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4424 Nichtamtlicher Teil, 115, 2V, Mai 1S04, letzten Jahr, von dem die amtliche Statistik vorliegt. Das deutsch-amerikanische Abkommen ist innerhalb des Jahres 1892 in Kraft getreten. Nun zeigt unsre Statistik ein Jahr danach eine nicht unbedeutende Erhöhung der Ausfuhr (etwa 16,6 Prozent), Worauf diese Erscheinung zurück- zufiihren ist, entzieht sich meiner Kenntnis, Aber wenn wir ihre Ursache auf das Abkommen zuriickführen, so wäre sein Wert ganz und gar hinfällig. Nach "diesem Jahr ergibt sich nämlich ein Sturz der Ausfuhr von nicht nur weit unter das Niveau des Vorjahrs, sondern auch der Jahre I8SV und 1891, Die Amerikaner hätten also schon nach dem ersten Jahre auf eine Mehreinfuhr von Musikalien nicht nur verzichtet, sondern die Einfuhr noch verringert! Es ist aber gar nicht zwingend, die Steigerung unsrer Aus fuhr von 1892 auf 1893 auf die Mustkalien zurückzuführen. Ein Überblick über unsre Tabelle zeigt, daß auch zwischen andern Jahren große Schwankungen stattgefunden haben, ohne daß ein neues Gesetz sie hätte beeinflussen können. Das aber steht fest, daß von einer dauernden Wirkung des deutsch-amerikanischen Vertrags in den Ausfuhrziffern der zehn Jahre 1893 —1902 durchaus nichts zu spüren ist. Ist die ganze Bücher-, Karten- und Mustkalien- ausfuhr schon nicht sehr bedeutend (beträgt ihr Wert doch durchschnittlich noch nicht 6,2 Millionen Mark), so dürste die Ausfuhr von Musikalien nur einen geringen Bruchteil dieser Summe betragen. Wahrscheinlich wird er schon aus geglichen durch dis Übersetzungshonorare, die für Übertragungen von amerikanischen Originalen bezahlt werden müssen. Die Amerikaner können aber nur dadurch zu dem Abschluß eines wirklichen Schutzabkommens gebracht werden, wenn den wirklich Berechtigten, nämlich ihren Schriftstellern, ein finan zieller Vorteil damit geboten werden kann, Meines Erachtens wird man deshalb in absehbarer Zeit auf keinen andern Weg zu einem amerikanischen Urheberschutz kommen als durch Kündigung dieses Vertrags?) Was nun der Wert dieses letzter» für die deutsche Kunst anbelangt, so erscheint er ebenso problematisch wie der *) Diese Ausführungen sind vor dem 1. Mai geschrieben worden. In der ordentlichen Hauptversammlung des Börsen vereins an diesem Tage kam es bei den Verhandlungen über das deutsch-amerikanische Abkommen zu verschiedenen interessanten Ausführungen, Nach der obigen Statistik scheint Herr Prager recht unterrichtet gewesen zu sein, daß die Amerikaner die deutsche Musik boykottieren. Interessant ist auch die Auffassung des Herrn Hosrats vr, Oskar von Hase, wonach die Amerikaner es als eine unfreundliche Handlung betrachten könnten, wenn wir gegen ihre »nationale Gesetzgebung- Vorgehen wollten; dieses »Odium könnten wir nicht ausuns nehmen. Ganz anders urteilen die-Musik- literarischen Blätter« (Nr. 8 und 9 vom 21. März). Bonden Musikalienverlegern heißt es in diesem seit 1804 in Wien erscheinenden »Fachblatt für Komponisten, Musikverleger, Musikalienhändler re,«: »Sie hätten besser getan, sich mannhaft an die Seite der Buch verleger zu stellen, um mit ihnen zu kämpfen, zu siegen oder zu unterliegen. In letzterem Falle würde das literarische Piraten wesen jenseits des Ozeans, das sich ja leider noch immer an Werken ohne Copyright rühmlos breit macht, für alles in Deutschland Erscheinende wieder privilegiert werden. Man be fürchtet in Musikverlegerkreisen die für das Copyright bezahlten Dollars, welche ihnen erlaubten, auf deutsche Werke die englischen Worte eoxz-riAbt bv re. zum Zeichen des Schutzes zu setzen, in den Schornstein schreiben zu müssen, wenn der Vertrag ge kündigt würde. Ob dies in der Tat der Fall wäre, daß bezahlte Rechte ohne Rückerstattung hinfällig würden, will ich dahingestellt sein lassen, sind es doch erkaufte Privilegien, die nach meiner Ansicht trotz einer Auflösung des Verhältnisses der Ablösung bedürfen. Jedenfalls zeugt es von einem kleinlichen Krämergeist, Verluste vorzuschützen, wo es sich um etwas Großes, ein das Ansehen des deutschen Verlegerstandes würdiges Abkommen u erreichen handelt. Man wird schwerlich seitens der Verleger olche Werke geschützt haben, von denen sic sich keinen Vorteil ver sprachen und den sic zum Teil wohl auch längst eingeheimst haben. (Was nach obiger Statistik zu bezweifeln ist, (1. 8.) »Das Copyright-Abkommen schützt nach meinem Dafürhalten in den meisten Fällen nur die Werke schon an und für sich kapital- sür die Mustkalien,") Die amtliche Statistik führt Farben druckbilder, Kupfer- und Stahlstiche, Holzschnitte, Litho graphien, Photographien rc, in einer Position auf. Von diesen Kategorien können in Amerika nur Holzschnitte, Stahl- und Kupferstiche geschützt werden, ohne daß sie dort her gestellt werden. Es geht schon daraus hervor, daß der Wert des Abkommens hierbei nur minimal sein kann. Nun beachte man folgende Tabelle über die Ausfuhr der obengenannten Erzeugnisse: 1890 1891 1892 1893 1894 1895 18SK To, 714 693 9l4 lots 72b 772 849 Wert — — — 11,2 8 8,5 9,3 Mill, Mark, 1897 1888 1899 1900 1901 1902 To, 749 649 764 846 998 1130 Wert 8,6 7,467 8,783 9,726 14,940 16,947 Mill, Mark, Interessant ist zunächst die Beobachtung, daß auch hier die Steigerung der Ausfuhr im Jahre 1893 auffallend groß ist (sie beträgt fast 10 Prozent), Als so gut wie sicher ist es hier zu betrachten, daß sie nicht auf die Vermehrung der Ausfuhr von Holzschnitten und Stichen zurückzuführen ist, was dann einen Rückschluß aus die Ursachen der gleich zeitigen Steigerung der Bücher- und Musikalienausfuhr zu- lasseu würde. Wie bei den Büchern und Musikalien gibt es dann 1894 einen Rückschlag unter das Niveau von 1892, Bemerkenswert ist aber in der Tabelle auch die stetige Steigerung der Jahre 1898 bis 1902 und die bedeutenden Sprünge von 1900 auf 1901 und von da auf 1902, Hierauf hat kein Gesetz eingewirkt und so kommen wir denn auch hier zu dem Schluß, daß eine dauernde Wirkung des Abkommens von 1892 sich nicht Nachweisen läßt. Umgekehrt wird dann aber auch die Kündigung des Vertrags auf die Ausfuhr der Musikalien, Holzschnitte und Stiche nur einen ganz verschwindenden Einfluß ausüben, der in Anbetracht der Abschüttelung eines so unwürdigen Verhältnisses wie des bestehenden nicht ins Gewicht fallen kann, G, Hölscher, Reviswnssuinme und Urheberrecht. (Vergl. Börsenblatt Nr. 108.) In der jüngsten Nummer der Zeitschrift »Unlauterer Wettbewerb« wird von einem juristischen Schriftsteller, der sich viel mit den Fragen des gewerblichen und geistigen Eigentumsrechts beschäftigt, vom Landgerichtsrat Or. Marcus in Berlin darauf aufmerksam gemacht, daß die Erhöhung der Revisionssumme die einheitliche Rechtsauslegung der Gesetze über das gewerbliche Eigentumsrecht stark gefährde. Ohne Zweifel ist diese Bemerkung richtig, sie gilt aber nicht nur bezüglich des gewerblichen Eigentumsrechts, sondern sie gilt in noch höherem Maße in Ansehung der Auslegung der Gesetze über das Urheberrecht und Verlagsrecht. Wenn auch kräftiger Verleger, während diejenigen Verleger, die zu den äÜ8 willoruw Atzntiuw unserer Zunft gehören, keinen Gebrauch wegen der für sie kostspieligen Einschreibegebühr machen werden. Für sie ist der an Amerika zu zahlende Tribut zu hoch. Das ist eine starke Ungerechtigkeit, denn Gesetze sollen nicht für volle Geldsäcke, sondern auch sür weniger volle oder gar leere Geldbeutelchen ge macht werden. »Jedes Werk, sei es groß oder klein, sei es Buch oder Noten stück, sollte unter gebildet sein wollenden Nationen Schutz ge nießen, am wenigsten sollte die produktiv schwächere die stärkere sich tributpflichtig machen dürfen. Darum fort mit dem Copyright- Abkommen, das uns Deutschen Schamröte ins Gesicht treiben sollte, da es für uns einfach bedeutet: Tributpflicht Deutsch lands Amerika gegenüber! OorrnanuZ.« auch von allen, auch den vertragsfreundlichen Seiten zugegeben. Selbst Herr Direktor Schwartz-München hat zugestanden, daß der Schutz »nur für einige Kunstgattungen gewährt wird und selbst für diese nicht absolut sicher«. Leider hat er die -wirtschaftlichen Vorteile«, die das Abkommen dem Kunfthandel bietet, nicht näher präzisiert.