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Redaktioneller Teil. 86, 13. April 1916. in deutscher Sprache bisher nicht lesen konnte. Ich halte diese Sammlung für ungemein verdienstvoll, einerseits weil diese üp pige Frühlingszeit des modernen Geistes uns heutige alt ge wordene Menschen immer wieder verjüngt und neu belebt, ande rerseits weil uns diese Schriften gegenüber dem Mode gewor denen Spintisieren von einem bloß vorgcstellten Übermenschentum zeigen, wie grauenhaft unter der geistesglönzenden Oberfläche das Leben der Menschen war bei der Herrschaft eines wirk lichen Übermenschentums, welches ist der Kampf aller gegen alle. Ich habe in einem langen Aufsatz der Preußischen Jahr bücher den Wert dieser von dem Verleger selbst mit Zweifeln ein geleiteten Sammlung energisch herausgestellt; sie ist glücklicher weise bis zum Kriege weitergegangen und wird nach unserm Siege hoffentlich fortgesetzt werden. Bei dem rein materialistischen Geiste der englischen Ver leger ist es auch für den Höchstbegabten äußerst erschwert, sich in der Öffentlichkeit Geltung zu verschaffen, wenn ihm das Geld zur Bezahlung der Druckkosten fehlt. Ein ganz unbekannter Name bringt eben nichts ein, er müßte denn unter dem recht sensationell gefaßten Titel eines die Gegenwart bewegenden Themas stehen. Nach dem Ltbenaoum muß der Dichter eines Erstlingsromans sroh sein, wenn dieser Honorarlos gedruckt wird; schlägt er ein, so darf er auf die bescheidene Honorierung des zweiten eben auch nur hoffen. Daß der philosophische Stolz Englands, Herbert Spencer, jahrelang mit der Veröffentlichung seines Systems warten mußte, bis ihm ein Freund das Geld für den Druck seiner birst krineiples (2 Bände) Vorschuß, ist fast komisch zu nennen; denn seine positive, auf naturwissen schaftliche Tatsachen gegründete Philosophie ist mit ihrer Nicht beachtung des geistigen Lebens dem Engländertum geradezu auf den Leib geschrieben. Aber dieser phantasielos »sicher rechnende«, d. h. in Wirklichkeit oft unsicher rechnende Materialismus hat ohne Zweifel sehr ernste Folgen gehabt: cs sind der Höchstkultur der Poesie und der Wissenschaft viele namhafte Kräfte berloren- gegangen. Bei uns werden jedes Jahr massenhaft Erstlings- schristen veröffentlicht, oft so unbedeutende, daß man sich wundert, wie ein Verleger mit dem dafür geeigneten Geschmack überhaupt aufgetrieben werden konnte. Eine besondere Gattung aus diesem Gebiete bilden die allerdings auf Kosten des Verfassers herzu- stellenden Doktor-Dissertationen, die in England unbekannt sind: ich habe unter den vielen mir zugesandten Dissertationen eine j große Anzahl ausgezeichneter, das Wissen wirklich mehrender Arbeiten gefunden, wie das ja unter der straffen Geistesdisziplin unserer Universitäten auch nicht anders sein kann, und bedaure immer, daß ihnen selbst die Fachzeitschriften eine so geringe Be achtung schenken und es so an der Anregung mitunter bedeutender Talente fehlen lassen. «Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. Für die Schulbüchcrzcit. — Für die Auswahl der -Kleinen Mitteilungen« ist in einzelnen Fällen nicht das Interesse maßgebend, das der Buch handel nnm ittelbar an ihnen nehmen könnte, sondern oft der Wunsch, den Lesern Material für eine geeignete Propaganda in der Orts presse ^ur Verfügung zu stellen. Unter diesem Ge sichtspunkte steht z. V. die hier folgende Mitteilung, die, dem Hannover- > scheu Kurier entnommen, auf Ansuchen vielleicht auch von andern Tageszeitungen in der vorliegenden Form oder in ähnlicher Fassung abgedruckt werden würde: Für die S ch u l b ü ch e r z e i t, die am Sonnabend beginnt, sind in diesem Fahre einige Vorsichtsmaßregeln angebracht. Von seiten der Schulbehörde ist den Lehrern empfohlen worden, die Schüler und Schülerinnen ans den rechtzeitigen, d. h. auf den Kauf während der Ferien, aufmerksam zu machen. Dies allein genügt noch nicht. Die Eltern der Kinder müssen auch genau wissen, welche Schulbücher zu kaufen sind. Von manchen Büchern gibt es unzählige Ausgaben. Der bekannte »Ploctz< hat deren mehr als 2N. Wird nun nicht genau an gegeben, welche Bücher gebraucht werden, so ist ein Umtausch nicht zu vermeiden, »nd das ist fiir beide Teile, für Käufer und Verkäufer, in diesem Jahre ein außerordentlich zeitraubendes und ärgerliches Geschäft. Praktisch ist cs, wenn der Lehrer oder die Lehrerin aus dem Büchcrzcttcl anstreichen läßt, was angeschafft werden soll. Ist ein gedruckter Zettel nicht vorhanden, dann sollte den Kindern diktiert ^ werden, welche Bücher fiir das neue Schuljahr erforderlich sind. Wenn die Büchcrzcttcl dann, zu Beginn der Ferien, in den Buchhand- . lungcn abgegeben werden, so können die Bücher mit Sorgfalt heraus gesucht und nach einigen Tagen als fertige Pakete wieder abgeholt werden. Von dem noch nicht ganz eingcarbeiteten Personal, das vielfach zur Hilfe hcrangezogcn werden muß, kann man nicht verlangen, daß es sofort weiß: die und die Ausgabe wird in der Schule, jene in der andern gebraucht. Wenn man also mit Sicherheit die richtigen Schulbücher zu erhalten wünscht, muß auf dem Zettel genau verzeichnet sein, was gebraucht wird. Daß Schulbücher bar bezahlt werden müssen, ist wohl allgemein bekannt. Daß man aber dieses Mal mit sehr vielen Preiserhöhungen rechnen muß, soll besonders erwähnt werden. Eine Hygiene-Ausstellung in Brüssel regt der Gcneralgonverneur von Belgien in einem Schreiben an das Reichsversichernngsamt an. Die Ausstellung soll Mitte dieses Jahres stattfindcn und das Wesen und Wirken der deutschen Arbeitervcrsichcrung, sowie die ans dein Gebiete zur Bekämpfung der Volksscuchen bisher gemachten Erfahrungen zur Anschauung bringen. Das Nähere wird demnächst in Brüssel vereinbart werden. Das Unternehmen, das voraussichtlich aus Mitteln des Generalgouvernements bestritten werden wird, ist in ähnlicher Weise gedacht, wie die Internationale Hygiene-Ausstellung in Dresden. Die wichtigeren Ergebnisse der deutschen Arbcitcrversichcrnng sollen auch in vlämischcr und in französischer Sprache dargcstcllt werden. Wegfall der feierlichen Verteilung des Nobelpreises. Nachdem sich die Verwaltung des Nobelpreises zu einer Herabsetzung der bisher gezahlten Beträge verstehen mußte, um den ihr aufcrlegtcn Steuer betrug aus den Ersparnissen decken zu können, hat sie nunmehr den Beschluß gefaßt, bis nach Wiederherstellung des Friedens die üblich gewesene Verteilung der Preise in einer Festsitzung der schwedischen Akademie der Wissenschaften bei persönlicher Anwesenheit der Preis träger in Wegfall kommen zu lassen. Ans Grund dieses Beschlusses werden die Nobelpreise bis nach dem Kriege durch die diplomatischen Vertreter Schwedens in den Ländern zur Auszahlung kommen, denen die mit dem Preise ausgezeichneten Männer angehörcn. Personal«achrichten. Gestorben: am 9. April nach schwerem Leiden im 41. Lebensjahre Herr Franz Leuwcr in Bre m e n, Inhaber der dortigen Buch handlung seines Namens und Geschäftsführer des Bremer Lese zirkels G. m. b. H. In dem Verstorbenen ist ein Mann von rastlosem Streben und mutigem Wagen dahingegangen, der keine Schwierigkeiten kannte, wenn cs galt, Großes zu erreichen. Er übernahm am 1. April 1902 von der Buchhandlung G. A. v. Halem in Bremen, deren Prokurist er seit 1899 gewesen war, die Sortiments- und Kunstabteilung und hat es verstanden, das erworbene Geschäft zu großer Blüte zu bringen und in die erste Reihe der Bremer Buchhandlungen zu stellen. Ernst von Meyer f. Der ordentliche Professor für Chemie an der Technischen Hochschule in Dresden Geheimrat 1)r. Ernst von Meyer ist am 11. April im 69. Lebensjahre in Dresden nach kurzem Leiden gestorben. Er hat eine große Anzahl von Werken über sein Fachgebiet veröffentlicht, sich aber auch der Pflege der Künste gewidmet und 17 Jahre hindurch als Vorsitzender des Dresdner Mozartverems gewirkt. Alfred Wolfs f. Der Direktor der Klinik fiir Hautkrankheiten der Universität Straßbnrg, außerordentlicher Professor I)r. Wolfs, ist dort nach längerer Krankheit im 66. Lebensjahre gestorben. Außer einem Lehrbnche der Haut- und Geschlechtskrankheiten hat Wolfs über die Blennorrhoe des Weibes und die Vererbung der Syphilis, verschie dentlich insbesondere über die paternc Infektion und die üereditai-ia tarda geschrieben.