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Neben dem Photo werden auch Zeichnungen und Malereien sowie gespritzte Kombinationen zur Bebilderung herangezogen. Wenn auch der Photoapparat Gutes leistet, so ist doch der Zeich ner, der Maler, der Graphiker keinesfalls zu entbehren. Sehen Sie sich z. B. eine Zeichnung und ein Photo des glei chen Motivs an. Sie werden sehen, wie wirklichkeitsnah das Photo ist, wieviel mehr aber meist die Zeichnung bietet. Trotz aller Retusche, Beleuchtungseffekte und Ausschnitte kann ein Photo nicht mehr, als im günstigsten Falle eine Sache von der besten Seite zeigen. Der Maler oder Zeichner kann dagegen die Sache lange und zu verschiedenen Zeiten betrachten. Er kann auch über den inneren Wert einer Sache mehr erfahren, als W "An die Linse der Kamera sieht. Der Photograph ist doch nur auf den Augenblick der Aufnahme angewiesen. Der Zeichner verstärkt dagegen Wesentliches und wertet Gehörtes und Erfahrungen aus und — wirkt daher meist stärker! Gestalten und gestalten ist zweierlei. Ich muß wissen, was dem einzelnen Künstler liegt. Der eine ist hervorragender Humo rist-Illustrator, jener Tierzeichner, ein anderer Porträtist und keiner von allen diesen Zeichnern kann vielleicht eine flotte, elegante Schrift schreiben oder über gute graphische Austeilungs gabe verfügen. Sie sehen, wie ungemein wichtig es ist, den rich tigen Künstler für die jeweilige Arbeit zu finden. Denken Sie auch daran, daß kleine verzeichnete Uneben heiten alles andere als eine Empfehlung sind. Häufig hört man den Einwand, daß eine Zeichnung wohl ein Kunstwerk sei, daß der Seelenzustand des Zeichners, aber nicht der Gegenstand aus dem Bild spricht, daß also die Zeich nung als Kunstwerk schlechte Werbung ist. — Ein völlig unbe gründeter Einwand, wenn Bild und Text zusammenpassen, denn Kunst schadet keinem und keiner Sache, auf keinen Fall der Werbung. Das Bild darf natürlich nicht Selbstzweck sein, cs darf nur Werbung sein. Schmückende Bilder als Beiwerk machen eine Ausnahme. Obwohl Holzschnitte, die strenge Art der Zeichnung, auf uns verhältnismäßig primitiv wirken, haben sie doch gerade in letzter Zeit in einzelnen Fällen wieder große Erfolge gezeitigt, denn Werbung ist ja bekanntlich das, was andere nicht machen! Ein nicht zu unterschätzendes Mittel des Zeichners ist der Humor, der Witz, zumal sich durch ihn fast alles verhältnismäßig leicht erfassen läßt. Wir brauchen nur an den Nichtleser »Herrn Hase» oder an den »komischen Mann- oder den »Meckerer- zu denken, die der Verlag der DAF. herausgebracht hat. Verschie den wie die Auffassungen, so verschieden sind auch die Darstel lungsformen. Können mehrere Farben für ein Werbemittel verwandt werden, ist der Maler meist nicht zu übertreffen. Ein kleines Lippenrot macht schon viel! Gerade bei der Verwendung von mehreren Farben zeigt sich jedoch in der Beschränkung der Meister. Sehr gute Wirkungen lassen sich auch durch Kombinationen von Photo und Zeichnung erzielen. Die grauen Flächen und weichen Übergänge des Photos müssen aber mit der Härte der Schwarz-Weiß-Zeichnungen ausgeglichen werden. Der Erfolg der Bildwirkung ist vor allem von den tech nischen Wiedergabemöglichkeiten abhängig: Photos können z. B. nur auf glattem Jllustrationsdruckpapier gut vervielfältigt wer den, also nur in wenigen Tageszeitungen. Wer schlechtes Papier zur Verfügung hat, tut gut, einen Zeichner zu Rate zu ziehen. Wie oft schwebt einem irgend etwas vor, wie eine Sache aussehen müßte, aber entweder sind keine Photos zur Hand oder man kann dem Zeichner oder Maler vielleicht keinen ausreichen den Hinweis geben! Hier hilft nur eins: Sammeln Sie gute Photos, gute Zeichnungen und dergleichen. Und wenn Sie dann wieder einmal geeignete Bilder als Vorlage suchen, dann brau chen Sie nur Ihr Archiv durchzusehen. Und zum Schluß noch etwas besonders Wichtiges: Verwen den Sie nicht -»irgendwelche- Bilder! Jedes Werbemittel, selbst das kleinste und unscheinbarste, muß originell gestaltet sein! Fra gen Sie sich jedesmal: »Kann dieses Bild vielleicht auch für andere Bücher als gerade für das angebotene werben?- Ich er innere hier nur an die zuckersüßen blondgelockten Mädchen, die jedem gefallen! Schöne Mädchen ziehen wohl den Blick an, aber glauben Sie, daß etwa ein einziger nach ein paar Minuten weiß, ob das Mädchen auf Puder, Bücher oder Bohnerwachs hinwies? Noch viel weniger weiß man, welche Firma überhaupt warb. Was für diese Art von Abbildungen gilt, gilt sinngemäß natürlich auch für andere gleichgeartete Abbildungen, wie ge schmacklose Zeichnungen oder Photos von Büchern usw. — Also überlegen Sie, wenn Sie in der Reih'e Ihrer Mitbewerber aus- sallen wollen, vorher, was Sie Ihrem Kunden sagen wollen, wie Sie es ihm sagen müssen und was Sie für Bilder brauchen! Ergötzlicher Gespräche und Erfahrungen aus Der Zufall. Das Telephon klingelt. »Können Sie mir ein Exemplar der L.schen Chtonik besorgen?« »Auf Lager habe ich sie im Augenblick nicht. Sie ist auch ziemlich selten. Aber ich will mich gern darum bemühen. Wollen Sie mir bitte Ihre Anschrift geben?« »Franz Schlaumeier, Nheinstraße 5.« — »Danke!« . . . Lebhafte Suche nach der L.schen Chronik. Scheint doch verhältnis mässig selten zu sein. Schließlich bietet ein Kollege ein Exemplar an. Ist aber dem Kunden zu teuer. Einige Wochen später. Es kommt jemand und bietet ein Buch an. Ich schlage den Titel auf. Es ist — die L.sche Chronik. Antiquarius dem wissenschaftlichen Antiquariat Welch ein Zufall! Aber wer weiß nicht, welche große Nolle der Zufall im Antiquariat spielt. Ich bitte um Preisfordernng. Sie ist im Vergleich zu dem Kollegen-Angebot vor einiger Zeit ziemlich günstig, und ich trage keine Bedenken, mir das Exemplar für meinen Interessenten zu sichern. Also, ich kaufe das Buch! Kasse. Quittung. Ich bitte den Ver käufer um seine Legitimation. »Muß das sein?« »Ja, gesetzlich vorgeschriebe»!« Umständlich kramt der Besucher in seiner Brieftasche und findet schließlich einen Postausweis, den er mir zögernd überreicht. Ich lese: Franz Schlaumeier, Nheinstraße 5. Welch ein Zufall! 33