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für den Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herau«gegeben von den Deputirten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börfenvercins. 92. Dienstags, den 20. Oktober 1849. Beiträge zur Lehre vom Bücher nach druck von vr. Albert Dergcr. Durch den Beschluß des Bundestages v. 9. Novbr. 1837 ist die Streitfrage: ob Nachdruck unerlaubt sei? — eine Frage, welche so lange die Gelehrten Deutschlands, ja Europas beschäftigte — insofern bejahend entschieden, als da durch festgesetzt worden ist, daß ein im Umfange des deutschen Bundesgebietes erschienenes literarisches (oder artistisches) Werk, ohne Einwilligung des Urhebers oder Dessen, der ein Eigen thum daran erworben hat, in sammtlichen zum deutschen Bunde gehörigen Staaten, mindestens während eines Zeit raums von 10 Jahren, weder auf mechanischem Wege ver vielfältigt, noch die (im Bundesgebiete oder in anderen Län dern) bewirkte Vervielfältigung debitirt werden darf. Es ist keineswegs der Zweck dieser Abhandlung, nachzu- weiscn, ob dieser Bundesbeschluß den gefühlten Bedürfnissen entspreche, und denselben abhelfe? sondern der Zweck derselben ist einzig und allein der, einige Fragen zu beleuchten, auf die sich der Beschluß nicht erstreckt und auch nicht erstrecken kann; denn durch denselben sollen nur die Rechte der Verfasser und Verleger gegen Dritte sicher gestellt, nicht die Verhältnisse zwischen dem Verfasser eines Werkes und dessen Verleger ge regelt werden; aber eben diese Verhältnisse betrifft zunächst der vorliegende Aufsatz, welcher durch die in der vom v. Hitzig redigirtcn allgemeinen Prcßzeitung (Jahrgang 1840, Nr. 55 u. 56, 59 u. 60) über Gesammtausgaben aufgeworfenen Fragen veranlaßt wurde. Bevor ich jedoch untersuche: ob ein Schriftsteller berech tigt sei, seine einzelnen Werke, ohne Zustimmung ihrer Ver leger, in eine Gcsammtausgabe zu vereinigen? scheint es mir nöthig, eine andere Frage aufzuwcrfen, von der unstreitig' die Entscheidung jener bedingt ist, nämlich die: 7r Jahrgang. Ist ein Schriftsteller berechtigt, ohne Einwilligung des Verlegers seines Weckes eine neue Ausgabe zu veranstalten, wenn in dem Verlagsvcrtrag darüber nichts festgesetzt worden ist? Es ist wohl kaum einem Zweifel unterworfen, daß Jedem ein Eigenthumsrecht an dem zustehe, was er hcrvorgebracht hat. Es steht daher auch dem Schriftsteller ein Eigenthum an seinen Werken zu, und zwar eben sowohl ander Substanz, an dem Körper des Werkes, als an dem Inhalt und der Form. Aus welchen Gründen könnte man wohl dem Schriftstel ler das Recht absprcchen, über sein noch nicht herausgegcbenes Werk zu verfügen? Kann er es nicht abandern? Ganz oder zum Theil vernichten? Kann er es nicht beliebig gebrauchen oder benutzen? Kann er cs nicht veräußern? Kann er nicht die Handschrift von jedem Besitzer zurückfordern? Die Gesammtyeit dieser Rechte bildet ja aber das Rechts- vcrhältniß, was wir Eigenthum nennen. Trennen wir vom literarischen oder Schrift-Eigenthum in diesem weitern Sinne das Recht an der Substanz, an dem Körper des Werkes, so gewinnen wir das Schrift- oder lite rarische Eigenthum im engem Sinne. Fast alle Die, welche gegen den Nachdruck eiferten, geben dem Schriftsteller ein literarisches Eigenthum; ein literarisches Eigenthum erkenne» auch die positiven Gesetze an; so z. B. bestimmt das badcnsche Landrecht Satz 577 cl s: „Jede nie- dcrgeschriebenc Abhandlung ist ursprüngliches Eigenthum Dessen, der sie verfaßt hat", und Satz 577 65: „Das S chrifteig enthu m erstreckt sich nicht nur auf die Hand schrift, sondern auch auf deren Inhalt." —Die über die Ver handlungen des Bundestages aufgenommenen Protokolle und die Bundesbeschlüsse selbst reden vom schriftstellerischen Eigen thum, so z. B. heißt cs im Artikel 36 des Schlußpcotokolles vom 7. Juni 1834: „die Regierungen vereinigen sich dahin, daß das schriftstellerische Eigenthum nach gleichför migen Grundsätzen sestzustellen und zu schützen sei", und am 172