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N 142. 22 Juni 1904. Nichtamtlicher Teil. 5411 Buchhändler dürften in ihrer Mehrzahl zu dieser außerordentlich großen Menschenklasse zu rechnen sein, schon aus dem ganz pro saischen Grunde, weil die Lyrik den für den Buchhandel am aller wenigsten ergiebigen Zweig der literarischen Produktion bildet. Das Buch »Plancgg« ^nun '"it seinen reinen, rührenden^ er wähl jeder, der sich einnial durch diese ernsten, lieblichen und lachenden Bilder hat in Stimmung versetzen lassen, wird diesen »Dank aus dem Walde« von ganzem Herzen weiterempfehlen. Herr Wilhelm Langcwiesche tritt nicht das erste Mal als Autor auf, wie vielen bekannt sein dürste. Allen andern ihn als Buch händler vorzustcllen, sei vorher noch gestattet. Er ist ein Enkel 1884 in Godesberg verstorbenen Buchhändlers und Dichters, dessen Gabe in verschönter Gestalt in ihm wieder aufgelebt zu sein scheint. Bon 1894 bis 1. Juli vorigen Jahres war er Inhaber der 1869 von seinem Vater Wilhelm Robert Langcwiesche in Rheydt gegründeten Buchhandlungsfirma: W. Rob. Langcwiesche, die er zu obigem Zeitpunkt an seinen seitherigen Prokuristen abtrat. Seitdem lebt er in Plan egg bei München im Walde, und so erklärt sich auch der Name seiner letzten Gedichtsammlung. Sein Erstlingswerk erschien 1894 bei Wilhelm Haessel in Leipzig und war betitelt »Im Morgenlicht«. (Besprechung in den »Nachrichten aus dem Buchhandel« 1895, Nr. 262.) Schon wei Jahre später konnte eine zweite, stark vermehrte Auflage ieser von der Kritik allgemein gelobten Gedichte ausgegeben werden (siehe »Nachrichten aus dem Buchhandel« 1896, Nr. 27). Anonym ließ der Dichter 1902 dann als Denkmal für seine ver storbene Gattin das Buch »Frauentrost. Gedanken für Männer, Mädchen und Frauen- (München, C. H. Beck) erscheinen, von dem jetzt das 7.-9. Tausend vorliegt. Seine dritte und neueste Gabe ist nun »Planegg-, an der uns, wie vorausgeschickt sei, alles gefällt, auch die äußere Aus stattung bis auf einige Bilder des eigenartigen Buchschmucks, der sich unserer Ansicht nach vielfach nicht der poesievollen Stimmung des Buches anschmicgt. Der Dichter ist der gewaltigere. Noch zittert in vielen Gedichten der Schmerz um die verlorene Gattin, die ihm überallhin das »Geleite« gibt; aber hoffnungs voll blickt er in die Zukunft, denn »Wo und wie mir auch das Glück begegnet, Die Pflicht, sich zu sorgen um das Gedeihen und die Erziehung seiner beiden von der Mutter verlassenen Kinder, zweier Mädchen, denen er nun Vater und Mutier zugleich sein muß, kann wohl selten ein Vater ernster nehmen als unser Dichter. »Nun Hab' ich euch in diesen Wald gebracht, »Der eure Kindheit frei und fröhlich macht, »Ihm anvertraut' ich euer Leben gern, »Ich weiß, er hält euch manchen Gifthauch fern -Und manchen Staub, der in der Stadt bedroht »Und wie der Wald euch nun gedeihen läßt, »Erobert ihn und hallet an ihm fest. »Der mehr zu sagen euch als ich vermag, »Der liebe Gott und alle Wahrheit sei Diesen Trost und diese Weisheit hat der Vater, unser Dichter, in reicher Weise in seinem geliebten Wald gefunden und möchte nun auch nach seiner Kraft seine Anschauungen, seine Liebe zum klärendem Sinn der Poesie weiß er uns vom Walde so viel zu erzählen. Er ist in alle seine Geheimnisse eingedrungen. Es ist schwer, in ungebundener Rede die Formschönheit, Ge fühls- und Gedankentiefe des Dichters nur annähernd anzu- dabei auch nicht so leicht Gefahr laufen, die Schönheiten dieser Sammlung zu erschöpfen, denn sie sind zu zahlreich in diesen Liedern zu finden. Es würde uns gehen wie dem Dichter, der von der Unergründlichkeit des deutschen Waldes sagt: »Aus deinem Buche Hab' ich abgeschrieben, »Doch ist das Beste in ihm stehn geblieben.- Die Gedichte -Meinen Kindern-, »Die Sonne-, »Geleite«, »Mitternachtssind echte^Perlen der Poesie, und wer von diesen Herzensklängcn, die oft rührenden Schmerz betäuben sollen und dann wieder Helle, zukunftsfrohe Freude erkennen lassen, nicht im Tiefinnersten ergriffen wird, bei dem wird überhaupt kein Sänger je gleichgestimmte Saiten ertönen lassen können. Geradezu meister haft möchte man die »Geschichte von den Engeln- nennen, die auch auf ein kindliches Gemüt tiefen Eindruck machen dürfte. Doch es soll hier nicht jedes Gedicht nach seiner Eigenart und Schönheit in philologischer Weise definiert werden. Zweck dieser Zeilen ist ja nur, dem Buchhandel zu sagen: hier ist wahre Poesie, echte Lyrik, auch für solche Leute, die in dieser Beziehung Kostverächter sind. Freilich findet man in diesen Blättern, voll von sinnigen: Waldesrauschen und kräftigem Tannenduft, nicht den modernen Hautgout sinnlosen Weltschmerzes und keine Spur von lüsterner, undeutscher Erotik. Das Innere eines Mannes gibt sich uns, der nicht an sehnsüchtiger Herzensschwäche zugrunde geht, der uns aber die alte Wahrheit: »Mensch sein heißt ein Kämpfer sein- in schöner, poesieverklärter und formvollendeter Weise lehrt. Nach dem bis jetzt Gebotenen des Dichters darf man auf seine für den Herbst angekündigten Gedichte, die den Titel »Der Weg des Herzens« tragen sollen, mit Recht gespannt sein. U. Durch seine geschichtlichen und literarischen Studien, die in mehreren Schriften niedergelegt sind, hat sich der Berufsgenosse, Herr Verlagsbuchhändler Wilhem German in Schwäb. Hall (bis 1895 Besitzer der Sortimentsbuchhandlung Wilhelm German in Schwäb. Hall, seitdem Verleger dort), schon einen guten Namen erworben. Wir berichteten im Börsenblatt 1899, Nr. 249, schon eingehender über seine Werke und möchten heute nachtragen, daß zum Beispiel Germans »Chronik von Hall- auch in wissenschaft lichen Kreisen Anerkennung gefunden hat. Der bekannte schwäbi sche Historiker v>. Kolb schrieb darüber dem Verfasser: »Ihre Chronik hat sich durch ihre gewandte und geschmackvolle Ver arbeitung des großen Stoffes, ihre relative Vollständigkeit und ihre hübsche Ausstattung schon eine solche Popularität und einen so stattlichen Leserkreis erworben, daß sie einer weitern Reklame nicht mehr bedarf«. Vor einem Jahre trat German wiederum mit einem neuen Werke an die Öffentlichkeit: »Jesus von Nazareth. In de r Form des historischen Romans.- 8°. XVl u. 144 Seiten. Schwäb. Hall, Wilhelm Germans Verlag. Preis ^ 2. —. Der Verfasser hat das schwierige Thema mit Liebe und Ernst bear beitet, hat möglichst aus den Quellen selbst geschöpft und nicht allein theologische, sondern auch literarische Werke fleißig heran gezogen. Ein dem Buche bcigegebenes Literatur-Verzeichnis nennt dreißig Werke. Dank dem neu erwachten Interesse an religiösen Fragen, und dank dem Sehnen und Ringen nach Verinnerlichung, das wie in früheren Zeiten jetzt durch weite Kreise unseres Volkes geht, fand das Buch vielerorts Aufnahme. Je nach dem religiösen Standpunkt des Lesers erweckte es hier begeisterte Zustimmung, dort Beanstandung oder schroffe Ablehnung. Auch die Presse der verschiedenen Richtungen hat sich eingehend damit beschäftigt, so daß die erste Auflage bald ausverkauft war und jetzt bereits die zweite vorliegt. Der für die erste Auflage ge wählte Titel -Jesus von Nazareth. In der Form des historischen Romans« war nicht recht zutreffend, da er mehr auf eine belle tristische Behandlung des Stoffes schließen ließ. Der Verfasser tat daher gut, den ernsten Charakter des Buchs besser zu kennzeichnen, indem er für die zweite Auflage den Titel umänderte in »Jesus von Nazareth. Ein historisches Lebensbild«. Es sei ge stattet, hier einige Stellen der Vorrede mitzuteilen, aus der sowohl der Standpunkt, als auch die Auffassung des Verfassers klar hervortreten. Es heißt da z. V.: »In unserer Zeit, wo der Ruf nach einer vertieften religiösen Weltanschauung, nach einer Fort entwicklung der christlichen Religion ertönt, wo das Christusideal in seiner geschichtlichen Wahrheit der Urquell ist, aus dessen Born die nach Religion dürstende Menschheit stets aufs neue schöpfen muß, tritt die scheue Frage in den Vordergrund: Ist ein möglichst getreues Lebensbild des großen Nazareners aus den vorhandenen Quellen auch emporzuholen? ....« — »Nicht einen dichterisch frei erfundenen Stoff, sondern das Leben der größten geschichtlichen Persönlichkeit aller Zeiten habe ich mir mit dieser ernsten Arbeit vom Herzen geschrieben und diese in die Form einer Erzählung gekleidet, um sie den Lesern zugänglicher, sympathischer zu ge- talten-. Um aus den zahlreichen Kritiken der Presse nur eine hervor zuheben, entnehmen wir dem -Schwäbischen Merkur« folgende Zeilen, die noch weiter über den Inhalt des Buches aufklären: »Das Buch ist aufgebaut auf ernsthaften historischen Studien, auf der Grundlage der modernen Evangelienkritik. . . . Der Verfasser macht den Versuch, diejenigen Tatsachen des Lebens Jesu, die sich seinem kritischen Nachdenken als unzweifelhaft historisch 714*