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1474 Börsenblatt f. t> Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ..U 28. 3 Februar 1912. Wenn es nun auch zu verstehen ist, daß ein viel geplagter Redakteur über massenhafte unverlangte Bilder- einsendungen nicht gerade erbaut ist, so verdient doch die Art und Weise, in der manche Redaktionen diese unverlangt eingehenden Photographien behandeln, die schärfste Verurteilung. Nicht selten kommt es vor, daß in den Redaktionen derartige Arbeiten einfach in den Papierkorb wandern, oder daß auf Anfragen dem Photographen milgeteilt wurde, daß man über den Ver bleib der Bilder keine Auskunft geben könne. So gab z. B. die Redaktion einer illustrierten Zeitschrift auf die Anfrage nach dem Schicksal eines Bildes zur Antwort, daß sie von dem Bild, dessen Empfang, bzw. Eingang sie be stätigt hatte, nichts wisse. Viele Zeitschriften wissen offenbar auch nicht, daß der Redakteur Beauftragter des Verlages ist, und daß er, bzw der Verlag, zwar nicht zur Rücksendung, wohl aber zur Aufbewahrung verpflichtet ist, denn 8 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt: »Wer durch die Leistung eines andern auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Heraus gabe verpflichtet«; ferner § 819: »Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes beim Empfang, so ist er zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe rechtshängig wäre«, das heißt — zufolge der §§ 292, 989 —: Der Empfänger ist für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, daß infolge seines Verschuldens der herauszugebende Gegenstand verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann. Ein Verschulden begeht aber — nach 8 276 —, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht läßt und damit fahrlässig handelt. Nun wird wohl kaum ein Gericht darüber im Zweifel sein, daß es lediglich zu der »im Verkehr erforderlichen Sorgfalt« gehört, fremde Sachen, die man einmal in Empfang genommen hat, aufzubewahren. Will ein Ver lag sich durchaus dieser einfachen Aufbewahrungspflichi entziehen, so kann er die Photographien hinterlegen. So wenig ein Photograph von einem Verleger verlangen kann, daß dieser Bilder zurücksendet und dafür noch Portounkosten hat, so sehr muß andrerseits auch der Verleger bzw. Re dakteur sich bewußt sein, daß er nicht berechtigt ist, Photo graphien, die ihm selbst unverlangt zugesandt werden, ein fach in den Papierkorb zu werfen. Fritz Hansen-Berlin. Kleine Mitteilungen. Die vckämpfung der Schundliteratur. — Wie die »Tag- liche Rundschau« hört, schweben zurzeit zwischen den verbündeten Regierungen Erwägungen über eine Abänderung des § 184a und b des Strafgesetzbuchs und der §§ 66 Nummer 12 und 42a. der Gewerbeordnung zu dem Zwecke, die Jugend vor sittlicher Ver derbnis mehr als bisher zu schützen. Es wird darüber folgendes gesagt: Es gibt zwei Arten von Schundliteratur und Schund abbildungen: eine obszöne Literatur, die allerdings schon durch die geltenden Bestimmungen kräftig gefaßt werden kann, und die sogenannte Sensationsliteratur (Schauerromane, Detektiv erzählungen usw.), die in den letzten Jahren üppig wuchert, ohne daß eine Handhabe vorhanden ist, diese gefährliche Gift pflanze für die deutsche Jugend auf gesetzlichem Wege auszu rotten. Bezüglich der Pornographie erwägt man, den § 184a des Strafgesetzes (Lex Heinze) durch den Zusatz zu erweitern, daß sich auch , strafbar macht, wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, die an sich, ohne unzüchtig zu sein, das Scham gefühl .gröblich verletzen, an einem Orte verkauft, feilhält oder verteilt, der jugendlichen Personen unter 16 Jahren zugänglich ist. Bisher ist nur der Verkauf derartiger Machwerke an Personen unter 16 Jahren unter Strafe gestellt. Durch die neue Gesetzesbestimmung soll erreicht werden, daß die zwei deutigen Erzeugnisse aus den Schaufenstern verschwinden Wesentlich schwieriger wird es sein, eine klare Gesetzesbestimmung zu entwerfen, die die Jugend vor aller Schundliteratur schützt. Es ist nicht leicht, eine zweifelsfreie Auslegung des Begriffes Schundliteratur zu finden, die berechtigte literarische Interessen nicht verletzt. Sollte es sich als unmöglich Herausstellen, die Detektiv- und Hintertreppenliteratur auf dem Wege der Gesetzgebung zu bekämpfen, so wird man wahrscheinlich den Weg einschlagen, den Hamburg schon vor Jahresfrist gegangen ist. Der Staat Hamburg hat im Dezember 1909 im Verordnungswege bestimmt, daß alle Druckschriftenhändler mit fliegenden und festen Verkaufsständen bestimmte Schund- und Schmutzhefte nicht führen dürfen, und hat ihnen zu diesem Zweck eine Liste der verbotenen Druckschriften ausgehändigt, die von Zeit zu Zeit ergänzt wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die übrigen Bundesstaaten, falls der Weg eines gesetzlichen Verbots sich als nicht gangbar erweist, dem Hamburger Beispiel folgen, um zumindest die schlimmsten Auswüchse zu beseitigen. Eigentumsvorbehalt an Mobilien. — Im Berliner Tageblatt schreibt Herr Rechtsanwalt Fritz Ott in Zürich: Das mit dem 1. Januar 19l2 in Kraft getretene Schweizerische Zivil gesetzbuch enthält die Bestimmung, daß Eigentumsvorbehalte an beweglichen Sachen nur noch wirksam seien, wenn sie in einem vom Betreibungsamt zu führenden öffentlichen Register am jeweiligen Wohnorte des Besitzers eingetragen seien. Das Schweizerische Bundesgericht hat nun bereits dahin Stellung genommen, daß diese Vorschrift rückwirkend sei, also auch für Verträge, die vor 1912 abgeschlossen worden sind, gelte. Aus gleichen Gründen dürfte die Eintragung ausländischer Eigentums vorbehalte erforderlich sein, seien es Lieferungen vom Auslande in die Schweiz oder im Ausland gekaufte und in die Schweiz mitgenommene Waren. Es mag daher nicht überflüssig sein, hierorts auf dieses neue Recht aufmerksam zu machen, damit Interessierte sich rechtzeitig vorsehen können. Zum Inkrafttreten des BersicheruugsgesetzeS für Ange- stellte. — In weiteren Kreisen sind Zweifel aufgetaucht, ob das Angestelltenversicherungsgesetz in absehbarer Zeit würde in Kraft treten können. Diese Zweifel werden damit begründet, daß die Ausführungsbestimmungen des Bundesrats, ohne die das Gesetz nicht in Kraft treten kann, einstweilen überhaupt nicht zu erwarten wären. Um diese Zweifel zu heben, hat die »Deutsche Juristen-Zeitung« an maßgebender Stelle Erkundigung eingezogen. Das Blatt schreibt: »Gemäß § 103 Abs. 2 des Entwurfs des Versicherungsgesetzes für Angestellte sollte der Besoldungs- und Pensionsetat für die Beamten der Reichsversicherungsanstalt und deren Hinterbliebene jährlich vom Bundesrat auf den: Antrag ches Reichskanzlers festgesetzt werden. In der zweiten Lesung des Reichstags wurde diese Bestimmung dahin geändert, daß der Besoldungs- und Pensionsetat für das Direktorium durch den Reichshaushalt fest zusetzen sei, während es für die übrigen höheren etatsmäßigen Beamten bei der Bestimmung des Entwurfs verblieb. Dem gemäß wird dem Reichstag unmittelbar nach seinem Zu sammentreten ein Nachtragsetat für die Besoldungen usw. der Mitglieder des Direktoriums für das Rechnungsjahr 1911 und, da der Reichshaushalt für das Rechnungsjahr 1912 vom Bundesrat zur Vorlegung an den Reichstag bereits beschlossen ist, auch ein solcher für das Rechnungsjahr 1912 vorzulegen sein. Die hierzu erforderlichen Vor arbeiten sind einge.eitet. Sobald der Nachtragsetat für das Rechnungsjahr 1911 Gese: eskraft erlangt haben wird, werden die Mitglieder des Direktoriums zu ernennen sein. Eine der nächsten Aufgaben wird alsdann die Ausarbeitung der für die Durch führung der Angestelltenversicherung erforderlichen Verordnungen usw. sein. Bis zu welchem Zeitpunkte diese Arbeiten zu Ende geführt werden können, läßt sich zurzeit mit Rücksicht auf die große Anzahl von Aufgaben, die zu erledigen sind, noch nicht absehen. Vorläufig ist in Aussicht genommen, das Gesetz, wenn irgend möglich, bereits am 1. Januar 1913 in Kraft treten zu lassen.«