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10188 VSr>-E»U f. d. Dtschn. Buchbandel. Redattioneller Teil. 232. 6. Oktober 1913. zahlungsunfähige Schuldner keiner langen Auseinandersetzung bedurften. Er erinnerte ferner an die früheren, leider geschei terten Versuche im Elsaß, in Mecklenburg und durch Pfau in Leipzig. Den Grund der Mißerfolge früherer Zeiten steht er in der Unvollkommenheit, bedingt durch die ört liche oder provinzielle Beschränkung. Jetzt gelte es einen Kreditschutzvcrein zu gründen, der nicht bloß das deutsche Sprach gebiet, sondern auch nach Möglichkeit das Ausland umfasse; denn gerade dem ausländischen faulen Kunden stände der deutsche Kaufmann wegen der Schwierigkeit der Gerichtsverfolgung macht los gegenüber. Er wies dann noch einmal kurz auf die ersten Vorverhand lungen hin, die Vorversammlung vom 26. Juni d. I. (s. Bbl. Nr. 155: Berl. Briefe), und gedachte der umfangreichen Vorar beiten des Herrn Heyne. Schließlich teilt er mit, daß der Vor schlag zur Gründung dieses neuen Vereins aus der Versammlung des Verbands der Kreis« und Ortsvereine in Goslar großen Beifall gefunden habe. Betreffs der Mitgliedschaft hielt er gerade eine Heranziehung des mittleren und kleinen Sortiments für wünschenswert; die Beiträge dürften daher nicht zu hoch normiert werden, auch hätte Herr Kommerzienrat Siegismund eine Subvention durch den Börsenverein in Aussicht gestellt. Herr Heyne, der dann das Wort ergriff, gab zunächst in großen Zügen an, wie er sich die Arbeit des Vereins gedacht habe. Jedes Mitglied soll auf separatem Zettel die faulen Schuldner der Zentrale melden. Die Listen werden streng vertraulich ge halten, so daß man also ohne Furcht vor Indiskretionen seine Angaben machen kann. Außerdem enthält die eigentliche Liste keine Zensuren, sondern nur Buchstaben oder Zahlen (wofür extra ein Schlüssel ausgegeben wird), ist also für die Außenstehenden unverständlich. Die Zentrale soll ferner die Vermittlungsstelle bilden, falls sich mehrere Firmen betreffs gemeinsamen Vor gehens in Verbindung setzen wollen. Schließlich meinte Herr Heyne, daß man unter Umständen das Institut weiter ausdehnen könnte. Einmal, indem man den Verlegern, soweit sie direkt Ver trieben, die Möglichkeit gäbe, sei es als ordentliche, sei es als außerordentliche Mitglieder, beizutrelen. Ein weiterer Schritt wäre, mit dieser Vereinigung eine Kontrolle ungetreuer A n - gestellter zu verbinden, um namentlich dem Gebrauch ge fälschter Zeugnisse vorzubeugen; im letzteren Falle müßten natür lich die Verleger auf jeden Fall herangezogen werden. Auch eine Jnkassostelle könnte vielleicht mit der Zentrale selbst verbunden werden. Unter Umständen würde schon die bloße Drohung, man werde jemanden der Zentrale melden, erzieherisch wirken. Herr Nitschmann fordert darauf zu einer allgemeinen Aussprache auf. Herr Lazarus steht dem Projekt sympathisch gegenüber, empfiehlt aber, mit einer lokalen Organisation zu beginnen, klein anzusangen und allmählich auszubauen, sowie auch die juri stische Frage zu prüfen, wie weit durch Zensurerteilung dem Ein zelnen oder der Korporation Unannehmlichkeiten erwachsen könn ten. Er fürchtet, manche Kollegen würden, sei es aus Bequemlich keit, sei es aus Ängstlichkeit, kein Material liefern, und empfiehlt die Beiträge nach der Mitarbeit abzustusen. Ein Kollege schlägt vor, sich zunächst auf die reine Kredit liste zu beschränken und die Frage der Beteiligung der Verleger sowie der Angestelltenkontrolle zurückzustellen. Herr Seydel teilt die Ansicht des Herrn Lazarus und ist auch zunächst für den lokalen Verein. Wünschenswert wäre, wenn an allen größeren Orten lokale Vereine gegründet würden, die dann ihre Listen austauschen könnten. Das Ausland käme für ihn erst in zweiter Linie in Frage. Herr Junk: Für ihn als wissenschaftlichen Antiquar wäre das Ausland das Wichtigste. An einer rein lokalen Liste hätte er nicht das geringste Interesse. Er weist ferner daraus hin, daß für den antiquarischen Buchhandel eine ähnliche Liste existiere, herausgegeben von der International Lssooiation ok Lntignar Roolrsellors. Herr Nitschmann nimmt kurz zu einzelnen Punkten der Diskussion Stellung und bleibt dabei, daß man gleich eine allge meine Liste schaffen müsse. Sie soll etwa zweimonatlich erscheinen. Eine Schwierigkeit läge allerdings darin, daß für die erste Liste ein ungeheures Material zusammenströmen würde. Herr Heyne sekundiert ihm. Gerade die Hamburger und Leipziger Firmen, die brieflich sich für den Verein ausgesprochen hätten, erwarteten eine Liste, die das Ausland mit umfasse. Nach einer Reihe kurzer Bemerkungen schließt Herr Nitsch mann die allgemeine Diskussion, bringt den Statutcnentwurf zur Verteilung und stellt die einzelnen Paragraphen zur Dis kussion. Eine besonders lebhafte Diskussion knüpfte sich an den § 10 des Statuts: Jedes Mitglied in Deutschland, Österreich und der Schweiz zahlt einen jährlichen Beitrag von -/t 8.—, im übrigen Auslande von ,4k 10.—. Jedes nach dem 1. Januar 1914 neu eintrctcnde Mitglied zahlt außerdem ein Eintrittsgeld von -L 8.— und erhält dafür die im laufenden Geschästsiahk erschienenen Kreditlisten, soweit noch liefer bar. Jede Vereinsvcrsammlung hat das Recht, sobald ein ent sprechender Antrag aus der Tagesordnung steht, Jahresbeitrag und Eintrittsgeld zu ändern. Die Herren Lazarus und Seydel wiesen darauf hin, daß man mit diesem Satz, selbst im Falle eines Zuschusses Von seiten des Börscnvcrcins, niemals auskommen würde, daß auch gegenüber den großen Vorteilen, die dieses Institut verspreche, ein höherer Beitragssatz durchaus gerechtfertigt sei. Herr Nitschmann und Herr Hehne wollten nur ungern von dem ursprünglichen Satz von 6 abgehen. Herr Heyne wies darauf hin, daß in dem versandten Werbeschreiben 6 -4k als Höchstsatz angegeben sei, und hielt eine Erhöhung — die ihm per sönlich sympathisch wäre — doch für gefährlich. Herr Staar schlug ein Kompromiß vor: Gegenüber dem von den Herren Seydel und Lazarus als Minimum bezeichneten Satz von 10 -4t sollten 8 -kt erhoben werden. Herr Nitschmann ließ darüber abstimmen, es ergab sich Stimmengleichheit. Nach einem nochmaligen Appell vom Vor standstische erklärte Herr Seydel, er wolle, ohne sich innerlich mit dem niedrigen Satz befreunden zu können, dem Kompromiß beitreten. Eine nochmalige Stimmprobe ergab die Annahme des Kompromißsatzes gegen 3 Stimmen. 8 10 ändert sich also dahin, daß die Inländer 8 Mark, die Ausländer 1 2 Mark Beitrag zahlen. Das Statut gelangte schließlich su bloe zur einstimmigen Annahme. Man schritt dann zur Wahl des Vorstandes. Zum Geschäfts führer wurde auf Vorschlag des Herrn Nitschmann, Herr Arnold Heyne, der die umfangreichen Vorarbeiten geleistet hat, einstimmig gewählt, zum Vorsitzenden ebenso Herr Paul Nitschmann, zu Beisitzern auf Vorschlag die Herren Kurt Warnecke und Max Perl. Sämtliche Gewählten nahmen die Wahl an. Nachdem Herr Nitschmann noch einen anwesenden Münchner Kollegen begrüßt hatte, schloß er gegen »/<11 Uhr die Ver sammlung. Wohl jeder kaufmännisch Empfindende hat sich oft über die Art gefreut, in der, frei von jeder juristischen Spitzfindigkeit, die Entscheidungen der K a u fm an n s g e r t ch t e auf Grund der Billigkeit und des gesunden Menschenverstandes erfolgen. Umso mehr muß ein Urteil Verwunderung erregen, das kürzlich vom Berliner Kaufmannsgericht gefällt wurde, und worin in einer Art für den Angestellten Partei genommen wird, die weder dem Empfinden des Laien noch der Jurisprudenz irgendwie verständ lich erscheint. Der Fall war folgender: »Dem Buchhalter einer Fleischwarenfabrik sollte auf Grund der vereinbarten monatlichen Kündigungsfrist gekündigt werden, zu welchem Zwecke die Geschäftsleitung am 3l. Mai einen nach der Privatwohnung des Buchhalters gerichteten Kündigungs brief »eingeschrieben« absandte. Eingeschriebene Briefe werden nun in der Regel später bestellt als gewöhnliche Briefsendungen, infolgedessen konnte der Brief vormittags nicht mehr zugestcllt werden. Da der Buchhalter von 8 bis 4 Uhr Dienst hatte und sich lKortletzung aus Seite 1Ü2S9.!