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5338 Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 100, 3. Mai 1909. Bibliotheksvermächtnis. — Der kürzlich verstorbene russische Gelehrte A. S. Budilo witsch (vgl. seinen Nekrolog im Börsen blatt 1909, Nr. 4 S. 189) hat fast seine gesamte Büchersammlung der Öffentlichen Bibliothek in Wilna vermacht. Diese Sammlung besteht aus Werken über Slawistik in allen europäischen Sprachen und in allen slawischen Dialekten, ferner aus einer großen Anzahl von Werken, die sich auf die Völker nichtrussischen Stammes be ziehen, welche im östlichen Rußland wohnen. Die Gesamtzahl der gespendeten Bücher beträgt 7000 Bände. (»St. Peterb. Wjedomosti.«) * Kgl. Kunstgewerbemuseum in Berlin. — Das Kgl. Kunst gewerbemuseum hat eine Auswahl Schülerarbeiten aus englischen und amerikanischen Fach- und Kunstschulen ausgestellt, meist aus geführte Arbeiten in verschiedenen Techniken, Metall, Email, Gewebe, Stickereien u. a. Aus der Königlichen Kunstschule in South Kensington sind Entwürfe zu dekorativen Figurenbildern und Radierungen bemerkenswert. Von besonderem Interesse sind die Zeichnungen von Lehrern und Kindern aus der großen Lehrer bildungsanstalt der Columbia-Universität in New York, wo neben der Wiedergabe der Natur zugleich der Geschmack und das Ver ständnis für Formschönheit auf der Fläche und am Gerät geschult werden. Die Ausstellung nimmt die vorderen Ausstellungssäle ein und wird etwa vier Wochen geöffnet sein. * Briefe Wilhelm von Humboldts an Schiller und Goethe. — Die Stadtbibliothek in Frankfurt (Main) hat, wie uns ihr Direktor Geh. Konsistorialrat vr. Ebrard mitteilt, eine äußerst wertvolle Erwerbung gemacht. Sie besteht in 38 bisher gänzlich unbekannten Briefen Wilhelm von Humboldts; 36 sind an Schiller, 2 an Goethe gerichtet. Die Briefe, die sich jahrzehnte lang in Privatbesitz befanden, stammen aus den Jahren 1796 bis 1803 und sind von größter literarischer Bedeutung. Ihre Er werbung wurde der Stadtbibliothek durch eine hochherzige Zu- Wendung des Herrn Konrad Binding ermöglicht. Zur Familiengeschichte der Haydns. — Die bevorstehende Gedenkfeier Joseph Haydns (gestorben am 31. Mai 1809) weckt Interesse für die Vorfahren des Meisters. Hierzu macht Herr Generalmajor d. R. August Edler v. Schönefeldt in Mödling der Neuen Freien Presse (Wien) Angaben über folgende Mit glieder der Familie Haydn; Nach dem Grundbuche von Laxen burg in den Jahren 1664 und 1595 ist der Vösendorfer Bürger Klement Haydn vor 1664 gestorben, ein zweiter Vösendorfer Bürger hieß Hans Haydn. Karl Haydn zu Guntramsdorf war Erbunterschenk in Österreich unter der Enns, kaiserlicher Rat und »Mustermeister in Hungern«, Herr der Herrschaft Achau-Guntramsdorf. Er verkaufte die zum Riedenhof — auf der Schwechat oberhalb Himperg — gehörige Riedenmühle an Hans Högner, den »Paradeismüllner«. Haydn hatte die Mühle unbefugterweise in sein achauisches Grundbuch übertragen; er wurde deshalb durch die Kammerprokuratoren im Jahre 1583 dieses Objekts verlustig erklärt. Ein Bürger von Brunn am Gebirge, namens Hans Haydn, starb im Jahre 1638; Heinrich Haydn ist im Jahre 1661, Michael Haydn im Jahre 1664 in Brunn am Gebirge nachweisbar. Diese Daten sprechen dafür, daß im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert die Familie der Haydn in Niederösterreich an der heutigen Südbahnstrecke geblüht hat. Auch ein Mühlenbesitzer wird bereits genannt; freilich scheint dieser Karl Haydn zu Guntramdorf durch eigenes Verschulden ins Unglück geraten zu sein. Die niederösterreichiscken Haydn im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert schreiben sich richtig »Haydn«. Herr Feldmann in Kleinzell bei Hainfeld teilt der Neuen Freien Presse mit, daß sein Werkführer Alois Mühlbauer als Sohn der Frau Maria Magdalena, geborenen Haiden, im Jahre 1857 in Breitenau zur Welt kam. Taufpate war der Bruder der Mutter, Michael Hayden, Inwohner in Breitenau. Man sieht, daß die Schreibweise des Namens auch bei Geschwistern schwankt. — Ferner wird demselben Blatte mitgeteilt, daß die Pfarre Schwarzau am Steinfeld Auskünfte über die Familie Haydn geben könnte. — Spinnereitechniker Michael Haydn in Wien macht die Neue Freie Presse schließlich auf ein altes Familienwahrzeichen aufmerksam: Die Gattin des Papier fabrikanten Aduan Salzer in Wiener-Neustadt, eine geborene Haydn und Cousine des Wiener Cafetiers Roman Haydn, hat von ihren Eltern alte eingelegte Möbel geerbt — diese Möbel zeigen in eingelegter Arbeit den Namen: Johann Georg Haydn. Preiszuertennung für Publizistische Leistungen. — Aus Budapest wird gemeldet: Die Akademie der Wissenschaften ver lieh den von Siegmund Brody für Publizisten gestifteten Preis in der Höhe von 6000 Kronen an den Publizisten Baron Jvor Kaas in Anerkennung seiner hervorragenden Leistungen. — Der Siegmund Brodysche publizistische Preis (6000 Kronen), den Siegmund Brody anläßlich seines fünfzigsten Geburtstages im Jahre 1890 im Betrage von 40 000 Kronen gestiftet hat, wurde zum ersten Male im Jahre 1894, und zwar an Franz Pulszky, verliehen. Im Jahre 1897 wurde der Preis dem gegenwärtigen Minister des Innern Grafen Julius Andrassy zuerkanut, der ihn der Akademie spendete mit der Bestimmung, daß die 6000 Kronen für die Prämiierung einer Biographie seines Vaters verwendet werden sollen. Im Jahre 1900 ereignete sich der interessante Fall, daß die Jury den Preis dem Baron Jvor Kaas zuerkannte, das Plenum der Akademie jedoch mit 18 gegen 4 Stimmen den Antrag der Jury verwarf und die Jury anwies, einen neuerlichen Antrag zu stellen. Im Sinne des ein halbes Jahr später erstatteten neuen Antrags erhielt Benedikt Jancso den Preis. Im Jahre 1903 wurde Gustav Beksics mit dem publizistischen Preis ausgezeichnet; im Jahre 1906 fand die Jury niemand, der des Preises würdig gewesen wäre, und die 6000 Kronen wurden im Sinne der Statuten dem ungarischen (Neue Freie Presse sWienj). * Reue Bücher, Kataloge us». für Buchhändler: 8ebl0886n Imätz Närri 1909). Imx.-8^ XII, 476 8. ktzrlin, vruelr 111^8. ^ * Beilagen zum Börsenblatt Nr. 99. — Der Nr. 99 des Börsenblatts vom Sonnabend den 1. Mai 1909 ist an besonderen Beilagen außer dem an dieser Stelle gemeldeten Nachtrag zum Offiziellen Adreßbuch des Deutschen Buchhandels (April 1909) auch das Verzeichnis der Mitglieder des Börsenvereins beigegeben. Personalnachrichten. * Auszeichnung. — Der König von Rumänien hat dem Verlagsbuchhändler Herrn Siegfried Weber, Mitinhaber der Firma I. I. Weber in Leipzig, das Ritterkreuz des Ordens des Sterns von Rumänien verliehen. * Gestorben: am 30. April nach kurzer schwerer Krankheit der Verlags buchhändler Herr Albert Langen in München, Inhaber des dortigen Verlags für Literatur und Kunst unter der Firma seines Namens. Erst vierzig Jahre alt, ist der tatkräftige, unternehmende Mann seinem Wirken entrissen worden. Er erlag einer Herz lähmung nach schwerer Erkrankung. Aus Köln gebürtig, ent stammte er einer angesehenen dortigen Familie, deren Name in der rheinischen Großindustrie guten Klang hat. Seinen Verlag eröffnete er am 1. Dezember 1893 in Paris, verlegte ihn 1894 nach Leipzig und München, später ganz nach München. Bedeutung gewann sein Verlag durch die 1894 erfolgte Gründung des bekannten satirischen Blattes »Simplicissimus«, zu dessen Illustrierung er namhafte Künstler heranzog. Später ließ er dieser Zeitschrift die Halbmonatsschrift »März« folgen, die sich sehr bald zu einem gern gelesenen vornehmen Blatte ent- wickelte. In einem daneben geschaffenen reichen Buchverlag, an dessen Ausstattung er große Sorgfalt wendete, hat er viele bedeutende Schriftsteller um sich versammelt, namentlich auch auf strebenden jungen Talenten der neueren Richtung die Wege geebnet und ihre Werke in vornehmem Gewände der Öffentlichkeit ver mittelt.