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als ein National-Jnstitut geachtet und so weit der deutsche Bund sich erstreckt, gehegt, geschirmt und beschützt werden müsse. Der Buch handel an sich bedürfe, sowie jeder Handel, keiner weiteren Begünsti gung als Freiheit, wohl aber zur Aufrechterhaltung derselben und Auseinandersetzung der dabei in Berührung kommenden Interessen eines Gesetzes über das Eigenthumsrecht der Autoren und Verleger, sowie einerBehörde, durch welche dieseRechte geltend zu machen und aufrecht zu erhalten sind. Der Nachdruck wucherte damals noch in Deutschland und Perthes nimmt deshalb Gelegenheit, die Schädlich keit und Unsittlichkeit desselben darzulegen, auf seine Beseitigung zu dringen und die Folgen für die deutsche Literatur aufzuzählen, welche eine Fortdauer des bisherigen gesetzlosen Zustandes nothwen- dig herbeiführen müsse. Nachdem diese Darlegung der Perthes'schen Ansichten die Bil ligung Friedrich Schlegel's, welcher sich als oesterreichischer Lega tionsrath in Frankfurt aufhielt, gefunden, auf seine Veranlassung gedruckt und er sich zu ihrer Verbreitung unter den Staatsmännern erboten hatte, waren alle Aussichten vorhanden, daß der demnächst zusammentretende Bundestag dem letzten Artikel der Bundesacte, welcher den Schutz des literarischen Eigenthums behandelte, seine besondere Theilnahme znwenden werde. Um durch eigene Anschauung ein Urtheil über die Gestaltung des geistigen Lebens und des literärischen Verkehrs in den verschie denen Theilen Deutschlands und namentlich in Süddeutschland zu gewinnen, beschloß er, jene Gegenden zu bereisen und trat, hierzu von bedeutenden und einflußreichen Männern ermuntert, am 19. Juli 1816 diese Reise an. Am 18. October traf er wieder in Hamburg ein. Die in dem zweiten Bande der Biographie verzeich- neten Erlebnisse auf dieser Reise und Perthes' Bemerkungen über den literarischen Verkehr in den von ihm besuchten Ländern gehören an und für sich schon zu den für den Buchhändler interessantesten Abschnitten, gewinnen aber noch dadurch ein erhöhtes Interesse, weil ein Vergleich der damaligen Zustände im Buchhandel mit den heu tigen die ungeheure Kluft erkennen läßt, welche die Gegenwart von der Vergangenheit auch auf diesem Gebiete trennt. Das heutige Geschlecht im Buchhandel, welches im geeinigten Vaterlande die Segnungen des endlich errungenen einheitlichen Schutzes des geisti gen Eigenthums ungestört genießt, wird mit um so größerer Ehr furcht und Bewunderung zu Perthes hinaufblicken, der einer der ersten und tapfersten Vorkämpfer in diesem langen und heißen Kampfe gewesen ist. ^ (Schluß folgt i» nächster Nummer.) Den Aufruf für die Straßburger Stadtbibliothek betreffend. Herr I)r. I. Petzholdt hat mit seiner in Nr. 82 d. Bl. ent haltenen Meinungsäußerung über den ans Straßburg ergangenen Aufruf um Beiträge zur Wiederherstellung der „Stadtbibliothek" zu Straßburg (ein Aufruf, welchen fast die gesammte deutsche Presse ohne jede Nebenbcmerkung zu veröffentlichen so gutmüthig war) ge wiß ganz das Richtige getroffen. Der von Straßburg ergan gene Aufruf kann nur verwirren und die großattigen Bemühungen lähmen, in welchen so viele patriotische Männer sich vereinigt haben, um Straßburg einen vollwichtigen Ersatz für seine — hauptsäch lich in Folge der Fahrlässigkeit der Beamten — zu Grunde gegan gene Bibliothek zu verschaffen. In der Vermuthung daß hier eiste Demonstration französisch gesinnter Straßburger vorliege, welche der deutsche Verlagsbuchhandel zu unterstützen nicht den mindesten Beruf haben kann, hielt es der Einsender ds., welcher zu Denjenigen gehört, die ihren Verlagskatalog der neuen Universitäts - und Landes-Bibliothek zur Verfügung gestellt haben, für angezeigt, Erkundigungen aus verlässiger Quelle einzuziehen. Dieselben be tätigten die von Hrn. Petzholdt ausgesprochenen und vom Einsender gleichfalls gehegten Vermuthungcn im vollsten Umfange. Wir theilen aus den uns gewordenen Aufschlüssen das Folgende hier mit: „Die Stadt Straßburg hat für den Verlust ihrer Bibliothek eine Entschädigung von 600,000 Franken zugesichcrt erhalten, mehr als sie selbst anfangs beanspruchte, eine Summe, die für eine Stadt- bibliothek mehr als ausreichend erscheinen dürfte. Daneben wurde beabsichtigt, in der Universitätsbibliothek eine Abtheilung populärer Schriften für den Bürger anzulegen, so daß also ein Bedürfniß nach Unterstützung nach keiner Seite hin eristirte. Da ferner be reits seit November 1870 festgesetzt war, daß die Bibliothek den Charakter einer Land es-Bibliothek tragen solle, so versteht sich von selbst, daß die gesammte Literatur in jeder Richtung nach und nach in bester Weise vertreten sein wird. So ist insbesondere die für das Elsaß speciell so wichtige Heitz'sche Bibliothek angekauft worden und wird auch fortwährend mit Alsaticis ergänzt." Auf solche Thatsachen hin darf man billig fragen: Wozu auf einmal das Gebettel der Straßburger Municipalität? Wenn man Gutunterrichteten glauben darf: um für einen chauvinistischen Professor rasch eine Bibliothek herzuschaffen, damit er die Stelle eines Bib liothekars übernehmen könne, und um die Lust an wohlfeilen De monstrationen befriedigen zu können! Hätte die Municipalität der Stadt Straßburg einen begrün deten Zweifel daran gehabt, daß die neuerrichtete Bibliothek auch der Stadtbevölkerung Straßburgs zugänglich sein werde, so wäre es ihre Pflicht und Schuldigkeit gewesen, damit gleich bei Beginn der Bemühungen für den Wiederersatz der in Straßburg zu Grunde gegangenen literarischen Schätze hervorzutreten. Zeit dazu hätte sie inzwischen genug gehabt! So aber sieht die ganze Sache wahrlich einem französtscheu Theatercoup nur allzusehr gleich. Lasse sich Niemand durch die rüh renden Phrasen des Aufrufs täuschen! Der Kernpunkt unserer Be mühungen muß sein und bleiben: die in der Begründung be griffene, jetzt schon bedeutende Bibliothek zu einer großartigen wissenschaftlichen Anstalt für Straßüurg und das wiederge- wonncne Rcichsland, zu einem nothwendigen Stützpunkt für deutsche Wissenschaft und deutsches Leben in der neuen oder viel mehr alten Grenzmark zu gestalten. Daß dieselbe an die neue deutsche Hochschule angeknüpft wurde, erscheint auch deshalb ge rechtfertigt, weil die Straßburger Bibliothek, wie schon Eingangs er wähnt, gewiß nicht völlig hätte zu Grunde gehen können ohne die Kopflosigkeit oder Fahrlässigkeit Derer, welchen sie anvertraut war. — Jede deutsche Zeitung sollte vor Unterstützung des hier gezeich neten französischen Coups warnen! r. Miscellen. Pariser Zeitungsstatistik. — Interessant ist folgende Sta tistik über das Alter derPariser Zeitungen, welche der „Figaro" vom 10. April gibt. Das älteste Blatt von Paris und ganz Frankreich ist die Gazette de France; sic entstand unter Ludwig XIH. und zählt 242 Jahre. Die anderen Blätter haben folgendes Alter: Moniteur Universell 83 Jahre (Louis XVI), Journal des Debats 70J. (Eon- sulat), Constitutionnel 57 I. (1815), Univcrs 51 I. (Restaura tion), Charivari 41 I. (Louis Philipp), Presse 38 I., Siöcle 37 I., Patrie 32 I., Pahs 24 I. (1848). Unter dem Kaiserreich sind fol gende Blätter entstanden: Figaro mit 19Jahreu, Messager de Paris 16 I., Opinion nationale 14 I., Monde 13 I., Temps 12 I., l France 11 I., Avenir national 8 I., Journal de Paris 6 I., Li berty 6 I., Franyais 5 I., Paris-Journal 5 I., National 4 J„ Soir 4 I., I. Officiel 4 I., Cloche 3 I., Rappel 2 I. Unter der Republik von 1870: Bien public mit 1 Jahr 10 Tagen, Rä- publique Franyaise mit 5 Monaten, Ordre mit 188 Tage», XIX. Siscle 147 T., Gazette de Paris 101 T., Radical 102 T., Courrier de France 102 T., Corsaire 61T., Evenement 4 T-, Eclair 1T.