Volltext Seite (XML)
1494 Nichtamtlicher Teil. olF 36, 13, Februar 1995, Privatpersonen aus literarischen oder Verlagskreisen als Gut achter beiziehen kann. In der Tat läßt sich hier bald ein strengerer, bald ein weniger strenger Maßstab bei der Beurteilung zugrunde legen, und die Frage, ob erlaubte freie Benutzung oder un erlaubte Bearbeitung und teilweise verbotene Vervielfältigung des fremden Werks vorliege, jenachdem bald mit Ja, bald mit Nein beantworten. Der Grad der »selbständigen geistigen Tätigkeit-, die der Benutzer und Bearbeiter beim Zusammen schreiben seines Werks entwickelt hat unter Ausnutzung der Ergebnisse des fremden Geisteswerks, kann ein rechtmäßiger, wenig einflußreicher auf das Zustandekommen des Werkes sein. Seine erläuternden Zusätze und eignen Ausführungen können darin bestehen, daß er aus den gewonnenen fremden Arbeitsergebnissen einfach die Konsequenzen zieht, oder diese, wenn bereits gezogen, in andrer, allgemeiner Art und weniger origineller Weise wiedergibt. Die so gewonnene »Schöpfung« mag alsdann immer hin noch als durch »freie Benutzung- fremder Werke ent standen gelten können, diesen ihre Entstehung tatsächlich zu verdanken haben; allein, ob auch das zweite vom Gesetz (Z 13, Abs, 1 Urh,-Ges,) geforderte Moment: eine »eigen tümliche« Schöpfung als gegeben zu erachten und in dem durch freie Benutzung hervorgebrachten Werke (Aufsatz, Buch, Broschüre) als sich darbietend zu betrachten ist, das ist eine Frage, die bei einigem Zweifel meines Erachtens nicht zu gunsten des freien Benutzers beantwortet werden, sondern weit eher für den in seinem Urheber- und Verlagseigentum geschützten, mit Ausschließlichkeitsrechten ausgestatteten fremden Autor und Verlag in der Praxis entschieden werden müßte. Nach meiner Anschauung dürfte in dieser Frage nicht der Grundsatz gelten, daß in äubio pro reo, d, h, für das Vorliegen einer eigentümlichen Schöpfung, zu entscheiden sei. Nicht unerhebliche eigne Ausführungen, die zwischen den benutzten fremden Stoff, der sich als das Wesentliche des entstandenen Werks in der Hauptsache ergibt, eingefügt sind, als erläuterndes Beiwerk aber das minder Wichtige an dem entstandenen neuen Werke bilden, gleichsam nur als Upitbetou ornans erscheinen, können als Kriterien für das Vorhandensein einer eigentümlichen Schöpfung meines Erachtens hier nicht zugunsten des freien Benutzers verwertet werden, der in solchem Falle zwar frei benutzt, trotzdem aber eine eigentümliche Schöpfung im Gesamtbilde nicht hervorgebracht hat, daher den Schutz von §13, Absatz 1 des Urheberrechtsgesetzes für seine neue Arbeit nicht gegenüber dem andern, die Priorität besitzenden Geisteswerke rechtlich in Anspruch nehmen kann. Ausschlaggebend bleibt somit für die Frage, ob erlaubte oder unerlaubte »freie Benutzung- eines fremden gesetzlich geschützten Werks vorliegt, ob die freie Benutzung keine bloße -Bearbeitung- des fremden Werks darstellt, sondern daß sie in einer so eigenartigen Weise erfolgt ist, daß sie im Gesamtergebnis ein Werk hervorgebracht hat, dem man ohne zu weitgehende oder kleinliche Gesichtspunkte und Spitzfindigkeiten, aber auch ohne dem fremden Benutzer besondere Konzessionen für literarische Freibeuterei zu machen, noch ihm die Wege zu unlauterm Wettbewerb oder zur Umgehung des Urheberschutzes zu ebnen, das Prädikat eines, zwar nicht vollständig frei geschöpften, wohl aber mit Hilfe fremder Stoffe hervorgebrachten Geisteserzeugnisses von Eigenart geben kann, wenn es auch nur von relativer und nicht von absoluter geistiger Selbständigkeit Zeugnis gibt. Ist dies nicht unzweideutig der Fall, so liegt eine unerlaubte freie Benutzung vor, die sich je nach Form und Inhalt entweder als s) eine unzulässige Bearbeitung im Sinne vontz12 des Urheberrechtsgesetzes, als »Plagiat« oder soge nannter verdeckter Nachdruck, darstellt, oder i>) als teilweiser Nachdruck im Sinne von Z 41, Ab satz 1, oder o) als eine die Erfordernisse der zulässigen »Entnahme- nicht erfüllende unerlaubte Vervielfältigung im Ver stoß gegen Z 19, Absatz I, Ziffer 1—3 begangen, oder 6) als ein kompletter Nachdruck der ganzen Arbeit durch Einreihung als selbständiges Werk in ein fremdes Werk darstellt. Sehr häufig wird freie Benutzung ohne Hervor bringung von etwas schöpferisch Eigentümlichem, mithin eine unselbständige Bearbeitung fremden Geisteserzeugnisses, soge nannte Stoffausbente oder Abschriftstellerei im engern Sinne (Plagiat), vorliegen, d, h, es werden die schöpferischen Gedanken eines andern, die in einem Werk (Aufsatz, Buch, Broschüre) niedergelegt sind, nur in eine andre Form der Wiedergabe ge bracht und das fremde geschützte Werk in seinen wesentlichen Gesichtspunkten und Ergebnissen in dieser Weise frei benutzt und zur Unterlage für ein andres, faksimiliertes Werk ge macht, Letzteres (Aufsatz, Broschüre, Buch) stellt alsdann zwar ein neues Werk, aber keine eigentümliche Schöpfung dar. Verbotener teilweiser Nachdruck unterscheidet sich von der unzulässigen freien Benutzung fremder Geisteswerke dadurch, daß beim teilweisen Nachdruck die »Vervielfältigung- als solche sich stets als unfreie Benutzung darstellt, d, h,: es werden »die fremden Geistesprodukte genau so benutzt — daher unfrei» — wie sie der Urheber in seinem Werk zur Wiedergabe gebracht hat. Dagegen findet bei der »un zulässigen freien Benutzung« schon eine Bearbeitung des fremden Geistesprodukts statt; diese führt aber nicht zu einer Neuschöpfung eigentümlicher Art, sondern nur zu einer neuen »Bearbeitung« in andrer Formwiedergabe, der aber die Eigenschaft eines selbständigen Geisteswerks und der Schutz solcher Werke versagt bleiben muß, schon im Interesse des Urheberrechtsschutzes und der Priorität desjenigen Werks, das den Gegenstand freier Benutzung gebildet, aber zu einer wirklichen Neuschöpfung im Sinne von tz 1 des Urheberrechisgesetzes nicht geführt hat. Daraus folgt, daß man sich fremde geschützte Schrift werke — den Fall des Z 13, Absatz 1 und die Fälle des Z 19, Ziffer 1 bis 4 ausgenommen — durch Bearbeitung oder wie der vulgäre Ausdruck lautet — durch »freie Be nutzung« auch nicht mittelbar aneignen darf. Solche freien Benutzungen bedürfen der Einwilligung der fremden Ur heber und Verlagsberechtigten ebensogut wie die unfreie Be nutzung fremder geschützter Geisteserzeugnisse im Wege der wortwörtlichen Vervielfältigung (Nachdruck), sei es als Ganzes, sei es zum Teil. Solche freien Benutzungen stellen sich als mittelbare Aneignung fremder Geisteswerke ebenso als Verletzungen und Eingriffe in das Urheberrecht dar und sind, wenn auch nicht als teilweiser Nachdruck, so doch als Ur heberrechtsverletzungen im Sinne von Z 36 des Urheberrechts gesetzes zu betrachten, machen daher schadensersatzpflichtig und begründen den Anspruch auf Einziehung des widerrechtlich hergestellten Werks, mittels dessen Geltendmachung man die Vernichtung des Konkurrenzprodukts, bezw. des ganzen Werks, in dem es unzulässige Aufnahme gefunden hat, wie bei ver botener unfreier Vervielfältigung (Nachdruck) erreicht. Liegt dagegen eine freie Benutzung fremder Schriftwerke mit dem Effekt der Hervorbringung einer Neuschöpfung von individueller Eigenart mit Bezug auf den Benutzer vor, so macht es keinen Unterschied, ob das Schriftwerk z, B, der Aufsatz, den man aus einer Zeitschrift frei benutzt hat, noch zum Überfluß oder kraft gesetzlicher Vorschrift, um den Schutz zu besitzen, das Nachdrucksverbot oder den Vorbehalt aller Rechte trägt. Auch in diesem Fall kann