Volltext Seite (XML)
Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. PK ISO, 1. Juli 1S1K. Ernst Schmersah! (Berlin): Ich bin den meisten der Herren Kollegen noch unbekannt. Ich danke Ihnen, datz Sie mich trotzdem gewählt haben, und nehme die Wahl an. Vorsitzender: Also damit erkläre ich den Vorstand der neuen Organisation — jetzt heißt sie ja »Deutsche Buchhändler gilde« (Heiterkeit) — für konstituiert. Wir fahren jetzt in der Beratung der Satzungen fort und kommen zu Z 2. Paul Ritsch mann (Berlin): K 2 handelt von der Mit gliedschaft und lautet in Absatz a: »Mitglied der DBG. kann jeder selbständige, volljährige und im Besitz der Ehrenrechte befindliche Sortimentsbuch- händler oder Geschäftsführer einer Sortimentsbuchhandlung werden. Die von dem Mitglieds vertretene Firma muß, sofern sie sich in Deutschland, Österreich-Ungarn oder der Schweiz be findet, in das Handelsregister eingetragen sein. Frauen können die Mitgliedschaft unter denselben Voraussetzungen erwerben.« Meine Herren, wir haben geglaubt, von der Eintragung in das Handelsregister nicht absehen zu können. Im übrigen haben wir gemeint, den Frauen die gleichen Rechte zubilligen zu müs sen wie den Männern. Besonders die Kriegszeit hat Wohl ge zeigt, daß das richtig und notwendig ist. Vorsitzender:Jch denke, daß wir zunächst nur diesen Absatz a zur Besprechung stellen. — Herr Braun hat das Wort. Gottlieb Braun (Marburg): Meine Herren! Es wurde vorhin in der Einleitung von Herrn Nitschmann betont, daß die Einladungen zum Beitritt zur Deutschen Buchhändler gilde an zweitausend ausgewählte Sortimenterfirmen versandt worden seien, denn so viel Sortimenter im eigentlichen Sinne gäbe es nur. Nun möchte ich darauf Hinweisen, daß im Adreß buch viel mehr Firmen verzeichnet sind, von denen auch «ine ganze Anzahl sich pro korina ins Handelsregister haben eintragen lassen. Ich stoße mich deshalb daran, daß es hier heißt : »Mit glied kann jeder selbständige, volljährige und im Besitz der Ehrenrechte befindliche Sortimentsbuchhändler oder Geschäfts führer einer Sortimentsbuchhandlnng werden.« (Vorsitzender: »Kann«! Wir brauchen ihn nicht aufzunehmen!) — Aber trotz dem, wenn wir eine Buchhändlergilde schaffen, die sich mit ihren Mitgliedern hcrausheben soll von denen, die im Adreßbuch stehen, so mutz das auch hier in irgend einer Weise zum Ausdruck ge bracht werden. Vorsitzender: Dann darf ich bitten, einen bestimmten Antrag zu stellen. Mit solchen allgemeinen Anregungen können wir nichts anfangen. Gottlieb Braun (Marburg): Man könnte vielleicht sa gen: Mitglied kann jeder selbständige Sortimentsbuchhändler wer den, der den Buchhandel ordnungsmäßig erlernt hat. (Lebhafter Widerspruch.) Vorsitzender: Ich bitte Sie: wie können Sie das ma chen in der Zeit der Gewerbefreiheit! Es kommt darauf an, daß jemand sein Geschäft anständig betreibt, aber nicht, datz er den Buchhandel erlernt hat. Ich glaube, Herr Braun, Sie werden davon abstehen wollen. Herr Singer hat das Wort. Josef Singer (Berlin): Ich wollte mir die Frage ge statten, ob es auch möglich ist, die Warenhäuser aufzunehmen. Ich glaube, die Buchhändlergilde würde gegen die Aufnahme der Warenhäuser sein. Vorsitzender: Das glaube ich wohl, daß sie dagegen sein wird. Es steht ja hier: »kann«. (Singer: Dagegen möchte ich natürlich protestieren!) — Wogegen? (Singer: Gegen die Auf nahme der Warenhäuser I) — Ja, da müssen Sie auch gegen den Vorstand des Börsenvereins protestieren. Denn in den Satzungen des Börsenvereins heißt es auch: Jeder Buchhändler kann als Mitglied des Vörsenvereins ausgenommen werden. Man hat . aber bis jetzt kein Warenhaus aufgenonnnen, sondern alle zurück- gewiescn, und soviel ich weitz, find nur in einigen Musikalien- händlcrvcreinen ein oder zwei Warenhäuser als Mitglieder; ich kann das aber auch nicht mit Bestimmtheit sagen. Im übrigen können Sie (zu Herrn Singer) doch nicht darüber Bestimmung treffen, wer nicht ausgenommen werden soll, sondern Sie können nur sagen, wer ausgenommen werden kann. — Also, meine Her- 880 ren, das geht nicht, und ich denke, Herr Singer zieht seinen Wider spruch zurück. (Singer: Nachdem ich eines Besseren belehrt wor den bin, natürlich!) Herr Braun hat das Wort. GottliebBraun (Marburg): Meine Herren! Die For mulierung will ich absolut nicht als endgültig bezeichnen. Ich meine aber, über den Gedanken, den ich damit zum Ausdruck bringen wollte, läßt sich doch reden. Seit Jahren arbeiten wir an der Reinigung des Adreßbuchs und das gelingt uns nicht. Jetzt haben wir die Möglichkeit, und nun ist die Sache trotzdem wieder so weit wie möglich gefaßt. Das halte ich nicht für richtig. Das Warenhaus kann nachher sagen: »Ich habe einen richtig gehenden Sortimentsbuchhandel, sogar mit fachmännischer Lei tung; ich kann verlangen, datz mein Geschäftsführer auch Mit glied der Gilde wird; dadurch, daß ihr mich nicht ausnehmt, schädigt ihr mich, denn ich bin auf diese Weise in meinem An sehen gegenüber dem Publikum geschädigt.« Meine Herren, heute haben wir es in der Hand, dem einen Riegel vorzuschieben, damit nicht jeder das Schild als Mitglied der Deutschen Buch händlergilde sich an seine Haustür hängen kann, und jetzt wollen wir keinen Gebrauch davon machen? Ich gebe zu, die Formu lierung des Antrags ist nicht so einfach; aber ich glaube nicht, daß wir so ohne weiteres über die Sache hinweggehen sollten. Paul Nitschmann (Berlin): Meine Herren, ich kann, offen gesagt, das Bedenken des Herrn Braun nicht ganz verstehen. Es ist nicht möglich, wie er anregt«, nur gelernte Buchhändler aufzunehmen. Denn es gibt gelernte Buchhändler, die gar nichts taugen oder sehr wenig wert sind, und es gibt ungelernte Buch händler, die aus einem andern Beruf herübergewechselt sind und die sich sehr tüchtig zeigen. Ich meine auch, gerade daraus, datz wir nur etwa zweitausend Firmen bis jetzt zum Beitritt aufge fordert haben, ersieht Herr Braun, daß wir eine sehr scharfe Aus wahl getroffen haben, und bei der Aufnahme werden wir eine noch größere Auswahl treffen; ich kann Ihnen verraten, daß wir bereits eine Reihe von Anfnahmegcsuchen zurückgelegt oder abge lehnt haben; da handelt es sich um Buchhändler, die mit 5 oder 10 Konten ausgenommen werden wollten. Also Herr Braun kann ganz beruhigt sein. Vorsitzender: Ich mache auch schon vorweg auf den Ab satz o dieses Paragraphen aufmerksam, da heißt es: »Für die Aufnahme ist die Mitgliedschaft in einem anerkannten Kreis- oder Ortsverein erforderlich.« Herr Diederich hat das Wort. Albert Diederich (Pirna): Was ich sagen wollte, hat sich nun ziemlich erledigt. — Meine Herren, es ist doch hier deut lich gesagt: »Jeder selbständige, volljährige und im Besitz der Ehrenrechte befindliche Sortimentsbnchhändler oder Geschäfts führer einer Sortimentsbuchhandlung«. Wir entscheiden doch hier, was «in Sortimentsbuchhändler und eine Sortimentsbuch handlung ist. Ein Warenhaus kann sich sehr Wohl eine Sorti- mentsbuchhandlung angliedern; das Warenhaus ist aber niemals »Sortimentsbuchhandlung«. Ein Mann, der einen Büchervertrieb hat, ist deswegen noch nicht »Sortimentsbuchhändler« in unserm Sinne, und nach diesem Paragraphen kommt klar und deutlich nur der Sortimentsbuchhändler oder der Leiter einer Sortiments buchhandlung in Frage. Ich glaube also, wir brauchen das wirk lich nicht weiter einzuschränken; wi r entscheiden doch darüber. Bernhard Staar (Berlin): Ich glaube, die Bedenken des Herrn Braun in bezug auf die zwangsweise Aufnahme eines Mitglieds, als ob für uns ein Zwang bestehen könnte, jeden Sor timenter aufnehmen zu müssen, sind hinfällig durch die Bestim mung in Absatz ck dieses Paragraphen. Da heiht es nämlich: »über die Aufnahme in die Deutsche Buchhändlergilde entscheidet der Vorstand, bei Ablehnung auf Antrag des Abgelehnten die nächste Hauptversammlung.« Also wir behalten das vollständig in der Hand, und niemand kann daraus «inen Zwang herleiten. Gottlieb Braun (Marburg): Meine Herren! Ich er kenne Ihre Gründe ja an, und ich habe auch das volle Vertrauen zu dem jetzigen Vorstand, daß die Sache im Anfang, in den ersten Jahren unseres Bestehens Wohl in dem Sinne, wie es hier ge sagt ist, gehandhabt werden wird. Aber was mich dazu veran laßt, dieses Bedenken geltend zu machen, das sind die Erfahrene-