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Revue passieren. Keine entsprach dem Bilde, das er sich ausmalte. Tagelang grübelte er, endlich glaubte er etwas Paffendes gefunden zu haben. „Ich hab's! Lina Grotenbach, das ist die Rechte!" rief er erfreut, „sie ist nicht mehr jung, sie ist praktisch und tüchtig, ich reise nach Berlin zu Thekla." Schmunzelnd strich Rosen seinen Bart. Gesagt, getan; er reiste wirklich. Das war das vor gebliche Geschäft, das ihn nach der Reichshauptstadt führte. Unterwegs hielt er sich in Tilsit auf, um einige Rasse- Kühe zur Aufbesserung seiner Herde zu kaufen, mit großer Gründlichkeit erledigte er diese Sache, dann erst kam das Persönliche an die Reihe. In der Pension Grotenbach begrüßte man den Ver wandten herzlich; er blieb einige Wochen in Berlin und sah sich alles an. Klaras frisches Aeußere, ihre Tüchtigkeit bei der Führung des großen Haushalts gefielen Adolf Rosen, so daß er sich schließlich zu Linas verjüngtem Ebenbilde hingezogen fühlte. Daran war die Liebe schuld, die noch so spat einzog, nicht wie in der Jugendzeit mit stürmischer Leidenschaft, aber doch treu und innig mit wohltuender Wärme. Klara hatte gleich für den Verwandten eine große Vorliebe gezeigt und sie interessierte sich für alles, was er erzählte, sie hatten lange Gespräche über Lachsdienen, und nach Rasens Schilderungen war dort alles besser und schöner, als sonst in der Welt. Endlich sprach Rosen das entscheidende Wort; die Art der Werbung war ziemlich eigentümlich, sie fand in der Speisekammer statt, in der Klara stand, eine große Schürze vorgcbunden und eben damit beschäftigt, die rosigen Schinken- schcibcn und die Wurst zum abendlichen Aufschnitt zu tranchieren. Die Tür zur Speisekammer knarrte, Rosen trat ein und schloß hinter sich zu. Er stand einige Zeit neben Klara und sah auf die gut geformten, aber nicht allzu weißen Mädchenhände, welche die Spuren der Arbeit trugen. „Schöner Schinken, nicht?" sagte Klara, der das Schweigen peinlich wurde. „Der in Lachsdienen ist besser," versetzte Rosen und ließ einige Auseinandersetzungen über Schweine mast folgen. „Ach!" sagte Klara seufzend, „wie schön muß es auf dem Lande sein!" „So würden Sie das Landleben der Stadt vorziehen?" „Aber natürlich!" rief Klara. Jetzt war eine genügende Anzahl Schinkenscheiben aus geschnitten. „Bitte, hängen Sie den Schinken auf," bat das junge Mädchen, „der Flcischhaken ist so hoch." Rosen hielt das schwere Stück in der Hand, er war sehr rot. „Wollen Sie mich heiraten?" fragte er, wie aus der Pistole geschossen. Klara hatte sich in der letzten Zeit einigemal diesen Augenblick ausgemalt, mit echt weiblichem Instinkt war ihr Rasens Gefühl nicht verborgen geblieben. „Ja," sagte sie, „sehr gern!" Der Schinken fiel zur Erde, die kräftigen Arme des Freiers hoben die keineswegs ätherische Gestalt seiner Braut auf, wobei sie mit dem Kopf an die herabhängenden Würste stieß, die bedenklich ins Pendeln gerieten. „Hurra!" schrie Rosen. Sie küßten sich, nicht unter blühenden Bäumen, nicht beim Mondschein und Nachtigallengesang, sondern mitten unter den guten Dingen, die die Speisekammer barg, und nicht das poetische Silbergcstirn schien träumerisch nieder, die Sonne lachte fröhlich durch das Fenster und in der Küche rumorten die Dienstmädchen mit dem Geschirr. „Nun komm zur Mutter, Adolf!" sagte Klara. „Sie weiß schon um alles, sie hat mich hergeschickt," sagte Rosen glücklich. „Dann ist alles in Ordnung," kam es zufrieden über die Lippen der Neuverlobten, „aber bitte, hänge jetzt den Schinken an seinen Platz und lange mir die Leberwurst herunter, unsere Pensionäre dürfen nicht warten, immer erst die Pflicht." „Das sage ich auch," bestätigte Rosen. Abends saß die Familie im Wohnzimmer zusammen, man trank Punsch auf das Wohl des Brautpaares und aß Berliner Pfannkuchen dazu, die Lina noch schnell gebacken hatte. Keine übertriebene Verliebtheit sprach aus Klaras und Rosens Minen, sie sahen stillzufrieden aus, ihre Hände ruhten ineinander. „Du bist die rechte Frau für mich," schienen des Mannes gute, blaue Augen zu sagen, und Märchens Helle, graue Sterne antworteten ihm: „Ich achte dich und bin dir gut." „Schade, daß Eva und Alfred nicht da sind," sagte die Mutter, die gern alle ihre Kinder um sich gesehen hatte. Es gab für Lina und Frau Grotenbach viel zu tun, die Aussteuer mußte in kurzer Zeit fertig sein, denn Rosen wünschte schon in sechs Wochen sein junges Weib heim- zuführen; die Wirtschaft bedurfte des Herrn, er sehnte sich schon heim. Eine Hochzeitsreise wollten sie nicht machen, Lina fand es sehr vernünftig. Rosen meinte, daß er gerade zur Zeit der Auerhahnbalze in Lachsdienen eintresfen werde; er hätte es nicht verschmerzt, wenn er seiner Lieblingsjagd hätte entsagen sollen. Frau Grotenbach war erfreut, daß eines ihrer Kinder wieder in die Nähe von Memel zog, sie versprach, Rosens zu besuchen. — Etwas mehr Poesie hätte die Mutter zu weilen wohl dem Brautpaar gewünscht, aber sie gab Klara ruhigen Herzens fort, sie wußte, daß sie an der Seite des schlichten, braven Gatten glücklich werden mußte. 9. Kapitel.: Or. Alfred GjroHnbach.j Seit zwei Monaten ging Alfred Grotenbach bei Uchat- scheffs ein und aus; schon diese kurze Zeit genügte, um ihm einen klaren Einblick zu geben. Die Behandlung des kranken Knaben war ausschließlich in die Hände des jungen deutschen Arztes übergegangen. Nach der ersten Besprechung hatte der bisherige Hausarzt sich freiwillig zurückgezogen, er sprach sich gegen den Kollegen aus, daß der Fall hoffnungslos sei. Alfred war anderer Ansicht; er wollte alles daran setzen, um der Mutter ihr Kind zu erhalten. Es wareine schwere Aufgahe, die er sich stellte: täglich kam er in das Palais Uchatscheff und gah seine Verordnungen, die von Karla im gläubigen Vertrauen befolgt wurden. Grotenbach beobachtete aber den Vater Koljas heimlich. Das häufige Zusammensein mit ihm bestätigte, was der scharfsichtige Arzt gleich am ersten Tage hemcrkt hatte: das Nervensystem Konstantins war total zerrüttet, das flotte Leben in der Kaiserstadt hatte schuld daran, vielleicht auch erbliche Anlag?, denn, wie Grotenbach erfuhr, gab es mehrere Fälle von geistiger Störung in llchatscheffs Familie. Karla ahnte, daß ihr Mann krank war; seine plötzlichen Zornesausbrüche wiederholten sich, er bekam seinen Abschied, worüber er außer sich geriet. Es war Grotenbach sehr peinlich, solche heftige Szenen mit anzusehen. Uchatscheff vergab sich gegen die Diener und zuweilen gegen seine Frau. Eines Tages fand Alfred Karla ganz verweint, der Kleine war an dem Morgen be sonders elend, lange saßen der Arzt und Koljas Mutter an seinem Bettchen. „Spielen, spielen!" bat des Knaben schwache Stimme. Karla stand auf und ging hinaus. „Nicolai liebt es, wenn die gnädige Frau die Geige spielt," sagte die Wärterin, „das liebe Lamm schläft dabei ein." Und die Mutter tat, wie das kranke Kind bat. Süß und klagend zogen die Töne der Geige durch das Zimmer, es war ein russisches Wiegenlied, eine rührende Weise. Die Dämmerung kroch über die Welt, das Schmerzens lager des kleinen Knaben wurde vom Zwielicht eingehüllt nur die schlanke Frauengestalt hob sich hell gegen das Fenster ab. Gleich einem müden Vöglein war Nicolai eingeschlummert, Grotenbach stand regungslos da, aus den Saiten der Geige spricht eine menschliche Stimme zu ihm. Plötzlich bricht die Melodie ab. Es war sehr still, die Wärterin war hinaus- aeaangen, die leisen.Vteiyzüge des Kranken wurden hörbar. Aber noch ein anderer Laut schlug jetzt an des Arztes Ohr, ein unterdrücktes Weinen. Da trat er auf die Mutter zu. „Sie sind noch da?" Tiefes Erschrecken lag in der müden Frauenstimme; so versunken war sie gewesen in ihrem Leid daß sie Grotenbachs Anwesenheit ganz vergessen hatte. „Fassen Sie Mut, gnädige Frau," sagte die freundliche Männerstimme, „so Gott will, bleibtJhr Kind Ihnen erhalten." „So hoffen Sie!" ruft Karla zitternd vor Aufregung. „Bei Gvtt ist kein Ding unmöglich," lautet die erste Antwort. „O!" murmelte Karla, „ich will meine Hände wund ringen im Gebet, will nichts persönlich vom Glück erwarten, nur mein Mnd soll mir erhalten bleiben." Sic hat des Arztes Hand ergriffen, der Druck dieser starken, warmen Hand gibt ihr Ruhe, gibt ihr die Hoffnung wieder. „Mein Freund," sagte sie leise und innig. — Grotenbach aber entfernte sich bald darauf. Bisher hatte Alfred noch gezögert, Karla seine Be obachtungen über ihren Mann mitzuteilen. Eines Tages saß der ;unge Doktor mit dem Ehepaar am Frühstückstisch, da ereignete sich wieder ein Austritt, wie er in letzter Zeit oft vorkam; Uchatscheff wurde heftig und vergaß sich so weit, in Gegenwart seiner Frau häßliche Worte gegen den aufwartenden Diener zu gebrauchen. Mit vor Wut ent stellten Zügen schrie und tobte er und fiel schließlich in Krämpfen zu Boden. Mit sanfter, aber energischer Hand schob Grotenbach Karla aus dem Zimmer und bemühte sich darauf um Uchatscheff, den er mit Hilfe des Dieners zu Bett brachte. Lange saß er bei ihm und gab ihm ein be ruhigendes Mittel ein; erst als Uchatscheff schlief, verließ er ihn. „Ich muß es Karla sagen; welche schwere Aufgabe für mich," dachte der mitleidige Arzt. Er fand sie in ihrem Boudoir; dort lehnte sie am Fenster, sehr blaß, mit ineinander verschränkten, bebenden Händen. Etwas Erschrecktes lag in ihren weitgeöffneten Augen, sie brachte kein Wort hervor. Da brachte Grotenbach ihr in schonender Weise bei, daß Konstantins Nerven so zerrüttet seien, daß seine Ueberführung in eine Anstalt unbedingt nötig wäre. Fortsetzung folgt. Die bei unseren Hausfrauen bestens bekannte Firma Bernh. Hühner, Chemnitz, Spezialgeschäft für Waschmaschinen und Bade- apparate, bringt in Holzwaschmaschlnen eine praktische Neuheit unter dem Namen „Rotationsmaschine* auf den Markt. Der beliebte Schwungradantrieb ist ein spielend leichter zu nennen und durch dm sinnreich konstruierten Wäschebeweger wird eine vierfache Bewegung erzielt. Die Maschine arbeitet nach jeder Richtung und zwar auf und ab. rechts und links. Somit ist eine enorme Seifenschaumbildung gewährleistet und für vollkommendste Reinigung, selbst der schmutzigsten Wäsche, wird garantiert. Die Ausführung der Maschine ist eine tadellose und saubere. Zur Fabrikation der Maschine wird nur beste langjährig getrocknete deutsche Eiche verwendet. Dm Vertrieb für hiesigen Platz hat die Firma Bernh. Hühner, Chemnitz, übernommen, ferner zu habm in verschiedenen Geschäften der Branche. «r Usi^I s-«km, Siegln»»- ttvlen 8152886 >6 (R-estLUi-Lllt 8cküt2emnk). Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbrand vom 5. bis II. August IS1I. Geburten: Dem Maurerpolier Otto Guido Hofmann 1 Sohn; dem Materialwarenhändler Karl August Melzer 1 Sohn. Aufgebote: Der Kottonarbeiter Emil Ullrich mit Helene Rudolph, beide wohnhaft in Reichenbrand: der Handlungsgehilfe Oskar Schubert mit Elise Elsa Schulze, beide wohnhaft in Reichenbrand. Sterbefalle: Dem Rundstuhlarbeiter Emil Andreas Penzel 1 Tochter, 8 Monate alt; dem Viehhändler Heinrich Gustav Seifert 1 Sohn. 3 Monate alt; der Strickerin Maria Roma Herrmann 1 Sohn, 4 Monate alt; dem Zimmermann Fürchtegott Otto Weiß 1 Tochter. 5 Monate alt; dem Gutsbesitzer Karl Max Uhlig 1 Tochter. 13 Jahre alt; dem Schlosser Emst Paul Weber 1 Tochter, 1 Jahr alt; der Näherin Marie Pauline verw. Fitzsche geb. Steier 1 Sohn. 3 Monate alt; dem Fabrikarbeiter Richard Gustav Koblischeck, 1 Sohn, 8 Monate alt; der Strickerin Ida Ella Brödner 1 Sohn, 15 Tage alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Siegmar vom 3. bis mit S. August ISN. Geburten: 1 uneheliches Mädchen, dem Handschuhstricker Willy Max Weinhold 1 Sohn; chnn Rvhprobuklenhändler Otto-Richard- Hähnel 1 Tochter: dem Feuermann Wilhelm Heinrich Gräf 1 Sohn; dem Buchdruckereibesitzer Karl Gustav Lange 1 Tochter. Sterbefalle: Emil Erhard Friedrich. 5 Monate alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabeustein vom ä. August bis II. August ISN. Geburten: Dem Expedient Alwin Moritz Müller 1 Sohn; dem Schlosser Alwin Bruno Georgi 1 Sohn. Hierüber 2 uneheliche Kinder. Aufgebote: Der Lagerist Emil Moritz Schuster, wohnhaft in Reichen- brand, mit Elise Blüher, wohnhaft in Ravenstein; der Handschuh, stricker Max Arthur Weiße, wohnhaft in Reichenbrand, mit Anna Eheschlletzungen: Der Maschinenschlosser Ewald Max Freier wohn- Haft in Chemnitz-Kappel, mit Martha Frieda Krämer, wohnhaft in Rabenstein; der Schlosser Alfred Willy Schmidt, mit Elise Lina Thierfelder, beide wohnhaft in Ravenstein. Sterbefülle: Marie Hildegard Pfüller, 4 Monate alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rottluff vom 4. bis 10. August IVII. Eheschlletzungen: Der Fabrikarbeiter Carl Paul Herschel mit Martha Auguste Neubett, beide in Rottluff. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reicheubrmrd. Am V. Sonntag p. Trin. den 13. August r». c. Dorm. Vr9 Uhr Predigtlesegottesdienst. Parochie Rabenftein. Am 9. Sonntag p. Trin.. 13. August, 9 Uhr Predigtgottesdienst mit Beichte und heil. Ab endmahl Pf. Weidauer. 11 Uhr Kindergottes dienst. Pf. Weidauer. Evang. Zünglingsverein: Beteiligung am Kreisfeste in Lhemnitz-Altendorf: i/r'3 Uhr Festgottesdienst. (Predigt: Dereinsgeistlicher ?. Wendeltn, Dresden); Vs5 Uhr Versammlung im Kristallpalast-Schützenplatz. Versammlung 1 Uhr im Pfarrsaal. Ab- marsch V-2 Uhr. Mittwoch den 16. August abends 8 Uhr Zungfrauenverein im Pfarrhause. Pf. Weidauer. — Wochenamt: Pfarrer Weidauer.! Notiz: Infolge einer Kirchturmreparatur, die behufs Entfernung schwammigen Gebälks sich nötig gemacht hat, können die Kirchen- glocken seit dem 6. August bis auf weiteres nicht geläutet werden. Hetten-LjjsterjlWen. Herren-Ailjjjge empfiehlt Id. IlltM388KI'. Ravenstein. Billig ru verkaufen 1 gutgehende HandschuhnShmaschine, 1 Spulrad, 1 Bettstelle mit Mattatze, 1 große Mnderkutsche zum Warenfort. schaffen Siegmar» Aosmarinstt. 40,2 Tr. empfiehlt s Paket (100 St.) für 20 § Llvr-R-urttniL »LNI>«r, Buchhandlung, Rabenftein. Zuverlass. Wachhund verk. 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