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peinliche Frage zu hören: »Was nutzen uns und euch noch eure 39 000 Neuerscheinungen im Jahr und eure Anstrengungen und Erfolge bei deren Auslandsverbreitung, solange euer eigenes Land und Volk zerrissen und unfrei ist?« Und hätte der drohende Zu sammenprall der ungeheuren weltanschaulichen, sozialen und wirtschaftlichen Spannungen nicht gerade unsere größten kulturel len Werte und Kräfte, die es auch damals noch aus der deut schen Geschichte gab und die wir auch jetzt noch bekennen und tragen, zuerst vernichtet? Wir sahen und spürten unsere ganze Ausland-Autorität und Arbeit immer mehr davon abhängig, ob unser Buch wieder Kraft und Ausdruck eines einheitlichen Kulturwillens im Reiche wurde und nicht etwa schließlich ebenso gut oder ebenso schlecht auch irgendwo draußen geschrieben, gedruckt und verlegt werden -konnte. Es war für manche Zweige unseres Buchwesens nicht mehr iveit dahin. Aber so gut man gelernt hat, daß jeder anständige und ge sunde Mensch ein Vaterland hat und braucht, so sicher ist, daß auch das Buch sein Vaterland haben muß. Dies aber haben wir — wer wollte es bestreiten — nur mit einem einigen Volk und mit einer starken, freien und ehrbewußten Staats führung; erst für dieses ist das Buch wieder Besitz und Kraft und nur damit hat das deutsche Buch auch wieder Recht, Glaub würdigkeit, Geltung und Zukunft in der Welt. 2. Gerade der deutsche Buchhandel, der nie ein partikula- ristischer Buchhandel, sondern ein auch über die Reichsgrenzen hinaus allgemeiner deutscher Buchhandel war und bleiben muß, kann seine weltzugewandte Möglichkeit und Ausgabe nur im Frieden der Völker auswirken. — Auch diesen Frieden sehen wir von einem freien und starken Deutschland abhängig, denn gerade wenn unter uns manche — ernst und nicht einmal unehrenhaft — geglaubt haben mögen, wir könnten ihn für uns schon mit geistigen Mitteln schaffen, mußten vierzehn Jahre sie vom Gegen teil überzeugen. Oder haben wir nicht auf Teufel komm heraus Bücher exportiert —, dies mit keinem anderen politischen Er gebnis, als daß Deutschland vielleicht manchmal einen freund lichen Klaps auf die Schulter bekam, während die Riemen immer enger gezogen und die Wunden immer brennender wurden. Nun sehen wir — nicht durch die Bücher, sondern durch den im ganzen Volke Fleisch und Blut und Seele gewordenen Nationalsozialismus, für Deutschland die innere Aufrichtung, Einheit und Kraft, und damit auch die äußere Freiheit und Ehre wieder hergestellt. Wenn nun da und dort gefragt und gefürchtet wird, ob nun der deutsche Friedenswille echt sei, so kann auch der deutsche Buchhandel dazu mit einer kleinen Antwort auf warten. Wir selbst achten vielleicht gar nicht genügend darauf, aber lassen wir den Ausländer sprechen, der unseren Büchermarkt genau sichtet und prüft und ihn im Vergleich mit manchen Buch handlungen des Auslandes voll gehässiger, angriffslustiger und angrisfshetzender Schriften aus andere Nationen und ihre Staats- führer vermutet. Für ihn ist es ein — möglicherweise sogar enttäuschendes — Wunder, für uns ein geradezu selbstverständ liches und beglückendes Zeugnis und Gesetz, daß gerade das nationalsozialistische Deutschland nicht ein einziges Druckwerk hat, braucht oder duldet, das andere Kulturnationen, ihre Führungen und Einrichtungen kritisiert oder gar herab setzt und angreift. Kaum ein anderes Land kann schon ein so friedfertig an gelegtes und diszipliniertes Schrifttum des Respekts gegenüber der Eigenart und dem Eigenleben etwa Deutschlands aufweisen. Dabei findet das völlige Fehlen herabsetzender und angreifender Schriften hier seinen Ausgleich durch ein nach wie vor reiches Angebot von Literatur zum Verständnis und zur Würdigung der anderen Kulturnationen; in unseren Buchläden stehen und glänzen nach wie vor unzählige, sorgfältig ausgewählte und ausgestattete libersetzungsausgaben charaktervoller ausländischer Geister, und man muß gesehen haben, wie deutsche Buchhandlungen den großen Ereignissen anderer Völker, zuletzt z. B. dem Ableben des engli schen Königs oder des Marschalls Pilsudski durch Sondcrausstel- lungen passenden Schrifttums einen würdigen Ausdruck deutscher Anteilnahme gaben. An diesem Grundsatz und Grundzug der Achtung und des Bcrständigungsdienstes gegenüber anderen Kulturnationen hält das neue Deutschland auch im Schrifttum und auf dem Bücher markt fest. Es spricht -sich darin ja naturnotwendig sein ganzes eigenes Wesen und Wollen im Verhältnis zur Umwelt aus. Der deutsche Buchhandel selbst, besonders seine Ausfuhr träger, sehen und haben in diesem anständigen und gerechten Wirkungsaustausch eine ihrer Lebensgrundlagen und Lebens aufgaben; wir beachten und würdigen wohl, daß da und dort auch der Buchhandel anderer Nationen solche Beispiele zeigt und sich damit in Übereinstim mung mit dem Willen seines Volkes befindet. Auch dieser kleinste Teil und Beitrag des kulturellen Ver stehens und des Zusammenarbcitens der Nationen ist hier und drüben abhängig vom Weltfrieden, zu dessen europäischer Siche rung Adolf Hitler einen so großen Willen und Weg bewiesen und aufgetan hat. Der deutsche Buchhandel, in seiner täglichen Arbeit offen der Welt zugewandt, folgt diesem Aufruf des Führers mit einem dankbaren, wieder zukunftssicheren -Ja». Reichstagung der Paul-Ernst-Gesellschast vom 5.-8. März in Breslau Der 70. Geburtstag Paul Ernsts würbe kürzlich von der Paul- Ernst-Gesellfchaft, der Vereinigung der Vorkämpfer fiir des Dichters Werk, in Breslau unter großer Beteiligung besonders festlich be gangen. Im Mittelpunkt der Tagung stand Paul Ernsts episches Hauptwerk, das »Kaiserbuch«, das soeben in neuer Volksaus gabe erscheint. Mit einem Kaiserbuch-Abend eröffnet«: Will Vesper, der Vorsitzende der Gesellschaft, die Tagung. In dichte risch tiefen und begeisternden Worten bekannte er sich zu diesem großen Werk, das seit Wolframs »Parzival« in unserer Literatur ohnegleichen sei, dessen Sprache die Sprache der neuen deutschen Dich tung sein werde, an dem einmal die ganze Literatur der vergangenen Jahrzehnte überprüft werden würde und das wie kein anderes Buch heute berufen sei, ein Volksbuch für jedermann zu werden; denn das Kaiserbuch sei nicht geschrieben, um eine vergangene Zeit wieder abzubilden, es sei vielmehr lebendigster Anruf an die Gegenwart. Freilich bedürfe das Kaiserbuch einer anderen Vermittlung und Aufnahme als sie Bücher gemeinhin brauchen. Nicht im leisen Lesen mit dem Auge, sondern nur im Aufnehmen durch das Ohr könne die reiche, lebendige und tiefe Sprache dieser Dichtung zu ihrer vollen Wirkung kommen. Wie richtig diese Auffassung Will Vespers ist, bewies die nachfolgende Vorlesung aus dem Werk. Gespannt und tief beeindruckt folgten die zahlreichen Hörer der Vorlesung, als bald von der Größe der Dichtung ganz und gar in Bann geschlagen, im Innersten berührt durch den in diesem Werk gestalteten und unmittelbar auf die Gegenwart wirkenden Geist. Keiner dachte mehr daran, ein in seiner epischen Versform uns Heutigen fremdes Werk zu vernehmen, jeder spürte den Atem einer großen Dichtung. 264 Welche Bedeutung in geistesgefchichtlicher Sicht dem Kaiserbuch zukommt, zeigte ein tiefdurchdachter Vortrag von vr. Erich Härlen, Stuttgart, über »Die Welt des Kaiserbuchs« beim Festakt in der Universität am 7. März. Hier wurde Paul Ernsts Epos als die heute einzig mögliche Gestaltung des Epischen überhaupt erkannt. — Zahlreiche sonstige Veranstaltungen: wie eine Aufführung des Lust spiels »Der Hulla« im Gerlhart-Hauptmann-Theater, eine in ihrer musikalisch-liturgischen Form besonders reiche und feierliche Abend vesper in der Clisabethkirche, in der Lesungen aus Ernsts »Heiland« im Mittelpunkt standen, sowie eine Mitg.liederlversammlung der Ge sellschaft mit einem höchst lebendigen Vortrag von Privatdozent l)r. Hans Bogner, München, über Paul Ernst als dem »Dichter einer Zeitenwende« füllten die übrigen Tage. Die letzte Versamm lung schloß mit allgemeinen Mitteilungen Will Vespers über die Arbeit der Gesellschaft. Hier wurde noch einmal der feste Wille der ständig an Mitgliederzahl zunehmenden Paul-Ernst-Gesellfchaft zur kulturellen Arbeit deutlich; u. a. wurde beschlossen, in Zukunft die Buchhandlungen stärker in die Arbeit der Gesellschaft einzubeziehen, in jeder größeren Stadt nach Möglichkeit eine Vertrauensbuchhand lung zu suchen und durch verschiedene Veranstaltungen, vor allem durch öffentliche Vorlesungen aus dem Kaiserbuch, mit dem Buch handel zusammenzuarbeiten. Die ganze Tagung war ein eindrucks volles Zeugnis der zunehmenden Bedeutung dieser jungen Gesell schaft und von ihrer sowohl in die Breite wie in die Tiefe gehenden Arbeit. Die Tagung zeigte vor allem aber, daß das Werk Paul Ernsts heute aus dem deutschen Volksleben nicht mehr fortzu denken ist. H. G. G ö p f e r t.