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7784 Nichtamtlicher Teil. ^ 217, 17. September 1904. der Druckerye Stephan Arndes noch »Der Schapherders Kalender«. Nach Paulib) scheint Arndes durch Laurens Leve, Staller der Landschaft Nordstrand, einen reichen Herrn, nach Lübeck gezogen worden zu sein, der ihm das Geld zur Errichtung der Druckerei gegeben und, wie ja damals üblich, eine Art Teilhaber daran ge wesen zu sein scheint. 1494 ist das Verhältnis gelöst worden. Ein Jahr vorher, 1493, hat sich Arndes in Lübeck verheiratet; seine Frau wurde ihm jedoch schon 1500 durch den Tod entrissen. Er selbst wurde »richteschriver« der Stadt, behielt jedoch seine Druckerei bei, die später sein Sohn Hans übernahm. 1519 ist bei diesem erschienen «Ein nye Calender«; ein Jahr später erschien »in gäbe des »Gharde der Suntheit». Weitere Drucker Lübecks sind noch Georg Richolff und Johann Ballhorn. Von ersterem, der weit bis in das sechzehnte Jahr hundert hinein druckte (seine Witwe führte das Geschäft fort), waren in der Klemmschen Sammlung drei Drucke aus den Jahren 1499 und 1500. Der Vorgänger des letzlern war Ludwig Dietz aus Speier, der 1524 eine Druckerei in Lübeck gründete, aus der unter anderm eine niedersächsische Übertragung von Luthers Bibel übersetzung hervorging. Später ging er nach Rostock, wo er 1559 starb. Das Geschäft ging 1531 auf Johann Ballhorn über, dessen Name jahrhundertelang der Nachwelt zum Spott diente, wahrscheinlich mit Unrecht, wie neuere Forschungen ergeben haben; denn weder die berühmte Fibel mit dem Hahn ohne Sporen und mit Eiern scheint existiert zu haben, noch der Zusatz »verbessert durch Johann Vallhorn«. Nach den neuerdings im Lübecker Verein für Geschichte und Altertums kunde gemachten Mitteilungen des Herrn Professors Curtius, soll Ballhorn oder Balhorn schon vor 1527 in Lübeck gedruckt haben, und 1603 sei noch ein Druck aus seiner Werkstatt hervor- ^egangen. Von seinen Druckschriften seien zu erwähnen die ordnung von Bugenhagen, eine kleine von Erasmus von Rotter dam gegen Luther gerichtete Schrift und andre mehr. In einem Ratsprotokoll von 1527 heißt es nach Curtius von Magister Ball habe. Doch solle »Gnade dabei sein«, d. h. die Strafe könne ge mäßigt werden. Später scheint er sich noch mehr zuschulden haben kommen lassen; denn 1542 scheint er auf Beschwerde des Königs Heinrich VIH. von England, gegen den er ebenfalls Schmähschriften gedruckt haben soll, der Stadt verwiesen worden oder ihm Ausweisung angedroht worden zu sein. 1573 ist er gestorben. Von ihm sind 30 Drucke bekannt; doch muß er viel mehr gedruckt haben; sein Geschäft scheint durchaus nicht unbedeutend ^gewesen zu sein. Daß fein Name so in den selbst mit seinem Namen viel Spielerei getrieben und sich auch in von ihm gedruckten Werken Zusätze erlaubt habe. So heißt es nach Curtius z. B. an einer Stelle: »Da noch einige freie Stellen übrig waren, schien es mir (Johann Balhorn) angezeigt, sie aus zufüllen.« Hieraus ist vermutlich die Redensart verballhornen oder verbessert durch Johann Ballhorn entstanden. Vüchmann führt an, daß Schuppius (Theologe und Satiriker 1610—61) in dem »Kalender« (I. B. Schuppii Calender) Ballhorn an zwei Stellen erwähnt, ihn allerdings Buchdrucker in Soest sein läßt. An der ersten Stelle heißt es: »wie Johann Ballhorn, der Buch drucker zu Soest in Westfalen, welcher das A-B-C-Buch vermehrt und verbessert herausgeben ließ«; und an der zweiten: »als ich dasselbe erbrochen, lag darin dieß Pasquill, auetior et eorreetior, wie Johann Ballhorn zu schreiben pflag«. Andre leiten nach Vüchmann »verballhornen« von dem jedoch durch Johann Ball horn nur gedruckten Buche »LUbeckische Statuta, usw. (1586) ab, weil die darin vorgenommenen und dem allein auf dem Titelblatt genannten Ballhorn fälschlich zugeschriebenen Verbesserungen allseitigen Tadel gefunden hätten. »Noch Andere schieben ihm zu«, fährt Büchmann fort, daß er dem auf der letzten Seite der Fibeln üblichen Hahn ein paar Eier untergelegt habe. Eine Fibel mit dem Bild des Hahnes, im Jahre 1583'gedruckt zu Hamburg, befindet sich in der dortigen Stadtbibliothek.« Woher Büchmann die letztere Notiz hat, ist mir nicht ersichtlich; nach Curtius hat es eine solche Fibel überhaupt nicht gegeben. Der Sohn dieses Johann Ballhorn scheint dann das Geschäft weitergeführt zu haben; wenigstens spricht dafür, daß sämtliche ältere Schriftsteller Kapp, Klemm usw. das Wirken Ballhorns in o) Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte. HI, S. 258 u. f. Lübeck bis 1599 annehmen, während er nach dem Kirchenbuch schon 1573 gestorben ist; einige Drucke, die Klemm besaß und die Jahres zahl 1585, resp. 1586 trugen, müssen demnach von dem Sohn herrühren. Von Dietz ist noch zu erwähnen, daß er nur vorübergehend in Lübeck druckte, vielleicht mit fremden Lettern, sonst aber seinen Wohnsitz in Rostock hatte. Das Druckwerk, das er in Lübeck schuf, ist allerdings eine der hervorragendsten und wichtigsten Arbeiten, die erste niedersächsische Bibel nach Luthers hochdeutscher Über setzung bearbeitet. Diese niedersächsische Übersetzung erschien selbst noch früher, als die erste Original - Gesamt - Ausgabe der hoch deutschen Luther-Bibel von Hans Lufft in Wittenberg 1534, da schon je nach Erscheinen der einzelnen Teile des Originals (um Unser Gewährsmann fährt dann fort: »Die Ausstattung dieser Bibel ist eine vorzügliche. Die Typen des Textes sind Schwabacher von außerordentlicher Schönheit, und ebenso schön die meister haften Holzschnitte, deren Urheber erst Wiechmann-Kadow 1858 in Erhard Altdorffer, Hofmaler des Herzogs Heinrich des Fried fertigen von Mecklenburg, festgestellt hat, worüber des Verfassers interessante ^Schrift: -Die ^mecklenburgischen Farmschneider des auf das vorteilhafteste von den meisten andern Holz^chnittwerken jener Zeit, in denen bis zur Ermüdung immer dieselben Dar stellungen für die verschiedensten Begebenheiten wiederkehren.« Lübeck kann jedenfalls mit Recht stolz sein, daß ein so aus gezeichnetes Werk der typographischen Kunst in seinen Mauern entstand. Daß das Werk in Lübeck und nicht in Rostock gedruckt wurde, hatte wohl seinen Grund darin, daß in Mecklenburg der Landesherr noch dem alten Glauben anhing. Wenn auch in Rostock die Reformation seit 1531 eingeführt war, so war sie doch immer noch nicht ganz fest begründet, während in Lübeck die Ver hältnisse viel günstiger lagen. Dietz druckte in späterer Zeit auch für Christian III. von Dänemark 3000 Bibeln in dänischer Sprache, die der Reformation in Dänemark Vorschub leisten sollten. Zu dieser Zeit druckt auch Aßwerus Kröger in Lübeck. Sein Geschäft, das später auf seine Erben überging, dürfte mit der noch zu erwähnenden Jaegerschen Druckerei identisch sein. Die Ballhornschc Druckerei ging 1599 an Lorenz Albrecht über, der sie bis 1607 führte. Seine Erben verkauften sie 1608 an Samuel Jauch, von dem sie 1629 Valentin Schmalhertz übernahm, in dessen Familie sie bis 1721 blieb, ohne allerdings hervor ragende Bedeutung zu erlangen. Lübeck selbst hatte seine alte Größe eingebüßt; allerorten in Mecklenburg, in Schleswig-Holstein, in Schweden und Dänemark und nicht zum mindesten in Hamburg entstanden Druckereien, und der Bedarf in Lübeck selbst scheint nicht sehr groß gewesen zu sein. Die Druckerei oder vielmehr die Druckereien — denn seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts bestand neben der Schmalhertz'schen Druckerei noch eine zweite Druckerei, die Jaeger'sche, — scheinen hauptsächlich Gelegenheits- sachen verfertigt zu haben, denn sie klagen bitter, daß alle Schriften: »als Leichenpredigten, oarwina und dergleichen, die bisher auf etzliche Meilen in Mecklenburg, Holstein und Sachsen- Lauenburg, so bisher in Lübeck gedruckt wurden,« nunmehr in den betreffenden Landen selbst hergestellt würden, und daß sich dadurch der Kundenkreis erheblich vermindert hätte. Das Gesuch eines Schriftgießers Hunholtz im Jahre 1664, ihm die Errichtung einer dritten Druckerei zu gestatten, wurde schwerden von beiden Seiten überlaufen wurde, verfügte im Jahre 1679, daß die -Leichenzettel« und Akzisezettel fortan von der Schmalhertz'schen und ^ Jaeger'schen Druckerei ^wochenweise zettel aufgehoben wurde. Von Mauritz Valentin Schmalhertz übernahm dann 1721 Johann Nicolaus Green die alte von Dietz begründete Druckerei. Neben ihm werden noch als Drucker aufgeführt: Johann Nicolas Thun und Asmies Koop. Dem Green wurde 1724 der Titel eines Ratsbuchdruckers zuteil, und 1751 wurde von demselben ') Klemm, Beschreibender Katalog. Dresden 1884. S. 425.