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Xi 272, 24. November 1834. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. DIschn Buchhandel. Wir wandten uns darauf an die »ns empfohlene Inter nationale Rechtshilfe Abt. des Credltoren-Ber- eins von 1870, Internationale Schutzgemeinschaft für Handel, Gewerbe und Industrie, Wien I., Zslinka- gasse 10, die uns am 25. Oktober 1929 den bulgarischen Rechts anwalt v r. Konst. Katzaroff, Sofia, Sir. 15. Nov. Nr. 5 empfahl, er sei ein ausgezeichneter Jurist und insbesondere ein guter Kellner des internationalen Rechts. Er fand unser Borgehen gegen die dortigen Berlage wegen der uns widerrechtlich entnommenen Muster vollständig berechtigt. Wir händigten ihm unsere beglaubig ten Vollmachten ein und nach Zahlung eines Vorschusses von vor läufig 170 RM unsererseits teilte uns I)r. Katzaroff am 4. Januar 1930 mit, die Kosten des Verfahrens würden etwa 400 NM betragen, und er riete zur Klage. Nachdem ihm die angesorderten Unterlagen verschafft worden waren, teilte er uns im April 1930 mit, das; eine außergerichtliche Austragung der Sache nicht gelungen fei. vr. Katzaroff wolle nunmehr mit einer Strafanzeige Vorgehen. — In zwischen war es Mai 1930 geworden! Die Urheberrechtsverletzung hinsichtlich der Vobach- und Beyer-Muster ging fröhlich weiter. Die beiden Unterzeichneten Firmen beschlossen nunmehr, sich ein Gutachten des Deutschen Berlegervereins zu beschossen, das am 23. Mai 1930 durch dessen Syndikus Justizrat vr. Hillig erstattet wurde. Er schrieb wörtlich: »Bas die rechtlichen Aussichten eines Strafverfahrens gegen Verletzung des Urheberrechts bzw. wegen Schadensersatzes anlangt, so halte ich diese Aussichten siir günstig . . . Der Deutsche Verlegerverci» kann nicht selbst klage». Er müßte also als Spitzenorganisation des deutschen Verlagsbuchhanbels eine Eingabe an das Auswärtige Amt zu Berlin machen und dort bitten, im Wege einer diplomatischen Aktion Bulgarien aus die Notwendigkeit hinzuweisen, gegen solche Nachdrucker vor zugehen. Tie Antwort wird schon von Berlin dahin ergehen, daß es sich hier im wesentlichen um privatrechtlichc Ansprüche handelt und daß, solange nicht seststeht, daß die bulgarische» Justizbehörden die nach den einheimischen Gesetzen gegebene Hilfe und eine Ver folgung der Täter ablehnen, die Regierung keine Veranlassung hat, in den geordneten Rechtsgang einzugreifen.« Aus Grund des Gutachtens von Justizrat vr. Hillig verlangten wir am 28. Mai 1930 von Herrn vr. Katzaroff Strafanzeige gegen die bulgarischen Firmen. Hierauf forderte der bulgarische Rechtsanwalt am 20. Juni 1930 nochmals unsere Beleg-Exemplare der deutschen Zeitschriften an, aus welchen die gesetzwidrige Entnahme sich ergäbe. Dieselben wurden mit großen Schwierigkeiten nochmals beschafft und am 27. August 1930 abgesandt, am 12. September von ihm be stätigt mit der Mitteilung, daß die Klage eingeleitet sei. Am 30. No vember 1930 traf sodann eine Mitteilung von vr. Aatzarosf ein, daß wir uns von einer Durchführung der Klage auf Grund der vor handenen Beweise nicht viel versprechen dürsten. Damit wir mit einem Erfolg rechnen könnten, müsse nachgewiesen werden, daß das Recht zur Veröffentlichung der entnommenen Mandate zuerst und allein uns zugestanden habe! er fordere unsere Origtnalh e f t e mit Aufschrift und Datum des Erscheinens versehe». — Wir mußten uns darauf die früher gesandten Original seiten nochmals zurück- schicken lassen, um aus unseren Archiven die Original h e s t e heraus zusuchen. Nach monatelangen Bemühungen gelang es den beiden deutschen Verlagen, die geforderte» Unterlagen zusammenzubringen und am 15. April 1931 wurden diese mit einer peinlich genau ausgearbeitetcn Liste der widerrechtlich verwandten Illustrationen, soweit überhaupt noch feststellbar, in fünf Druckpaketen nach Sofia abgesandt. Wir hörten dann trotz mehrfacher schriftlicher Mahnung monate lang nichts von unserem bulgarischen Rechtsanwalt und mußten ihn sogar durch die Internationale Rechtshilfe, Abt. des Creditoren- Vcreins von 1870, Wien, im August 1931 mahnen lassen, uns doch endlich über den Stand des Verfahrens zu informieren. Daraushi» erhielten wir am 4. September 1931 die Nachricht seitens vr. Katza- rosss, daß »ein Prozeß gegen die Firme» zu keinem befried!- g c n d e n R e s u l t a t führen würde, e r st m a l s w et l d i e F r i st zu einer strafrechtlichen Verfolgung schon längst ab gelaufen sei, und zweitens bei einer Zivilklage schwerlich s e st z u st e l l e n sei, welche Schäden und Verluste die Firmen dem Klager verursacht hätten. Laut Praxis der bulgarischen Gerichte sei sestgestellt worben, daß ein sehr geringer Prozentsatz solcher Prozesse von den Klägern gewonnen würde, da, wie gesagt, die Beweisführung und Bestimmung des Umfanges der zugesllgten Schäden als eine sehr schwere befunden würde. Abgesehen davon befände sich der Verlag Iwan Jgnatofs und Söhne, Sofia, tu sehr schlechter materieller Lage, sodaß selbst bei einem günstigen Aus 1018 gang des Prozesses von demselben nicht viel zu holen sein würde. In nicht minder schlechter Lage befände sich auch der andere Verlag der Zeitschrift .Moderna Domakinfa'. Ich bitte um Ihre Wei sungen« ...... vr. Katzaroffs Bemühungen in allen Ehren I Aber welcher deutsche Verleger wird nach einem solchen Bescheid selbst eine Sache, bei welcher das Recht absolut aus seiner Seite ist, weiter verfolgen? Schließlich ist doch die Berner Konvention geschaffen worden, weil man es nicht anständig fand, daß in einem Kulturland geistiges Eigentum der Angehörigen eines anderen verwertet würde, ohne dafür Entgelt zu leisten! Dies ist doch der Sinn der Berner Kon vention, und deshalb muß jeder Staat, der auf sich hält, die Be sitzer des geistigen Eigentums aller Konventions-Länder vor Aus beutung schützen! Wenn die beiden Unterzeichneten Firmen in so genauer Aus führung ihre Erfahrungen mit Bulgarien der Öffentlichkeit darge legt haben, so soll das besonders für ihre deutschen Verlagskollcgen geschehen sein, die sehr davor gewarnt sein mögen, für Nachdrucks prozesse unser schönes, deutsches Geld ins Ausland zu tragen, wenn die Berner Konvention nicht den nötigen sicheren Schutz für Bei treibung von Entschädigungen garantiert! denn was nützt eine Ver einigung aller Kulturstaatcn, die in der Berner Konvention zusam mengeschlossen sind, wenn ausländische Verlage sich dauernd ohne Strafe und ohne Entschädigung unser geistiges Eigen tum aneignen können? Deshalb ist unser Stoßseufzer: »Nie wieder Bulgarien!« wohl zu berechtigt und verständlich! V e r l a g O t t o B e y e r. W. B o b a ch L C o. G. m. b. H. Don der Krise des deutschen Buches und Len Möglichkeiten ihrer Überwindung. Unter diesem Titel hat der Professor an der Pädagogischen Akademie Bonn, Joseph Antz, in Heft 12 vom 15. September der Halbmonatsschrift »Die Volksschule« einen Artikel verössemlicht, dessen Gedanken siir den Buchhandel in mancherlei Hinsicht von Be deutung sind. Pros. Antz kam über die Laufbahn des Volksschul- lchrers und »ach einer längeren Tätigkeit am Lehrerseminar und als Schulrat in Westdeutschland an die Pädagogische Akademie. Er hat sich schon früh mit Kragen der Volksbildung und des Schrift tums, vor allem mit der Jugendlektüre besaßt und sich auch jüngst in den Dienst des rheinisch-westfälischen Jungbuchhandels gestellt ss. Voranzeige im Börsenblatt vom 10. Oktober 1931). Wir können also von Prof. Antz ein gewichtiges Wort zu der uns alle bedrängen den Frage erwarten und sollten aus solche Stimmen mit besonderer Aufmerksamkeit hören, weil wir Buchhändler mir allzu leicht die großen wirtschaftlichen und geistigen Wandlungen, die sich hinter den offenkundigen Tatsachen vollziehen, aus unserem notwendig einseitigen Blickpunkt deuten und zu beeinflussen trachten. Antz gliederte seinen Aussatz in drei Hauptabschnitte, in Leuen er zuerst die B e st a n d s a u s n a h m c, L. h. eine Schilderung der gegenwärtigen Situation macht, bann aus die Ursachen der Krise eingeht und schließlich aus dem Gewonnenen Folgerun gen und Ausgaben ableitet. Dabei behandelt er zunächst die Krise im Verlagswesen, die sich in Zusammenbrüchen, Zusammen legungen, Verramschungen großer Bücherbestände und Lurch Absatz stockung über das Sortiment kennzeichnet. Dem gegenüber ständen die märchenhaften Erfolge der Buchgemeinschaften, die »trotz allge meiner Wirtschaftskrise einen raschen und glänzenden Aufschwung genommen haben und nicht nur bekannte und beliebte Werke des deutschen Schrifttums absetzen, sondern sich auch mit starkem Erfolg für neue Dichtungen einsetzen.« Als Gegenmaßnahme sei der Typ des Knaurschen Mk. 2.85-Bandes entstanden, der in den unzähligen Volks-, Jugend- und Schulausgaben eine wesentliche Verbilligung vieler Bücher und eine ungeheure Auslagensteigerung ausgelöst habe. Professor Antz sieht hier osfenbar als Leser und Bolksbildner nur die positive Seite der Entwicklung: Verbilligung und größere Ver breitung des guten Buches, verurteilt auch die diesbezügliche Taktik des Börsenvereins, ohne aus die uns bekannten Schwierigkeiten fRabattfrage, Erschütterung der Preisbildung bei regulären Büchern) einzugehen. Immerhin ist diese Stellungnahme eines ernst über legenden Mannes, der von keinen Geschästsrücksichten abhängig ist, als wichtiges außerbuchhandlerisches Symptom zu werten. Von größerer Bedeutung sind dann sein« Ausführungen über die Ursachen der Krise, über Desorganisation und Schwer fälligkeit des deutschen Buchgewerbes und die allgemeinen Wanb- sKortsetzuug s. S. 1020.)