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^ 28, 4. Februar 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 1503 klare, von allen Absonderlichkeiten freie Formensprache, die sich dnrch ein weises Maßhalten in der Durchbildung der Form wie in der Richtung als schmückendes Beiwerk auszeichnet. Das feine Abwägen und sorgsame Maßhalten äußert sich auch in diesen Arbeiten bei der Verwendung der Farbe, deren wohltuende Wirkung und diskrete Verwendung namentlich bei den hübschen Vorsatzpapieren zutage tritt. — Eine Reihe kunstgewerblicher Entwürfe für Etiketten, Plakate und dergleichen vervollständigen das interessante Gesamtbild vom künstlerischen Schaffen Richard Grimms-Sachsenberg. Ernst Kiesling. Was der Buchhändler von den modernen Reproduktionsverfahren wissen mutz. Von Alfred Wendler. (Vgl. 1908 Nr. 280, 1909 Nr. 5, 9, 27 d. Bl.) Das Flachdruckverfahren. Zu den Flachdrnckverfahren rechnet man graphisch die Litho graphie und den Lichtdruck. I. Die Lithographie (der Steindruck). Im Jahre 1805 hat Aloys Senefelder den Steindruck oder die Lithographie erfunden. Ebenso wie man bereits vor Guten- berg von Tafeln gedruckt hat, so kannte man auch bereits vor Senefelder den Steindruck. Natürlich nicht im Sinne Sene- felders. Man hat Steine gefunden, die bis in das sechzehnte Jahrhundert znrückgehen und auf denen sich Versuche, von Steinen zu drucken, feststellen lassen. Diese Versuche waren aber natürlich nur Versuche geblieben, weil keine praktische Nutz anwendung daraus gezogen werden konnte. Wie viele große Erfindungen, so beruht auch die Senefelders auf einer ganz einfachen Tatsache. Mit einer extra präparierten Tusche wird auf den Stein gezeichnet, dieser wird mit 6ummi arabicum und Wasser überrieben. Walzt man dann mit Druckfarbe über den Stein, so bleibt die Farbe auf den gezeichneten Stellen haften und überträgt sich beim Druck auf das Papier. Die fetthaltige Druckfarbe, das Wasser und Oummi arabicum stoßen einander ab. Eine Druckerei, die Arbeiten von Steinen anfertigt, bezeichnet man als Lithographie und Steindruckerei, oder auch als lithographische Kunstanstalt. Als Ersatz für den Stein wendet man heute auch vielfach Zink oder Aluminium an. Doch ergibt der Druck von diesen Platten nicht die gleichen Resultate wie vom Stein. Dieses Verfahren ist aber billiger, soll es wenigstens sein. Ein guter Steindrucker ist vielfach nicht imstande von Zink gute Drucksachen zu liefern, weil dieses Material ganz anders behandelt werden muß. Jede Zeichnung, die im Steindruck vervielfältigt werden soll, muß zuerst auf den Stein gezeichnet oder mechanisch darauf über tragen werden. An diese Steine werden ganz bestimmte Anforde rungen gestellt, da nicht jeder zu verwenden ist. Als einziger brauchbarer Lithographiestein kommt deshalb nur der Solnhofener Schiefer in Betracht. Das Solnhofener Steinlager ist auch von Senefelder gefunden worden. Eigentümlich ist es, daß gerade nur die Steine aus Solnhofen verwendbar sind und auf diesen von Sene felder die Versuche gemacht wurden, da sich in der ganzen Welt keine weiteren gefunden haben. Alle Länder, die deshalb den Steindruck praktisch ausüben wollen, müssen ihre Steine aus Solnhofen in Bayern kaufen. Die Steine haben drei verschiedene Farben (Blaugrau, Grau und Gelb). Blaugraue sind harte, graue mittlere, gelbe weiche Steine. Für lithographische Gravüren verwendet man harte, für Chromos, Kreidezeich nungen können weichere benutzt werden. Erhält die Form einen starken Druck, dann müssen auch harte Steine benutzt werden. Die Steine sind nicht billig, können aber nach dem Druck wieder abgeschliffen werden. Ein ungemein großes Stein lager müssen die lithographischen Anstalten haben, da viele Arbeiten, die beständig wiederkehren, nicht abgeschliffen werden. Ein Stein von einem halben Meter im Quadrat kostet in gelb ungefähr 40 .^. Die härteren sind teurer. Die Bezeichnung Flachdruck stammt daher, daß beim Stein- druck die nichtdruckenden Stellen, sowie die, die drucken sollen, in einer Linie, also flach liegen. Der Laie wird hier vielfach gar nicht herausfinden, welche Stellen drucken sollen. Beim Hochdruck und beim Tiefdruck kann man dies leichter erkennen. Das Prinzip des Steindrucks beruht, wie ich schon anführte, darauf, daß eine auf Stein gezeichnete Zeichnung gedruckt werden kann, wenn der Stein während des Ganges der Maschine mit Wasser angefeuchtet wird. Die Zeichnung zieht die Farbe an, und die Stellen, wo keine Zeichnung liegt, stößt die fetthaltige Farbe ab. Sie drucken deshalb nicht mit. Natürlich könnte dies nicht so glatt von statten gehen, wenn nicht der Lithographiestein die Eigenschaften besitzen würde, die eine gute Arbeit gewährleisten. Es würde hier zu weit führen, die Eigenschaften des Steins auseinanderzusetzen. Durch den Dreifarbendruck ist die Chromolithographie etwas außer Mode gekommen, wenigstens in Büchern, wenn auch der Buchdrucker nie die satten Farbentöne wie der Steindrucker er zielen kann. Der Steindruck benutzt auch andere Farben als der Buchdrucker. Durch die jetzt so beliebten Künstler-Stein zeichnungen sind dem Steindrucker ganz bedeutende Vorteile ab gerungen worden. Das Künstlerische hatte lange Jahre der Litho graphie gefehlt. Denn gerade das Schablonenhafte, Steife, Unbeholfene hat viel dazu beigetragen, daß farbige Steindrucke in Mißkredit geraten waren. Ein künstlerisch empfindendes Auge empfand keine Befriedigung an diesen Farbensteindrucken. Es wurde zu schablonenmäßig gearbeitet mit einer veralteten technischen Fertigkeit. Viele Lithographen können auch heute noch nicht Lithographien in drei bis vier Farben Herstellen. Es geht eben nicht ohne zehn Farben, und da ist es begreiflich, wenn diese Arbeiten dem Steindruck weggenommen werden. Wenn auch der Dreifarbendruck dem Steindruck viel Arbeiten weggerissen hat, so wird der Steindruck doch nie so weit unterdrückt werden, wie dies z. B. beim Holzschnitt der Fall ist. Lithographische Gravüren, große Plakate, Wandkarten können nie ohne Lithographie her gestellt werden. Der Arbeitsweg ist der folgende. Der Lithograph zeichnet die Arbeit auf den Stein. Ist er damit fertig, so wird der Stein geätzt, und auf der Umdruckpresse werden Probeabzüge gemacht. Diese werden dem Besteller zur Begutachtung vor gelegt. Korrekturen sollen möglichst vermieden werden. Man rechnet lithographisch mit mehreren Techniken. Und zwar sind dies die Autographie, die Federmanier, die Kreidemanier, die Gravur, Atz- und Radiermanier, die Photolithographie und die Chromolithographie. a) Die Autographie. Die Autographie bietet die wenigsten Schwierigkeiten und ist am einfachsten. Kleine Auflagen von Schriftstücken werden mittels Autographie billig in Steindruck hergestellt. Aber auch vorhandene Drucke lassen sich auf diese Weise vervielfältigen. Die Auflage darf aber nicht zu groß sein, und auch an die Schön heit und Exaktheit darf man keine großen Ansprüche stellen. Man kann Autographien in Feder- und Kornmanier Herstellen. Im ersteren Falle wird die Zeichnung oder die Schrift mit litho graphischer Tusche oder Autographietinte auf das sogenannte Autographiepapier gezeichnet oder geschrieben. Dieses Papier wird mit der Bildseite auf einen Lithographiestein gelegt und durch die Handpresse gezogen. Die Schrift löst sich dadurch vom Papier auf den Stein ab. Dann kann sofort gedruckt werden. Auch kann man das Autographiepapier umgehen, wenn man ge wöhnliches Postpapler benutzt. Dies macht nur mehr Schwierig keiten bei der Übertragung. Der Stein muß hier angewärmt werden. Kreidezeichnungen oder Zeichnungen in Kornmanier werden mit lithographischen Kreidestiften auf im Handel erhält liches Kornpapier gezeichnet. Korrekturen können auf dem Stein nicht mehr gemacht werden. Dieses Kornpapier ist extra präpariert und mit einer Kreideschicht versehen. Man hat verschiedene Kornmuster; das Arbeiten auf diesen Papieren ist ein angenehmes. Umgedruckt wird dies wie die Feder manier. Nur bleibt das Kornmuster nach dem Druck auf dem Steine kleben, da es mit einer Kreideschicht versehen ist. Es muß deshalb vollständig mit Wasser durchfeuchtet werden, worauf es sich leicht abheben läßt. Der Stein wird dann gum miert und geätzt (ich werde dies später erklären) und ist dann zum Drucke fertig. Man kann diesen Umdruck aber auch auf eine Zinkplatte machen und für den Buchdruck die Klischees Herstellen. Der Arbeitsgang wäre dann, wie ich ihn unter »Strichätzung«*) er- *) Vgl. Nr. 5 d. Bl. 190*