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mungcn, in die auch wissenschaftliche Darstellung hineinge zogen wurde, und die auch auf den wissenschaftlichen Stil verheerend zu wirken begannen, wissenschaftliche Expressio nismen und Jazzbands erzeugten. Freilich gilt das nur für einen Teil der wissenschaftlichen Erzeugnisse, und zwar für die geisteswissenschaftlichen. So heiß auch die Wissenschaft heute das große, gemeinsame Ziel, die Einung von Geist und Natur umkämpft, praktisch wird die Teilung von Natur- und Gcistcswiffcnschaft selbst verständlich erhalten bleiben. DaS weltanschauliche Moment spielt von vornherein in den geisteswissenschaftlichen Fächern eine andere Rolle als in den naturwissenschaftlichen, und ein Lehrbuch, das die wissenschaftlichen Ergebnisse der anorga nischen Chemie zusammenfaßt, ist aus einer anderen inneren Haltung heraus geschrieben als eine Darstellung gcistcs- gcschichtlichcr Zusammenhänge. Es hängt mit dieser Tat sache zusammen, daß gegenwärtig, da die GcistcSwiffcn- schaftcn damit beschäftigt sind, diese neue innere Haltung und damit auch den neuen Blickpunkt zu gewinnen, die geistes wissenschaftliche Produktion gegen früher zurückgegangcn ist, was niemand zu beklagen braucht, weil der größeren Zahl die Bedeutung und das Gewicht dessen, was heute erscheint, die Waage hält. Die geisteswissenschaftlichen Arbeiten der Gegenwart geben mehr an neuen Einsichten und Aufschlüssen als vordem, wo sic sich in auögcfahrcncn Bahnen bewegten. Wenn damit eine der Bemühungen berührt ist, in denen deutsche Wissenschaft von sich aus sich in die große Front des Ringens um eine neue deutsche Lebensform einschaltct, so soll zunächst die Rede sein von jenen Forderungen, die die Wissen schaft von sich aus an das Buch zu stellen berechtigt ist. Denn das wissenschaftliche Buch ist ja für den Forscher ebensosehr Handwerkszeug und Waffe wie Mittel des Ausdrucks und der Leistung. Es ist die große, noch nicht genug erkannte Aufgabe des deutschen wissenschaftlichen Verlags, die deutsche Wissenschaft in dem Kampfe zu unterstützen, den sie nicht nur um die Wahrheit, sondern um ihre eigene Existenz, um ihre Zukunft im neuen Staate führt. Daß sie diesen Kampf zu führen hat, ist kein Geheimnis, so wenig diese Erkenntnis etwas irgend zu Bedauerndes bezeichnet. Im Gegenteil! Ge rade die Tatsache, daß im neuen Werden nichts mehr selbst verständlich und gerechtfertigt ist, etwa allein schon deshalb, weil es früher auch schon da war, sondern daß jedes Ding und jede Verrichtung ihren Wert, ihre Notwendigkeit und ihre Würde neu zu erweisen hat, gerade das gibt ja dem heutigen Leben Deutschlands den hin- und mitreißenden Zug und Schwung. Daß auch die Wissenschaft in diesen Kampf um Geltung und Bewährung verwickelt worden ist, kann ihr nur zum Heile gereichen und wird sic, was an vielen Stellen schon deutlich wird, neu befruchten. Wie jeder Kampf und jeder Kämpfer Waffen braucht, Waffen, auf die er sich ver lassen und die er sich beschaffen kann, so auch die Wissenschaft. Ihr Handwerkszeug, ihre Waffe ist das Buch, und auch hier gilt der Grundsatz, je mehr und je bessere Waffen, um so aus sichtsreicher der Kampf. Wie sieht cS nun damit aus? Stehen dem deutschen Wissenschaftler diese Kampfmittel in ausrei chendem Maße zu Gebote? Werden sie vom Waffenschmied, vom Drucker und Verleger, so geliefert, wie er sie braucht, so billig, daß er sie sich beschaffen kann? Es geht jetzt nicht um die Konstruktion der Waffe. Die ist Sache des Soldaten, der Wissenschaft selbst. Es geht also nicht um den Inhalt der Bücher, wohl aber um alles andere, was an einem Buche nicht Inhalt ist. Da wird vielleicht noch nicht genügend beachtet, daß sich die wirtschaftliche Lage des deutschen Forschers geändert hat, daß er heute unter wesentlich schwierigeren Bedingungen arbeitet als seine Vorgänger, ohne daß dem durch eine Verbilligung der wissenschaftlichen Bücher Rechnung getragen würde. Die heutige Forschergeneration hat die Zeit des Krieges und der Entwertung durchlaufen und, soweit sie Vermögen besaß, es dabei in jungen Jahren cingebüßt. Im zweiten Reiche war der Gelehrte meist auch ein vermögender Mann, der zunächst ein paar tausend Mark für seine Bibliothek anlegte. Die Ge lehrtenschicht, die die Mittel für die Ausgestaltung einer Pri- vatbibliothck besaß, stirbt aus. Auf dem Antiquariatsmarkt werden die Kataloge, die den Büchernachlaß von Gelehrten feilbicten, immer seltener. Nur die wenigsten der jüngeren Forscher sind heute noch imstande, sich eine umfangreichere Bibliothek anzuschaffen und damit jene Erleichterungen der Arbeit zu genießen, deren der minder Glückliche ungern genug entbehrt. Meist ist der Forscher heute gezwungen, auf solche Hilfen zu verzichten und die Stätte seiner Arbeit auf die Bibliothek oder in sein Institut zu verlegen. Einen beträcht lichen Teil seiner Zeit nimmt so die Beschaffung der notwen digen Bücher in Anspruch, ganz abgesehen davon, daß dann oft genug gerade das gebrauchte Buch nicht zur Stelle ist. In weitaus höherem Grade als früher ist also der Preis der Bücher auch für den Wissenschaftler maßge bend geworden, der, solange cs irgend geht, ein wichtiges Buch, vor allem Handbücher und Texte, lieber selbst kaufe» und zur ständigen Einsicht bereit haben wird, als cs erst auf Bibliotheken suchen zu müssen. Das gilt wie gesagt vor allem für das wissenschaftliche Handwerkszeug, für die üblichen Handbücher, Quellen- und Textausgabcn. Nun ist aber ge- 12