Volltext Seite (XML)
Admiral Scherrs letzter Gans Weimar gibt »em Sieger vom Skagerrak -as Ehrengeleit Weimar, 30. Nov. Die Traucrfeier fiir Admiral Scheel in der Hcrderktrche ging unter ungewöhnlicher Teil nahme der Bevölkerung vvr sich. Die Galerien waren van dem mit Karten versehenen Publikum bis auf den letzten Platz besetzt. Vor dem Aliare reihten sich um den Sarg die Fahnenabvrdnungen der militärischen Kvrpvrativne» und Vaterländischen Verbände, sowie der studentischen Kor porationen. Neben dem Sarg selbst hatten beiderseits Ab ordnungen der Reich omarine mit Offizieren »nd Mannschaften Aufstellung genommen. Im .Kirchenschiffe hatten die General- und Osstzlere, darunter Prinz August Wilhelm von Preuhen. weiter die Vertreter von Behörden und Körperschaften Platz gesunden. Unter Orgelspiel legten die Abordnungen von Heer und Flotte ihre kostbaren Kranz spenden nieder. Admiral von Levetzow einen Kranz aus weihen Rosen auSDoorn, und Admiral Nacder eine» für das Reichsmarincamt. Nach einem Sologesang sprach Marineoberpfarrer Nonnc- burger aus Wilhelmshaven seine GedächtnlSworte. Ei» Grober unter uns nabe uns verlassen. Das empsiude seder in dieser Trauervcrsammlung und wohl jeder auch drauhen im deutschen Volk. Die Dankbarkeit zwinge, an dieser Bahre znm Ausdruck zu bringen, was er uns gab und was wir an ihm verlorenIsaben. Ucbcrall. wohin ihn in seinem Lebens- saiige sein oberster Kriegsherr gestellt habe, iiberall sei cs die Verkörperung strenaften PN'chtgcftihls und höchster Selbstzncht gewesen die ihn seine Erfolge erringen liest. Ein Charakter, oer ans den Grund ging «nd ein nnbengsamer Richter über alles frivole «nd nichtSwiirdigc Tnn. Und er hatte ein Herz auch für alle Untergebenen. Ihn hat die Lehrzeit unter Köster und Ti Pitz znm wirklichen Führer gemacht. So hat er bet Skagerrak den Erfolg für sich in Ankvruch nehmen dürfen, den seit Meiischenaedenken keiner für sich in Anspruch nehmen durste- Die englische Flotte zu besiegen. AN die neben und »m ihn standen, erneuern gern i» dieser Stunde das Gelöbnis der Gefolgschaft und Pflichterfüllung, auch wenn er nicht mehr unter ihnen ist. Nach dem Segen des Geist lichen senkten sich die Fahne», und vutc>- dem Geläut der Kirchenglocken nmrde der Sarg von Offizieren der Marine aus der Kirche getragen. Auf dem Kirchenplatz hatten die Reichswchrtruppcn Parade- ausftellnng genommen Die Trommeln schlugen in ge dämpften Tone an und unter den Klängen eines Chorals setzte sich der Traucrzng in Bewegung, voran das Reiter regiment IS mit seinem TrvmpeterkorpS und einem Malchinengeivehrzug vom hiesigen Infanterieregiment. Dan» folgten die Ordensträger und hinter ihnen der Leichenwagen, der von Martneangehörigen begleitet wurde. -Hinter dem Leichenwagen folgten zuerst die nächsten Nngeüörigen. dann die Admirale. Generale, weiter die übrige» Offiziere und die Abordnungen der Behörden der Fastueukompagnien, der Frontkämpfcrverbände und sonstigen Vereine. Aus den Straften hatte die Schuljugend Svalier gebildet «nd die Geschäste hatten geschlossen. Aus dem Friedhof zogen die Spitzengruppen der Reichswehr an der Friedhofskapellc vorbei und rückten bis auf die Infanterie ab Diese stellte sich vvr der Kapelle aus. Ter Sarg wurde in die Halle getragen. Hier nahmen nur die Angehörigen, die Generalität »nd die Abordnungen von Be hörden Platz, während der Sarg unter de» Klänge» der Orgel vor dem Altar nicdergcsetzt wurde. Oberpsarrer Weyrlch sprach die Worte zur Einsegnung. Dann senkte sich der Sarg unter den Klängen der Orgel zur Einäscherung in die Tiefe. Draus,en aber krachten die drei Ehrensalven der Reichswehrt»saulerie. mit denen das Heer von seinem Krirgö- hcldcn den letzten Abschied »ahm. Nimtmiral von Troikas Rallims Berlin. 30. Nov. Anlästlich der heute in Weimar statt- sindcndcn Beisetzung des Admirals Schcer veröffentlicht der ehemalige Ebes dcS Stabes der Hochsccstreitkräfte unter Admiral Schcer. Vizeadmiral a. D. v. Trotha, dem toten Kameraden folgenden Nachruf: „Flagge» und Wimpel der deutschen «chiffe senken sich heute zu Ehren unseres Flottenchefs- den Liebe und Verehrung zur letzten Ruhe betten, an der Seite der durch ein so furcht bares Schicksal ihm frühzeitig entrissenen Gattin. Der Wind brauste stürmend vom Skagerrak her über deutsches Land, als sein Geist sich von dem Körper losrist. und die Wogen, die an der deutsche» Küste drohend brandeten. Ne trugen Grüfte her vom wetten Meer, über dem seine Admiralsflagge sieg reich gewebt hat. Mit überschäumenbem Iugendsinn hat er begeistert sich hinctiigcstcllt in die Ausgaben, die die auf strebende Marine bet Erwerbung unserer Kolonien zu lösen hatte. I» der vorwärtsdrängenden TorpedobootSwasie fand sein Führcrwille das freie Arbeitsfeld wagenden Entschlusses. In den arbeitsreichsten Jahren des Ausbaues der Wehrmacht zur See hat er a» entscheidender Stelle sein Können ein gesetzt. In dieser Stunde soll unser tiefempsnudcner Dank seinen Ausdruck finden für die Meisterschaft, mit der er die Marine zu führen wusste, oasi die „Dailn Ncivö" ans die Ver öffentlichung der englischen Admiralität über die Skagcrrak- s,ölacht nichts anderes zu sagen wusste, ais: ..Wie bitter das Eingeständnis auch sei» mag, wir müssen znacben, daft wir in der Schlacht bei Jütland eine schwere N> derlaae erlitten h-ben." Hinter dem Sarge trete» heute Mannschaften der ..Elsas," zur Traucrparadc an. St Jahre ist es her, -aft auf der damals nicht mehr neuen ..Elsas," sein Komnrandowinipcl geweht hat. Es liegt darin mehr als ein Hinüberreichcn von alter zu neuer Zeit. Mit tiefem Ernst werfen wir die letzte Hand voll Erde unserem Admiral ins Grab nach. Wir wissen aber auch, das, dies Grab seinen bis in die letzten Stunden des stebens iuacndsrische» Fübreraeist nicht zudeckt. sondern daft dieser Geist uns Führer bleibt für alle Zukunft. Der S-kagerraltag ist trot, allem ein Markstein am Wege des deut schen Volkes. Wir wolle» sein Handel» an diesem Tage »nS zum Vorbild nclnncn und wo wir auch stellen und Mitarbeiten könne» am deutschen Volkstum, uns beherrschen lasten von dem von reinstem Pflichtbewusstsein getragenen Willen nach vorn." Danksavuna -er Angehörigen Weimar, 30. Nov. Die Angehörigen des verstorbenen Admirals Schcer bitten um Weitergabe nachstehender Notiz: Die Angehörigen des verstorbenen Admirals Schcer haben das Bedürfnis, auch auf diesem Wege ihre Dankbarkeit für die grosse Anteilnahme an ihrem schweren Verluste zum Aus druck zu bringen. Zehn Fahre Fremdherrschaft am Rhein Ein deutsches Elendsjubiläum folgt in diesen Spätherbst tagen des Jahres 1023 dem andern. Am 0. November war es die zehnte Wiederkehr des Nevolutionstages, zwei Tage später die traurige Erinnerung an die Wafsenstillstandsszene im Walde von Comptögne, die das Reich rettungs- und wehr- los den rachcdurstigen Feinden auslieferte. Und zwanzig Tage später, am l. Dezember in jenem Jahre des Unheils, zogen die französischen Truppen in deutsches Gebiet ein. Die beiden Ufer des Rheins sollten als Pfand für die Sieger während der Fricdensverhandlungen dienen. Das dauerte bis zum Tage der Ratifizierung des Versailler Vertrages am lü. Januar 1820, und von da an erst datiert die offizielle Besatzung aus Grund der sogenannten FriedenSbcstimmungen. Die vorangcgangenen 25 Monate zählen nicht. Ans dem Wasfcnstillstandspsand wurde ein Sicherhcits- und Rcpara- tionspfand und schliesslich ein Druckmittel, um aus Deutsch land neue Zugeständnisse über Versailles hinaus herauszn- pressen. Und trotzdem wurde die Besetzung immer grösser und brückender. Uebrr die Nhetnprovlnz hinaus wurden die „Brückenköpfe" Mainz, Koblenz und Köln als „SicherungS- gebiet" Ser Sicgermächte erklärt, Düsseldorf und Duisburg wurden auf dem Wege über „Sanktionen" besetzt und schließ lich der Einbruch in daö Nuhrgebiet vollzogen. 50 Divisionen mit allem Tross und Kriegsgerät belagerten ein Land, das in Fricdenszeiten kaum 50 OM Mann eigener Truppen be herbergt hatte. Wenn sich ihre Zahl auch vermindert hat. wenn auch nach langem Zögern weit über die vertragsmäßige Frist hinaus die Kölner Zone befreit wurde, so schaltet und waltet der französische Militarismus doch heute noch, zehn Jahre nach dem Kriegsende und im Zeichen einer dreijährigen Vcrsöhnungspvlitik, nach seiner Willkür auf deutschem Boden. Gegen alles Recht, gegen Treu und Glauben, wie sie auch im Leben der Völker üblich sind. „Locarno ist Unsinn, wenn cs sriedenSbringend gepriesen wird, und man gleichzeitig noch Bajonette braucht, um diesen Frieden zu bewahren." So hat Ausscnminister Dr. Stresemann in einer Reichstagsrede im März des vorigen Jahres erklärt. Die Bajonette starren immer noch am Rhein, der Unsinn besteht weiter. Daö Urteil gilt, und es richtet in ganzer Schärfe daö treulose Verhalten Frankreichs und auch die zwiespältige Politik Englands, das unser Recht auf Räumung zwar anerkennt, aber statt aller Schritte zur Wahrung dieses Rechtes gemeinsame Manöver mit den französischen Truppen im Rheinland veranstaltet. Ein Jubiläum des Unrechts, ein Gedenken zehn Jahre langer Kulturschande, ein Tag des Protestes gegen schnöde Vergewaltigung also ist uns dieser 1. Dezember. Und doch auch ein Tag des Sieges, an dem wir uns stolz und dankerfüllt für die treue Bevölkerung des Nheinlanbes freuen dürfen über den Triumph des nationalen Widerstandes über die Vernichtungspläne des Feindes. Wir missen ja, dass Poin- carö ursprünglich andere Pläne hatte, als eine vorübergehende Besetzung des Nheinlanbes. Im Jahre 1017 hatte er sich mit Russland geeinigt, dass nach einem Siege bas ganze linke Rheinufer an Frankreich fallen solle. Das war das grosse Kriegsziel der französischen Republik. Die vierzehn Punkte Wilsons standen dem entgegen: bas Rheinland wurde an Frankreich nicht als eigenes Gebiet, sondern nur als Pfand ansgeliesert. Aber trotzdem, bas Ziel blieb das gleiche, wenn cs jetzt auch mit anderen Mitteln angcstrebt wurde. Als Treuhänder des Rheinlandpfandcs hatten die Besatzungs- Mächte nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gegenüber dem besetzten Gebiet. Aber bewusst und brutal auf ihre Macht pochend, haben sie dagegen verstoßen. Vom ersten Tage an hat Frankreich vor allem nichts unterlassen, um sich für alle Zeit in diesem Gebiete festzusetzen und den Rhein znr Grenze Deutschlands zu machen. Poincars, der jetzige Ministerpräsident, und als sein Helfer der heutige Innenminister Tardteu haben alles aufgeboten, Geld, poli tische und militärische Unterstützung, um der von ihnen ent fachten Separatistenbewegung zum Erfolge zu verhelfen. Sie haben mit diesem Versuch eine der schwersten moralischen und tatsächlichen Niederlagen erlitten, die einer mit übermächtigen Mitteln versehenen Politik widerfahren kann. Dafür schulden wir dem rheinischen Volke heute noch Dank. AIS diese Art von französischer „Kulturpropaganba" ver sagte. da kam die Zeit der Gewaltmethoden, um durch seelische Zermürbung die deutsche Bevölkerung schließ- lich doch noch ln dieser oder jener Form den französischen Wünschen fügsam zu machen. Es war die grosse Leidens- zeit des Nheinlanbes mit enormen Einauartierungslasten, harten Strafen aus nichtigen Anlässen, rücksichtslosen Aus weisungen und Zettungsverboten. Straflos durfte sich ein» Aatifnmr-Me Kimdgetungm in AM« Die Spannung nimmt zu Das Fechttnrnicr abgesagt R o m, SO. Nov. Als Protest gegen daS Urteil des Pariser Gerichtes gege« den Mörder deS italienischen Konsuls Nar dt nt, das bekanntlich auf zwei Jahre Gefängnis lautete, veranstalteten die Studenten am Donnerstagabend und Freitagvormittag Kundgebungen vor der französischen Bot schaft «nd der französischen Akademie. Sie riesen: Nieder mit Frankreich! Die Botschaft «nd die Akademie wurde« unter militärischen und polizeiliche« Schuß gestellt. Sicherheitshalber wird auch die jugoslawische Gesandtschaft militärisch geschützt. — Auch Freitag nachmittag ließe« die Stnbeutcndemonstrationen gegen Krankreich tn den große» italienischen Städte« nicht nach. Es ist zu erwarten, daß Frankreich «egen der beleidigenden Drohungen Entschuldigung von Italien «erlangen wird. Auch in Neapel haben Demon strationen ftattgesunbe«, die ähnlich verliefen. Das „Lavorno d Jlalta" meldet einen versuchte« Angriff gegen daS französische Sonsnlat, der jedoch von Polizei und Miliz verhindert wurde. Zwischen den Drohrnfe« hört «an begeisterte Hochrnse aus Mussolini «nd Italien. Angeblich wegen technischen Schwierigkeiten, in Wirklich keit aber wegen der ttal euiich französisch m Spa»»"»» isi der sür Freitagabend im Augusteum vorgesehene italienisch» sran,»fische Fcchtabcnd abgesagt worben. Die deutsche Olvmpiasiegertn Helene Mayer, die bei dieser Gelcgeusielt auch eine Probe ihrer Fechtkunst geben sollte, kann dcshrlb nicht austreten. Die Aeusscrungen der Presse gegen Frank- reich werben immer schärfer. „Haß gegen Hatz" fordert der »Popolo dt Roma". ,Hl Piccolo" meldet aus Bologna, daß der italienische Oberstleutnant Naspont auf das Urteil gegen de» Mörder NardtuiS einen Brief an den Präsidenten von Frankreich gerichtet hat. in dem er die Rücksendung seiner von Frankreich erhaltenen KriegSordcn angckündigt. „Jinpcrv" fordert alle Frontkämpfer, die im Weltkriege französische Auszeichnungen erhalten haben, auf, diese znrttckzuschicken. Franstet» als uneigennütziger Kennt StrienS Paris, 80. Nov. Bei der Beratung des HeereSbudgctS in der Kammer forderte Abg. Coutcl (Norddepartement). vor der Räumung die Durchführung und die Einrichtung eines Bcrteidigungssystems, das wirksam die Nordostgrttize Frankreichs gegen eine« neuen bc'ntschcn Angriss, der stets zu befürchten sei, schütze. Zu einer Debatte Wer Syrien kam cs, als der Ab geordnete Sixtel Quentn (Soz.j die Auriickvcrweisung der betreffenden Budgetarttkel an die Ausschüsse beantragte, zum Zeichen dessen, baß Frankreich sein Mandat in Syrien wieder ln die Hände des Völkerbundes zurücklcgen wolle. Gegen den Antrag wendet sich Ministerpräsident Potn- carö. indem er aySführte: Es handle um eine Frage der Loyalität gegenüber dem Völkerbund und der interessierten Bevölkerung. Sel mau den« sicher, daß die Nation, der daS Mandat über Syrien anvertrant würde, an Stelle von Frank reich, die gleiche wundervolle Uneigenniitziakcit s!f zeigen werde, «m die Bevölkerung aus die Unabhänaigke'it vorzn- bereiten. Sei nicht zu befürchten, daß eine Macht mit im- nerialiftischcn Tendenzen sich inmitten der Bevölkerung, die Frankreich schütze, niedcrlasse? Poincar» stellte die Ver trauensfrage. Der Antra- nmrde mit »80 gegen Svü Stimmen abgclehnt.