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^ 119, 26. Mai 1909. Nichtamtlicher Teil. jbörjenLlatt s. d. Ltschn. Buchhandel. 6339 deutschen Laute wiedergiebt. Die lateinische Schrift hat kein ß, und die verschiedenen Versuche, die man gemacht hat, es in der lateinischen Schrift zu ersetzen, sind willkürlich und ungenügend. Die lateinische Schrift hat eigentlich auch kein K und verführt daher zu solchen Ungeheuerlichkeiten wie Cöln, Cöslin, Cösfeld u. s. w. Selbst Grimm hat sich ihrer nicht enthalten, ja er schreibt sogar Carl der Große neben Kerl, Kerlinge, Kerlingische; ferner ist das deutsche V ein andrer Laut als das lateinische V, und die lateinische Schrift hat es zu verantworten, daß man die Namen Veldeke, Varrentravp und viele andere unrichtig ausspricht. Aber es bleibt bei den Namen nicht, auch viele Wörter werden durch die lateinische Schrift falsch ausgesprochen. Falsche Schrei bung verführt überhaupt zu falscher Aussprache, wie falsche Aus sprache zu falscher Schreibung, und ich kann nicht umhin, die lateinische Schreibung eine falsche zu nennen, weil sie auf die deutschen Laute nicht paßt. Das führt auf Ihre zweite Frage der mir freundlichst zugeschickten Vorlage. Allerdings hat eine richtige Schreibung ein nationales Interesse. Unsere Sprache ist unser hehrstes Heiligthum, und Alles müssen wir fernzuhalten bedacht sein, was sie beschädigen und verderben kann. Der klassische Zopf hat schon so viele Schädigungen unserer Sprache und Schreibung zu verantworten, z. B. in den Völkernamen Dänen statt Denen, Thüringer statt Duringe u. s. w., er wird hoffentlich jetzt, wo wir unsere Sprache historisch kennen gelernt haben, nicht noch weitere Verheerungen anrichten. Wir sprechen jetzt schon Wörter wie Küsse, Rosse unrichtig aus, man muß nach dem Elsaß oder nach Österreich gehen, um die richtige Aussprache zu lernen. Daran sind aber lateinische Wörter wie Ng,836 u. dgl. Schuld. Auch das lateinische 8 ist wie das französische 8 ein an deres als das deutsche. Das französische 8 ist im Anlaut ein ß. Das deutsche s ist viel weicher. Wird es im Inlaut verdoppelt, so sollte es seine Weichheit nicht einbüßen; wir sprechen es aber jetzt scharf wie ein ß, und eben das ist schon eine Beschädigung unserer Sprache, welcher noch viele andere Nachfolgen werden, wenn wir den klassischen Zopf nicht abschneiden. Was glauben Sie mit der lateinischen Schrift zu gewinnen? Daß die Franzosen das Deutsche leichter lernen? Am Ende sollen wir auch noch die russische Schrift annehmen, damit es den Russen leichter werde, deutsch zu lernen. Wer deutsch lernen will, fange damit an, die deutsche Schrift zu lernen: das ist sehr viel leichter als alles andere. Kann er diese geringste Schwierigkeit nicht überwinden, so kann er überhaupt nie deutsch lernen. Und wie viel Franzosen lernen es denn, und wie sprechen sie's, wenn sie es gelernt haben? Wollen sie uns mit Deutsch sprechen in die Flucht jagen? Oder wollen sie uns nur den Lachkitzel erregen und dann mit unserer eigenen a^ua, tokana vergiften? Die sogenannte deutsche Schrift ist etwas mehr als eine bloß sogenannte. Ihre eckige Form schreibt sich noch von den Runen her, die man einritzte, und die daher nur aus geraden Strichen bestanden . .. Mit freundlichem Gruß Ihr 8/4. 73. K. Simrock.« Mitgeteilt von Georg Bötticher. Deutsche Kunst in Amerika. — Aus NewUork wird ge meldet: In Anerkennung ihrer Verdienste um die kürzlich ge schlossene deutsche Kunstausstellung verlieh Kaiser Wilhelm dem Direktor des Metropolitan Museums Clarke, sowie dem Kunstmäcen Reisinger den Kronenorden 2. Klasse, dem Hilfs direktor Robinson den Roten Adlerorden 3. Klasse und Pierpont Morgan sein Porträt mit eigenhändiger Unterschrift. Vom Zcitungsdienst aus hoher See. — Auf 27 Schiffen der Hamburg - Amerika - Linie, der französischen Linie und der Holland - Amerika - Linie ist jetzt ein regelmäßiger Zeitungsdienst unter dem Namen ^e>v8« eingerichtet worden. Durch drahtlose Telegraphie werden diesen Schiffen regelmäßig die Börsennotierungen der amerikanischen und europäischen Börsen, die wichtigsten Sportnachrichten und Neuigkeiten allgemeinen Inhalts übermittelt. Auf all diesen Dampfern befinden sich Miniaturzeitungspressen und die »^.tlantie I§6^8« erscheinen regel mäßig gedruckt wie jede andere Zeitung. Sie werden auf den betreffenden Schiffen gegen Zahlung verabfolgt, so daß die Passagiere während der gesamten Überfahrt dauernd auf dem laufenden gehalten und wie auf dem Lande über alle wichtigen Vorkommnisse orientiert werden. (»Der Zeitungs-Verlag.«) Postankunftstempel. — In dem ablehnenden Bescheid, den der Staatssekretär des Reichspostamts der Liegnitzer Handelskammer auf ihre Eingabe um Wiedereinführung des Postankunftsstempels auf Briefen (vgl. Börsenbl. Nr. 115) erteilte, heißt es u. a.: Es soll nicht bestritten werden, daß es mitunter für den Empfänger erwünscht sein mag, die Ankunft des Briefes durch Stempelabdruck nachgewiesen zu sehen, und daß in Ausnahme fällen das Fehlen dieses Stempelabdrucks zunächst Unzuträglich keiten verursachen kann. Es würde aber nicht zweckmäßig sein und kann billigerweise nicht verlangt werden, daß wegen dieser seltenen Ausnahmefälle alle Briefe mit dem Ankunftsstempel bedruckt werden. Hiernach bedaure ich, dem Wunsche, die Briefe wie vor dem 1. April mit dem Ankunftsstempel bedrucken zu lassen, nicht entsprechen zu können, und darf der Hoffnung Ausdruck geben, daß die Bedenken, die jetzt gegen die im Interesse der rechtzeitigen Aushändigung der Sendungen ge troffenen Maßnahmen bestehen, während der Dauer der Versuchs zeit verschwinden werden. Ein- und Ausfuhr amerikanischer Bücher und Druck sachen. — Ein vorläufiger amtlicher Bericht gibt über den Wert der amerikanischen Ein- und Ausfuhr von Büchern einschließlich Musikalien, Karten, Stichen, Photographien u. s. f. für die letzten acht Monate bis einschließlich Februar 1909 im Vergleich zu dem entsprechenden Zeitraum der Vorjahre folgende Zahlen an (in Dollars): 1907/1908 1908/1909 Frei . . . . 2 303 031 2 004 892 Zollbar . . . 2 166 371 1 650 185 Zusammen 4 469 402 3 665 077 Auf die einzelnen Länder verteilte sich diese Einfuhr folgender- maßen: 1907/1908 1908/1909 England 2 256 670 1 835 903 Deutschland I 127 425 1 102 615 Frankreich 455 394 267 865 Übriges Europa . . . 449 529 266 838 Britisch Amerika . . . 89 274 101 334 Andere Länder .... 91 110 80 522 Die Ausfuhr ergab in der Verteilung auf die einzelner Länder folgendes Bild: 1907/1908 1908/1909 England 913 033 901 104 Deutschland 134 043 93 897 Frankreich 78 379 188 924 Italien 19 891 18 980 Belgien 17 896 30 239 Niederlande 12 683 11 886 übriges Europa . . . 36 023 35 472 Britisch Nordamerika . . 1 649 878 1 835 647 Mittelamerika .... 59 061 51 387 Mexiko 239 621 169 172 Cuba 208 553 232 242 übriges Westindien und Bermuda 26 605 38 697 Argentinien 43 217 72 966 Brasilien 188 846 162 134 Chile 81 764 58 461 Übriges Südamerika . . 98 530 107 113 China 36 096 32 919 Britisch Ostindien . . . 18 126 16 258 Japan 36 638 36 785 Australien 208 979 175 682 Philippinen 56 009 64 748 Britisch Afrika .... 19 571 15 131 Übriges Afrika .... 3 983 3 638 Andere Länder .... 11 600 15 781 Zusammen 4 198 924 4 369 263 822