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9255 «»rs-nbl-ird. Dgchn. VE-nd-l, Nichtamtlicher Teil. Pik -86, 12. August ISIS. Nichtamtlicher Teil. Elsaß-Lothringischer Buchhändlerverein. Bericht über die Hauptversammlung des Jahres l9l2, Sonntag den 23. Juni, in Straßburg. Anwesend die Mitglieder: Boltze sen. und Boltze jun.-Gebwetler, Dreyer-Masmünster, Ehrmann- Mülhausen, Hüffel-Colmar, Mantels-Schlettstadt, Beugel, Neust, Freihen, Hurter, Or. Lüdtke, Pflieger, Rasch, Schweikhardt, Vomhoff, Weber in Straßburg. Anwesend die Gäste: Faust-Heidelberg, Lang-Landau, Menzel-Baden-Baden, Troschütz-Karlsruhe. Entschuldigt die Mitglieder: Even-Metz, Fuchs- Zabern, Lebsche-Rappoltsweiler, Luft-Diedenhofen, Mertz- Markirch, Plechatsch-Colmar, Schneider-Bischweiler, Schwalb-Saargemünd, Scriba-Metz, Stricker-Mülhausen, Stückelberger-Mülhausen, Studer-Altkirch, Wettig-Colmar, van Hauten, Heinrich, Heitz, Hoffmann, Kahn, Schwester, Singer in Straßburg. Tagesordnung: 1. Bericht über das verflossene Ver einsjahr; 2. Bericht über die Kantate-Versammlung in Leipzig; 3. Kassen-Bericht; 4. Neue Vereinssatzungen und Verkaufsordnung; 5. Anträge aus der Versammlung; 6. Wahl des Vorstandes. Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung im Namen des Vorstandes, begrüßt die anwesenden Gäste und spricht dem anwesenden Mitglieds Herrn Beugel, der am 27. Juni sein 25jähriges Berufsjubiläum feiert, den Glückwunsch des Ver eins aus. Er erstattet alsdann folgenden Jahresbericht: Der Elsaß-Lothringische Buchhändlerverein besteht zurzeit aus 65 Mitgliedern, wovon 28 Mitglieder des Börsenbereins sind. Neu ausgenommen wurden 4 Mitglieder. Einige Fir men mußten ausgeschieden werden, weil sie trotz wiederholter Mahnungen ihre Vereinsbeiträge nicht einlösten. Es lag fer ner eine Anzahl von Neuanmeldungen vor, denen der Vor stand nicht ohne weiteres nachgeben zu können glaubte. Zu gang und Abgang der Mitglieder sind mit unserer Vereins geschichte vielleicht enger verwoben, als in anderen Vereinen. In unserem Grenzlande, in dem sich deutsche und fran zösische Geisteskultur auf- und absteigend berühren, ist die Be urteilung der Berechtigung zur Aufnahme buchhändlerischer Firmen in den Elsaß-Lothringischen Buchhändlerverein eine außerordentlich schwierige, r. Sollen die elsaß-lothringischen Buchhändler ausschließlich Vorkämpfer und Träger deutscher Kultur sein? Oder sollen wir vermittelnd wirken zwischen den beiden oft scharf aufeinanderstotzenden Kulturströmungen und suchen, die Brücke zu bauen, die über die trennende Kluft hinüberzuführen imstande ist? Oder sollen wir gar uns auf den rein händlerischen Standpunkt stellen und jedem das Seine lassen? Das sind Fragen, die dem einzelnen Vereinsmit- gliede je nach Abstammung undWesensartzurLösung überlassen bleiben müssen, die aber doch — wenn es sich um Aufnahme neuer Mitglieder handelt — vom Vorstande nicht unberück sichtigt gelassen werden können, sofern das in unserem Grenz lande schon an und für sich geringere Interesse an unseren deutschen Vereinsangelegenheiten nicht völlig erlahmen soll. Wir dürfen nicht die Gefahr herausbeschwören, daß unser Vereinsleben, das von den organisierten Buchhändlern der wenigen größeren Städte unseres Landes nicht ohne Mühe aufrechterhalten wird, ganz auseinanderfällt. Wir müssen es unter Hintansetzung kleinlicher Konkurrenzbesorgnisse be grüßen, wenn Heranwachsende, mit unserem buchhändlerischen Organisationswesen wenig oder gar nicht vertraute Firmen sich uns nähern und durch uns Stärkung zu erlangen suchen. Voll-Buchhändler und Auch-Buchhändler können von uns nicht so rigoros geschieden werden wie von unseren altdeutschen Kollegen. Andererseits können wir aber auch wieder nicht zulassen, daß unsere Organisation nur als Deckung benutzt wird zur einseitigen Ausnützung der durch sie gewährten Vorteile, daß wir mißbraucht und wieder fallen gelassen werden, sobald wir nicht mehr nötig erscheinen. Aus der Berücksichtigung und richtigen Erfassung dieser Gesichtspunkte erwachsen dem Vorstande des Elsaß-Loth ringischen Buchhändlervereins wesentliche Schwierigkeiten, da es unter den obwaltenden Umständen häufig seinem Gefühl überlassen bleiben muß, den gangbaren Mittelweg zu finden. Das Gefühl ist aber keine durch bestimmte Vorschriften fest gelegte Norm; das Gefühl kann täuschen, und die Meinung des Vorstandes kann nicht immer diejenige der Mitglieder sein. Es müssen sich deshalb notwendigerweise Meinungsverschieden heiten ergeben, und diese Meinungsverschiedenheiten tauchen denn auch bei jeder Neuaufnahme in regelmäßiger Wieder holung auf. Sie bilden für unsere Vereinskorrespondenz den bleibenden Pol in der Erscheinungen Flucht. Ich halte es deshalb für zweckmäßig, gerade auf diese Seite unserer Vorstandstätigkeit besonderes Gewicht zu legen und Ihnen die einzelnen Fälle jeweilig bekanntzugeben, damit die Fühlung zwischen Mitgliedern und Vorstand nicht verloren geht. (Es folgt die eingehende Besprechung der einzelnen ab gelehnten Aufnahme-Gesuche.) Ich komme nunmehr zur Besprechung der Ereignisse inner halb unseres Vereins. Zu der außerordentlichen Versammlung der Kreis- und Orts-Vereine in Eisenach am 23. und 24. Sep tember v. I. sandten wir unseren Schriftführer, Herrn Freihen, als Vertreter Elsaß-Lothringens. Derselbe erstattete Ihnen Bericht auf der am 15. Oktober b. I. im kleinen Saal des hiesigen Bürgermeisteramtes stattgehabten außerordentlichen Versammlung, die der Badisch-Pfälzische Buchhändlerverband gemeinsam mit unserem Verein veranstaltete. Sie alle werden sich gern des angenehmen Tages erinnern, der einen Höhepunkt in unserem Vereinsleben bedeutete und dessen von mehr als 60 Personen besuchte Tagung den Grund legte zu den freund schaftlichen Beziehungen, die uns heute mit unserem Nachbar verein verbinden. Ich gebe Ihnen das an unseren Verein gerichtete offizielle Schreiben des Badisch-Pfälzischen Buch händlerverbandes vom 23. Oktober v. I. nachstehend zur Kenntnis. (Verlesung.) Auf dieser Oktoberversammlung er folgte eine lebhafte Auseinandersetzung mit einem anwesenden Vertreter des Barsortiments, dessen überraschende Verschärfung der Bezugsbedingungen in den Kreisen des deutschen Sorti mentsbuchhandels lebhafte Erregung hervorgerufen hatte. Die Auseinandersetzung mit den Barsortimenten in weiterem Rahmen erfolgte auf der Herbstbesprechung des Börsenvereins-Vorstandes mit den Vorsitzenden der Kreis- und Ortsbereine, die am 4. November v. I. im Buchhändlerhause zu Leipzig, wie alljährlich, stattfand und der auch Ihr Vor sitzender beiwohnte. Auf dieser Besprechung wurde im Ein verständnis mit den zum Schluß anwesenden Vertretern der Barsortimente beschlossen, eine Kommission zu bilden, zu der neben dem Verbandsborstande und den Vertretern des Bar sortiments noch die bekannten Vorkämpfer des Sortiments buchhandels OttoMeißner-Hamburg und OttoPaetsch-Königs- berg hinzugezogen werden sollten Die geplante Tagung der Kommission verzögerte sich infolge Erkrankung eines Kom missions-Mitgliedes. Inzwischen fand am 20. November v. I. eine Versammlung des Berliner Sortimentervereins in Berlin statt, die allgemeines Interesse beanspruchte, da hier die Frage des Barsortiments Gegenstand der Tagesordnung bildete.