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29. April 1904. Man nimmt Kenntnis von einer Verfügung der König!. Amtshatiptmatinschast, Ncttnngs- und Kranken transportwesen betr. Der fertiggestetltc Bebauungsplan wird genehmigt und soll nunmehr an die Vorgesetzte Behörde eingc- reicht werden. Zn einem Bangesnch wird znstimmendc Ent schließung getroffen. Die für die ausgeschriebene Schutzmannsstcllc ein- gcgangcncn Bewcrbnngsgcsnche werden dem Finanz- anSschussc zur Prüfung uberwiesen. Den Beschlüssen des Sparkaffcnansschnsscs über Ausleihung von Sparkassengcldcrn stimmt man zu. Nachbarskinder. "»K:» Original-Roman non Irene v. Hellmuth. (2-1. Fortsetzung). Ohne di,: Antwort ihres Gatten abzuwarten, eilte sie fort. Sic reichte ihm auch nicht wie sonst die Hand zum Abschied, sondern begnügte sich damit, ihn, znzuincke». Er trat ans Fenster und sah ihr nach, bis sie in ihrem Eltcrnhausc verschwunden war. Bitter auf- lachend, warf er sich so heftig in einen Sessel, daß das zierliche Möbel in allen Fugen krachte. „Da soll man nun arbeiten!" mnrmcltc er, „sie hat dafür gesorgt, das, cs für heute gründlich damit vorbei ist." Dann säst er eine Weile sinnend nnd grübelnd — es war ganz still im Zimmer. Nach etwa einer Biertclstnnde vertauschte er den bequemen Hausrock mit einem Jackett und nahm seinen Hut. „Wenn jemand »ach mir fragen sollte — ich bin bei meiner Mutter drüben," rief er dem Dienstmädchen zu, das heimlich verwundert den Kopf schüttelte. „Merkwürdig," brummte die Küchenfee dann, „ver liebt sind die zwei schon gar nicht mehr ineinander. Sie geht zu ihrer Mutter, er zu der seinen. Wenn ich meinen Fritz einmal heirate, wir gehen dann immer zusammen aus. Na, mir kanns recht sein, es gibt hier wenigstens nicht viel Arbeit, das ist die Haupt sache." Damit setzte sic sich im Salon ans den Plüsch divan und machte cs sich so bequem als möglich. Zn tun hatte sie gerade nichts, »nd da nickte sie ei» wenig ein. Sigmund säst inzwischen in dem behaglichen Stüb chen seiner Mutter. Er sah sehr blaß aus, und die alte Frau loutztc auch gleich, dast ihm etwas Un angenehmes passiert war. „Was fehlt Dir denn, mein Junge?" fragte sic »nii schon zum zweiten Male, „ich sehe, Du bist ver stimmt, also beichte einmal. Mir kannst Du alles sagen," fuhr sie ausgcmnntcrl fort, immer die Augen ans sein finsteres Gesicht gchcstct, „ich bin Deine beste, treueste Freundin. Hat es etwas mit Hilda gegeben? Nun, ihr darfst Du nicht gleich alles übel nehmen. Schau, sie ist noch so jung und dazu ei» wenig falsch erzogen. Du liebe Zeit, so ein einziges Töchterche» ist innner der Abgott von Bater nnd Mutter, und alle Fehler werden da als Tugend angesehen! Wenn ich erst bei Euch wohne, dann fall kein Mistverständnis mehr Vorkommen! Weißt Du, ich freue mich ordentlich darauf, Hilda ein wenig zu erziehen. Und wenn mir der liebe Gott noch die Freude erleben läßt, dast ich ein Enkelkiudchcn auf meinem Schostc wiegen darf, dann — will ich nichts mehr!" Sic nickte dem Sohne liebreich zu, doch sein Ge sicht hellte sich nicht auf. Unmöglich konnte er der Mutter erzählen, ivic lieblos Hilda von ihr gesprochen, er zermarterte sein Hirn, was er Vorbringen sollte, cs wollte ihm nicht die kleinste Lüge einsallcn, er starrte mir innner vor sich hin. „Geh', Du närrischer Gesell, mit Dir ist heute schon gar nichts zu reden," ries die Mutter, und klopfte dem jungen Mann scherzend ans die Schulter. „Wo ist den» Hilda?" „Be! ihren Eltern natürlich," cntgcgnetc er gereizt. „Höre, Sigmund, Du sollst Dein Frauchen nicht so oft nach Hanse lassen," fuhr sie fort, „was zwischen Eheleuten vorfällt, braucht nicht weiter ausgctragen zu werden, und wäre cs auch nur zu den Eltern. Ihr macht das an, beste» unter Euch allein aus, da hinein soll sich kein Dritter mischen, geht auch keinen sonst was an." Er lachte wiederum laut und bitter auf. „Wenn die Mutter meiner Frau so klug und vernünftig wäre, wie Du, dann dürfte ich Hilda ge trost zu ihr gehen lasten, — aber so, — es ist doch rein Zinn Tollwcrden! Die alte, - dumme, —" er stockte, — offenbar konnte er den rechte» Ausdruck nicht finden, — „ihre Mutter hetzt ineine Frau ab sichtlich gegen mich auf! Wer weist, was sie jetzt wieder zusammen tratschen mögen!" Er begleitete seine Rede mit einer Gebärde des Abscheus. „Geh' jetzt hinüber und hole Dir Dein Frauchen," riet die Mutter eindringlich, „zu Hause kocht Ihr Euch ein Theechcn, nachher komme ich ein wenig hin über und stelle Hilda die Sache vor. Du wirst sehen, cs gibt einen ganz gemütliche» Abend." Er schüttelte trübe de» Köpf, als glaube er dieser Propheieihung sehr wenig. Es wäre ihn, lieber ge wesen, die Mutter wäre heute nicht gekommen, denn er ivustte cs ini voraus, dast cs ihm nicht gelang, Herr seiner Verstimmung zu werden. Und Hilda ivar schließlich rücksichtslos genug, der alte» Frau die ganze Wahrheit zu sagen. Er hätte bitten mögen: „Bleib heute zu Hause, in Deinem ruhigen, friedlichen Heim, es ist besser," aber er brachte dennoch kein Wort über die Lippen, nur einmal schlang er ungestüm die Anne um den Hals der Mutter, als wollte er ihr schon jetzt abbitten, was seine Frau an ihr sündigen würde. „Geh', Du dummer Junge," schalt sie gutmütig, als sie wieder zu Atem kam, „Du erdrückst mich ja." Sie lächelte dabei, aber man sah cs ihr an, sic machte sich Sorge» um ihren „Jungen". Dan» war er gegangen. Unterwegs packte ihn der Zorn. Warum sollte er den» gerade nachgcbc» und die Mutter nicht zu sich nehmen? War er denn nicht der Herr im Hause? Unterjochen sollte er sich lasten? Jetzt schon? Es war vor der Hochzeit fest nnd bestimmt ausgemacht worden, daß die alte Dame bei ihnen leben würde, — damals hatte Hilda nicht das Geringste dagegen cinzuwendcn. Nun ans einmal wollte sic nicht mehr? Erst recht würde er darauf dringen, seinem Wille» Geltung zu verschaffen. Hilda m usttc sich füge». Wohin käme man da, wollte man auf alles hören, was eine launische Frau verlangt! „Sie wird vernünftig genug sein cs cinznschen," niurmclte er vor sich hin, während er vor dem Senne- bach'schen Hause stand und überlegte, ob er hinein- gche» sollte oder nicht. Plötzlich kehrte er um nnd fchritt seinem eigenen Heim zu. Dort zog er so heftig oie Klingel, dast das Dienstmädchen etwas unsanft aus ihrem behaglichen Halbschlninmer anfgcstört wurde. Etwa eine Stunde später kehrte Hilda zurück, an scheinend in sehr übler Laune. Sic suchte ihren Mann i» seinem Zimmer, und da sie ihn dort nicht fand, hob sic die ans kupferfarbenem Plüsch gefertigte Portiere ein wenig empor und schaute in das anstostcnde Gemach, das die kleine, aber aus gewählte» Werken bestehende Bibliothek des Doktors enthielt. An de» Wänden standen hohe Regale, die ganz mit Büchern «»gefüllt waren, ein paar bequeme Fauteuils standen um einen ierliche» Tisch, dunkle Vorhänge und Teppiche, alles n der Farbe übereinstimmend, verliehen dem Ganzen eine vornehmes Gepräge. Der Doktor saß an dem Tisch und stützte den Kopf in die Hand. Er hatte seine Frau nicht bemerkt, bis sic dicht vor ihm stand. Da fuhr er erschrocken in die Höhe. „Ich dachte, Du wolltest arbeiten. D» sagtest doch, ich störte Dich innner, nnd nun sitzest Du hier. Ich entschuldigte Dein Nichterscheinen bei de» Eltern durch Arbeits- Überhäufung, aber darnach sieht cs hier nicht aus. Du hättest mich eben so gut abholcn können," eiferte Hilda aufgeregt. „Ja, das hätte ich gekonnt, — aber ich wollte nicht!" „Ei, Dn fängst ja recht vielversprechend an, das kann ein gemütlicher Abend werden! Gott, was habe ich mir versprochen von einer Ehe mit Dir! Alle meine Hoffnungen sinken in den Staub, nichts — nichts hat sich erfüllt bisher," klagte die junge Frau. „Daran bist Du »nr ganz allein schuld; wie man in den Wald schreit, so hallt es wieder. Ich habe mir Dir gegenüber nicht das Geringste vorzuwerfcn, ich hatte den besten Willen, Dich glücklich zu machen, aber Du bist launisch, unfreundlich, hast keinen Begriff, wie man dem Manne eine angenehme Häuslichkeit schafft! Hilda, ich bitte Dich, wir gehören doch nun einmal zusammen, last uns gegenseitig das Leben nicht zur Hölle machen! — Geh' nicht so oft zu Deiner Mutter, Du trägst jedes Wort hinüber, vielleicht in ganz anderem Sinne, wie es gemeint war, nnd drüben wirst Dn unvernünftigerweise gegen Deine» Mann aufgehctzt. Das tut nicht gut, glaube mir, es ist besser, Du beschränkst Deine Besuche!" Er hatte unwillkürlich einen bittenden To» an geschlagen und die Hand seiner Frau ergriffe». Sie zog dieselbe rasch zurück. „Also aul das einzige Vergnüge» soll ich auch noch verzichten?" rief Hilda aufgebracht. „Du willst mir verbieten, daß ich meine Eltern besuche? — Du? — Nun erst recht werde ich hingehe», damit Du wcuigstcus siehst, daß ich mir von Dir keine Vor schriften mache» lasse! Gleich aus der Stelle gehe ich zur Mama!" Sie schritt dem Ausgang zu und wollte die schwere Portiöre aufhcbc», um hinauszuschlUpfcn. Sigmund kam ihr »ach »nd hielt sie am Arme fest. „Du bleibst hier," ries er drohend, „ich will cs!" „Weshalb?" fragte sie gereizt zurück. „Meine Mutter kommt nachher und ich bitte Dich, sei freundlich zu ihr, sie würde sich grämen, müßte sie erkenne», daß wir jetzt schon so oft — verschiedener Meinung sind." „Ach," machte Hilda gedehnt und schürzte die Lippen, „das kann wieder nett werden heute,- am liebsten liefe ich davon. Aber woher weißt Du denn so bestimmt, daß nnS die Ehre dieses Besuches zu zu teil wird? Die Frau Mama schenkte uns doch bisher nur selten diese Gunst!" „Ich war vorhin bei ihr," sagte er ruhig, ohne den hohnvollen Ton seiner Frau z» beachten. „Ach so, dann begreife ich freilich vollkommen, weshalb Du mich nicht abholtest. Von dieser Seite kommen wohl auch die weisen Ratschläge? Deshalb verbotest Du mir den Besuch bei meinen Eltern? Nu» ist mir alles klar!" „Hilda, nicht diesen Ton, Dn bist gereizt und ungerecht! Ich bitte Dich nochmals, laß der Mutter nichts merken." Die junge Frau kam wieder einige Schritte näher. „Und hast Dn Deiner Mutter gesagt, daß — sic nicht bei uns wohne» kann?" fragte sie mit lauern dem Blick. „Nein," war die ruhige, aber bestimmte Antwort. „So, weshalb denn nicht?" „Weil cs nicht nötig ist; denn ich bin fest ent schlossen, die Mutter zu mir zu nehmen, selbst wenn Du Dich dagegen auslehnst. Tic Frau hat sich dem Willen des Mannes unterznordncn in dem, was er für recht und gut hält! Ich habe die Sache schon vor der Hochzeit mit Dir besprochen, jetzt ist sic nicht mehr zu ändern, merke Dir das! Du müßtest doch mir zu liebe einwilligen, wenn Du cs schon der alten Frau wegen nicht tu» willst. Versuche nicht, mich umzustinnncn, oder »lir zu trotzen, es würde doch nichts helfen. Du änderst an meinem Wille» kein Tüpfelchen, und ich hoffe, Du wirst vernünftig sein und Dich fügen." „Nimmermehr werde ich das tun!" schrie Hilda erbost, und stampfte zornig mit dem Fuße auf. „Deine Mutter soll nur kommen, ich werde es ihr selbst sagen, daß ich darauf verzichte, sie bei mir zu haben. Es ist kein Platz für sie, und mit einem Wort, — ich mag sic nicht leiden! Sie soll bleiben, wo sie bis jetzt war!" „Kein Wort wirst Du sage», ich verbiete cs Dir!" „Ha, ha, da müßtest Dn mir den Mund verstopfen, ich rede dennoch! Mama sagte auch, der erste Ver druß ist besser, als der letzte, ich solle nur fest bleiben und nicht nachgebcn. Ilebcrhanpt brauche ich es nicht zu dulden, daß die ganze Familie von meinem Gelde lebt, denn Deine Einnahme reicht nicht einmal für die Kleider!" (Fortsetzung folgt). Nachrichten des K.Standesamtes zu Ncichcnbraiid vom Itt. bis 22. April 1S04. Geburten: Dem Eisengießer Ernst Hermann Lochmann in Siegmar 1 Mädchen; dem Barbier nnd Friseur Johann Wilhelm Zschaage in Neichenbrand 1 Mädchen. Aufgebote: Der Bäcker Joseph Emil Nosenberg in Schönau mit Emilie Linda tthlc in Reichcnbrand. EheschUchungen: Bakat. Sterbefälle: Amalie Thercsie berw. Grunert geb. Lorenz in Siegmar, 83 Jahre alt; dem Werksnhrer Georg Eamillo Engelstädter in Siegmar l Tochter, 1. Monat alt; die Ein- nehinerL-Ehefrau Anna Selma Grüner geb. Resch in Reichcn brand, 33 Hahre alt; dem Strumpfwirker Karl Max Busch mann in Reichenbrand l Sohn, 5» Monate alt; dem Bäcker meister Ernst Eduard Louis Lehmann in Siegmar l Sohn, 3 Jahre alt. Krpeditionszeit des Standesamtes. Wochentags: 8—12 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm. Sonntags: '/s12—12 Uhr vorm, nur zur Entgegennahme von TotgeburtSanzeigen. Nachrichten des Kgl. Standesamtes Radcusteiu vom bi« 22. April IM»t. Geburten: 1 Sohn dem Zimmcrmann Bruno Otto Suchst in Rabenstein; dkm Fabrikarbeiter lernst Emil Griinzig in Rottluff. I Tochter dem Fabrikarbeiter Karl Friedrich Merkel in Rottluff! dem Fabrikarbeiter Oswald ütuido Bonitz in Rottluff. Eheaufgcbotc: Keine. Eheschließungen: Der Brauer Franz Hermann Goller in Zwirkan mit Nora Toni Ehrlich in Rabenstein! der Vor arbeiter Karl Ernst Max Heidrich mit Alma Milda Lohse. beide in Nabenstein; der Klempner Emst Otto Forbrig in Reichenbrand mit Dora Elsa Martin in Rabenstein: der Eisenbohrer Clemens Albert Wiebigke in Schönau mit Frieda Elsa Enkelmann in Rabenstein; der Kansmann Oskar Eugen MattheS in Oberfrohna mit Anna Lina Fug in Rabenstein! der Fuhrwerlsbesitzer Hermann Otto Kluge mit Mari- Lina Bauer, beide in Rottluff. Stcrbcsällc: Keine. Zusammen: I Geburten und zwar 2 männl. und 2 weibl. — Ebeausaebot. L EheschNehungen. — Sterbefall. Geschäftszeit. Wochentag»: 8—12 Uhr vorm, und 2—K Uhr nachm. Sonntag«: 11—12 Uhr vorm, nur zur Entgegennahme von LotgeburtSanzeigen. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am Sonntag Jubilate den 24. April ». c. vorm. >/-9 Uhr Prcdigtaottesdienst. — Vorm. II Uhr Unter redung mit den Jünglingen. Parochie Rabenstein. Am Sonntag Jubilate den 24. April a. c. vorm. >/s9 Uhr Predigtgottesdienst. — Nachm. >/«2 Uhr Katechisliillsunterredmig.