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^ 100, 3. Mai 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 5333 Vorjahre. Billige Bücher wurden verlangt, teurere, selbst Klassikerausgaben über 20 waren kaum abzusetzen. der Korporation der Berliner Buchhändler in der Zeit vom 1. Oktober 1907 bis 30. September 1908 entnehmen wir dem Geschäftsbericht folgende Zahlen: Die Paketausfuhr in Berlin betrug: a) von hiesigen Firmen anfgegeben 1 050 794 b) von auswärts eingetroffen .... 430123 „ zusammen 1 480 917 lr^ in 1906/07 war die Gewichtsmenge. . 1 399 182 „ so daß eine Zunahme von 81 735 lc^ im Jahre 1907 08 zu verzeichnen ist. Das Inkasso der von hiesigen Firmen aufgegebenen, sowie von auswärts eingetroffenen Barpakete betrug 1 596 835,29 ^ im Vorjahre 1 520 060,97 so daß hier eine Zunahme von . . 76 774 32 eingetreten ist. Mit Einschluß der durch die Bestellanstalt eingezogenen Bei träge für Korporation und Bestellanstalt, sowie der Beiträge für den Unterstützungsverein hatte die Bestellanstalt in diesem Jahre einen Barverkehr von mehr als 1 700 000 Die Versendung nach Leipzig an den dortigen Kommissionär erreichte die Höhe von 221 356 gegen das Vorjahr um 10 089 mehr. Von ihrem Leipziger Kommissionär erhielt die Bestellanstalt 140 739 um 7162 mehr als im Vorjahre. Im direkten Verkehr gingen hier ein a) von auswärtigen Verlegern an hiesige Sortimenter (Novitäten) 227 344 d) vonauswärtigen Sortimentern an hiesige Verleger (Remittenden) 202 779 „ zusammen 430 123 IiA was eine Zunahme von 22 230 gegen das Vorjahr bedeutet. Musikverlag und Musikalienhandel. Der Rückgang der Geschäfte, der sich im Berliner Musi kalienhandel im Jahre 1907 bemerkbar gemacht hatte, ist im Jahre 1908 nicht ausgeglichen worden. Die Verhält nisse haben sich im allgemeinen nicht gebessert. Das ist zurückzuführen auf die andauernd schwache Kauflust des Publikums, auf die Überproduktion im Verlag und auf das in diesem Jahre besonders fühlbare Ausbleiben großer, gewinnbringender Neuerscheinungen und sogenannter musi kalischer Schlager. Im Musikverlag hat eine rege Unternehmungslust geherrscht, die aber durch nennenswerte neue Erfolge nicht gekrönt worden ist. Die Beunruhigung, die in den Kreisen der ausübenden Musiker infolge der Erhebung von Auf- sührungsgebühren seitens der Genossenschaft deutscher Tonsetzer seit Jahren herrschte, hat sich nunmehr gelegt, und die dadurch verursachten Ausfälle scheinen wieder eingeholt zu werden. Auf dem Gebiete der ernsten Musik ist das Geschäft im allgemeinen auf gleichmäßiger Höhe geblieben. Die Absatzbedingungen haben sich eher günstiger gestaltet. Die Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten und nach Rußland läßt weiter nach, nach Süd amerika, nach England und nach den skandinavischen Ländern nimmt sie zu. Zwei wertvolle Leipziger Verlagsgeschäfte für Musikalien ernster Art sind durch Kauf an Berliner Firmen übergegangen und haben dadurch den Besitzstand des Berliner Musikalienverlages wesentlich gestärkt. Den Verlegern der populären Musik sind in diesem Jahre die großen Erfolge der »Schlager« eigentlich ausgeblieben. Den Bedürfnissen der Warenhäuser suchen sich viele Berliner Verleger durch Herausgabe populärer billiger Ausgaben anzupassen. Im Sortiments-Musikalienhandel hatte man auf eine Besserung der Geschäftslage gehofft, weil die üblichen Rabatt- sätze, die auf die Ladenpreise dem Publikum gewährt wurden, durch gemeinsamen Beschluß der deutschen Musikalienhändler- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. vereine beseitigt oder doch eingeschränkt worden waren. Trotzdem sind die Umsätze in diesem Jahre wiederum zurückgegangen; auch das Weihnachtsgeschäft hat in keiner Weise den Er wartungen entsprochen, und die allgemeine Lage der Sorti- mentshändler ist nicht erfreulich. Die Konkurrenz der Waren häuser macht sich sehr fühlbar. Der vorjährige starke Import von populärer Musik aus Frankreich und Amerika hat sehr nachgelassen, dagegen ist ein lebhaftes Interesse für russische Musik vorhanden. Infolge der Überproduktion ist auch die Kauflust für die sogenannten Sammelbände bedeutend ge ringer geworden. Buchdruckereien, chemigraphische und Kupfer druck-Anstalten. Die Berliner Buchdruckereien waren im allgemeinen aus reichend beschäftigt, und auch die Nebenzweige: Galvanoplastik, Stereotypie, Photo-Chemigraphie, hatten einen Geschäftsgang zu verzeichnen, der als befriedigend gelten kann. Die Zahl der Be triebe hat sich gegen das Vorjahr um 19 vermehrt, die der Arbeiter stieg von 22 610 am 1. Januar auf 23691 am 31. Dezember 1908. Einige kleinere Betriebe, darunter vor allem solche, die sich ausschließlich der Herstellung von Katalogen und dem Werk druck widmen, hatten sich über ein wenig erfreuliches Ergebnis zu beklagen. Zum Teil lag die Ursache darin, daß sie^ während sie die durch den Preistarif vorgeschriebenen Preise zu erzielen suchten, von anderer Seite unterboten wurden und infolgedessen häufig der Aufträge verlustig gingen. Bei anderen Betrieben, deren Entstehung wohl nur durch allzu weitgehende Kredit gewährung der in Frage kommenden Maschinenfabriken ermög licht worden war, erklärte sich die Notlage daraus, daß sie nicht recht bescheidenen Grenzen, doch zeigte sich, daß der im Vorjahre eingeführte Preistarif für das Buchdruckgewerbe — von vereinzelten oben erwähnten Fällen abgesehen — im all gemeinen bereits eine ersprießliche Wirkung zu zeitigen be ginnt, und daß sich die Kundschaft mehr und mehr daran gewöhnt, die darin normierten Preissätze zu bewilligen. Diese Tatsache war, während in der ersten Jahreshälfte die Durch führung des Tarifes noch erhebliche Schwierigkeiten bereitete, in den letzten Monaten des Jahres 1908 unverkennbar. Besonders günstig hat hierbei der Umstand mitgewirkt, daß seitens der Berliner Buchdrucker eine Berechnungsstelle eingerichtet worden ist, die gegen eine geringe Zahlung, in Zweifelsfällen nachprüft, ob die Kalkulationen der Buchdruckereien mit dem Preistarif übereinstimmen. Die Preise für Papier hielten sich zu Anfang des Jahres auf dem Stand des Vorjahres, während sich in der zweiten Jahres hälfte eine rückläufige Bewegung bemerkbar machte, die bis Ende 1908 anhielt. Die Preise der besseren Druckfarben blieben im allgemeinen unverändert, während die Zeitungsdruckfarbe um etwa 10 Prozent in die Höhe ging. Schärfere Konflikte mit der Arbeiterschaft haben sich nicht ereignet. Geringfügigere Differenzen, die sich zwischen Arbeit gebern und -nehmern bisweilen ergaben (es war dies besonders in den ganz großen Betrieben der Fall), wurden teils durch tarif schiedsgerichtliche Entscheidung, teils durch Verhandlung mit den Parteien seitens der Tariforgane beigelegt. Das Zeitungswesen, noch immer der Hauptzweig des Berliner Druckereigewerbes, entwickelt sich stetig weiter. War diese Entwicklung auch nicht im gleichen Umfange zu beobachten wie 1907, so konnte man doch fast in jeder Beziehung ein Fort schreiten erkennen. Man bemüht sich weiterhin, die typographische Schablonenhaftigkeit, die von alters her Brauch war, immer mehr zu beseitigen und das Bild der Zeitung geschmackvoller, über sichtlicher und lebhafter zu gestalten. Das Inseratenwesen verblieb im großen ganzen annähernd auf dem alten Niveau. Nur in den letzten Monaten des Jahres 1908 war eine gewisse Geschäftsunlust fühlbar, die fast bei allen Industrien sich in gleichem Maße äußerte. Zwei Jnserenten- klassen waren allerdings mit ihren Aufträgen besonders zurück haltend: die Luxusindustrie (wie die Automobilbranche und verwandte Gewerbe) und andrerseits diejenigen Geschäfte, die 693