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pU 260. 8. November 1S11. Nichtamtlicher Teil. s. d. Dgchn. AuchlMdcl. 13 k 6 S Raume einige Werke aus, aber soviel ich sehen und ersahren konnte, gehörten sie der dort etablierten Buchhandlung. Hier hätten allein große Tafeln hingehört, die in bequemer Tischhöhe ein Buch neben dem andern liegend oorgeführt hätten. Und nun der versprochene Katalog? Hat nicht jeder Einsender aus dem Rundschreiben entnehmen müssen, daß es sich hier um einen gedruckten Katalog handelte, der, neben dem allgemeinen, den Büchern und Verlegern verschlossenen Ausstellungskatalog erscheinend, die eingesandte Literatur ver- zeichnete? Die Ausstellungsleitung ist anderer Ansicht. Sie hat sich begnügt, einen mit der Hand oder der Schreibmaschine hergestellten Katalog in einem Exemplar zu geben. So oft ich nach diesem Katalog gefragt habe, es ist mir nie ge lungen, ihn zu Gesicht zu bekommen. Bis in den August hinein hieß es, er würde »erscheinen», dann wurde ich aus. geklärt, daß es sich überhaupt nicht um einen gedruckten Katalog handle, sondern um einen nur handschristlich an zulegenden. Aber auch diesen hat wohl außer dem oder den Schreibern, die an ihm gearbeitet haben, niemand zu sehen bekommen. Er war nie da. Endlich wurde mir ge sagt: »Ja, Herr R. hat ihn drüben in seinem Bureau im Verwaltungsgebäude», aber Herr R. war fort und sein Bureau geschlossen. Wie günstig waren demgegenüber die industriellen Aus steller daran! Der in vielleicht Hunderttausenden verkaufte allgemeine Katalog verzeichnete jeden Aussteller, und hätte er nur ein Dutzend Flaschen irgend eines alkoholfreien frag lichen Trankes ausgestellt, von Buchhändlern nur die wenigen Aussteller, die sich nicht für die literarische, sondern sür die allgemeine Ausstellung gemeldet hatten. So blieb der Eindruck, daß hier, wie so oft schon, der arme Buchhandel ganz entsetzlich schlecht als Aschenbrödel be handelt worden ist. Er wird es leider zu tragen haben und sich das Mißverhältnis zwischen dem. was versprochen, und dem. was gehalten wurde, gefallen lassen. Zu erwägen wäre es dennoch, ob man nicht auf Grund der Versprechungen im Rundschreiben Ersatz oder Erlaß der Kosten im Rechtswege fordern könnte. Um nicht mit diesen trüben Eindrücken zu schließen, sei noch der schon erwähnten Ausnahmen gedacht, die dartun. daß man Bücher günstiger und besser zur Ausstellung bringen kann, als es in der literarischen Abteilung im allgemeinen geschehen ist. So fällt schon dort angenehm die Ausstellung von I. F. Lehmanns Verlag in München auf, der einen wahrscheinlich von früheren Ausstellungen herrührenden eleganten Schrank lediglich für den Verlag der Firma gestellt hat. Auch die Verlagshandlungen Leinsweber-Leipzig. R. Olden- bourg-München, Polytechn Buchh.-Berlin, Vicweg L «ohn- Braunschweig machten sich geltend. Anderwärts haben Vereine und Verbände gut für Aus stellung der einschlagenden Literatur gesorgt. So ist in Halle 55 die Literatur des Antialkoholismus in großer Voll ständigkeit vorzüglich ausgestellt zu finden. Nicht weit davon hat die deutsche Turnerschast ebenso vollständig wie praktisch wirksam Schriften über Leibesübungen vor Be- grllndung der Turnkunst, klassische Turnschriften in Erstaus gaben. Turnschriften des Auslandes und anderes in aus gezeichneter Weise ausgestellt. Die Zusammenstellung von Musterbüchereien für Turnvereins zum Preise von 150 40 ^ und 15 sei als eine besonders gute, nachahmens werte Idee hervorgehobcn. Um dem Antialkoholismus ein Paroli zu bieten, hat die Deutsche Bcauerunion in ihrer bildergeschmückten Ausstellung auch für die Sammlung der Bücher gesorgt, die in ihrem Interesse sür die Unschädlichkeit mäßigen Alkoholgenusses eintreten. Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. In dem fast stets überfüllten Saal 0 der Geschlechts krankheiten hat die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten sür eine gute Ausstellung ihrer und anderer einschlagender Werke gesorgt. Da auch ein Spezial katalog zur Hand war und dieser nicht so spät zur Ausgabe gelangte, wie die anderen bibliographischen Zusammen stellungen in den Sonderkatalogen der wissenschaftlichen Ab teilungen. so ist in dieser Abteilung wohl ein sehr guter Ver kauf erzielt worden. Um so mehr muß es wundern, daß auch diese vornehme Gesellschaft, dis hier gute Geschäfte gemacht hat, nun au die Aussteller die ergebene Bitte richtet, die für die Dresdener Ausstellung leihweise überlassenen Bücher ihr sreundlichst zu dauerndem Besitz zu überlassen. Die Gesellschaft verschenkt doch ihre Publikationen auch nicht, sondern verkauft sie. Außer dem genannten Spezialkatalog und der Biblio graphie des Sports hat die Ausstellung in ihren Fach oder Sonderkatalogen noch viele bibliographische Arbeiten hervorgerufen. Wie dankbar würde man hierfür sein, wenn diese Arbeiten irgend den Anforderungen bibliographischer Ordnung. Genauigkeit und Vollständigkeit entsprächen! Das ist aber leider bei keiner dieser Arbeiten der Fall. Bibliographische Arbeiten, die nicht entweder kritisch sind oder annähernd vollständig, sondern die nur eine zufällig zusammengebrachte Auswahl verzeichnen, haben keinen oder geringen Wert. Für den Laien war sicher die historische Abteilung eine der fesselndsten Abteilungen dieser reichen Ausstellung. Hier findet sich eine so große Anzahl der interessantesten alten Bücher. Bilder und Einzeldrucke aus der Geschichte der Hygiene, wie man sie so bald nicht wieder vereint sehen wird. Die Veranstalter dieser Abteilung haben sich hiermit große Ver dienste erworben. Als Frucht einer Wanderung durch die Pavillons fremder Staaten sei noch folgendes heroorgehoben: Reichliche Bücher- ausstellungen fanden sich namentlich im Russischen Pavillon; ferner in den österreichischen, ungarischen, japanischen, brasi lianischen und italienischen Häusern. Der elegante, spät er öffnet und zeitig geschloffene, französische Ausstellungspalast enthielt, geschmackvoll aufgestellt, den reichen Verlag der Firmen Doin L fils, Baillisre L fils und Masson L Cie. Sicher hat die ja enorm große Ausstellung noch an andern als den angeführten Stellen Ausstellungen deutscher und fremder Literatur dargeboten. Das Hauptsächlichste glauben wir genannt zu haben. Als Fazit unserer Betrachtungen möchten wir aus sprechen. daß da, wo interessierte Verbände oder Vereine und verständnisvoll arbeitende Gruppenvorstände Spezial sammlungen zusammengestellt haben, etwas Gutes geleistet worden ist, daß dagegen die allgemeine literarische Aus stellung, auf die doch die meisten Einsender besondere Hoff nungen gesetzt haben, ihren Zweck ganz verfehlt hat. Beweis dafür sind auch die nach Schluß der Ausstellung belannt gegebenen Preise, die in Nr. 253 dieses Blattes mit sehr richtigem Kommentar wiedergegeben worden sind. Von 14 Verlagsbuchhandlungen sind 9 Firmen ausgezeichnet worden, die als »industrielle Aussteller« im Ausstellungs katalog aufgesührt worden find. Von allen übrigen durch keinen Katalog hervorgehobenen Ausstellern sind nur 5 aus gezeichnet worden, deren Ausstellungen durch Umfang oder weil große Wandtafeln umfassend, auch flüchtigen Besuchern in dis Augen fallen mußten. Ob die Mitglieder der Preis kommission sich die Mühe gegeben haben, die in den Schranken versteckten Bücher zu mustern, wobei sie sich freilich aus den Boden hätten hinknien müssen, möchten wir bezweifem. R. I77t