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bauer dic Festrede hielt, welche besonders betonte, dass unser Kaiser ein Fricdcnssürst nnd ein Freund der Armen sei, auf deren Besserstellung er unaus gesetzt hinwirlc, ohne indessen dic Anerkennung ans diesen Kreisen zu erlangen. Als nächster Redner trat Herr Bruno Kuh» auf, dessen Worte dem Herrscher unseres Sachse,,- landes galten. Er beleuchtete die schlechte Geschäfts lage in einzelnen Industriezweigen des Landes, knüpfte dic Hoffnung ans Besserung a» ein Eingreifen Sr. Majestät des Königs Georg und wünschte ihm eine lange und gesegnete Negierung. Mit donnernder Gewalt durch den Saal hallende begeisterte Zurufe ehrten dic Herren, welche in trefflicher Weise- mit rhetorischen, Geschick unter Bcnntzung der in, Vorder gründe stehenden Zcitfragcn ihrer Aufgabe gerecht geworden waren. Im weiteren Verlaufe der Feier, dic abwechselnd Musik- und Gesangs-Vorträge brachte, ergriff noch der Vorsitzende das Wort, um des deutschen Vater landes in einem Trinkspruch zu gedenken, »in I Uhr Nachts etwa wurde der offizielle tsiommcrs geschlossen; doch bis in die späten Morgenstunden hielten Musik, Gesang nnd launige Reden die Teilnehmer zusammen, deren sich ei» Frohsinn, eine Fcststimmung höchster Potenz bemächtigt hatte. Etwas Erhabenes, Großes dnrchwobte dic ganze Feier. Wie sollte dies aber auch anders sei», wenn dic Grundpfeiler eines solchen Festes ans heißer Vaterlandsliebe nnd inniger Verehrung unseres macht- gebictcnden, edlen Kaisers sich zusanimciisctzen. Ei» Huldig»,igstclcgran»n an den Allerhöchsten Gefeierten krönte die Festveranstaltungen, dic allen Beteiligten eine angenehme, freudige Erinnerung sei» werden. Rachbarskinder. « Original-Nomcin von Irene v. Hellmuth. (1-1. Fortsetzung.) Aber wieder war eine halbe Stunde vergangen und alles blieb still. Auf der Stirn der alten Dame lag eine finstere Wolke; es waren sicher nnaiigcnehme Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, ja sogar manchmal seufzte sie tief und schmerzlich auf. „Er hat sicher mich und meinen Geburtstag ver gessen, wie er in der letzten Zeit eben alles vergißt," murmelte sic für sich, doch horchte sic Plötzlich gespannt »ach der Türe hin, und ihr ganzes Gesicht hellte sich auf. Draußen erklang ein leichter Schritt, bis zmn Eingang des Zinnncrs hin, dann herrschte wieder Stille. Zögerte der Angckonnncnc einzntrctcii? Frau Linde ließ dic Hände mit den» Strickzeug in de» Schoß sinken nnd lauschte wieder angestrengt, wie vorhin. Eine tastende, „„sichere Hand schien den Drücker nicht finden zu können, deshalb ging die alte Dame, uni zu öffnen. Doch erschrocken prallte sie zurück, denn nicht der erwartete Sohn stand vor ihr, sondern — Eva. Die Beiden maße» sich sekundenlang mit den Blicken, dann wandte Frau Linde sich „fit beinahe verächtlicher Ge bärde ab. „Sic hier?" stieß sie zornig hervor, „das hatte ich allerdings nicht erwartet, — ach, das ist stark! Was wollen Sic eigentlich von mir? Sic möchte» sich wohl weiden an meinem Schmerz? Nun, wenn Sic etwas derartiges beabsichtige», so lassen Sie sich sagen: cs ist Ihnen gelungen, meinen Sohn zu einen, »»glückliche» Menschen zu machen! Er wird vollends in sein Verderben rennen, nnd das ist Ihr Werk! Er ist ein völlig anderer geworden, seit Sie ihn von sich gewiesen! Er findet nicht Ruhe noch Rast mehr und sucht seinen K,»inner im Spiel und bei fröhlichen Genossen zu ersticken. Hätten Sic ihn an jenem Abend gesehen, als Sic ihn forlschicktcn, wie er zu mir kam und schluchzend de» Kops in meine», Schoß barg, vielleicht hätte» Sic doch ein wenig Mitleid mit dem Armen gehabt. Doch wem sage ich dies alles?" unter brach sic sich mit grenzenloser Bitterkeit. „Sic wußten wahrscheinlich selbst, daß cs soweit mit ihm kommen würde. Weshalb lockten Sic meinen Sohn in Ihre Netze? Weshalb kokettieren Sic mit ihm und ließen ihn glauben, daß seine heiße Liebe erwidert würde? Ilm ihn nnd mich elend z» machen? Was habe ich, was hat mein Sohn Ihnen getan, daß Sic ei» so grausames Spiel trieben? Ist er nicht der Besten einer? Bi» ich Ihnen nicht stets mit Liebe entgcgcn- gckonnncn, ja, ich gestehe cs, Sie hatten auch mich cinznncbmcn gewußt, ich habe Sic lieb gehabt, doch — das ist nun vorbei!" Dic beleidigte, erzürnte Mutter stand hoch anfgc- richtct vor dem bebenden Mädchen, das wie abwehrcnd dic Hände erhob. Hätte dic alte Dame sich nicht völlig von ihrer Entrüstung sortreißcn lasten, dann wäre ihr sicher der bittere, schmerzliche Zug i» Evas Gesicht ausgefallen. Aber dic Erbitterung, in der sie sich hineingcrcdct, machte sic blind gegen alles, was um sic her vorging. Daher bemerkte sic auch nicht, wie Evas Augen bittend an den ihrigen hingen, wie das Mädchen mehrmals den Mund öffnete, »in etwas zu sagen, und doch nichts hcrvorbrachtc. „Ich konnte cs nicht länger ertragen, daß Sie mein Beginnen so falsch beurteilten," klang cs endlich zögernd von den bleichen Lippen Evas. „lind welche andere Beurteilung ließe denn Ihre Handlungsweise „och zu?" rief Frau Linde hohnvoll. „Könnte Ihre», Tun etwas anderes zu Grunde liegen, als eitle Koketterie? Sie fesseln einen jungen Mann an sich, lasse» ihn ahnen, daß er geliebt werde, — nnd da er Sic begehrt, da er um Liebe bettelnd vor Ihnen steht, heißen Sic ihn gehen! »nd nun wagen Sic cs auch noch, zu mir, seiner Mutter, zu kommen? O, Sie haben Ihre Rolle gut cinstudicrt, eine Schau spielerin könnte von Ihnen lernen! Aber mit dem heuchlerischen Wesen täuschen Sie mich nicht mehr, versuchen Sic bei anderen Leute» Ihr Glück! Und nun, — gehen Sic, wir beide haben uns nichts mehr zu sage». Ich erwarte jeden Augenblick meinen Sohn, wenn er kommt, soll er Sic nicht hier sehen, — das würde ihn nur aufs neue errege», — deshalb, — gehe» Sic!" „Ich bitte, — ich beschwöre Sie, hören Sic mich an, ehe Sic mich verdammen, ich — kan» so nicht weiter leben!" flehte Eva. Doch die sonst so gütige Frau blieb hart und streng. „Ich will gar nichts hören!" bcharrte sie, jedes Wort scharf betonend. Eva ließ die bittend erhobenen Hände sinken. Ein trostloser Ausdruck lag ans den, bleichen Gesicht. Langsam wandte sie sich um und schritt hinaus, mit gesenktem Kovf. Als sich die Tür hinter der schlanken Gestalt ge schlossen hatte, schien es einen Augenblick, als wollte die alte Dame sic zurückrufcn, doch sank sic wie kraft los in ihre» Stuhl am Fenster und starrte trübe vor sich hin. wie in tiefe Gedanken verloren, Drüben auf der Straße trat Eva mit wankenden Schritte» ins Haus. — Währenddem saß Doktor Linde bei de» neu ge wonnenen Freunden am Spieltisch. Tagtäglich konnte man ihn hier finden. Sters war er einer der Lautesten unter den Genossen, es schien, als suchte er schwere Gedanke» durch die eigene Stimme zu betäuben. Immer spornte er die andern zu noch höheren Ein sätze» a», dabei sprach er dem feurigen Wein eifrig zu. Sein Gesicht war heute ungewöhnlich stark gerötet, die Augen irrte» unstät von einem zum andern, zu weilen fuhr er mit rascher Bewegung durch das dichte Haar. Sein Freund Fritz Engelhardt, der ihn »nans- gcsctzt beobachtete, trat ganz nahe zu ihm heran »nd berührte leicht seinen Arm. „Laß uns fortgchc», es ist genug für heute," bat er nnd versuchte ohne weiteres seinen Arm in den Sigmunds zu schieben. „Was fällt Dir ein?" brauste dieser heftig ans. „Bin ich ein Schuljunge, de» man zu Bett schickt, wenn man dic Zeit für gekommen erachtet? Laß mich, — was soll Dein finsteres Gesicht? Komm, wir wollen anstvßcn! — Prosit! Alle schöne» Mädchen unserer Stadt sollen leben, — hoch!" Begeistert stimmte» dic anwesende» junge» Herrn in den Ruf ein. Nur Fritz Engelhardt blieb st»»»». Während dic andern lachten, plauderten, scherzten und — tranken, während die Köpfe sich mehr und mehr erhitzten, saß er ganz allein an einem der Scitcntischc. „Ich dachte gar nicht, daß Sic so vergnügt sein könnten," meinte einer der neben dem Doktor Sitzenden. „Oh, Sic solle» mich kenne» lernen", lachte dieser; doch das Lache» hatte etwas Gezwungenes, Krampf haftes, cs konnte einem beinahe wehe tun. „Lustig will ich sein," fuhr er dann in demselben Tone fort. „Mein Freund Fritz Engelhardt sagte erst kürzlich zu mir, daß das Leben so schön sei. Nun denn, laßt cs uns genießen, so lange wir noch jung sind, stoßt an, liebe Kameraden, cs lebe dic Liebe, die Freude, dic Lust!" — — Wieder trank er in gierigen Zügen, seine Hände griffen nach de» Karten nnd wieder begann das Spiel, eifriger denn zuvor, »nd immer lustiger wurde Doktor Linde, immer lauter klang seine Stimme. Aber diese ausgelassene Fröhlichkeit war der Wintcrsonnc ähn lich, dic ihre Strahlen ans den gefrorenen Boden sendet. Sic ist da, sic scheint hell und blendend, aber sic wärmt nicht, man friert trotzdem. Fritz Engelhardt sagte sich, daß sein Freund etwas schweres erlebt haben „mßtc, weil das ganze Be nehmen desselben so völlig verändert war. Er suchte Zerstreuung, das war klar, aber daß er sie hier bei diesem Spiel suchte, das konnte ihm gefährlich werden. Der junge Rechtsanwalt bereute cs in, tiefsten Herzen, den »ncrsahrcncn Freund hierher geführt zu haben, »nd nun sann und grübelte er unablässig darüber „ach, wie er es anstelle,, sollte, den Doktor von hier sorlznbringcn. Endlich schien ihm das Schicksal selbst helfen z» wollen, »ntcr der Türe des KlubzinnncrS erschien eine hohe Männergcstalt, — der Ingenieur Hans Kloßmann. Gewöhnlich stand Doktor Linde ans, sobald jener ei,»rat, und entfernte sich. Daß dic beide» jungen Männer sich feindlich gegcnüber- standcn, wußte man längst anS gelegentlich hingcworsencn Acuftcrnngen des einen oder des anderen. Fritz Engel hardt atmete auf; er glaubte, der aufs äußerste erregte Freund würde nun ganz von-selbst das Lokal verlassen. Aber zur Verwunderung aller geschah heute das Un gewöhnliche: Kloßnian» hatte neben Doktor Linde einen leeren Stuhl erblickt »nd, anscheinend mit größter Seelenruhe, darauf Platz genommen. Nur ein scheuer, forschender Seitenblick streifte das erregte Gesicht des Doktors, der Miene machte, aufznstchen. Kloßmann berührte leicht den Arm seines Nachbars. „Weshalb meiden Sic »sich eigentlich so auf fallend?" flüsterte er ihm ins Ohr. „Es ist ja gar kein Grund dazu vorhanden?" (Fortsetzung folg». Nachrichten des K. Standesamtes zu Rcichcubraiid vom 23. bis 21». Januar 1K04. Geburten: Dem Klempner Ernst Richard Lorenz in Siegmar 1 Knabe; dem Ziegeleiarbeiter Karl Ott in Siegmar 1 Knabe; dem Schulimachermeister Max Otto Grüner in Siegmar 1 Knabe; dem Handschuhfabrikant Ferdinand Otto MattheS in Reichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Vakat. Eheschließungen: Bakat. Sterbcfälle: Dem Strumpfwirker Max Theodor tthlig in Reichenbrand 1 Tochter, 3 Monate alt; der Strumpfwirker Karl Ferdinand Lasch in Reichenbrand. 75» Jahre alt; der Gutsbesitzer Trangott Friedrich Neubert in Reichenbrand, 62 Jahre alt. Lrpeditionszeil des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, nnd 2—6 Uhr nachm. Sonntags: '/»I2—12 Uhr vorm. «ur zur Entgegennahme von Totgeburtöanzeigcn. Nachrichten dcö Kgl. Standesamtes Rabcnstci» vom 22. bis 2V. Januar 1001. Geburte»: 1 Sohn dem Schneidermeister Friedrich Hermann Rurich in Nabcnstcin. 1 Tochter dem ans. Strumpfwirker Emil Otto Schmidt in Nabcnstcin; dem Kaufmann Michael Georg Alexander HanSke in Nabcnstcin. Eheaufgebote: Der Brauer Franz Hermann Goller in Zwickau mit Nora Toni Ehrlich in Nabcnstcin. Eheschließungen: Keine. Sterbefälle: Der Strumpfwirker und Jnvalidcnrcntner Franz Julius Georgi in Rabenstein, -18 Jahre alt; der Maschinensabrikschlcifcr und Jnvalidcnrcntner Johann Emil Nabe in Ravenstein, 86 Jahre alt. 1 Sohn dem Geschirr, füh.er Wenzel Wilfling in Rabenstein, I Monat alt. I Tochter dem Bäcker Max Arthur Reichel in Ravenstein, 6 Monate alt. Zusa m m en: 8 Geburten und zwar 1 männl- und 2 wcibl. 1 Ekcaufjlebot. — Eyeschltesnmg. -1 Sterbefälle und zwar 3 männl. und 1 weibl. Heschäslszeil. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm. Sonntags: 11—12 Uhr vorm, nur zur Entgegennahme von Totgeburtöanzeigen. Kirchliche Nachrichten. Parochic Ravenstein. Ilm Sonntag Septuagesiina de» 31. Januare. vorm. 9 Uhr PredigtgotteSdicnst. WllllklUsllWkttjlt Rabciiftcin. Heute Abend Punkt 9 »hr Sing stunde i», VcrcinSlokal. Zahlreiches Erscheinen dringend „vtwcndig. Morgen Sonntag den 31. Januar findet Kommers »nd Ball des Brndcr- vcrcins „Licdcrkrcis" in, goldene» Löwen statt, wozu alle aktiven „nd passiven Sänger mit ihre» werten Frauen cin- gcindcn werden. Vcrcinszcichcn sind anznlcgen. Per Vorstand. Frisch cingetroffcn: Feinster frischer Jtttl. Angelschellfisch nnd Kabeljau und empfiehlt solchen billigst Li»il Siegmar. Ecke Nosmarinstr. Schäferhund entlaufe»». Reichenbrand, Pelzniühlenstr. 476. Eine Frau oder rin Mädchen zu leichter Handarbeit sucht 0. IRsollor Mllsr, Reichenbrand. Eine Waschfrau sucht Frau C. Theodor Müller, Reichenbrand. ff. Heidelbeerwcin, „ Himbeerwein, „ Apfelwein, „ Erdbeerwein, „ Wachholdersaft, . „ Himbeersaft und frisches Spciseleiiröl ist stets zu haben bet lisrl llkgentisplN, Reichenbrand.