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Alle nur unter ein IM Gesetze stehen! Es Widerspricht dem Zsteche des zum Wohl des deutschen Bottes geschlossenen Bundes, wenn in einem Theile deS Bundes der Verleger eines Preßerzeugnisses, wegen desselben in Anspruch genommen, straffrei erklärt wird, während der Drucker desselben Preßerzeugnisses in einem andern Theile des Bundes dasilr gestraft wird. Ich verschweige nicht, daß die Erlangung eines gemeinsamen Preßgesetzes mit großen Mühen und Schwierigkeiten verknüpft ist, ganz abgesehen von den Arbeiten, welche schon die ersten Schritte erfordern, dem Gegenstände überhaupt nahe zu treten; ich weiß aber auch, daß ein gemeinsames Preßgesctz dem Buchhandel eine Wohlthat sein wirb, und darf hoffen, daß der Börscnvorstand meinen Ansichten beitrelcn wird. Julius Springer. XI. Einsender hat nicht die Ehre, weder Alt- noch Neu-Preuße zu sein, ist also bei der Frage über die Eramina nicht entfernt bethei ligt. Seiner Zeit lange in preußischen Handlungen servirend, hatten wir das Vergnügen, auch als Breslauer Gehilfe engagirt zu sein — trügt uns unser sehr altes Gedächtnjß nicht: Schweidnitzer Straße Nr. 47 — haben also das Recht, in Sachen unserer Freudens- und Leidcnscollegen ein Wort mitzusprechen. Die Eramina in Preußen werden seit circa sechzehn Jahren bestehen, die Frage wurde seiner Zeit von den Herren Idealisten mit großer Freude begrüßt. Damals schon ein entschiedener Freund voll ständiger Gewerbefreihcit, erlaubten wir uns, die Schattenseiten zu schildern. Es gab muntere Debatten und ein lieber alter College, früher an der Ilm, dann in der Dichterstadt, ließ sich in seinem En thusiasmus hinreiben, uns einen „Pfuscher" zu nennen, der nicht die gehörige Schulbildung genossen und ordentliche Lehre bestanden, der Manschetten vor dem Eramcn habe. — Lehrbrief und Namensnen nung kühlten den Eifer ab. Was hätte der Zweck der Eramina sein sollen? Unberufenen denEintritt in diePrinzipalschaft zu verhindern, Kunst u^rd Wissenschaft durch tüchtige, geschäftskundige Männer zu unterstütze», und wohlgemerkt, wenn es wahr ist, wie ein Hr. Ein sender in Nr. 223 d. Bl. meint: „haben Preußen und Bayern dem Buchhändler damit eine höhere sociale Stellung angewiesen". Hr. X., Einsender des erwähnten Aufsatzes, erlaube »ns letzteres Motiv zu bezweifeln, und, wenn es auch schwarz aus weiß steht, können wir es nicht glauben. Wir erinnern uns nicht, daß wir je die Herzenskäfer der Polizei oder des Staates waren, und die fünfziger Jahre waren zu solche» Liebkosungen gar nicht geeignet. Des alten Dümmlcr's in Berlin in einer Börsenversammlung in den dreißigerJahren aus gesprochenes Wort: „wir brauchen vom Staate und derPolizei keinen besonderen Schutz noch Hilfe", ist heute noch so wahr wie damals. Wie hoch die Herren College» in Bayern und Preuße» die angewie sene „höhere sociale Stellung" tarn en, können wir nicht beurtheilen. Nach ISJahren sollte ein reeller Gewinn der Eramina ersichtlich sein. Wenden wir uns nach Spree-Athen, so benutzen wohl Era- minirte ihre „höhere sociale Stellung" zu einer Production, gegen welche die Fabrikate Fürst's in Nordhause» nur Stümperarbeit sind. Der sel. Fürst druckte seineRitter- und Räuber-Romane vielleicht in 500—600 Auflage, und nun sollen solche Opera in Spree-Athen mit modernen Titeln in 40,000— 50,000 Auflage gedruckt werden. — Kann irgend Jemand Nachweisen, daß durch die Eramina ein reeller Gewinn ersichtlich, so lassen wir uns gern belehren. Mit welchem Rechtstitel die Eramina in Preußen eingeführt wurden, wissen wir nicht; wir kennen die preußische Gesetzgebung nur insoweit, als uns bekannt ist. daß dort Gewerbefreiheit für alle übrigen kaufmännischen Geschäfte eristirt. Wir sind mit de» Ein unddreißig einverstanden, daß der Buchhandel ein kaufmännisches Geschäft ist. Sage man uns doch endlich einmal, wenn diese Ansicht fort und fort bestritte» wird, ohne vornehme Phrasen: was ist der Buchhandel, wen» er kein kaufmännisches Geschäft ist? Allerdings verkauft der Buchhändler weder Käse noch Stiefelwichse, aber Bücher, in denen man lernen kann, wie Käse und Stiefelwichse zu fabriciren sind. Wir stellen gar nicht i» Abrede, daß der Buchhändler auch mit sehr edlen Maaren handelt, und — wenn er seine Aufgabe und seinen Beruf kennt, Träger und nicht Handlanger der Wissenschaft sein will, ja oft nur Kehrichtsührer von Mitgliedern vieler gelehrten und ungelehrten, nicht selten auch obscönen Gesellschaften — er viel mehr Gutes stiften und verbreiten kann, als die meisten kaufmänni schen Geschäfte, aber deshalb ist der Buchhandel doch ein kaufmänni sches Geschäft. De» Beruf der Aerzte, Apotheker u. s. w. und die hierfür nöthigen Eramina dürfen wir mit dem Buchhandel nicht vergleichen, denn dort handelt es sich bei Wissen oder Ignoranz um Leben und Gesundheit. Eramina schützen gar nicht davor, daß der Buchhändler keine Giftpflanzen verkauft, er müßte denn in Eid und Pflicht genom men werden, keine unsittlichen Bücher zu verkaufen. Suchen die einunddreißig Breslauer Gehilfen darum nach, daß die Eramina für den Buchhändler aufgehoben werden, so stellen sie sich damit gar kein Armuthszeugniß aus, sie wollen damit nur andern Gewerben gleichgestellt sein, die auch keiner Concession (Eramina) zur Betreibung ihrer Gewerbe bedürfen. I» der gleichen Nummer des Börsenblattes (Nr. 223) ist eine Recension über ein neu erschienenes Werk: „Eraminatorium für Buchhandlungsgehülfen" (Leobschütz 1867, Bauer). Dieses Opus scheint (bitten nichts zu verübeln) so eine Art Eselsbrücke zu sein. Sind die aufgeführten Schnitzer in diesem Eraminatorium zu lesen und ist der Verfasser selbst Eraminator. so weiß man nicht, wer mehr zu bedauern ist, der Eraminator oder der Examinand. Jedenfalls hat man damit ein Müsterchen, welch reiches und gründliches Wissen nothwendig ist, um nicht durchznfallen. Erwarte und fordere man von unfern Herren Kollegen, daß sie Niemand in die Lehre nehmen, der nicht die gehörige Schulbildung genossen, oder der wenigstens Kopf und Herz am rechten Flecke hat, so wird viel besser als durch die Eramina geholfen, lieber die we sentlichen Erfordernisse eines guten Buchhändlers können die Kolle gien gar nicht eraminiren, denn bei allem Gedächtnißkram, den so ein Examinand herplappert, ist gar keine Garantie, daß er sein Ge schäft solid betreibe. Wir wünschen,'daß der Reichtstag der Petition der einunddrei ßig Gehilfen Gehör schenke und daß nicht bloß der Buchhandel von allen hemmenden Fesseln befreit werde, sondern auch die Presse. — Handel und Industrie gedeihen und florircn da am besten, wo sich der Staat und dessen Polizei am wenigsten um sie bekümmern. Unsauberes und Unsolides wirst gesunde Freiheit bald über Bord. XII. Hamburg, s. Oct. Angeregt durch das Beispiel der Bres lauer College», haben auch die Buchhandlungsgehilfen Hamburgs und Altonas sich zu nachfolgender Petition im gleichen Sinne ver einigt, und solche mit 53 Unterschriften versehen dem Norddeutschen Reichstag durch de» Abgeordneten für Hamburg, Hrn. Gustav Reinhold Richter, überreichen lassen: Einem hohen deutschen Reichstage des Norddeutschen Bundes erlauben sich die gehvrsamst Unterzeichneten Buchhandlungsgehilfen Hamburgs und Altonas folgende Petition ganz ergebenst zu unterbreiten: Der Reichstag wolle in Gemeinschaft mit dem hohen Bundesralhe des Norddeutschen Bundes dahin wirken, daß die in verschiedenen Staaten des Bundes bestehenden gesetzlichen Vorschriften über das Buchhändler- Eramen und die Concessionirung der Buchhändler aufgehoben, und der buchhändlcrische Gewerbebetrieb fortan keine andere Beschränkung er leidet, als es bei jedem anderen kaufmännischen Geschäfte der Fall.