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p» 258, 5. November I90S. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 12467 Nichtamtlicher Teil. Die Anzeigensteuer im Deutschen Reich. Der Begründung des dem Deutschen Reichstage vorzu legenden Gesetzentwurfs über die Reichsfinanzreform ent nehmen wir folgenden Abschnitt: 6. Die Anzeigensteuer. Durch das Anzeigensteuergesetz sollen Anzeigen, die in inländischen Zeitungen und Zeitschriften oder in sonstigen inländischen, durch Druck oder andere, mechanische oder chemische Mittel vervielfältigten Blättern oder Schriften (Anzeigeblättern) enthalten sind (Einrückungen) oder mit diesen verbreitet werden (Sonderbeilagen), sowie Anzeigen, die im Inland öffentlich angebracht, ausgestellt oder vor genommen werden (Ankündigungen), mir einer Abgabe be legt werden. Zu den Anzeigeblättern im Sinne des Gesetzes gehören nicht die durch Druck usw. vervielfältigten Mit teilungen, wie Geschäftsempfehlungen, Warenverzeichnisse u. a., die ausschließlich den Geschäftsbetrieb des Herausgebers be treffen und dem Empfänger unmittelbar durch die Post oder auf anderem Wege übersandt werden. Die Steuer für Einrückungen und Sonderbeilagen wird mit deren An nahme zur Aufnahme oder Verbreitung, für die öffentliche An kündigungen vor ihrer Anbringung, Ausstellung oder Vor nahme fällig. Die Steuer für Einrückungen wird erhoben von dem Betrag an Einrückungsgebühren, der sich nach den Gebühren sätzen des Anzeigeblattes für den zur Einrückung verwendeten Flächenraum berechnet. Wird darg.tan, daß für die Einrückung ein geringerer, als der nach den angegebenen Gebührensätzen zu berechnende Betrag bezahlt ist, so wird dieser Betrag der Steuererhebung zugrunde gelegt. Die Steuer beträgt für Anzeigeblätter, die mehr als einmal wöchentlich er scheinen, bei einer Auflage bis 5000 Stück 2 Prozent, bis '0 000 Stück 4 Prozent, bis 50 000 Stück 6 Prozent, bis 100 000 Stück 8 Prozent und über 100000 Stück 10 Pro zent der Einrückungsgebllhr. Anzeigeblätter, die wöchentlich einmal oder in größeren Zwischenräumen erscheinen, ent richten als Steuer allgemein 10 Prozent der Einrückungs- gebühr, und für Sonderbeilagen beträgt die Steuer 20 Pro zent der Beilagegebühr. Von der Anzeigensteuer befreit bleiben Anzeigen der Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden sowie der inlän dischen Religionsgesellschaften, soweit sie nicht deren eigene wirtschaftliche Interessen betreffen. Ferner bleiben steuerfrei Arbcits- und Stellengesuche von nicht mehr als S gewöhn lichen Anzeigezerlen. Schuldner der Steuer ist der Anzeigende, doch haftet der Verleger für die fälligen Steuerbeträge als Selbst schuldner vorbehaltlich des Rückgriffs gegen den Steuer pflichtigen. Der Verleger eines Anzeigeblattes hat vor dessen erstem Erscheinen, bei bereits bestehenden Anzeigeblättern binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes der Steuer behörde unter Beifügung eines Probestückes eine Anmeldung einzureichen, aus der die für die Berechnung der Steuer notwendigen Unterlagen entnommen werden können. Er hat die Abgabe zu berechnen und einzuziehen und erhält dafür eine Vergütung von 10 Prozent des nach der Steuer berechnung abzuliefernden Steuerbetrags. Als steuerpflichtige Ankündigungen gelten alle Ankün digungen in Schrift und Bild, welche auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder in öffentlichen Räumen ausgestellt, ange bracht oder vvrgenommen, insbesondere auch durch Licht- wirkungen hervorgebracht, in geschlossenen oder umschlossenen Privaträumen, die dem allgemeinen Zutritt offen stehen, durch Ausstellen, Aufhängen re. sichtbar gemacht oder auf Privatgrundstücken oder in Prioaträumen so angebracht werden, daß sie von öffentlichen Straßen, Plätzen oder Räumen aus wahrgenommen werden. Ankündigungen, für deren Anbringung ein Entgelt ent richtet wird, unterliegen einer Steuer von 10 Prozent des Entgelts. Wird das Entgelt nicht einmalig sondern für be stimmte Zeitabschnitte entrichtet, so ist die Steuer von jedem Teilbeträge zu zahlen. Ankündigungen, für deren Anbringung ein Entgelt nicht entrichtet wird, unterliegen einer Steuer für jedes Stück nach dem von der Ankündigung eingenommenen Flächenraume. Die Steuer beträgt bei gedruckten oder in anderer Weise durch mechanische oder chemische Vervielfältigung auf Papier oder Pappe hergestellten Ankündigungen für je 1000 Quadrat zentimeter des verwendeten Stoffes oder für einen Bruch teil davon in Orten bis zu 50000 Einwohnern 1 H „ „ „ „ 100000 „ 2 „ „ „ über 100000 „ 3 „ Bei anderen Ankündigungen beträgt die Steuer für je 1000 Quadratzentimeter der von der Ankündigung ein genommenen Fläche oder für einen Bruchteil davon das Zwanzigfache der vorstehenden Sätze. Erstreckt sich eine derartige Ankündigung über das laufende Kalenderjahr hinaus, so ist für jedes angefangene Jahr, in dem die Ankündigung fortgesetzt wird, die Steuer von neuem zu entrichten. Bon der Abgabe befreit bleiben handschriftliche Ankün digungen, d. h. solche, dis mit Feder, Bleistift, Tintenstift oder Buntstift hergestellt sind. Ferner werden Firmenschilder und andere Aufschriften an Gebäuden oder in Geschäftsräumen und an Geschäfts wagen, sowie in Geschäftsräumen angebrachte Ankündigungen, die lediglich den Geschäftsbetrieb der Bewohner oder Ge schäftsinhaber betreffen, als steuerpflichtige Ankündigungen nicht angesehen. Dasselbe gilt von Aufschriften auf Waren oder deren Umschließungen und von den Waren beigepackten Preislisten, Gebrauchsanweisungen, sowie anderen Druck sachen, wenn sich die Aufschriften und Drucksachen lediglich auf die Waren beziehen. Bei Ankündigungen, für deren Anbringung ein Entgelt ent richtet wird, ist die Steuer bar zu zahlen. Derjenige, welcher die Anbringung der Ankündigung gegen Entgelt zuläßt oder besorgt, haftet als Selbstschuldner für die fälligen Stener- beträge unter Vorbehalt des Rückgriffs auf den Steuer pflichtigen und ist verpflichtet, die Steuer zu berechnen und einzuziehen. Er ist ferner verpflichtet, vor Anbringung der Ankündigung der Steuerbehörde eine schriftliche Anmeldung mit genauer Bezeichnung der Ankündigung und Angabe des Entgelts einzureichcn. Die näheren Bestimmungen über die Entrichtung derSteuer bei Ankündigungen, für deren Anbringung ein Entgelt nicht gezahlt wird, sind dem Bundesrat Vorbehalten. Dieser hat insbesondere zu bestimmen, in welchen Fällen Reichs stempelmarken verwendet oder der zur Ankündigung ver wendete Stoff mit dem Reichsstempel versehen werden soll. Der Bundesrat ist ermächtigt, im Falle des Bedürfnisses auch die im Nachrichtenteil eines Anzeigeblattes gegen Ent gelt aufgenommenen geschäftlichen Empfehlungen der Steuer für Einrückungen zu unterwerfen und ausländische Anzeige blätter, die im Inlands vertrieben werden, gleich den in ländischen zur Anzeigensteuer heranzuziehen. (Nach: Nordd. Allg. Ztg.) 1827»