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25. liegt die Anfechtungsklage der StadtgemeindeChemnitz gegen die RekursentschcidunginSteuersachen zurBeratung vor. Nach erledigter Tagesordnung wird ein Grundstücks- kaufvcrtrag genehmigt und über die Bezahlung des Grundstücks kaufpreises beschlossen. Sitzung des Gemeinderats zu Rabeustcin am 22. August 1916. Anwesend: Der Gemetndevorstand und 17 Mitglieder. 1. erfolgen Mitteilungen über verschiedene Eingänge und Verfügungen. 2. werden Armcnsachen zur Erledigung gebracht und entsprechende Entschließungen gefaßt. 3. wird die Zahlung einer Gebührenforderung abgelehnt. 4. wird die Aufstellung von Reitschulen ec. zum Kirch weihfest in Rücksicht auf die ernste Zeit nicht gewünscht. 5. in einer Wertzuwachssteuersache erfolgt Festsetzung der Steuer. 6. kommt die Kartoffelversorguug der Einwohnerschaft für 1916/17 zur Beratung. Der Kriegshilfsausschuß soll die weiteren Maßnahmen treffen. 7. die Kreuzung der öffentlichen Straßen durch Lettungs- rohre wird unter gewissen Bedingungen genehmigt. 8. werden Reklamationen gegen die Gcmeindebesteuerung 1916 zur Erledigung gebracht. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reicheubrmrd. Am 10. Sonntag n. Trin., den 27. August, Vorm. Vs9 Ahr Predigtgottesdienst. Kollekte für die Mission in Israel. Hilfsgeistlicher Oehln. ^ ^ Parochie Raberrsteirr. Am 10. Sonntag n. Trin., den 27. August, 9 Ahr Predigt- gottesdienst. Pfarrer Weidauer. Kollekte zum Besten der Mission unter Israel und im heil. Lande. Abends 8 Ahr evang. Jünglings- verein. Mittwoch, den 30. August, 8 Ahr evang. Iungfrauenverein. Donnerstag» den 31. August, nachm. 4—6 Ahr Mädchenhort. Freitag, den 1. September, Vs9 Ahr Kriegsbetstunde. Pfarrer Weidauer. Wochenamt vom 26. August bis 3. September Pfarrer Weidauer. Der Brauer von Gent. Hendrick Vau Dutzck überhörte absichtlich den Spott, der iu den letzten Worten des Mannes lag und fragte daher gespannt weiter: „Was ist aber aus den beiden Frauen geworden, wo sind dieselben? Soviel mir bekannt ist, wohnte noch ein junges Mädchen mit hier?" „Schon richtig, einige Tage kann das nur her sein, über die kann ich auch weiter nichts sagen, weil ich sie ein einziges Mal sah." „Wann war das?" „Das erste und letzte Mal." „Das letzte Mal, ja darauf kommt es mir an, das zu wissen, das letzte Mal wann war das?" Heute Vormittag; sie ging mit der alten Brigitte fort. Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen, denn sie ging dicht verschleiert." „Welche Beobachtung habt Ihr sonst gemacht?" „Haha, Beobachtung, mir schien es fast, als gingen die beiden nicht gerade zu einem fröhlichen Tanz. Warum die alte Brigitte dabei so trübselig ausschaute, kann ich allerdings nicht begreifen." „Znrückkommen habt Ihr sie nicht gesehen — es könnte doch sein, daß sie nur irgend eine Besorgung hatten, die den Ausgang nötig machte." „Wie ich Euch schon sagte, habe ich sie nicht wieder zurückkommen sehen, weder die alte Brigitte noch das andere Weibsbild. Ihr findet ja auch, daß das Haus leer ist, sonst würde man Euch doch öffnen." „Wenn ich nur wüßte, wie ich erfahren könnte, wo sie geblieben sind." „Hier kann ich Euch keinen Rat geben, Junker. Ich habe mich übrigens schon zu lange verweilt. Es wird Euch nichts weiter übrig bleiben, hier vor der Tür zu warten, wenn Ihr nicht vorzieht noch einmal wiederzukommen." Mit diesen Worten entfernte sich der Nachbar und ließ Hendrick van Duyck mit seiner enttäuschten Hoffnung und seinen bangen Zweifeln alleine vor dem Fischerhäuschen stehen. Er wagte es nicht, noch einmal anzuklopscn, denn es war sicher, daß es auch dieses Mal vergebens sein würde, indem der Mann ganz recht hatte, als er sagte Brigitte und Bianca waren fortgegangen und noch nicht zurückgekchrt und das Haus war leer. Warten hier auf offener Straße, wo doch ab und zu ein Vorstadtbewohner vorüber ging, oder wiederkommen, das war nun zunächst die Frage, über die sich Hendrick van Duyck entscheiden mußte und er entschied sich schließlich auch nach reiflicher Ueberlegung für das Wiederkommeu. Wie ein Träumender ging er den Weg zurück, den er gekommen war und erst als er an die Straße kam, die nach dem Brauhof führte, wich er ab, denn dorthin wollte er jetzt nicht zurückkehren. Wo war Bianca? Er ließ alle Möglichkeiten an seinem Geiste vorüber ziehen. Besonders auch, warum man dazu gekommen war, Herrn von Leuven zu verhaften. War dies tasächlich geschehen, dann bestand allerdings eine Wahrscheinlichkeit, nämlich die, daß Bianca der Aufenthalt in dem Fischerhäuschen dadurch verleitet worden war und sie mit Hilfe der alten Brigitte eine andere Unterkunft gesucht hatte. Der Mann von vorhin konnte dann schon richtig gesehen haben, wenn er sagte, sie sei sehr betrübt gewesen. Er machte sich jetzt Vorwürfe, daß er nicht früher gekommen und mit seinem heutigen Besuch so lange gewartet hatte. Er konnte dann der sicher ratlosen Bianca beiftchen. Aber nun war daran eben nichts mehr zu ändern. Jetzt nach Hause zurückkehren war ihm vollständig un möglich. Er befand sich in einem solchen Zustand der Auf regung und Unruhe, daß es ihm unmöglich war, zwischen den beengenden Wänden seines Gemachs die Zeit zu verbringen. Es war jetzt wenigstens eine Ablenkung, wenn er sich bemühte, nach Bianca zu forschen, eine Spur von ihr zu finden, wenn er sich auch keiner großen Hoffnung hingab, daß es ihm gelingen werde, aber es war wenigstens eine Zerstreuung für ihn. So durchstreifte denn Hendrick van Duyck alle Straßen und Gaffen der Stadt, musterte alle ihm begegnenden Frauen und jungen Mädchen, aber von den Gesuchten fand er keine Spur. Es war auch zu schwer in der großen volkreichen Stadt zwei Personen ausfindig zu machen, wenn diese die bestimmte Absicht hatten, sich verborgen zu halten, was sicher bei Bianca von Leuven und der alten Brigitte der Fall war, die deshalb ihren seitherigen Aufenthalt verlaßen hatten. Hendrick van Duyck nahm aber immer noch als am ehesten möglich an, daß er der alten Brigitte begegnen muffe, die doch wieder nach Hause zurück mußte, wenn auch Bianca ein anderes Obdach gesucht hatte, aber auch diese konnte er nicht entdecken. So war denn über diesem stundenlangen Suchen und Streifereien der Abend hereingebrochen, bis der junge Mann endlich wieder an dem Ausgangspunkt in der Vorstadt stand. Hungrig, durstig und müde — müde zum Ilmsinken war er, aber standhaft übermannte er alle Schwäche, was war das alles gegen den Verlust, wenn er wirklich Bianca für immer verlieren sollte, nachdem die Liebe zu ihr sich kaum entfaltet hatte, wie eine Blnmenknospe in eiuer warmen Frühlingsnacht. Ein größerer Schmerz konnte ihm garnicht bereitet werden. 22. Kapitel-! Endlich befand er sich wieder vor dem Fischerhäuschen; Triumph — durch die nicht ganz dicht schließenden Fenster läden schimmerte ein schwacher Lichtstreifen, ein Zeichen, daß man in dem Zimmer Licht brannte. Es konnte nun garnicht anders sein, die alte Brigitte und Bianca waren wieder heinigekehrt von ihrem heutigen Ausgange und die große Sorge, die er sich um Bianca deshalb gemacht hatte, war doch unbegründet gewesen. Aber nun war er beruhigter — alles war gut, vergessen, wenn er nur Bianca jetzt autraf, dann konnte er sich mit ihr über die Ereignisse des Tages aussprcchen, konnte ihr seine Hilfe anbieteu, wenn wirklich ihrem Vater ein Unglück zugcstoßen war. Ohne Zögern klopfte er, wie schon heute am Tage, an die Türe und hatte dieses Mal die unaussprechliche Freude, daß ihm dieselbe endlich geöffnet wurde, daß jemand hinter der Türe erschien; an der Stimme erkannte er sofort, es war die alte Brigitte, die zaghaft erst fragte ehe sie öffnete: „Wer begehrt Einlaß?" „Oeffnct schnell, Mutter Brigitte, ich bin es, ein Freund des Herrn von Leuven und Biancas; ich war schon einmal da und Ihr kennt mich." „Ach, Ihr seid es, Herr Junker — ach, das Unglück, das Unglück." Bei diesen jammernden Worten war es Hendrick van Duyck wiederum, als habe ihn der Schlag getroffen — sollte er denn an dem heutigen Tag. den er mit so großer Hoffnung cntgegengeseheu hatte, lauter Hiobspoften erfahren, sollte an einem einzigen Tag sein bisher so sonniger Lebens himmel sich für immer mit dichten Wolken überziehen? „Oeffnet, Mutter Brigitte, ich bitte Euch, öffnet schnell und spannt mich nicht lange auf die Folter," entgegnete der junge Mann jetzt ungeduldig, „dann könnt Ihr oder Bianca mir alles erzählen." „Ja, ja, ich öffne schon," mit diesen Worten schob Brigitte innen einen Riegel zurück und öffnete die Tür. Da sie kein Licht in der Hand trug und nur ein schwacher Lichtschimmer durch die halboffene Stubentür in die Hausflur fiel, so konnte er ihr bekümmertes Gesicht nicht bemerken. „Wo ist Bianca?" fragte er mit aufgeregter Stimme rasch. „Ach, die Aermste, die Aermste, das große Unglück, was sie wieder betroffen hat — ich kann es Euch gar nicht sagen — Du mein Gott, ich bringe es fast nicht über meine Lippen — es ist zu schrecklich, was sie nun wieder betroffen hat!" „Erst recht müßt Ihr mir es sagen, wenn sie ein Unglück betroffen hat — ich bin der Nächste, der es zu erfahren hat, denn ich alleine kann ihr in einem solchen Falle bei stehen." „Was soll ich sagen —" „Sagt mir zunächst, wo ist Bianca jetzt; sie ist doch noch bei Euch?" „Sie ist nicht hier!" „Dann sagt mir doch, wo in aller Welt befindet sie sich jetzt um diese Zeit?" „Es war ihr unmöglich noch längere Zeit hierzu verweilen, nachdem man ihren Vater von hier fortgeschleppt hatte." „Wirklich? So ist es also wahr, daß Herr von Leuven sich in den Händen seiner Gegner befindet. Erzählt mir rasch, was sich zugetragen hat — ich muß alles wissen, selbst was Euch als nebensächlich dünkt. Für mich kann es eine Hauptsache bedeuten, da ich handeln muß. Ich kann doch Bianca nicht etwa ohne mein Beistand lassen." Erst durch nochmaliges Fragen erfuhr Hendrick van Duyck die Ereignisse, die sich während seines letzten Besuches und heute hier abgespielt hatten. Das Wesentlichste mußte er sich natürlich selbst zusammenreimen, da die alte Frau selbst nicht viel anzugehen wußte. Auch davon erzählte sie ihm, wie Bianca heute den schwersten Gang ihres Lebens unternommen und einen Fußsall — freilich einen vergeblichen — vor dem Brauer von Gent, dem jetzigen neuen Regenten in Gent getan hatte. „Und dann ist sie mit Euch nicht wieder mit hierher zurückgekehrt. Sprecht, Mutter Brigitte, Ihr wollt mir nur die Wahrheit verschweigen." „Ich habe nichts zu verschweigen, Herr Junker. Das arme junge Blut hat zuviel auf einmal erleiden müssen. Sie hat sich einstweilen an einen Ort begeben, den ich Euch nicht sagen kann —" „Warum mir nicht," unterbrach Hendrick van Duyck die alte Frau heftig. „Weil ich es meinem Liebling habe versprechen müssen — weil sie es mir verboten hat —" „Ihr müßt es mir sagen, Mutter Brigitte." „Wollt Ihr, Herr Junker, daß ich alte Frau meineidig werde? Ich habe bei allem was mir heilig ist geloben müssen, den Aufenthalt der Aermsten nicht zu verraten — keinem Menschen." „Auch mir nicht?" „Auch Euch nicht." „Sonst hat sic Euch nichts aufgetragen?" Die alte Frau sann eine Weile nach, als müßte sie ihre Gedanken erst wieder sammeln, dann sagte sie nach einem tiefen Seufzer: „Sie trug mir auf, Euch zu sagen, wenn Ihr wieder kommen solltet, daß Ihr an ihr nicht verzweifeln und den Glauben an sic nicht verlieren solltet, daß sie Euch lieben würde bis in das Grab, daß Ihr sie aber vergessen möchtet, als wäre sie schon begraben." Einen Augenblick war der junge Mann völlig sprach los. Was er aus dem Munde der alten Frau vernahm und er hatte keine Ursache, an deren Worte zu zweifeln, übertraf, was er schlimmes erwartet hatte. „Wißt Ihr mir etwas Näheres über Herrn von Leuven zu sagen, Mutter Brigitte? Ist denn etwas Wahres an der geradezu albern zu nennenden Erzählung, er sei an einer Verschwörung gegen Jakob von Artevelde beteiligt gewesen?" „Ich weiß so wenig wie Ihr, Herr Junker." „Dann wissen wir alle Beide nichts. Aber eins könnt Ihr mir doch sagen, ob Bianca jemals wieder zu Euch hierher zurllckkommt, oder ob sie sich für immer verborgen halten will?" „Sie befindet sich znr Zeit an einem guten und sicheren Ort, wo sie allen Anfeindungen und Verfolgungen dieser Welt entrückt ist. Dort wird sie das Schicksal ihres Vaters, welches ihr ja allein am Herzen liegt, abwarten. Wie sich ihr Schicksal dann gestalten wird, weiß allein Gott im Himmel." „Ich weiß, Mutter Brigitte, Ihr liebt Bianca wie eine Tochter und daher kann Euch nur daran gelegen sein, daß sich ihre Zukunft glücklich gestaltet. Ich hoffe, daß ihr eine solche Znknnst an meiner Seite beschicdcn sein wird. Es würde aber gerade dagegen gehandelt sein, wenn sie sich dauernd von mir verborgen halten wollte. Ich will im Augenblick zugeben, daß sie sich aus Furcht und Angst in die größte Verborgenheit zurückgezogen hat. Für alle Zeit kann und darf sie ihr Leben nicht darinnen vergraben. Begreift Ihr das?" „Das hegreife ich schon, aber wenn es dennoch der Wille Biancas ist." „Wie ich schon sagte, für den Augenblick, für kurze Zeit, bis sich das Gewitter, was ja auch wieder vorüber gehen muß, verzogen hat. Wollt Ihr mir daher versprechen, wenn dieser Tag gekommen ist, mir den Aufenthaltsort Biancas nicht länger zu verschweigen und daß Ihr sie jetzt schon zu bewegen sucht, sich doch mir anzuvertrauen." Mögen sic alle ihren Vater jetzt mit Haß verfolgen und diesen Haß auch auf die Tochter übertragen, meiner grenzen losen Liebe zu ihr tut das nicht im geringsten Abbruch. Sagt ihr das, wenn Ihr wieder mit ihr zusammentrefft." Sie kommt nicht wieder hierher, Herr Junker, und ich kann nicht zu ihr gehen." Hendrick van Duyck sah ein, daß mit dieser alten Frau nicht viel anzufangen war, die nicht im Stande war, seine Liebe zu begreifen. Es war daher bester, er ließ dieselbe aus dem Spiele und versuchte selbst, den Aufenthalt Biancas wieder ausfindig zu machen, sie konnte doch nicht aus der Welt verschwunden sein und wenn er alle Hebel in Bewegung setzte, wenn er jede verfügbare Stunde darauf verwendete, so fand sich schon eine Spur. Er besaß in Humbert und Meta von Artevelde treue Verbündete in seiner Liebe, die würden ihm gewiß helfen. „Schließt Euer Haus wieder, Mutter Brigitte," mit diesen Worten entfernte er sich. Noch einmal blieb er stehen, als er bereits ein Stück des Weges gegangen war und prägte sich die Gegend, soweit es die mehr und mehr hereingebrochene Dunkelheit zuließ, in sein Gedächtnis ein. Von hier aus mußte er mit seinen Nachforschungen beginnen und so Schritt für Schritt weitergehen, bis er die erste Spur von Bianca entdeckt hatte. 23. Kapitel. Um dieselbe Zeit schlich sich eine dicht verhüllte Frauen gestalt in weitem Bogen um das Rathaus von Gent. Sie musterte jedes einzelne Fenster, von denen einige noch erleuchtet waren, während hinter den weitaus meisten tiefe Finsternis gähnte, da die Zeit vorüber war, wo in den Räumen emsige Tätigkeit zu herrschen pflegte. Ein vorübergehender Passant fand dieses Gebühren des weiblichen Wesens, besten Gesicht er nicht erkennen konnte, auffällig, deshalb trat er an sie heran mit der Frage: „Was suchet Ihr denn dort oben zu erspähen?" Die Gefragte erschrak heftig und wollte sich rasch entferne», der Mann aber hielt sie am Arme fest. „Warum wollt Ihr forteilen, ich meine es doch nur aut mit Euch und will Euch gerne Aufschluß geben, wenn Ihr solchen über etwas wünscht. Ich vermute, Ihr sucht jemand auf dem Rathause?" Es war Bianca von Leuven, die um diese Stunde noch hier umherirrte. Sie war sich eigentlich selbst nicht klar, was sie hier wollte — es war ein unbestimmtes Gefühl, welches sie hierhertrieb, weil sie hoffte, hier ihren Vater