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Redaktioneller Teil. 145, 26. Juni 1916. dieser Stelle, in der er seine berühmten Rede» und Kapuziner- Predigten hielt, die Tellersammlung leitete und die gefürchtete Superrevision abhielt, hier wollen wir noch einmal werktätig und opferfreudig seiner gedenken. Werktätig in dem Geiste, den sein Geist in uns stets zu Wecken wußte, und den er uns als bleiben des Vermächtnis hinterlassen hat. Otto Petters und seinem gro ßen, schönen Lebenswerk zum Gedächtnis, allen Armen und Not leidenden des Deutschen Buchhandels zum Segen lassen Sie uns heute wiederum eine Sammlung abhalten. Gebe jeder an seiner Statt und nach seinen Kräften und empfange dafür das Bild, das als das letzte nach dem Leben gemacht war und das der Festaus schuß hat vervielfältigen lassen, uns zur Freude und Otto Petters zur Ehrung und zum Gedächtnis.« Berlin, den 19. Juni 1916. Ter Vorstand des Unterstützungs-Vereins Deutscher Buchhändler und Buchhandlungs-Gehülfen. vr. Georg Paetel. Edmund Maugelsdorf. Max Schotte. Max Paschke. Reinhold Borstell. Von der Organisation des Kunstsortiments. Von Jakob Ludwig Sch Walbach, Stuttgart-Degerloch. Es ist zu hoffen, daß das Verständnis für den Wert der Or ganisation nach dem Kriege in immer weitere Kreise unseres wirtschaftlichen Lebens dringen und sich namentlich auch jener beiden Handelszweige bemächtigen wird, die, abgesehen von einigen modernen Verlagen, sich bisher so merkwürdig ableh nend gegen eine straffe Gcschäftsorganisation Verhalten haben, des Buch- und des Kunsthandels. Was Organisation ist, was sie will, und was sie vermag, hat uns der gegenwärtige Weltkrieg so schlagend und zwingend vor Augen geführt, daß es müßig wäre, sich über Wert und Wesen der Organisation als solcher in allgemeinen Redewendungen ausführlicher zu ergehen. Sie ist das Aneinander- und Jneinanderfügen kleiner Zweck mäßigkeiten, ein zweckmäßiges Jneinandergreifen verschiedener Tätigkeiten zu einem festgefügten Gebäude, sie setzt anstelle des Zufälligen das Zweckmäßige, das Durchdachte. Daß das Buchsortiment bisher einer modernen Auffassung des Geschäftslebens fast feindlich gegenüberstand, versteht man, wenn man bedenkt, daß Tradition eine Macht ist, und daß gerade das Buchsortiment von einer starken Tradition beherrscht wird, und daß die erdrückende Menge von Kleinarbeit es tatsächlich erschwert, einen alten Betrieb von heute auf morgen zu moderni sieren. Aber auch hier gilt der Satz, daß, wo ein Wille, auch ein Weg ist, und wo ein neuer Weg einmal eingeschlagen und hartnäckig verfolgt wurde, hat sich die Arbeit in Wirklichkeit meist nicht so unbezwingbar erwiesen, wie man es sich vorstellte, und man kam leichter zum Ziel, als man sich's gedacht. Weit ein facher und günstiger liegen die Verhältnisse im Kunstsortiment, und es ist deshalb um so merkwürdiger und bedauerlicher, daß selbst größere Geschäftsbetriebe nichts von moderner Geschäfts führung wissen oder wissen wollen. Ich kenne ein größeres Kunstsortiment im Osten, dessen ganze Buchhaltung aus einem Kassenbuch und einer Kladde besteht. In dieser »Kladde« wurden bei Zahlungen die Posten regelrecht gestrichen, d. h., wie bei Bäcker und Metzger, einfach durchgestrichen, ob es sich nun um eine Kabinettgravllre zu 1.— oder um ein Ölgemälde von .K 1609.— handelte. Eine Kontrolle über die Verschiebungen im Lager fand überhaupt nicht statt, ebensowenig wie der Stamm von Kunden regelmäßig bearbeitet und systematisch an das Ge schäft gekettet wurde. Gewiß, der Kunsthändler soll verkaufen, verkaufen und immer wieder verkaufen, und es ist falsch und rächt sich stets bitter, wenn man den Verkäufer in dem engherzigen Drange, ihn voll zu beschäftigen, mit schriftlichen Arbeiten überlädt, denn dann leidet beides: Verkauf und schriftliche Arbeiten, aber auch mit dem Verkaufen allein ist es nicht getan; der Kämpfer an der Front braucht eine Organisation im Rücken. Aber diese Organisation 826 kann er nicht selbst schaffen, dazu sind besondere Kräfte von nöten. Auch im Kunstsortiment ist eine Scheidung, eine Arbeits teilung dringend zu wünschen. Der Verkäufer an die Front, Organisator und Buchhalter hinter die Front! Mir ist ein Fall bekannt, wo aus falscher Sparsamkeit der Verkäufer, als solcher ohnegleichen, sich oft tagelang mit den Geschäftsbüchern ab plagte. An solchen Tagen kamen die Kunden zu kurz und damit das Geschäft selbst, und die Bücher boten ein wüstes, trauriges Chaos dar, durch das sich durchzufinden eine gewisse krimina listische Begabung gehörte. Der Mann war eben kein Buch halter, aber ein famoser Verkäufer, ein wahrer Stratege. An dererseits ist es bei einem Buchhalter und Organisator meist um gekehrt. Er gehört einfach nicht an die Front. Werfen wir nun zunächst einmal einen flüchtigen Blick auf die Geschäftsbücher! Was ich da sage, sind Binsenweisheiten, und jeder Lehrling sollte sie wissen. Ich habe indes gefunden, daß man sich im lieben Kunsthandel zu leicht mit einer künst lerischen Würde über die die Führung der Handelsbllcher be treffenden Paragraphen des Handelsgesetzbuchs hinwcgsetzt und glaubt, das gehöre nicht zur Zunft. Da sind zunächst die vier Grundbücher, das Kassenbuch, das Eiukaufsbuch, das Verkaufs buch und das Memorial. Das Kassenbuch hat zweckmätziger- weise für Einnahmen und Ausgaben besondere, einander gegen überliegende Seiten (Folios), und zwar auf jeder Seite zwei Spalten für die Beträge, eine Spalte für Zahlungen von Kunden bzw. an Lieferer und eine Spalte für Barverkäufe bzw. Bar einkäufe. Ein Porto- und ein Frachtenbuch werden daneben besonders geführt und allmonatlich ihre Endbeträge auf der Ausgabcnseitc des Kassenbuchs eingetragen. Das Einkaufsbuch nimmt die Beträge aller eingehenden Fakturen mit Namen und Wohnort des Lieferers auf, nachdem sie genau mit den einge gangenen Waren verglichen worden sind. Zum Zeichen, daß die Faktur gebucht ist, erhält sie eine entsprechende Notiz, etwa not. L. L. 75. Ähnlich verhält es sich mit den ausgehenden Sen dungen an Kunden, die das Verkaufsbuch, und zwar mit mög lichst genauer Bezeichnung des Inhalts der Sendung aufnimmt. Etwa so: Werner, K., Fabrikant, Berlin 81V. 11 1 imp. grav. Feuerbach, Selbstbildnis .Ä 15.— Porto und Kiste «kk 1.— ./k 16.- Sehr gute Dienste leisten hier die Durchschreibefakturen für die ausgehenden Sendungen. Sie ermöglichen eine rasche Expe dition, der Posten wird nur einmal niedergefchrieben, und was sehr wichtig ist, sie vermeiden, daß Sendungen überhaupt nicht gebucht das Haus verlassen. Der zurückbleibende Block vertritt die Stelle des Verkaufsbuchs, eine scharfe Kontrolle der aus gehenden Sendungen daraufhin, ob sie gebucht sind, ist äußerst wichtig, und es ist den Packern und Boten zur unerläßlichen Pflicht zu machen, keine Sendung anzunehmen, die nicht als gebucht kenntlich gemacht ist. Zweckmäßig ist hier ein Stenrpel, der immer an derselben Stelle aufgedrückt werden muß, damit der Blick nicht zu lange zu suchen hat. Etwa so: gebucht V. B Wo Durchschreibeblocks im Gebrauch sind, erübrigt sich ein solcher Stempel, der Text »gebucht V. B. . . . « kann dann eingedruckt werden; denn daß die Faktur der Sendung beiliegt, bietet dem Packer in diesem Falle die Gewähr, daß sie auch gebucht ist. Eine fortlaufende Benummerung der Durchschreibefakturen und der Kopien gewährt eine Kontrolle nach der Richtung des Abhanden kommens einer Buchung. Das Memorial nimmt alle jene Posten auf, die weder bares Geld, noch Waren betreffen, z. B. Rimessen und Akzepte. Die Posten, die die Grundbücher als erste Buchungen in zeitlicher Folge aufnahmen, finden im Kontokorrentbuche, soweit sie sich auf den Rechnungsverkehr mit Kunden und Lieferern be ziehen, also nicht Bareinkäufe oder -Verkäufe darstellen, ihre syste matische Vereinigung. Man zerlegt das Kontokorrent aus Prak-