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^ 236, 10. Oktober 1904. Nichtamtlicher Teil. 8649 ein schon im Jahre 1902 vorgelegter, aber noch nicht er ledigter Gesetzentwurf (siche Droit ä'.lutsar, 1902, S. 21) diesen Weg eingeschlagen. Im Gegensatz zu diesen komplexen Verhältnissen führen wir nun den gesetzlichen Zustand in der Schweiz an. Während die Materie des Urheberrechts auf eidgenössischem Boden durch ein Bundesgesetz geordnet ist, ist die Gesetz gebung betreffend Mißbrauch der Preßfreiheit durch die Verfassung den Kantonen überlassen. Nach dem Ur heberrechtsgesetze vom 23. April 1883 sind zur Er langung des Schutzes keine Förmlichkeiten nötig, außer in Ausnahmefällen (Veröffentlichung des Bundes, eines Kantons, einer juristischen Person oder eines Vereins und von Photographien); bei der bevorstehenden Re vision des Gesetzes sollen auch noch diese Ausnahmefälle beseitigt werden, weil sich die Hinterlegung und Eintragung als durchaus unnötig für den Autorschutz erwiesen hat. Anderseits besitzen noch zwei Kantone Vorschriften, betreffend Überwachung der Presse durch das Mittel der Hinterlegung. Bezeichnenderweise sind dies die beiden Grenzkantone Genf und Tessin. Genf verlangt durch ein Gesetz vom 2. Mai 1827, Art. 2, und ein neueres Reglement vom 16. Januar 1908 von den Druckern, Lithographen, Graveuren, Verlegern oder Autoren vor jeder Veröffentlichung die Hinterlegung von zwei Exemplaren aller im Kantone erscheinenden Druck sachen, Zeitungen, Zeitschriften, Werken, Lithographien, Auto- graphien, Stichen, Musikalien; diese Exemplare werden der öffentlichen Bibliothek zugewiesen. Aber schon ist die Frage der Abschaffung dieser Bestimmung vor dem Genfer Großen Rat anhängig gemacht worden. Jedenfalls ist nicht nur urheberrechtlich diese Hinterlegung irrelevant oder gar dem Bundesgesetz von 1883 zuwiderlaufend, sondern sie kann auch nur preßpolizeilich oder mit dem Wunsche der Be reicherung der Bibliothek begründet werden; dagegen wehren sich aber die Interessenten als gegen eine indirekte Steuer mit großem Eifer. Ob die Bestimmung des Art. 11 des tessinischen Preßgesetzes vom 13. Juni 1834, wonach die Verleger periodischer Blätter der Regierung regelmäßig zwei Exemplare einzureichen haben, überhaupt noch gehandhabt wird, ist uns nicht bekannt. Es liegt in der allgemeinen Rechtsanschauung über diese Frage begründet, daß auch im neuen Stooßschen Entwurf eines schweizerischen Strafgesetzes von jeder Förmlichkeit der Hinterlegung von Preßerzeug- nissen abgesehen wird. II. Zwischen diesen beiden Polen, dem Übermaß von Förm lichkeiten und der gänzlichen Beseitigung derselben, bewegen sich nun die einzelnen Landesgesetze, die wir nach Durch arbeitung des Stoffes, soweit derselbe erhältlich war, nun mehr sachlich zu ordnen und kurz zu analysieren haben. Dabei sehen wir allerdings von vorn herein von jenen Län dern ab, die noch die Zensur besitzen, in denen es also nicht erlaubt ist, ohne Bewilligung der Behörden und ohne vor herige Einreichung des zu veröffentlichenden Textes über haupt etwas herauszugeben. Diese Länder sind Rußland (Statut von 1886), die Türkei (Buchdruckerordnung vom Januar 1888) und Ägypten (Preßgesetz vom 26. November 1881 für periodische Druckschriften, die monatlich oder in noch längeren Zwischenräumen erscheinen). Die übrigen Länder teilen wir in drei große Gruppen, solche, in denen verschiedenartige Förmlichkeiten verlangt werden, wie in Frankreich und Italien; solche, wo nur eine Förmlichkeit, sei es unter Bezugnahme auf das Urheberrecht oder ohne Bezugnahme auf dasselbe und in Verfolgung eines andern Zwecks vorgesehen ist, und solche, die keine Förmlichkeiten kennen. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel. ?t Jahrgang. L. Länder, die mehrfache Förmlichkeiten verlangen. Brasilien. Urheberrechtsgesetz vom 1. August 1898. Zur Erlangung des Schutzes ist innerhalb zweier Jahre vom Jahre der Veröffentlichung an bei dem Direktor der Landes bibliothek ein Exemplar einzureichen und einzutragen. Nach mehreren unter dem Kaiserreich erlassenen Verord nungen sollen auch die Drucker des Distrikts der Hauptstadt ein Exemplar an die Landesbibliothek abliefern (drei andre Bibliotheken dürfen auch noch solche Exemplare verlangen); die Drucker der übrigen Distrikte haben ein Exemplar an die Bibliothek der Provinzialhauptstadt abzugeben. Diesen Be stimmungen scheint aber nicht nachgelebt zu werden, denn es liegt gegenwärtig den Kammern ein Gesetzentwurf zur Neu regelung der Hinterlegung vor. (Droit ä'Lutsur, 1904, Seite 10.) Chile. Urheberrechtsgesetz vom 24. Juli 1834, Art. 13. Zur Erlangung des Urheberschutzes sind vom Drucker einer Zeitung zwei Exemplare auf der öffentlichen Bibliothek von Santiago zu deponieren. Dazu kommt noch die Hinterlegung je eines Exemplars auf dem Ministerium des Innern und beim Gerichts prokurator. Costa Rica. Laut Gesetz vom 26. Juni 1896 wird das Urheberrecht nur erlangt, wenn innerhalb eines Jahres von der Drucklegung an drei Unterzeichnete Exemplare bei der Generaldirektion der öffentlichen Bibliothek hinterlegt werden. Ferner verlangt das Preßgesetz vom IS. Juni 1894, daß innerhalb 24 Stunden zwei Exemplare jeder Veröffent lichung von den Leitern oder Eigentümern der Druckereien auf dem Amt für Depüsitos gegen Androhung einer Buße von fünf Dollars abgegeben werden. (Droit ä'Lutsur, 1898, Seite 12.) Frankreich, siehe oben. Großbritannien. Gesetz vom 1. Juli 1842. Zur Erlangung des Klagerechts in Urheberrechtssachen ist in Stationers' Hall in London der Titel und das Datum der Veröffentlichung der ersten Nummer periodischer Druck schriften, in welchen ein Artikel oder eine Romanserie zu erscheinen beginnt, einzutragen. Unabhängig vom Copyright haben die Verleger eines Buches, worunter auch eine periodische Druckschrift verstanden wird, ein Exemplar dem Britischen Museum abzuliefern und auf Verlangen noch vier weitere Exemplare in Stationers' Hall zur Verteilung an die Bibliotheken von Oxford, Cam bridge, Edinburg und Dublin abzugeben. (Buße; fünf Livres Sterling.) Dazu gesellt sich nach dem Hsvspepsr Dibsl anä 8s- zistrLtiov Lot von 1881 die Verpflichtung, jeweilen im Juli den Titel des Preßorgans (Zeitungen, aber nicht Zeit schriften, die in Zwischenräumen von länger als 26 Tagen erscheinen) und den Namen und die Adresse des Eigen tümers in ein besonderes Register eintragen zu lassen. Italien, siehe oben. Japan. Gesetz vom 3. März 1899. Zur Ermög lichung der Nachdrucksklage ist aus dem Ministerium des Innern ein Gesuch mit Beschreibung des Werks einzutragen (Taxe für Periodica; SO Sen). Im Preßgesetz vom 28. Dezember 1887 ist noch die Einsendung von drei Exemplaren an das gleiche Ministerium nach Erscheinen vorgesehen, doch kann der Minister von dieser Verpflichtung entbinden, wenn es sich um Zeitschriften handelt. Mexiko. Zivilgesetzbuch von 1884. Zum Schutz wissenschaftlicher, literarischer oder künstlerischer Artikel gegen Nachdruck ist auf dem Unterrichtsministerium ein Rechts- 1138