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^ 10, 14. Januar 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 511 Haft bis auf eine Woche ermäßigt werden. Im Falle des § 95 kann neben der Gefängnisstrafe auf Verlust der bekleideten öffentlichen Ämter erkannt werden. Die Verfolgung verjährt in sechs Monaten. Geschäftsordnungen für BerlagSbnchhandlnnegn. — Aus Anlaß eines besondern Falles richtet hiermit die Bibliothek des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig die ergebenste Anfrage an die Verlagsbuchhandlungen, ob Haus- und Geschäftsordnungen in den betreffenden Geschäften vielleicht ge druckt vorliegen, und bittet in diesem Falle um gefällige Ein sendung eines Exemplars. K. Burger. *Remittendenfaktnr-Vordrucke O.-M. 1V0S. (Vgl. 1907, Nr. 291, 293-303, 1908, Nr. 1—9 d. Bl.) Weitere Eingänge: Gustav Fischer, Jena, Insel-Verlag, Leipzig, Reuther L Reichard, Berlin, Karl I. Trübner, Straßburg. * Ostermeß'BorauSzahlungen. Verrechnnngöschkck. Über weisungen auf Girokonto bei Banken. Zinsvergütung. (Vgl. Nr. 5, 6, 7, 8, 9 d. Bl.) — Weitere Meldungen: Nachstehend genannte Firmen nehmen Verrechnungsschecks an und vergüten für Vorauszahlung des O.-M.-Saldos die neben bemerkten Zinssätze (außer 1^ Meßagio): Gebrüder Bornträger, Berlin, 4A pro anno; Alexander Duncker, Berlin, 5A pro anvo: K. Thienemanns Verlag, Stuttgart, 5A pro anno. (Giro-Überweisungen an die Württembergische Vereins bank, Stuttgart). * Schtckgrsetzentwurf. (Vgl. 1907 Nr. 164 d. Bl.) - Dem Deutschen Reichstag ist der Entwurf eines Scheckgesetzes zugegangen. Versicherung gegen Stellenlosigkeit. — Die Verwaltung des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandcs (juristische Person) in Hamburg hat angezeigt, daß der Verband mit Ge nehmigung des Kaiserlichen Aufsichtsamts für Privatversicherung den Betrieb der Versicherung gegen Stellenlosigkeit in Preußen ausgenommen habe. (Deutscher Reichsanzeiger.) Haussuchung und Beschlagnahme. — Am Mittwoch, 8. Januar, vormittags, erschienen in der Buchhandlung von G. C-. Bürkner (Inhaber Fritz Hanke) in Breslau, Ohlauer Straße, zwei Beamte der Breslauer Kriminalpolizei mit dem Auf träge, eine Haussuchung nach unsittlichen Darstellungen in Bild und Schrift abzuhalten. Sie gaben dabei an, daß die Haussuchung auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft in Verfolg einer Denunziation eines Breslauer Papierwarenhändlers erfolge, und zeigten eine angeblich unsittliche Postkarte vor, die vor einigen Monaten von einem Angestellten der erwähnten Papier handlung gekauft sei. (Die Papierhandlung ist übrigens vor einiger Zeit ebenfalls von einer Beschlagnahmung unsittlicher An sichtskarten betroffen worden, was natürlich in keinem kausalen Zusammenhang mit dem jetzt plötzlich erwachten Sittlichkeits drang steht.) Der Inhaber der Buchhandlung und mehrere seiner Angestellten erkannten sofort, daß diese Karte unmöglich in ihrem Geschäft gekauft worden sein könne, da ähnliche Karten niemals geführt worden sind. Trotzdem begann das, was man in ähn lichen Fällen Haussuchung nennt, nämlich eine ziemlich oberflächliche Besichtigung der auf der Ladentheke ausliegenden Bücher, Zeit schriften und Ansichtskarten, und dabei wurden beschlagnahmt: mehrere illustrierte Karten aus der Bade-Serie von Reznicek, eine Reproduktion des bekannten Bildes von Moritz v. Schwind »Amor und Psyche«, ferner Heilemanns kürzlich erschienenes Album -Die Berliner Pflanze- und die erste Lieferung des Werkes -Europas Fürsten im Sittenspiegel der Karikatur-, von Gustave Kahn, sowie Hest 8 der -Schönheit-, welche Zeitschrift in ver schiedenen ihrer Numemrn bekanntlich schon häufig beschlagnahmt und nach größeren Prozeßverfahren wieder freigegeben wurde. Bei der am Donnerstag erfolgten Vernehmung des Inhabers der genannten Buchhandlung durch Kriminalkommissar Geßwein erhielt jener die beschlagnahmten Exemplare des Heilemann- Albums und des Kahnschen Werkes, sowie zwei der Reznicek- Karten zurück; beschlagnahmt blieben indessen -Amor und Psyche- von Moritz v. Schwind und eine Reznicek - Karte, die man bisher wohl in den meisten Papierhandlungen und Kunsthandlungen aushängen sah und die wohl von niemandem als anstößig betrachtet werden konnte Ob in diesem Falle tatsächlich ein Verfahren von der Staats anwaltschaft eingeleitet werden wird, steht noch dahin, kann aber jedenfalls als ziemlich unwahrscheinlich gelten, nachdem gerade die im Sinne der Sittenpolizei eigentlich viel »gefährlicheren« Darstellungen, die oben genannt wurden, freigegeben und nur der harmlose Moritz von Schwind in Gesellschaft des bekannten -Simplizissimus.-Zeichners Reznicek in vorläufigem Verwahrsam der Polizei geblieben ist. (Breslauer Zeitung.) * Kunstausstellung. — In Del Vecchios Ausstellung für Kunst aller Art und Zeit in Leipzig wurde soeben die Januar- Februar-Ausstellung eröffnet. Diese enthält vier umfangreiche Kollektiv-Ausstellungen erster Meister, und zwar: L. Schmutzler- München: Genrebilder, Frauenköpfe und Akte, — Paul Thiem- Berlin: Landschaften und Städtebilder aus Bayern, — Nachlaß- Ausstellung von H. Petersen-Angeln, Düsseldorf: Bilder von der Meeresküste, — E. Winkler von Röder: Federzeichnungen. — Weiter interessiert besonders das Kolossalgemälde von Th. Rocholl: Oberst von Cranach führt bei Mars la Tour die Reste der 53. Brigade aus der Schlacht. Ferner sind ausgestellt: Radierungen von Käthe Kollwitz, Original-Steinzeichnungen von Karl Biese und Sophie Herwig. * Borträge im Kuustfalon Heller (Hugo Heller L Eie.) in Wien. — Der dritte intime Vortragsabend im Kunstsalon Heller am Bauernmarkt (Wien) findet Freitag den 17. Januar statt. Hermann Bang, der berühmte dänische Dichter und Essayist, wird eigene Dichtungen in deutscher Sprache rezitieren, und zwar: -Der Tod des Meisters- und -Der Priester«. Im Programm dieser Vortragsabende sind zunächst die fol genden drei Abende Wiener Dichter feststehend: 28. Januar: Stefan Zweig (-Geschichte in der Dämmerung-, ungedruckt); 7. Februar: Hans Müller (neue Verse: -Der segnende Schatten-, ungedruckt); 14. Februar: Max Mell. Für die zweite Hälfte des Februar und für den März sind u. a. in Aussicht genommen: Abende von Franz Ginzkey, Paul Wertheimer, Richard von Kralik, Camill Hoffmann, Max Burck- hard, Hermann Bahr, Jakob Wassermann. Am 21. Februar wird Herr W. Fred von Indien erzählen. DaS fünfzigjährige Jubiläum deS „Saulois". — Die bekannte Pariser Tageszeitung -üo 6auioi8» hat aus Anlaß ihres fünfzigjährigen Bestehens eine reich illustrierte, auf gutem Papier gedruckte Festnummer herausgegeben, in der nicht bloß die Geschichte des Blattes, sondern auch die Zeitgeschichte erzählt und die technische Einrichtung der Zeitung geschildert wird. Der -Oau1oi8- war anfänglich keine Tageszeitung, sondern ein zweimal monatlich erscheinendes humoristisch- satirisches Blatt von sechzehn Seiten kleinen Formats. 1861 stellte dieses sein Erscheinen ein. Erst 1868 tauchte es als Tageszeitung in großem Format wieder auf und erschien bis 1879 unter der Direktion von Henri de Pone und Edmond Tarbo. Dann übernahm Arthur Meyer die Direktion, der sie bis 1837 mit Henri de Pöne, seither aber allein führte. Das Format wurde 1895 zu dem bisher beibehaltenen unheimlich großen erweitert. Als monarchistisches Blatt wird der -Oaulois- sehr viel in aristokra tischen Kreisen gehalten. Die meisten hervorragenden französischen Schriftsteller haben gelegentlich oder auch längere Zeit Beiträge für das Blatt geliefert. Deshalb finden wir unter den Bildern der Jubiläumsnummer viele berühmte Namen. Interessant sind auch mehrere zeitgeschichtliche Bilder, Reproduktionen von Kari katuren aus den ersten Jahrgängen und andre Illustrationen. Bemerkt sei noch, daß der -Oaulow- der Literatur einen breitern Raum gewährt als die billigen, nur auf viele sensationelle Nach richten zugestutzten Zeitungen. Tony Kellen. 67*