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blauer Himmel, strahlte wärmend und leuchtend die Sonne des Südens, und ein leiser Seewind brachte willkommene Kühle. Tausende von Vögeln, Möven und andere Meer- Vögel, bevölkerten den vielfach zerklüfteten Felsen, in den Gebüschen flatterten buntgefiederte Kolibris und auf den Palmen wiegten sich schreiend die Papageien. Ein paradiesischer Aufenthalt schien es zu sein, und doch war nirgends eine menschliche Wohnung zu entdecken. War diese Insel den» ganz unbekannt? Das war nicht anzunehmen, nachdem die Südsee nach allen Richtungen hin durchforscht war. Wahrscheinlicher war es, daß der Raum zu geringfügig für menschliche Wohnungen war, oder daß das Jnselchen zu weit ablag von dem gewöhnlichen Kurs der Schiffe. Denn so weit man auch den Blick hinaus schweifen ließ auf das Meer, — nur der Ozean breitete sich in endloser Bläue aus, in dem sich der wolkenlose Himmel wiederspiegelte. Grete ward nicht mutlos. Sie sann darüber nach, ob man sich doch nicht lieber wieder dem Boot anvertrauen sollte, um zu versuchen, in die Nähe bewohnter Stätten zu gelangen. Mit Ausnahme der gelegentlich und selten auf tretenden Wirbelstürme herrschte in diesen Breiten fast stets gutes Wetter, führte doch das Meer davon seinen Namen: „Der Stille Ozean". Sie studierte die Karte, welche sie mitgebracht hatte, und kam zu dem Schluß, daß das Jnselchen wohl zu der Gruppe der Mitchell-Inseln gehören könnte, welche allerdings selten von den Schiffen angelaufen wurden. Sie lagen abseits von dem gewöhnlichen Schiffswege nach Tahiti und den Freundschaftsinseln und waren zu un bedeutend, um das Anlaufen zu lohnen. Aber vorläufig konnte sie nicht daran denken, Reimers und seine Frau zum Verlassen der Insel zu bewegen. Die beiden fühlten sich scheinbar ganz zufrieden. Aus einigen Stangen, dem Segel, mehreren Decken und großen Bananen-Blättern stellten sic eine kleine Hütte her, welche für Grete und Marie zum Schlafraum dienen sollte. Reimers selbst behalf sich mit einer Decke, die er unter einem breitästigen Baum ausbreitete. Das Klima war so mild, daß es keiner großen Schutz- maßregeln selbst für die kühler werdende Nacht bedurfte. So verlebte man einige ruhige, idyllische Tage. Aber allmählich bemächtigte sich Reimers und seiner Frau doch einige Unruhe. Die Nahrungsmittel begannen auf die Neige zu gehen. Man mußte schon zu den Eiern der Vögel und den Früchten des Waldes seine Zuflucht nehmen. Außerdem mangelte es an einer ausreichenden Beschäftigung. Tag über am Strande sitze» und dem Spiel der Wellen zuschauen, das wurde ihnen bald langweilig. Sie konnten sich nicht mit ihren eigenen Gedanken beschäftigen, wie Grete, die von ihren Erinnerungen zu lebhaft in Anspruch genommen wurde, um Langweile zu empfinden. Außerdem hatte sie ein Tagebuch begonnen, in dem sie nicht nur ihre Erlebnisse der jüngeren Zeit, sondern auch ihre Gedanken und Empfindungen eintrug. Reimers ging mit mürrischem Gesicht umher. Einige male war cs sogar zwischen ihm und seiner Frau zu recht heftigem Gezänk gekommen. Grete sah, daß ein längerer Aufenthalt auf dieser einsamen Insel ihnen allen zum Ver derben gereichen mußte. „So geht es nicht weiter, Reimers," sagte sie zu diesem, nachdem er sich wieder einmal mit seiner Frau um eine Kleinigkeit entzweit hatte. „Wir wollen von hier fort." „Ja, das ist leichter gesagt, als getan," entgcgnete er mißmutig. „Haben wir nicht unser Boot?" „Freilich, aber wohin sollen wir uns wenden? Es ist keine Kleinigkeit, sich in einer solchen Nußschale auf den Ozean hinauszuwagen, wenn nirgends Land zu sehen ist." „Ich bin jetzt so weit orientiert," entgcgnete Grete furchtlos, daß ich glaube, die nächsten bewohnten Inseln erreichen zu können. Wir dürfen nur unsern Kurs nach Westen nehmen, dann müssen wir in einem Tage oder mindestens in zwei Tagen auf bewohnte Inseln stoßen." „Gut, wir wollen es versuchen. Hier mein ganzes Leben zu vertrauern, dazu habe ich wahrhaftig keine Lust. Nur müssen wir bis morgen warten. Die Wolken dort im Süden gefallen mir nicht." „Sie haben recht. Es scheint ein Gewitter im Anzuge. Wir wollen also ruhiges Wetter abwarten. Inzwischen sorgen wir, so gut es geht, für genügenden Proviant." „Ich werde eine Ladung Kokosnüsse und Bananen ein nehmen," sagte Reimers. Dann rief er seine Frau, und beide begaben sich in das Gehölz auf die Suche nach neuen Früchten. Grete blieb allein am Strande zurück. Ihr Blick ruhte gedankenvoll auf dem kleinen Boote, das, an einem Seil befestigt, sich leise auf der blauen Flut wiegte. Das kleine, im Vergleich zu dem unendlichen Ozean so winzige Fahrzeug war ihr einziges Rettungsmittel aus dieser erdrückenden Einsamkeit. Das kleine Ding sollte sie viel leicht über Hunderte von Meilen tragen, über den Abgrund des Meeres, durch Windstille und Stürme, in ihm lag ihr Leben, ihre Zukunft. Grete besaß ein mutiges Herz und einen starken Willen. Die Rettung mußte versucht werden. Grete begab sich in das Zelt, um die Vorbereitungen für die Abfahrt zu treffen, indem sie ihre wenigen Habseligkeiten, die sic vom Schiffe mitgebracht hatte, zusammenpackte. Ein Windstoß sauste durch die Kronen der Palmen und ließ das Meer schäumend den niedrigen Strand überfluten. Mit rasender Eile zog das Gewitter heran. Die Palmen bogen sich unter der Wucht des Sturmes, das Meer brüllte laut, prasselnd stürzte der Regen nieder. Grete verbarg sich in der Hütte. Reimers und Marie waren nicht zurückgekchrt. Sie halten wohl im Walde zwischen den Felsen eitlen Unter schlupf gefunden. Aber ebenso rasch, wie das Gewitter gekommen war. zog es vorüber. Nach einer Stunde strahlte schon wieder der wolkenlose blaue Himmel auf die Sec und die einsame Insel nieder, und nur das stärkere Tosen des durch den hestigen Wind aufgewühlten Meeres gab noch Zeugnis von dem vorübergebrausten Sturm. Grete trat vor die Hütte, um nach Reimers und Marie Ausschau zu halten. Ihr Blick schweifte unwillkürlich auf das sturm- durchwühlte Meer hinaus. Da, — was war das? Sie fühlte, wie sie wankte, nur mühsam hielt sie sich aufrecht, — da sah sie, weit draußen, jenseits der kleinen Bucht, ihr Boot, — ihr einziges Rettungsmittel, auf den bewegten Wogen hin und her schaukeln. — Sie flog zum Ufer. — Ein lauter Schrei entfuhr ihren Lippen. Die Wellen hatten den Pfahl, an dem das Boot befestigt gewesen, und der Wohl schon morsch war, aus der Erde gerissen und das Boot selbst mit hinausgetragen auf die hohe See. — Grete sank auf die Knie und streckte verzweiflungsvoll die Hände nach dem immer weiter sich entfernenden Boote hinaus. Ihre letzte Hoffnung auf Rettung war dahin! 16. Kapitel. Scharf ja das Auge in die Ferne schaut: Schiss ahotl Schiff ahoi! schallt es laut. Zurück! dann tönt es hell und klar: Schiff ahoi! Vorüber die Gefahr. Die „Helene", der Kutter des Herrn Wefcrling, war ein tüchtiges kleines Fahrzeug, das, nach Art der englischen Jachten gebaut, schon manche weite Seefahrt unternommen hatte. Es flog mit seinen großen, geblähten Segeln gleich der Seeschwalbe über die Wellen dahin. Es vermochte auch infolge seiner festen Bauart und seines starken Kiels manchem Sturm zu trotzen. Es war eine Lust, mit ihr über den blauen Ozean zu fliegen, und Henning atmete ordentlich auf, als ihn wieder die frische Seebrise umfächelte. Auch Weferlings gute Laune kehrte zurück, und seine gutmütigen Scherze vermochten sogar auf Hennings ernstem Gesicht ein Lächeln hervorzulocken. DieZuverstcht, daß man die „Nymphe" wiederfinden werde, kehrte zurück, da man auf den ver schiedenen Inseln, die man anlief, keine Nachricht von dem Scheitern derselben erhielt. Irgendwelche Spuren hätte man doch finden müssen, und so war Hoffnung vorhanden, daß die „Nymphe" doch den Sturm Überstunden und sich in einem sicheren Hafen gerettet hatte. Man hatte die Ducie- und Pilcaion-Jnseln angelaufen. Man hatte die „niedrigen Inseln" durchsucht und war fast bis Tahiti gekommen, ohne eine Spur der „Nymphe" zu entdecken. Man sprach mehrere Schiffe an, aber weder Mannschaft noch Kapitän wußten Nachricht zu geben. Jetzt befand man sich auf dem Rückweg und wollte nun mehr südlichen Kurs nehmen, um mehrere Inselgruppen in diesem Teile der Südsee zu besuchen. „Wenn wir da nicht auf das Schiff treffen," sagte Wcferling, „dann kann es nur nach der südamerikanischcn Küste zurückgekchrt sein." „Falls es nicht auf dem Grunde des Meeres ruht," entgcgnete Henning traurig. „Ich denke, wir hätten wenigstens die Trümmer gefunden," tröstete Wcferling. „Die Flut wirft die Wrackstücke stets an die Ufer der Inseln. Lassen Sie den Mut nicht sinken, lieber Bahnsen! Bis hierher ist die „Nymphe" jedenfalls nicht gekommen, sonst müßten wir irgendeine Nachricht von ihr erhalten haben. Also Mut und Hoffnung! Solange man lebt »nd atmet, soll man nicht verzagen!" Henning nickte zur Antwort nur mit dem Kopfe. Er war dankbar für den ermunternden Zuspruchs Weferlings, aber er vermochte keine Hoffnung mehr zu hegen. Traurig und i» sich gekehrt, saß er vorn im Bug des Kutters und sah teilnahmslos auf die blaue See hinaus, die in breite» Wogen heranrollte, schäumend sich überstürzte und in un endliche Fernen zu entschwinden schien. Er träumte. Und unwillkürlich schweiften seine Träume zur ferne» Heimat an den grünen Strand der Nordsee zurück. Er sah in den Fenstern des kleinen Elternhauses, von dessen Tür man einen weiten Blick auf die Nordsee genoß, die abendliche Sonne blinken, er hörte das Brausen der Brandung, das Rascheln des Windes in dem trockenen Seegras, er vernahm das Läuten der Kirchenglocken in der nahen Stadt, — und weh mütige Sehnsucht nach der fernen Heimat schlich sich in sein einsames Herz. Da war es ihm, als erhebe sich vor ihm eine schlanke, hagere, schwarzgekleidete Fraucngestalt, deren traurige Augen fest und ernst auf ihn gerichtet waren. Er erkannte die Erscheinung, unwillkürlich streckte er die Arme nach ihr aus und rief: „Mutter!" Da erhob sie ihre Hände, wie um ihn zu segnen. Um ihre Lippe» schwebte ein gütiges Lächeln, dann war sie verschwunden. Er atmete schwer. Hatte er geschlafen? Geträumt? Oder war ihm seine Mutter wirklich erschienen? Verwirrt blickte er um sich. Da sah er in das lächelnde Gesicht Weferlings. „Na, Sie haben eben ein Nickerchen gemacht," sprach er. „Was hat Ihnen denn geträumt? Sie haben im Schlaf gesprochen." „Ich habe geträumt? Und sah sie doch so deutlich!" „Wen haben Sie gesehen?" „Meine Mutter!" „Wissen Sie, lieber Freund, das ist ein gutes Zeichen! Wenn man seine Mutter im Traume steht, kann das nur Glück bedeuten." „Oder einen letzten Abschiedsgrub!" „Hegen Sie doch nicht so schwere Gedanken! Na, Theising, was gibts?" „Ja, ja, — ich weiß nicht, ob ich meinen alten Augen noch ganz trauen darf, aber cs ist inir, als ob ich da im Süden ein Segel sehe. Es ist auch so merkwürdig, — es bewegt sich nicht von der Stelle!" „Wo habt Ihr das Segel gesehen?" — Theising be zeichnet! die Stelle und Wcferling richtete sein Glas darauf. „Hm," meinte er dann, „ein eigentümliches Segel! Da, Bahnsen, schauen Sie einmal nach. Sie sind ein erfahrener Seemann »nd wissen das besser zu beurteilen, als ich." Henning schaute lange durch das Glas, dann sagte eff: „Mir scheint es mehr eine Flagge zu sein, die auf einem erhöhten Gegenstand gehißt ist." „Mag es sein, was cs will," entgcgnete Wcferling, „wir wollen darauf zuhalten, um zu sehen, was es zu be deuten hat. Soviel ich weiß, befinden wir uns in der Nähe der Mitchell-Inseln. Also, Theising, Kurs auf das weiße Ding zu!" Der Kutter lenkte nach Süden ab und flog jetzt nur so dahin vor der neuen Ost-Brise. Wcferling und Henning beobachteten unausgesetzt das vermeintliche Segel. Nach einer Weile sagte der letztere: „Ich bin jetzt meiner Sache gewiß, es ist eine Flagge, und da, — jetzt können Sie es deutlich sehen! — Sie ist auf der Spitze eines Felsens angebracht!" „Ich sehe es genau. Was kann das nur zu bedeuten haben?" „Es scheint ein Notsignal zu sein." — „Bahnsen? — Von Schiffbrüchigen?" „Vielleicht?" „Wenn cs die Leute von der „Nymphe" wären?" Hennings Herz klopfte stürmisch. Sein Auge starrte nach dem weißen Klaggenzeichen, das sich von Minute zu Minute deutlicher vom Himmel abhob. Er vermochte kein Wort zu sprechen. „Theising, laßt alle Segel setzen!" rief Weferling. „Kurs direkt auf den Felsen zu! Ihr seht ihn doch?" „Ja, Herr!" „Also vorwärts!Z— Vorwärts!" Die Wellen schäumten hoch aus am Bug, so rasch flog der Kutter dahin. Der Wind fauste im Takelwcrk und füllte die Segel, als ob sie zerplatzen sollten. Aber alles an dem kleinen, tapferen Kutter war fest und neu. Weserling wußte, was er ihm zumuten konnte, und so ließ er alle Segel in ihrer vollen Breite entfalten, daß der Kutter gleich einem Schwan mit windgeschwellten Fittichen dahinglitt. Henning beobachtete unausgesetzt mit dem Glase vor den Augen den Felsen und die Weiße Flagge. Seine Hände zitterten vor Aufregung. Gewaltsam zwang er sich zur Ruhe. „Es sind Menschen auf der Spitze des Felsens, — sie haben uns bemerkt, — sie winken mit den Tüchern, — mein Gott, — zwei Frauen sind dabei!" Das Fernrohr entsank seinen Händen. Weferling hatte es ergriffen. „Sie sind es! — Bahnsen, — ich glaube, sie sind es!" schrie er. „Hurra! Wir haben sic gefunden! Gebt ihnen ein Signal! Die Flagge aufgezogen, damit sic sehen, daß wir sie bemerkt haben!" Die Flagge flog empor. Von dem Felsen her antwortete ein heftiges Winken mit Tüchern. Immer mehr näherte sich der Kutter dem einsamen Fclseneiland, das deutlicher stets aus den Fluten hcrvortauchte. Es war in der Tat die kleine Insel, auf der Grete mit ihren Gefährten eine Zuflucht gefunden hatte. Schreckliche Tage hatten sie ver lebt, seit die Wellen ihr kleines Boot soitgcführt. Reimers geberdete sich anfangs wie toll; er wälzte sich auf der Erde, er schrie und tobte, sodaß Grete sich in ihr Zelt zurückzog, um nicht Zeuge dieser Raserei sein zu müssen. Marie weinte und starrte verzweiflungsvoll dem entschwundenen Boote nach. Als sich der Schmerz der Enttäuschung bei Reimers etwas gelegt hatte, trat Grete zu ihm, indem sie ernst be gann: „Ich hätte nicht geglaubt, Reimers, daß ein Mann so ganz und gar den Kopf verlieren könnte." Reimers schämte sich vor dem ernsten Mädchen. „Ver zeihen Sie mir, Fräulein Evarsen," bat er. Aber das Unglück kam zu Plötzlich. Was fangen wir nun an?" Wir richten uns so gut als möglich ein. Vielleicht fährt doch ein Schiff vorbei." „Da können wir lange warten." „Nun, wir leiden hier vorläufig keine Not. Nur die Zeit wird entsetzlich langsam vergehe». Aber es gibt da allerlei zu tun. Wir errichten eine festere Hütte, wir fischen und sammeln Früchte. Ihr sollt sehen, cs wird gehen, nur darf man nicht verzagen!" Marie seufzte. „Er ist so ungeduldig. Er ist eben an die Arbeit gewöhnt." „Sie sind gut, Fräulein Ewarsen," sagte Reimers be schämt. Besser und stärker als ich. Ich will alles tun, was Sie verlangen." „Nun, so wollen wir sogleich mit unserer Arbeit an- fangcn," fuhr Grete fort, die uns vielleicht zu unserer Rettung dieuen kann. Wir haben da noch ein Stück Segel tuch. Wir wollen es auf die Spitze des Felsens als Flagge auspflanzen, so daß cs weithin zu sehen ist. Vorüberfahrende Schiffe werden dann hierher steuern, um zu sehen, was das Zeichen bedeuten soll." Reimers war hocherfreut über diesen Vorschlag. Seine rege Phantasie malte sich schon aus, wie ein Schiff ihr Stot zeichen bemerken und an der Insel anlaufen würde, um sie aufzunehmen. Er machte sich gleich an die Ausführung der Arbeit. Der Aufstieg zum Gipfel des Felsens war mühsam genug. Aber endlich war die Höhe erreicht. Eine Stange wurde errichtet und binnen kurzer Zeit flatterte das weiße Segel im Winde, ein weithin sichtbares Zeichen. Tagsüber hielt einer von ihnen stets Wache bei diesem Zeichen, um etwa nahenden Schiffen Winke geben zu können. Doch Tage verstrichen, ohne daß sich ein Schiff sehen ließ. Nun saß Grete auf dem Gipfel des Felsens und sah aufmerksam auf das Meer hinaus. Das Fernglas, das sie vorsorglich mitgenommen hatte, lag auf ihrem Schoße, und oftmals durchsuchte sie mit dem Glase den Horizont, ob sich nicht ein Segel zeigen wollte. Der Mut drohte ihr oftmals zu sinken, aber mit der ganzen Entschlossenheit ihres Charakters hielt sie sich aufrecht. Sie wollte den anderen nicht das kleinste Zeichen von Schwäche merken lassen. Und es gelang ihr auch, den Mut und die Hoffnung in den Herzen ihrer Gefährten lebendig zu erhalten. Plötzlich war es ihr, als wenn weit hinten ani Horizont ein weißes Segel aufblitztc. Oder waren es nur die Silber schwingen eines großen Seevogels? Sie richtete das Glas auf den Punkt, — freudige Hoffnung schwellte ihre Brust, es war ein Segel, cs war ein Schiff, das mit raschem Kiel die blaue See durchfurchte. Sie rief ihr Gefährten und zeigte ihnen das Segel. Reimers jauchzte laut auf. Dann ergriff er ein Tuch und schwenkte es wie wahnsinnig in die Luft. Er schrie und winkte immerzu, bis ihm Grete begreiflich machte, daß das Schiff »och viel zu weit ent-