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^ ^ei^GsjchSfts^ll^ ^ »jährlich ^r, Nr. 150. k t Deiitlche^ N«ich« zoblcn kür jedrs Lxemplcir 30 Mark bs; ! hrs Dörkraversins die viergejpoltene "pslikzeiie oder^derea tt ^t3ö üklark jahrUH. ^!a<H dem Ausland erfolgt Ll«I«rung ^ Naum 13 pf^'/«S.I3.30M..'/,S.2SM..6. »o-NI.. Mc Nicht-^ WdniüMMörKiwerÄiisWSeU^eM'WUWle^ Leipzig, Sonnabend den i- Juli 19i6- 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil Das religiöse Buch im Weltkrieg. Von einem katholischen Laienbuchhändler. Der christliche Buchhändler ist so eigentlich der Romantiker im Buchhandel, insofern er den Handel mit dem Buch als dem gedruckten Wort und das Buch selbst in seiner vollen Bedeutung für die Ehre Gottes, die Menschhcitsenlwicklung und für das Heil des einzelnen Menschen in Zeit und Ewigkeit betrachtet. So wenig er es daher über sich bringt, über die Wege und Ziele andersgesinnter Wahrheitsucher zu spotten, so ist er doch so erfüllt und beglückt von der Überzeugung, Pfade zu wandeln, die zwar beschwerlich und steil sind, die aber zum wahren Ziele führen, daß er meint, auch anderen den rechten Weg zeigen zu müssen. Man wird es daher verstehen, wie tief mich als christlichen Buchhändler ein kleines Erlebnis traf, das ich am ersten Sonntag nach dem Ausbruch des Krieges hatte. Als damaligem Vorsitzenden unseres Buchhändler-OrtSver- eins wurde auch mir ein öffentlicher Aufruf wegen gewisser chari- tatiber Büchersammlungen für Lazarette usw. vorgelegt. Der Aufruf war von einem hochgesinnten Universitätsprofessor ent worfen, aber er sprach von allem, nur nicht von religiöser Literatur, die doch in einem Kriege entschieden von Bedeu tung ist. Ich glaubte, nur darauf Hinweisen zu müssen, damit das Vergessene nachgeholt werde, aber ich täuschte mich! Vielmehr sagte man mir: M a n habe absichtlich nicht von reli giöser Literatur gesprochen. Denn in einer so großen Zeit müsse unbedingt alles »Tren nende« vermieden werden. Da ich bisher geglaubt, daß »Gott und das Vaterland« der einzige Boden sei, auf dem die Besten im zerrissenen deutschen Vaterland sich seit der Glaubensspaltung wieder einmal finden könnten, sagte ich, daß »Religion« ein Bindemittel auch in dieser großen Zeit sein werde, aber niemand unterstützte mich! Als ich mich dann bereit erklärte, wenigstens persönlich etwa einlaufende christliche Literatur zu sammeln und nach den Bekennt nissen zu verteilen, gab man mir zu verstehen, daß man das als unfreundlich« Sonderarbeit betrachten würde. Ohne irgendwelches Zutun meinerseits erfuhr dann aber freilich dieser Ausruf sogar in einer liberalen Zeitung eine Kritik wegen dieses offensichtlichen Mangels, und zwar sofort nach der Veröffentlichung! Und ich habe nach her erfahren, daß positiv protestantische Kreise die Einsender waren! Der Christ sieht eben in einem Buch, das auf den Wegen, die die Schrift und die Tradition als die sichersten be zeichnen, zu Gott, zur Wahrheit und zum wahren irdischen Glück führen will und das in der christlichen Seele ein verwandtes Sehnen zu wecken vermag, das Ideal eines guten Buches. Aber er ist doch weitherzig und verständig genug, zu wissen, daß man Gott suchen und finden kann auf mancherlei Wegen und ohne immer seinen Namen im Munde zu führen. Und auch das sieht er, daß die, die da in dem sicheren Besitz der Wahrheit zu leben glauben, oft zum Schaden der Verbreitung der Wahr heit allzusehr jene erlaubten Mittel verschmähen, die oft gehalt losen Blendern im Literaturleben in der Hauptsache den Absatz verschaffen. Schon der Kulturruf des Schöpfers war aber keine Auffor derung zum zufriedenen Ausruhen, sondern ein Ruf zur Tat! Beherrschet die Erde! Darum ist auch ein richtig eingestellter Drang zur Welt etwas Göttliches, und darum hat auch Herr Korczewski — so wie ich ihn verstanden habe— in etwas recht mit gewissen Bemerkungen in »Tabak oder Buch« im Börsenblatt Nr. 118. Das Urteil, das ich über das Verlangen nach religiösen Druckerzeugnissen kn -diesem Kriege gewonnen habe, ist das: Das religiöse Buch, das Wahrheiten und Werte birgt, die über den Streit dieser Zeit hinausreichen, dürfte das geachtetste Buch km Weltkrieg bleiben, wenn seine Erzeuger es verstehen, in Form und Inhalt gewissen berechtigten Forderungen der Jetztzeit Rechnung zu tragen. Diese neugewonnene Glanzstellung des religiösen Buches im Weltkrieg wird freilich da und dort etwas verdunkelt durch ge wisse Nebenwirkungen religiöser Flugschriften, die man bis zum Überdruß hiuaussandte. Als christlicher Buchhändler weiß ich, daß man mit dem Kleingewehrfeuer von Flugschriften gerade im Geistesleben schon gewaltige Schlachten schlug, ich weiß auch ihre Bedeutung im Schützengrabenkrieg zu würdigen, aber es ist doch nur das religiöse Buch, das sich aus die Dauer die neu gewonnene Achtung erhalten wird. Das Verlangen nach reli giösen Broschüren ist, wenigstens im Ladengeschäft, fast ganz ver stummt; vielleicht wird das Geschäft jetzt auch mehr direkt zwi schen Erzeuger und Verbraucher gemacht. Wir haben in unserer Stadt drei theologische Kriegsschrift steller, deren Veröffentlichungen außerordentlich verbreitet wurden. Ein Universitätsprofessor hat drei Kriegsbücher aus innerem Erleben geschrieben, die nicht nur von katholischen, sondern auch von protestantischen gebildeten Kreisen viel gekauft wurden und deren Einwirkung dauernd sein wird! Die beiden anderen Herren sind Privatgeistliche und Volks schriftsteller. Die Flugschriften des protestantischen waren frisch, lebenswahr und tief eingreifend, und dabei setzte er seiner Frucht barkeit die notwendigen Schranken! Der katholische Volksschriftsteller schreibt und schreibt noch weiter! Und er hat außerordentlich viel Gutes gewirkt, und doch taten er und die Seinen des Guten beinahe zu viel, besonders da der Vertrieb fast amtliches Aussehen bekam. Schon Petrus Canisius hat einst einem Bayernherzog gesagt, in Literatur- und Bildungsfragen könne man nicht Wohl mit Krastmitteln arbeiten, und wenn man ein Land zur Blüte bringen wolle, dürfe man nicht nur die strengreligiöse Literatur Pflegen, sondern auch die allgemein bildende gute. Aber man hat den Wert und die Notwendigkeit einer mehr literarisch-geistigen Kulturpflege bei uns Katholiken oft nicht genug eingesehen! Und man hat immer zu sehr »von Amtswegen« durch das »gute Buch« zu arbeiten gesucht! Was zu viel ist, ist zu viel, sogar wenn'S vom Allerbesten ist! Ich habe vier mir befreundete Divisionsgeistliche das günstigste Urteil über die Flugblätter des zuletzt erwähnten Herrn aus sprechen hören. Zwei von ihnen meinten jedoch: es fei Zeit, daß man den Leuten wieder einmal etwas anderes böte. Auch