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^ 195, 23 August 1904. Nichtamtlicher Teil. 6997 Häuser, so vernehmen wir aus den Seitengebäuden das Stampfen der Dampfmaschinen und der Zeitungspressen. Fast durchweg sind es deutsche Pressen aus Augsburg. nur fünf Tageszeitungen in türkischer Sprache: den »Ikäam. (Ausdauer), -LabkLÜ« (Morgens »Llalümaat« (Kenntnisse), »lorä- jümüll-wlmkita.t. (Dolmetsch der Wahrheit), und der »Lervvet« eintreffen. Deshalb beschäftigt jede Zeitung auch einen oder mehrere Übersetzer (Nüteräjiw) für Deutsch, Französisch, Englisch, Griechisch, außerdem einen Korrektor und eini^ Lokalbericht- Redakti°nsapp-r°p'^'°" ^"^bringen. Das ,st der gesamte Gegen sechs Uhr abends hat der sogenannte Chefredakteur seine Hauptarbeit beendigt, er fügt dann noch das j ihm zuge- Einen der ersten korrigierten Abzüge erhält durch eilenden Boten der Zensor — denn dieser ist der eigentliche Re dakteur. Derselbe streicht nach Laune und Willkür und schickt gegen zwei Uhr nachts — wenn nicht später — die Der Ketzer-Faktor (Uageb würretib) ist stets darauf gefaß?, daß ein großer Teil des Satzes gestrichen wird, er hält daher immer einen beträchtlichen Vorrat genehmigten Füllstoffs in Bereitschaft, um die Lücken ergänzen zu können. Sodann wird im Beisein eines Kontrollbeamten fertig umbrochen und geschlossen und der Druck kann endlich beginnen. Der Zensurbeamte muß jedoch schriftlich bescheinigen, daß nichts Ungenehmigtes in der Zeitung ist, und so kann der »Dolmetsch der Wahrheit« und die andern An der Spitze findet man, wie auch bei uns, Ordensver leihungen und Beförderungen. Das Beamtentum ist aber in der Türkei erheblich stärker vertreten als in Deutschland, ihre Vertreter befinden sich vielfach auf Reisen zwischen ihren oft weit entfernten Amtssitzen und der Hauptstadt, dem »Tor der Glückseligkeit«, was getreulich in der Zeitung gemeldet wird. Politik des eigenen Landes, außer der angeordneten, darf die türkische Presse selbstredend nicht betreiben. Auch der Nachrichten dienst ist völlig wertlos. Aber selbst das Ausland darf der tür kische Zeitungsschreiber nicht zum Gegenstand seines Schreibdrangs machen, ohne dem Zensor Gelegenheit zu kräftigen Strichen zu geben. Der türkische Zeitungsleser kann viel eher ganz interne Angelegenheiten des Deutschen Reichs oder Frankreichs als das Geringste über die wichtigsten türkischen Verhältnisse: Staatsschuld, mazedonische Wirren usw. erfahren. Als der serbische Königsmord geschehen war, verlor der vor Atten tatsfurcht beständig zitternde Sultan völlig die Fassung. Es wurde den Zeitungsverlegern sofort verboten, die Nachricht zu bringen, erst nach acht Tagen durfte gemeldet werden, daß König Alexander verstorben sei und man dem Fürsten Karageorgewitsch die Krone angetragen habe. Bald darauf wurde befohlen, den Mord mit Ausdrücken höchster Entrüstung zu melden und die fürchter lichste Bestrafung der Mörder zu verlangen. Es ist begreiflich, daß unter solchen Umständen keine der türkischen Zeitungen es zu einer großen Auflage und Verbreitung bringt. ?. II. Kleine Mitteilungen. Post. Briefs allen. — Die Postbehörde macht erneut dar auf aufmerksam, daß bei Verpackung von Drucksachen für die Post immer noch häufig dadurch gesündigt wird, daß nur ein Streifband verwendet und lose umgelegt oder überhaupt ein un geeigneter Briefumschlag gewählt wird. In die weit geöffneten laschenförmigen Falten solcher Sendungen sowie in die offenen größeren Briefumschläge mit nach innen eingesteckter Ver- und andre kleine Gegenstände. Sie machen als blinde Passagiere oft weite Irrfahrten mit. Günstigenfalls ge langen sie mit Verspätung in die richtigen Hände, andernfalls strebt, die den andern Sendungen durch die Drucksachen drohende Unsicherheit abzuwenden. Im eignen Interesse des Publikums liegt es, die Postoerwaltung hierin zu unterstützen. Bei größeren Drucksachen dient als wirksamstes Mittel zur Vermeidung breiter Spalten die Anlegung eines Kreuzbandes an Stelle des einfachen Streifbandes. Wenigstens sollte ein aus gutem Papier angefertigtes Streifband so eng wie nur möglich um die Drucksachen gelegt und Börsenblatt sllr den deutschen Buchhandel. 71. Jahrcmns falls soll man die Verschlußklappe nicht in den Umschlag ein stecken. Will man den Inhalt vor dem Herausfallen schützen, so verwende inan Umschläge, deren Verschlußkappe einen zungen- Geschäftsjubiläum. — Die angesehene Firma G.A. Kauf manns Buchhandlung in Dresden, die sich seit dem 15. Fe bruar 1887 im Besitz des Herrn Rudolf Heinze befindet, ist am 12. August 1854 von Ernst am Ende eröffnet worden und hat Wirkens zurückblicken dürfen. Wir beglückwünschen den im deutschen Buchhandel bestens bekannten, rastlos tätigen Herrn Inhaber nachträglich recht aufrichtig zu diesem Ehrentage seines Hauses. Kreis Norden. — Der Buchhändler-Verband Kreis Norden hält seine diesjährige^Hauptversammlung am 18. Septernber in Briefmarken-Kunde. — Das deutsche Reichspostamt hatte vor einiger erfahren, daß^oon den^jetzt^gültigen schwe^- vernichtet worden, und von diesen wurden dem deutschen Reichs postamt 2 Exemplare als Geschenk zugesandt. (Papierztg.) Die Vorgeschichte der Photographie im Altertum. — Wenn wir heute an die schnelle Entwicklung der modernsten Kunst, der Photographie, denken, so meinen wir schon überaus weit zurückzublicken, wenn wir uns die Versuche von Nicephore Niepce und Daguerre vergegenwärtigen. Wir erinnern uns vielleicht noch der dunklen Daguerrotypien auf Metall, die wir als Kinder über dem Sofa hängen sahen. Die Photographie ist allerdings eine moderne Kunst, aber sie hat eine alte Vor geschichte. Darüber brachte das lournal ok tüs Oamera. Olud, von I. Waterhouse, hochinteressante Mitteilungen Daß die erste Camera 1558 von Baptista Porto gebaut worden sei, wird als Irrtum nachgewiesen. Die Camera ist nämlich be deutend älter. Man lese und staune: Schon Aristoteles beschrieb im fünfzehnten Buch seiner »?rodlemata« den Strahlengang durch kleine Öffnungen, der bewirkt, daß bei Sonnenfinsternissen die Sonnenflecke unter Bäumen nicht kreisförmig bleiben, sondern genau die Form der verfinsterten Sonnenscheibe wiedergeben. Aristoteles aber schrieb seine »krodlswata« bekanntlich um das Jahr 350 vor Christi Geburt. In ägyptischen Gräbern und in Pompeji wurden Linsen von größerem Durchmesser gefunden, die wahrscheinlich als Beleuchtungslinsen gedient haben. Claudius Ptolomaeus beschreibt um 150 n. Chr. genau die Brechung und Reflexion des Lichts an Konvex- und Konkavlinsen, sowie solchen Spiegeln; er hat sogar die Winkel, unter denen Glas und Wasser die Lichtstrahlen ab lenken. gemessen. Ebenso kannten Seneca, der Erzieher Neros, und Plinius alle diese optischen Behelfe genau. Unabhängig davon durchforschte Abu Ali Alhassan um 1100 die Gesetze der Lichtbrechung und beschrieb die Form der durch Linsen erzeugten reellen und imaginären Bilder. Der nächste Forscher, der die Ab bildung von Gegenständen mit Hilfe von Konkavspiegeln und Konvexlinsen ausführlich schilderte, war Roger Bacon (1214—1294), der als Zauberer eingekerkerte englische Franziskanermönch und physikalische Forscher, der auch dem Papste Clemens eine Konvex- Battista Alberti zeigte die ersten Projektionsbilder, indem er 1437 eine Art Interim wrr^iea konstruierte, mit der er seinen Besuchern Bilder aus allen Weltgegenden vorführte. Um die Wende ^ des 15. Jahrhunderts bewirkten dann die Untersuchungen 920