle vielmehr in der Mitte der neuen Marke einige fest ver schlungene Hände anbringen, und im Hintergrund eine strahlend aus gehende Sonne, zum Zeichen, daß mit der Vereinigung der Mächte des Viervcrbandes und ihrer Verbündeten ein neuer Tag der Menschheits geschichte beginne. PersonlUnachriihten. Gefallen: im Kampfe fürs Vaterland in dem Ringen bei Dünabnrg Herr Alfred Sichler, Musketier in einem Neserve-Jnfantcrie- Ncgiment, nachdem er ein halbes Jahr schwerer Kümpfe in Rußland und Serbien glücklich überstanden hatte. Der Ver storbene war Prokurist der Namdohrschcn Buchhandlung in Braunschweig, die auch den Verlust eines zweiten Angestellten, des Herrn Rudolf N e i s e n b i ch l e r, zu beklagen hat. Von Geburt Oesterreicher, diente er als Korporal im Infanterie- Regiment Erzherzog Rainer und fiel im Herbst vorigen Jahres bei einem Sturmangriff in Galizien. Gestorben: am 24. März in Prcßburg im hohen Alter von 84 Jahren nach kurzem Leiden Herr Moriz Wigand. Mit ihm ist der letzte Rachkomme des ungarischen Zweiges dieser hervorragenden Buchhändlerfamilie ins Grab gesunken. Nachdem 1812 der erste Sproß der Familie nach Ungarn gekommen war, von dem aber keine weitere Kunde gegeben werden kann, gründete Otto Wigand im Jahre 1816 in Kaschan ein Buchhandlung, die er 1827 nach Budapest verlegte. Im Jahre 1833 kehrte er nach Deutschland zurück. Der Vater des jetzt verstorbenen Moriz Wigand, C. F. Wi gand, hatte zunächst in Ocdenbnrg ein Geschäft gegründet, sich dann aber dauernd in Preßbnrg niedergelassen. Hier kaufte er zunächst die Lippertsche Konkursmasse, später im Jahre 1836 die damals schon sehr bedeutende Landererschc Bnchdrnckerci, in der die noch heute be stehende Preßburger Zeitung gedruckt wurde. Damals blühte auch sein Verlag auf; in ihm erschienen außer den amtlichen Publikationen der evangel. Gemeinde A. E. mehrere Werke des Professors I. E. Schröer (als Jugendschriftsteller unter dem Namen Oeser bekannt), das Ofener Stadtrecht von Michnay und Lichner, des letzteren unga risch-griechische Lehr- und Lesebücher, ein großes deutsch-ungarisch- lateinischcs Handwörterbuch nnd viele Mittel- und Volksschulbücher. Auch die »Preßburger Zeitung« war in seinen Verlag übergegangen nnd erschien bei ihm von 1847—1861. Nach des Vaters Tode teilten sich dessen drei Söhne, Carl Friedrich jnn., Julius und Moriz Wigand in das weitverzweigte Geschäft. Julius ertrank 1867 bei einer Kahn fahrt in der Donau, worauf Earl Friedrich die Bnchdrnckerci über nahm, dem jüngsten, nunmehr auch dahingeschiedenen Bruder Moriz Sortiment und Verlag überlassend. Letzterer' hatte zunächst im väter lichen Geschäfte, dann bei Leykaul in Graz, I. B. Metzler in Stutt gart, Otto Wigand in Leipzig und Gebr. Jünecke in Hannover ge arbeitet. 1860 kam er heim nach Prcßburg und wurde Gehilfe in der Buchhandlung seines Bruders, die er 1867 selbständig übernahm, aber schon 1873 an Carl Stampsel verkauft hat. Er wirkte noch bis 1890 in der Bnchdrnckerci seines Bruders Carl, um sich dann ganz ins Privatleben zurückznzichen. H. Steiner, Prcßburg. Paul Schlcnthcr — Der Berliner Kritiker und frühere Direktor des Burgthcaters in Wien Or. Paul Schlenthcr ist am 30. April im 62. Lebensjahre gestorben. Von 1883 bis 1884 war er Redakteur bei der »Deutschen Literaturzcitung«, seit 1886 war er Theaterkritikcr der »Vossischcn Zeitung« und Leiter ihrer literarischen Sonntagsbeilagen. Nach einer zwölfjährigen Direktionssührung des Bnrgtheaters in Wien siedelte er 1910 wieder nach Berlin über als Kritiker des »Berliner Tageblatts«. Von seinen Werten wurden am bekanntesten »Botho v. Hülsen und seine Leute, eine Jnbilänmskritik«; »Frau Gottsched nnd die deutsche Komödie, ein Kultnrbild ans der Zopfzeit«; »Genesis der Freien Bühne«; »Der Frauenberuf im Theater«; »Gerhart Hanpt- niann«; »Bernhard Baumeister«; »Adolf v. Sonncnthal«. Ferner gab er mit G. Brandes und I. Elias die große und die Volksausgabe von Ibsens Werken in deutscher Sprache heraus; auch war er Heraus geber des siebenbändigen Werkes »Das neunzehnte Jahrhundert in Deutschlands Entwicklung« nnd der Biihneneinrichtnngen von »Goethes Faust II« und »Lessings Philotas«. Gustav Marchct f. — In Schlackenwerth in Böhmen ist in diesen Tagen der frühere österreichische Unterrichtsminister Or. Gustav Marchet, Mitglied des österr. Herrenhauses, den Folgen eines Schlag- anfallö im fast vollendeten 70. Lebensjahre erlegen. Von seinen fach- wissenschaftlichen Werken hat »Das Recht der Landwirte« weiteste Ver breitung gefunden. Schon früher politisch nnd parlamentarisch tätig nnd Mitglied des österreichischen Abgeordnetenhauses, wurde er im Juni 1906 anstelle des Freiherrn von Bienerth zum Unterrichts- ministcr im Ministerium Beck ernannt. In dieser Stellung, die er bis zum Rücktritt des Kabinetts innehatte, war es ihm vergönnt, eine Reihe von Reformen auf dem Gebiete des Unterrichtswesens und der Uni- versitätsverwaltnng durchznfiihren. Auszeichnungen. — Herr Wolfgang Edelmann, Oberleut nant d. N., Inh. des Verlags der Leipziger Moncktsschrift für Textil- Jndnstrie, sowie der Firma Theodor Martins Textilverlag in Leipzig, wurde, nachdem ihm bereits das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen worden ist, neuerdings durch Verleihung des Ritterkreuzes 2. Klasse des Albrcchtsordens mit Schwertern ausgezeichnet. Zum Kgl. Sächs. Kommerzienrat wurde Herr I. Bette n Han sen, Inhaber der Firmen seines Namens in Dresden nnd Wien, er nannt. ^ SMchsiial. Erhöhung des Berlegerrabatts. Wir hatten vorgestern an eine Verlagsbuchhandlung, die einige »Sammlungen« schönwissenschaftlicher Art führt, eine größere Lager- bestcllung aufgegeben. Darauf erhielten wir folgende Benachrichtigung: »Wir empfingen Ihre Bestellung vom 25. d. und teilen Ihnen mit, daß wir von jetzt ab nur noch mit 35 °/o Rabatt liefern können. Teilen Sie uns bitte mit, ob Ihne» Erledigung Ihres Auftrages unter diesen Bedingungen erwünscht ist. Die fortgesetzte Steigerung für Druck, Papier nnd Bnchbinderarbeitcn gestatten uns leider nicht, einen höheren Rabatt gewähren zu können, falls wir von einer Erhöhung des Ladenpreises absehen wollen.« Weil also neben aller sonstigen Teuerung, die der Sortimenter wahrhaftig genugsam empfindet, auch die Bnchherstellung teurer ge worden ist, soll dem Sortimenter der Rabatt um 5 gekürzt werden. Da wir uns mit dieser gar nicht »altruistischen« Nutzanwendung nicht einverstanden erklären konnten, zogen wir unfern Auftrag ganz zurück. Hamburg, 27. April 1916. H e r o l d ' s ch e Bnchhandlu n g. Zustellung von Druckpapier. In Nr. 94 des Börsenblattes wird über die Vestandserhebung nnd Zuteilung von Druckpapier berichtet. Es muß auffallen, daß in der Bekanntmachung des Bnndesrates über Druckpapier vom 18. April 1916 immer nur von der Versorgung der Zeitungen, Zeitschriften usw. »mit Druckpapier« die Rede ist, daß aber in den Ausführungs- Bestimmungen in der nachfolgenden Bekanntmachung über Druckpapier vom 19. April 1916 nur noch von unbedrncktem, m aschinen- glattem, holzhaltigem Druckpapier usw. gesprochen wird und daß das satinierte holzhaltige Druckpapier lediglich für den Bedarf der Tageszeitungen zu Gratisbeilagen usw. erwähnt wird. Ich ließ mir von der mit den entsprechenden Erhebungen beauf tragten »Kriegswirtschaftsstelle für das deutsche Zeitungsgewerbe« die auszufüllenden Formulare holen lind fand bestätigt, daß hier ganz einseitig an den Papierbedarf der Tageszeitungen gedacht ist. Wo bleiben die zahlreichen illustrierten usw. Blätter, die sati niertes holzhaltiges Druckpapier verwenden? Liegt hier eine ein seitige Bevorzugung der reinen Zeitnngsvcrleger vor? Fast scheint es so. Jedenfalls seien auf diese Gefahr alle in Betracht kommenden Firmen aufmerksam gemacht. Ich habe zunächst im Namen der von mir vertretenen Firma eine dringliche Eingabe an den Herrn Reichs kanzler gerichtet, vielleicht folgen andere Firmen diesem Beispiel. Aber Eile tut not. Verantwortlicher Redakteur: Emil Thomas. — Verlag: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus. Druck: Ramm L Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 (BuchhändlerhauS). Berlin, den 29. April 1916. LI.