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.>« 12, 16. Januar IS19. Redaktioneller Teil. MrlEUt s. d. DUchn. Bu4h»nd,I. Hiermit ist die Diskussion beendigt. In seinem Schlußwort sucht Herr Nitschmanndie vorgebrachten Gegengriinde noch mals kurz zu widerlegen. Die Gefahr für den Verlag, verschie dene Preise nehmen zu müssen, Uetze sich umgehen, denn die Sortimenter-Organisation sei sehr wohl in der Lage, einheit liche Aufschläge durchzuführen. Zeitschriften seien in erster Linie für den Verlag von Wichtigkeit, namentlich der Inserate und der dauernden Fühlungnahme mit den Autoren wegen. Der Verlag könne deshalb evtl, mit Verlust arbeiten, was aber kein Grund für das Sortiment sei, nun seinerseits auf einen Ver dienst an Zeitschriften zu verzichten. Die Annahme des Antrages erfolgt gegen wenige Stimmen. Als zweiter Punkt der Tagesordnung gelangt »Der paritätische Stellennachweis für den deut schen Buchhandel« zur Besprechung. Herr Prager gibt einen kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte und unter zieht den Widerstand Leipzigs und die gleichartige Ncugründung des Börsenvereins einer scharfen Kritik. 3V Jahre lang habe sich der Börsenverein nicht um einen Stellennachweis gekümmert, jetzt plötzlich Netze ihm der Gedanke, daß Berlin wiedereinmal früher aufgestanden sei, keine Ruhe. Man solle sich aber hier durch nicht einschllchtern lassen, sondern zielbewutzt und unbe irrt auf dem eingeschlagenen Wege weiterschreiten. Herr vr. P i ck a r d t, der zu Anfang den Vorsitz im Stellen nachweis geführt hat, sowie Herr Kupfer, der jetzige stell vertretende Vorsitzende, weisen darauf ihn, daß ein weiterer Ausbau unbedingt die Bereitstellung gröberer Mittel notwendig mache. Sie bitten die angeschlossenen Vereine um größere Unterstützung. Herr Georgi weist auf einige seinerzeit vorhandenen Übelstände hin, sagt aber im.Namen der Korporation weitere Unterstützung zu. Für die »Vereinigung« geben Herr vr. Pickardt und für die »Deutsche Buchhändlergilde« Herr Schmersahl die Er klärung ab, daß dis bisher gezahlten Beiträge künftighin er höht würden. Herr Richter ist bereit, den einige Zeit verwaisten Posten des ersten Vorsitzenden zu übernehmen. Nach einer kurzen allgemeinen Aussprache wird die Ver sammlung um ll Uhr geschlossen. Ern st Schmersahl, Schriftführer. Buchhändlerische Fachkurse in Bayern. In den Räumen der Münchener Städtischen Kaufmannsschulc eröffnete am 3. Januar der buchhändlerische Fachschulvcrein in Bayern seine Kurse zur Aus- uud Weiterbildung von Angehörigen des bayeri schen Buchhandels. 120 Teilnehmer hatten sich eingezeichnet, darunter 50 Herren, von denen 30 im Felde gestanden haben. Diese trockene Notiz gibt nur bekannt, das; gleich anderen Bernsen nunmehr auch die Buchhändler Bayerns in Ansehung der Zeitumstände Schritte getan haben, für die planmäßige Ausbildung ihrer Gehilfen schaft zu sorgen. Direktor Baier von der Städtischen Kaufmannsschnle betonte das in seinen warmen Bcgrlißungsmorten, indem er hcrvorhob, wie in dem eiusctzcuden schweren Wettbewerb des einzelnen wie der Völker das größere Wissen und das bessere Können den Ausschlag geben werden. In der schwungvollen Rede, mit der Hans von Weber als Vor sitzender des Fachschulvcreins die Kurse dann eröffnete und den be teiligten Herren dankte, gewann dieser Gedanke noch tiefere, umfas sendere Bedeutung und so lebendigen Ausdruck, daß am Schlüsse einige Säße dieser Aussprache folgen mögen. Hier sei es gestattet, nur einige kurze Worte über die Organisation dieser Gründung cinzuschal- ten, die anderen Vereinigungen vielleicht von Nutzen sein könnten. Von den 0 bayerischen Buchhändlcrvcreinen, von denen 3 Prinzipal- und 3 Gehilfenvereinigungcn sind, wurden je 2 Herren in den Fach- schulvercin delegiert, nämlich je ein Ausschußmitglied uud ein Ersatz mann. Diese 12 Herren bilden den rechtsfähigen eingetragenen Verein der Fachschule. Es herrscht darin vollkommene Parität zwischen Ar beitgebern und Arbeitnehmern, die ja an der Ausbildung ihrer Stan- dcsgcnossen auch gleichmäßig beteiligt sind. Ein Ausschuß von 6 Mit gliedern führt die Geschäfte. Die Stadt hat Vortragsräume, Licht, ^ Heizung und ein bescheidenes Lehrgehalt zur Verfügung gestellt; ein Appell an die Bcrufsgcnossen hat die zur Aufrundung der Gehälter, znr Anschaffung von Lehrmitteln und zur Abhaltung von besonderen Vorträgen nötigen Mittel durch jährliche Beiträge gesichert. Die Kurse wurden nicht kaufmännischen Lehrern, sondern Männern aus der Praxis anvertrant. Dadurch ergab sich die Einteilung des Lehr planes von selbst. 1. Geschichte und Allgemeines des Buchhandels. 4 Abende. Ver leger E. Reinhardt. 2. Sortimentsbuchhandel. Prokurist Fraukeuber- ger. 3. Verlagswesen. Johs. Alb. Mahr. 4. Herstellung. Direktor Forschner. 5. Buchhaltung, je 10 Abende. Haus Stoll. Da sich die Eröffnung der Kurse in diesem Jahre verzögert hatte, mußte die Stundenzahl eng begrenzt werden, um den Kurs bis Juli 1010 durch- zusühren. Die praktischen Erfahrungen sollen ergeben, inwieweit künftig Verschiebungen in der Stundenzahl vorzunehmen sind. In folge der starken Beteiligung wurden Doppelkurse eingerichtet; sie finden zweimal wöchentlich von 7^ Uhr bis 0 Uhr statt. Es schien erwünscht, daß jeder Teilnehmer alle Kurse mitmache, denn nur wer über die engen Schranken seines Bezirkes hinaussicht, hat Aussicht, vorwärts zu kommen. Teilnehmerbeitrag 8.50, für Kriegsteil nehmer frei. Wir hoffen, daß auch diese neue Gründung einen Schritt vor wärts bedeuten möge in der Ertüchtigung und Ausbildung unseres Nachwuchses, unseres Standes und damit auch unseres Vaterlandes; hier mögen einige Worte aus der Ansprache Hans von Webers ein- sctzeu: »Keinem von Ihnen brauche ich zu sagen, wie schwer die Zeit ist, in der wir zu diesem unseren Hause de» Hebebaum schmücken. Unser Vaterland ist besiegt, wehrlos, vom Nötigsten entblößt, von -Hassern umgeben, von allen Freunden und Helfern verlassen, ganz auf sich selbst gestellt. Ist das Vernichtung? Oder ist dieses Trümmerfeld vielleicht doch der Bauplatz für ein schöneres, luftigeres, freieres und edleres Haus? Wir, die wir Sie hier zusammeuriefeu, verneinen stark die erste Frage uud bejahen unsere Zukunft in festem Glauben. Denn eines gibt es, köstlicher als alles andere, das kein Feind zerstören kann: das ist das deutsche Pflichtgefühl und unser stahlharter Wille, unserem Volke zu dienen . . . Wenn es aber gilt, an Deutschlands Neuaufbau zu arbeiten, daun haben wir hier, wir Buchhändler, die hohe Ehre, einen Hauptauteil an dieser Arbeit leisten zu dürfen.« Der Redner begründete diese Tatsache mit einer Schilderung des Börsenvereins, seiner Verbreitung in allen 5 Erdteilen, seiner Be deutung für Deutschlands geistige Weltstellung als wohl des mächtig sten Berufsvercins, und kam dann auf den Gegenstand unserer Arbeit zu sprechen, »das Buch, das Tote zu Lebenden reden läßt, das Ent fernungen und Feindschaften übcrbrückt, das, so Gott will, dereinst dazu dienen soll, auch uns Deutschen wieder alle Edeldenkenden der Welt zu Freunden und Helfern zu machen. Dem deutschen Buche und dem Geiste, dessen Gefäß es ist, einen friedcuwirkeudeu Weg in die Welt wieder zu bahnen, ist jetzt unsere Aufgabe. Der Geist läßt sich nicht mit Handgranaten und Maschinengewehren, noch mit Zollgren zen niedcrringen, er kann nur aufgehalteu werden durch sie, aber jede Minute solchen Aufenthaltes verstärkt seine Kräfte und hilft ihm zum Siege, vorausgesetzt, daß er in gesundem Körper wohnt. Dieses Körpers ein Teil sind wir, die wir heute zusammen an die Arbeit gehen . . . Arbeit zu leisten, doppelt und dreifach gegenüber früher, ist jetzt jeder Frau und jedes Mannes Pflicht; kann es aber eine köst lichere Pflicht geben, als die uusrige? Dieses ist das Ziel unserer Fachschule und der anderen Einrich tungen, die unser Verein hoffentlich noch wird schaffen können: alle Glieder des Buchhandels zu ertüchtigen in der Fähigkeit zu dieser Pflicht, daß jede und jeder von Ihnen zu dieser herrlichen Arbeit soviel beitragen kann, wie cs nur irgend in seinen Kräften steht, denn jetzt heißt es wirklich für jeden, das Letzte hcrzugebcn. In diesem Sinne fordere ich Sic alle, die Sic unserem Rufe ge folgt sind, zur Mitarbeit auf, auch schon in diesen nachher beginnen den Lehrstunden. Sie dürfen dabei nicht vergessen, daß bei allem heißesten guten Willen auf unserer Seite auch für uns aller Anfang schwer ist. Opferbereit und dankenswert bereitwillig haben sich fünf Herren, jeder im eigenen Berufe fast über seine Kräfte angespannt, in den Dienst unserer Sache gestellt. Keiner von ihnen war bisher als Lehrer« tätig. Ein anderes ist es, Werte schaffen und Wertschaffen lehren. Deshalb müssen wir auch Ihre Hilfe erbitten. — Glauben Sie Lücken zu entdecken, so sprechen Sic es offen ans; gelang es im Einzcl- falle nicht, volle Klarheit zu schaffen, so fragen Sie! Sie lernen l icht für sich, Sie lernen für alle. Durch Gemeinsamkeit und Eifer wird das Werk gelingen. Und wenn wir vielleicht in Jahren in gleich zeitig schmerzlicher und stolzer Erinnerung die Wiederkehr dieses Tages, den 3. Januar 1619, feiern dürfen, dann werden wir, hoffe ich, ^ es besser verstehen, als es heute wohl einleuchtcn mag, wenn ich diese 41