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vdrsenLIatl f. d. Dtschn. vuchhaud«!. Redaktioneller Teil. X° 61, 13. März 1S22. Die Kunsffchriftwerkzeuge zeichnen sich übrigens durch eine unübertroffene Dauerhaftigkeit aus. Der Fachmann weiß sie natürlich auch entsprechend zu behandeln und zu schonen; am besten gewöhnt der Anfänger sich schon beizeiten daran, mit dem Gerät ordnungsgemäß umzugehen und stets peinliche Sorgfalt und Sauberkeit walten zu lassen. Als Schreibstosf wäre der Ge brauch von Tusche dein der Tinte im allgemeinen borzuziehen, namentlich wegen der tiefen, voll gesättigten Tönung, die der Tinte nicht eigen ist. Ferner ist die Günther L Wagnersche Scribtol-Kunstschrifttintc beliebt, mit der man gut und vorteil haft arbeitet. Besondere Beachtung verdient endlich der Beschreib st o s f, Papier oder Karton, von dessen Beschaffenheit das Gelin gen der Beschriftung nicht unabhängig ist. Die zweckentsprcchnidc Wahl ist hier nicht immer leicht und erfordert einige Übung und Erfahrung. An dieser Stelle lassen sich daher nur einige Winke geben, indem ich die einzelnen Phasen der Papierherstel lung vom Rohmaterial über den Halbstoff bis zum fertigen Bogen als bekannt voraussetze. Im allgemeinen mag als Regel gelten, daß sich aus allen guten Papieren auch wirklich gute Ergebnisse erzielen lassen. Je- doch ist der Begriff der Güte gerade im Papierfach recht dehnbar und hängt wesentlich von der Behandlung im Holländer und anderen Fabrikattonsprozesscn ab. Am leichtesten läßt sich mit dem Rediswerkzeug arbeiten, das keine hohen Ansprüche stellt und mit seiner Scheidenspitze selbst über rauhe Papierflächen -sin« gleitet, ohne zu haken. Bet den Alotintern ist immerhin einige Achtsamkeit geboten, indem man sich bei der Papierwahl Art und Eignung der verwendeten Roh- und Halbstoffe ansieht. Für die Erzeugung hochwertiger Papiere, namentlich guter Schreib papiere, sind gewiß die Lumpen noch immer ein wesentlicher Roh stoff geblieben, obgleich die laienhafte Ansicht, diese als Haupt bestandteil zu betrachten, ja völlig irrig ist. Mil der zunehmen den Knappheit und Verteuerung des beliebten Rohstoffes ist jedoch reines Lumpenpapier, noch dazu handgeschöpfles, heute zur idealen Luxusware geworden. Pflanzliche Ersatzstoffe bilden die wesentlichen Bestandteile des Papiers, sodaß sich die Roh stoffe in der Reihenfolge: Holz (Zellstoff-Holzschliff), Stroh, Lumpen ordnen, denen sich bekanntlich noch Altpapier und mine ralische Füll- und Leimstosfe zugesellen. Da nun sowohl beim Zellstoff wie beim Holzschliff der Charakter der erhaltenen Holz stoffe durch sorgsame Wahl des Holzes einerseits und durch das Fabrikationsversahren an sich andererseits stark zu beeinflussen ist, haben selbstredend Fabriken mit eigenem Zellstoffwsrk und eigener Schleiferei die Bestimmung der Halbstosfqualität und da mit auch der späteren Papiergüte am ehesten in der Hand. Nur wenn ein sorgsam gemahlener Feinschliff Verwendung fand, ist aus Erhalt eines guten, mittelfeipen Schreibpapiers zu rechnen. Auch die Verwendung von gehäitseltem Stroh ist unter gewissen Voraussetzungen zweckdienlich, wenn es durch sachgemäße Ver arbeitung in den geeigneten Strohzellstoff umgcsetzt wurde. Für unseren Zweck kann aber hierdurch das Papier leicht schon zu hart werden. Wir halten uns überhaupt am besten in der Mitte. Ein Papier, dem nach dem Fertigmachen eine zu große Menge mineralischer Füllstoffe beigemischt wurde, ist zu weich und wenig widerstandsfähig, außerdem meist sehr lappig. Enthält das Papier hingegen zu wenig Füllstoff, dann zeigt es oft eine recht starke Transparenz, die unerwünscht sein kann. — Ferner ist Art und Grad der Leimung wichtig. Bei Papieren mit hoher Leim- festigte!! — eine Eigenschaft, die allen guten Zeichenpapieren eigen sein soll — läßt sich mit Sicherheit aus tierische Nachlei. mung schließen nach vorangegangener Leimung des Erzeugnisses im Stoff. Radieren ist meist vom Übel. Zeigt es sich unvermeid lich, so geschieht es am ungefährlichsten auf gut geleimtem Papier, welches nachgezogene Tintenstriche nicht auslaufen läßt. — Zu scharf geglättete Papiere zur Beschriftung zu verwenden, erscheint nicht ratsam. Ob jedoch ein nur maschtnenglattes Papier den An sprüchen schon genügt, zeigt sich stets von Fall zu Fall. Die Nachglättung aus dem Kalander hat immer viel für sich, da sie das Papier verdichtet und etwa noch hervorstehende Fasern usw. in das Papierinnere hineindrückt. An zweckmäßigen Verfahren zur Prüfung des Papieres sind gebräuchlich und allgemein bekannt: Tintenf esti gke tt : Strichprobe mit weicher Feder; Faserung: Durchsichtprobe; Holzschliff: Probe mit salzsaurem Phlorogluzin; Ober flächenleimung : Stearinprobe (tierisch) und Ätherprobc (Harz). — Wem somit an einwandfreien Ergebnissen bei seiner Kunst beschriftung gelegen ist, einerlei, welchem Zweck sie dienen soll, der wird gut daran tun, auch der Papierwahl beizeiten sein Augenmerk zuzuwenden und sich nötigenfalls von erfahrener Seite beraten zu lassen. Bei möglichst allseitiger Vollkommeirhett in der Arbeit wird ihm schon das bescheidenste Schildchen Freude bereiten und ihn zu höherem künstlerischen Schaffen anspornen. Die Eisenbahnreklame. Kritische Aussätze über Wesen >md Wert der Reklame im Bereiche der Eisenbahn. Im Aufträge der Deutschen Eisenbahnreklame G. m. b. H. herausgegeben von H e i n r i ch P fe i fs e r. Kl. 4°. 32 S. Berlin 1922. In Kommission bei Reimar Hobbing Verlag. Ladenpreis stark drosch. -ll 20.—, numerierte Sonderaus gabe in Pappband mit einer Original-Lithographie von Felix Mesek .« 75.- Dort, wo große Menschenmassen hin- und Herströmen, wo jeder, durch Beruf oder anderen Anlaß gezwungen, wiederholt erscheinen oder voritbergchen muß, ist der gegebene Platz für die Reklame. Es ist deshalb nur natürlich, baß die Eisenbahn sowohl mit ihren Bahn höfen als anch mit ihrem rollenden Material und mit geeigneten Zielten neben dem Schienenstrang in freier Landschaft von jeher starke Anziehuugskrast auf den Rekla,«treibenden ausgeiibt hat. In unscrm Vaterlandc bestanden vor dem Kriege in dieser Beziehung starke Hem mungen, die man in andern Ländern nicht kannte. Einesteils sträub ten sich Tradition und bureaukratische Einseitigkeit gegen die Aus nutzung vorhandener Reklameflächen, andcrnteils war die Erkenntnis von der Bedeutung und wirtschaftlichen Notwendigkeit der Reklame nicht verbreitet genug, um eine objektive Prüfung des Problems zu ermögliche». Eln Wandel bahnte sich erst an, als die Firma Reimar Hobbing in Berlin mit der Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft einen Monopolvertrag abschioß und dieser Monopolvertrag später vom Neichsverkehrsministcrinm und der Deutschen Eisenbahn reklame G. m. b. H. als Kontrahenten übernommen wurde. Da durch befindet sich im Gegensatz zu andern Ländern die deutsche Eiscn- bahnreklame in einer Hand. Dieser Umstand hat neben starken Lichtseiten natürlich anch Schat tenseiten. Monopole enthalten immer die Möglichkeit bruckartiger Aus nutzung einer gegebene» Machtfiille. Bo der Wettbewerb fehlt, er scheint leicht eine Diktatur der Preise und ei» Mangel an Kulanz. Will demnach die in, Besitze des Monopols befindliche Firma den Anschein derartiger Absichten vermeiden, so wird sic gut tu», sich schon von vornherein eine gewisse Volkstümlichkeit zu sichern. Man kann die vorliegende Veröffentlichung durchaus als geeignetes Mittel zu diesem Zwecke betrachten, uni so mehr, als nirgends die Absicht, es zu sein, wahrnehmbar hervortritt. Zivar handelt es sich nicht darum, die gegen das Monopol an slch bestehenden Vorurteile zu zerstreuen, was ja auch am besten durch eine geeignete Verkchrspraxts mit den Abnehmer» geschieht. Zunächst sind es andere Bedenken, an deren Beseitigung der Firma liegt, Bedenken, die mehr ans allgemein- ästhettschcm, künstlerischem und geschmacklichem Gebiete zu suchen sind. Man muß sagen, daß die vorliegende Schrift ein ganz ausgezeichnetes Mittel darstellt, um dem Mißtrauen gegen die Eisenbahnreklame cnt- gcgcnzuwirken. Nachdem der Herausgeber in seinem Vorwort einig« allgemeine Gesichtspunkte erörtert hat, äußert sich Rcichsverkehrsministcr Groe - »er in einem kurzen Artikel »Ausbau der VerkehrSreklame im Ge biete der Reichseisenbahn- über die Grundsätze, die bei der Gestal tung der Reklameflächen für die Eisenbahn selbst maßgebend sein sol len: »Die Neichseisenbahnverwaltung wird es sich angelegen sein las sen, daraus zu achten, daß neben einer architektonisch bedeutsamen Ausgestaltung der Reklameflächen auch die ästhetischen und künstle rischen Grundlagen im Reklamebild selbst nicht vergessen werden. Die Mitwirkung des Reichskunstwarts und einer Reihe namhafter Künstler gibt die Gewähr, daß diese wichtigen Gesichtspunkte hinter den 'rein kaufmännischen nicht zurtickstchcn werden. Ebenso ist ein enges Zu sammenarbeiten mit den Verbänden, die sich der Öffentlichkeit gegen über für ästhetisch einwandfreie Gestaltung des gesamten Neklame- wcsens in Stadt und Landschaft verantwortlich slihlen, geplant und