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12054 Börsenblatt s, v. Dtfchn. Buchhandel. Nichtamtliche: Teil. 238, 13. Oktober ISO«. 2. Für die kleine Mühe des Verlegers würde sich diesem auch ein Gegenwert bieten, denn ») würde er die beste Gewähr haben, daß sein Buch beim Sortimenter am richtigen Platze steht, also auch bei etwaiger Nachfrage jedem Interessenten mit vorgelegt würde, ganz abgesehen von der richtig erfolgten Nova-Versendung; d) würde er, falls ihn Mangel an Exemplaren zur Rückforderung eines Werkes zwänge, bestimmt darauf rechnen können, daß sein Wunsch selbst in der eiligen Zeit prompter als bisher erfüllt würde. Er könnte dann das Eintreffen von Remittenden schon für die nächsten Tage erwarten und dementsprechend weiter disponieren. H. Dllerkop, Bielefeld. Aus der Praxis der graphischen Industrie. Von Max Schorß. Wer die Geschäftsberichte der Aktiengesellschaften eine Weile verfolgt hat und die Verlusts zusammenzählt, die Druck- und Ver lagshäuser in den letzten Jahren durch ihre Bilanzen haben aus- die graphische Industrie besonders schlecht bestellt sein müßte. Zum Glück ist dem aber nicht so. Wenn auch die allgemeine Lage natürlich stets etwas zu wünschen übrig lassen wird, so findet man doch bei näherer Prüfung der Verhältnisse auch auf diesem Gebiete eine recht stattliche Anzahl von Firmen, großen wie kleinen, die ihren Besitzern einen überraschend hohen Gewinn abwerfen. Die Gegensätze berühren sich eben auch hier. Nur hört man von letztern wenig oder gar nichts, weil sie ihre Gewinn- und Verlust rechnungen nicht wie die Aktiengesellschaften in öffentlichen Blättern bekannt zu machen brauchen. Und diese sehen allerdings bisweilen recht unheilverheißend aus. Es wäre nun aber ebenso falsch, daraus gleich einen Schluß auf die übrigen Druckereien und Verlagsanstalten zu ziehen, wie wenn man alle Frauen einfach nach denen beurteilen wollte, von denen am meisten gesprochen wird. Gerade so wie diese in ihren Kreisen nehmen auch die Erwerbsgesellschaften in der graphischen Branche eine Sonder stellung ein. Zunächst fällt bei ihren Bilanzen fast regelmäßig der mini male Barbestand auf, der meistens einem beängstigend hohen Bank- und Warenkredit gegenübersteht. Dann befremden die unnatürlich großen Summen, die als Aktiva unter Titeln wie Rechte, Vorräte, Bestände usw. neben den Maschinen und Uten silien der Firma in Erscheinung treten. Eine solche Bilanz macht auf den Fachmann einen um so weniger Vertrauen erweckenden Eindruck, je höher der Gewinn ist, der durch sie ausgewiesen wird. Wer nämlich die Verhältnisse etwas näher kennt, muß beim Anblick dieset hohen Zahlen unwillkürlich an alle die Mil lionen Postkarten und Kunstblätter denken, die lediglich aus Mangel an Aufträgen und Beschäftigung auf Vorrat oder für den eignen Verlag hergestellt worden sind. Also Verlegenheits- Produkte; Überproduktion! Da Angebot und Nachfrage auch bei der besten Konjunktur den Preis dieser Artikel mitbestimmen werden, hängen diese gewaltigen Lager wie drohende Lawinen über dem Markte und sind eine von Tag zu Tag wachsende Gefahr für die Aktionäre und die Gläubiger der betreffenden Gesellschaften. Die gleichen bedrohlichen Eigenschaften pflegen auch die Be stände an Belletristik und Prachtwerken zu haben, die sich eben falls in den Bilanzen nur allzubreit machen. Es ist unbeschreib- lich, mit welchem Optimismus und mit welcher Unkenntnis fast überall drauflosverlegt und gesündigt worden ist, solange das Geld reichte. Bis zur Decke füllen die sauber geschnürten Ballen jetzt die Lagerräume: »Alles hervorragende und leichtverkäufliche Sachen, für deren Vertrieb nur noch nichts geschehen ist«. Und die bekannte, große Agitation, die zu diesem Zweck überall »dem nächst« ins Werk gesetzt werden soll, wird immer wieder hinaus geschoben, weil nur das eine an ihr sicher ist, daß sie nämlich zu nächst Geld kosten würde, das man für andere Ausgaben viel not wendiger braucht. Dann fehlt vielen aber auch wohl die Zeit/ und manchem die rechte Lust, sich zu blamieren. Denn Bücher und Kunstblätter sind eben leichter gedruckt als verkauft. Welcher Vorstand wird sich nun aber seine Bilanzen ohne zwingende Not durch Abstriche an diesen Vorräten verschlechtern? »Wer kann denn überhaupt sagen, ob die alten Ladenhüter nicht noch mal wie die warmen Semmeln gehen? Fritz Reuters Werke haben ja auch erst jahrelang wie Blei gelegen und Viktor von Scheffels ebenso, ehe sie beim Publikum begeisterte Aufnahme fanden.« Uabont, surr kata libslli! Solche und ähnliche Er- die Posten werden auf diese Weise mit einigen pflichtgemäßen Abschreibungen von Bilanz zu Bilanz geschleppt, bis sich schließ lich der große Stöbertag mit aller Gewalt nicht länger hinaus schieben läßt. Und dann wird gründlich aufgeräumt; aber nicht bloß mit den Vorräten, sondern auch mit den Aktien durch Zusammenlegen Mit elementarer Gewalt überschwemmt nun eine Hochflut von spottbilligen Büchern, Kunstblättern und An sichtskarten auf dem Wege über Warenhäuser, Bazare und alle möglichen anderen Geschäfte den Markt. Trauernd sehen die Aktionäre mit diesen Ramsch- und Schleuderartikeln ihr gutes Geld dahinschwinden; und völlig ratlos steht auch der mitbetroffene Buch- und Kunsthandel solchen Katastrophen gegenüber, die ihn in seinen Grundfesten zu erschüttern drohen. Auch die Bewertung des Steinlagers ist nicht überall ein wandfrei. Aus überkommener Gewohnheit wird nämlich in manchen Geschäften ein Teil der Kosten der Lithographien aus den Materialwert der Steine geschlagen, auf denen sie für etwaige Nachbestellungen, respektive neue Auflagen aufbewahrt werden. Wenn nun auch Fälle denkbar sind, in denen sich eine solche Ver quickung von realen Werten mit imaginären rechtfertigen läßt, so muß es dagegen direkt als gewagt bezeichnet werden, wenn sogar benutzte Negative zur Hebung des Aktivbestandes über alle Ge bühr herangezogen werden. In einer Lichtdruckerei standen sie beispielsweise bei einem bereits bis auf 200000 Mark zusammen gelegten Aktienkapital noch mit rund 27000 Mark zu Buch. Nur 10 Prozent waren abgeschrieben. Wo kommt man denn da aber schließlich hin?! Eine vielumstrittene Frage bei der Aufstellung der Jahres bilanz sind in Gesellschaften ferner die Abschreibungen am Schriftenlager, obwohl sich dafür in Buchdruckerkreisen mit der Zeit ganz feste Regeln herausgebildet haben. Bei größeren Firmen sind oft Riesensummen in Schriften festgelegt, um den weitgehenden Ansprüchen der Kundschaft genügen zu können und konkurrenzfähig zu bleiben. Wenn man diese nun aus irgend welchen Gründen plötzlich verkaufen müßte, dann bekäme man auch nicht annähernd den Anschaffungspreis dafür. Und damit muß meines Erachtens in jeder soliden Gesellschaft gerechnet werden, auch wenn es im Gesetz heißt, daß bei Gegenständen, die dauernd zum Betriebe der Gesellschaft bestimmt sind, ein der Abnutzung gleichkommender Betrag in Abzug gebracht werden soll, ohne Rücksicht auf einen geringeren Wert. Wie groß ist uun aber die Abnutzung tatsächlich bei einem reichhaltigen Lager, dessen einzelne Schriftgattungen eine ganz ungleiche Verwendung erfahren haben? Bei einem entsprechenden Bruttogewinn wird sich die Beantwortung dieser heiklen Frage leicht dadurch um gehen lassen, daß man es macht wie der Buchdrucker, der sich um keinen Aufsichtsrat und keinen Aktienkurs zu kümmern braucht und lieber etwas zu viel als zu wenig abschreibt. Wird er doch dadurch um keinen Pfennig ärmer! Wenn aber das Resultat schlecht ist, dann taucht bei den verantwortlichen Stellen die pein liche Gewissensfrage auf, ob sich nicht in Anbetracht des flauen Geschäftsganges und der damit ja Schritt haltenden geringeren Abnutzung der Lettern ausnahmsweise einmal eine geringere, als die sonst übliche Abschreibung rechtfertigen ließe. Das Recht dazu hat man ja, und die Versuchung, gegen die Regel davon Ge brauch zu machen, wird um so größer sein, je mehr Kapital in dem Lager steckt. Also auch hierbei zeigt sich wieder, wie dehn bar solche komplizierten Bilanzen sind, und wie leicht sie sich auch ohne Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen auf eine gewollte Dividende einrichten lassen. Die bequemste Handhabe dazu aber bieten ohne Zweifel die sogenannten ideellen Werte, also die Verlagsrechte von Tages zeitungen, Zeitschriften und ähnlichen periodischen Erscheinungen. Da sie der Gegenstand von Kaufverträgen sein können und unter Umständen einen wesentlichen Bestandteil des Gesellschafts vermögens ausmachen, ist es unter gewissen Bedingungen gestattet, sie als Aktiva in den Büchern zu führen. So dürfen beispielsweise