Volltext Seite (XML)
71. Jahrgang. A» 144 Sonnabend, Sk. MSrz l»27 Gegründet 18SS Drahtanschrift! Nachrichten Dreode« Fernsvrecher« Sammelnummer: 28 241 Nur für Nachtgefprüche- 20011 B-zugs-Debühr Einrelnummer L« Pfennig Die Amelqen werden nach Goldmark berechnet: die einspaltige 30 mm breite WqeivnPretse: S" ' auherbalb 200P>g. Offertcngcbü! Echriftleituna und AauvtaeschSftssielle: Martenstrabe SS 42 Druck u. Verlag von Liepfch L Reichardt in Dresden Postscheck-Konto 1O8S Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe l.Drcsdiier Nachr.'l zulälstg. Unverlangte Schriftstücke werden nicht aufbcwahrt. I Restaurant kuropakok / Var! ! 8enäig-ttotel8 / vaä Scksnäau! Oer Irettpunkl äer vornehmen (Zesellsctiatt - wackmittags Isnr-ree — Serien Sonnabend Oesellscksklssbencl : ; lm Nvnlgeperk gelegen! t^03IA5VlIl3 UKll Ol1I5153113 lecken Lonntsg t ^.„kommen m.oernleler.. Eröffnung 3M 10. a p 5 i I Oe-e„-cki-tto-.benck ^ Ultimatum au die Alltonefell in Nanking. Ablehnung -urch Kanlon? — Enges Zusammenarbeilen zwischen England und Amerika. Die Abrlislungs-ebalte in Gens. — Dr. Köhler über das ernste Bild -er Aeichssinanzen. — Der polnische Sejm geschlossen. Konzenlralion -er sremden Mächle vor Nanking. Washington, Sä. März. Den Kantoncsen ist förmlich mitgc cilt worden, daß die militärisch wichtigen Punkte von Nanking durch die britischen und amerikanischen Kriegsschiffe unter Feuer genommen werden, falls nicht sofort eine Ver einbarung zustande kommt, durch die das Lebe» und Eigen tum ausländischer Staatsbürger in Nanking sicher- gestellt wird. Wie weiter gemeldet wird, stoßen in Nanking die In cnglr Verbindung zusammcnarbcitcnden britischen und am e r i k a » i s ch c n Marinebehörden aus große Schwierig keiten i» ihren Verhandlungen mit den Südchinesen. General Tscha» g k a i s ch u c k wird heute in Nanking erwartet. R Amerikaner, darunter 44 Frauen und 88 Kinder, sowie IS SIritc» befinden sich noch in der Stadt. Der britische Kreuzer „Dnniitleß" verläßt heute Schanghai in Richtung auf Nanking. iW. T. B.j Kanton lehnk -as Ultimatum ab? Washington. 25. März. In Ergänzung der Meldung über das amerikanisch-britische Ultimatum an die kantonesi- schcn Streitkräste in Nanking wird noch berichtet, daß der amcrilanische Admiral Williams in seinem Bericht an das Mariiieministeriiim mitgetcilt hat, daß aus die gestrige Anssordernng an die Kantnncsen eine herausfordernde Ant wort erteilt worden sei. Der Admiral hat erklärt, er teile die Meinung der britischen Marinesachvcrständigen in Nanking, daß ein entschlossenes Diirchgrcifen in Form einer Beschießung der militärisch wichtigen Punkte mm Nanking unter gleichzeitiger größtmöglicher Schonung der Viertel, die von Nichtkämpsern bewohnt werden, die Lage günstig beeinflussen werde. <W. T. B.) * Berlin, 25. März. Wie der »Tag" meldet, ist das Ulti matum der Engländer und Amerikaner von der kantoncsischen Truppensührnng abgelchnt worden. Die Kämpfe in Nanking. Berlin, 25. März. Ans den heute zahlreich einlaufenden Meldungen ans China ergibt sich ein widerspruchsvolles Bild der Vorgänge in Nanking. Während eine Reihe von Lon doner Privattclcgrainmen von einer Beschießung der Stadt durch die fremden Kriegsschiffe und neuen Verlusten berichten, lauten die amtlichen englischen Meldungen viel beruhigen der. Cs läßt sich noch nicht übersehen, ob die Zeitungen die tatsächlichen Vorgänge übertreiben oder ob die britische Negierung ihr unangenehme Ereignisse vorläufig verschweigt. Nach Londoner Rlättcrmcldnngen liegt seit heute morgen Nanking unter schwerem Gcschlißscuer ausländischer Kriegsschiffe, da 17 Engländer und ISO Amcri, lauer, darunter KN Frauen und Kinder bisher von den Kan- iontruppen noch gefangen gehalten werden. Bei den gestrigen »ämpsen mit dem Pöbel und den kommunistischen Frei- icharen in Nanking sind zusammen INN englische und amerika nische Zivilisten getötet worden, ferner 12 englische und 1k amerikanische Matrosen. Die Kommandeure der Kricgs- Die Untersuchung aus -em Balkan. Berlin, 25. Mürz. Aus Paris wird die Nachricht ver breitet, dte Regierungen von Deutschland, England und Frankreich hätten sich endgültig ans die Einsetzung einer ilutcrsnchiingskommission geeinigt, die an Ort und Stelle die Richtigleit der von Italien behaupteten südslawischen Truppcn- kvuzeulration nachprüfcn solle. Die Kommission solle aus schließlich a»S deutsche», französischen und englischen Offizieren zusannnciigcsctzt sein. Diese Nachricht ist, wie «nS das Ans- wärtigc Amt ans Anfrage erklärte, nicht zutreffend. Die Dinge ständen noch immer so. daß die Einsctzniig einer aus mili tärischen Sachverständigen bestehenden Kommission noch »scht spruchreif zn sein scheint. DaS ändere im übrigen nichts an der Tatsache, daß der ganze Konflikt, wenn nicht ganz nnuorhergcschenc Wendungen cintrcten sollten, so ziem lich als erledigt betrachtet werben könne, wenigstens in dem Linnc, baß kriegerische Verwicklungen nicht Platz greisen würden Für die Gerüchte, daß nun auch Jugoslawien eine «»»,Mission gefordert hätte, die untersuchen solle, ob Italien kriegerische Vorbereitungen getroffen habe, liegen keinerlei Bestätigungen vor. Wenn sie zntrcfsen sollten, so würden sie »atür'ich eine Verschärfung der Lage bedeuten und zugleich würden sie zeigen, wie stark sich Jugoslawien aus seinen sran- Mischen Verbündeten stützt, denn cs wäre klar, daß es ohne dessen Rückendeckung solche Forderungen nicht stellen würde. schiffe vor Nanking sollen das Ersuchen des Obcrkomman- dicrenden der Lantontruppcn, das Bombardement von Nan king anszuschicbcn, bis er den Versuch gemacht hätte, Ord nung zu schassen, abgclehnt haben. Auf die Nachricht hin, daß auch der japanische Konsul in Nanking getötet worden sein soll, sind 12 KW Mann japanische Verstärkungen nach Schanghai beordert worden. Wie weiter aus Ncuiiork gemeldet wird, wurde nach einer Konferenz im Weißen Hause zwischen Cvolidge, Kellogg und Wilbnrg bc- kanntgegcbcn, daß die Regierung drei weitere Kreu zer und drei weitere Torpedoboote nach China in Marsch gesetzt hat. Der Kantonbcsehlshaber in Schanghai, General Pei, hat heute dem britischen, französischen und japanischen Konsul einen Besuch abgcstattct. Zwischen arbeitswilligen Banm- wollspinnern und Streikposten kam eö heute in Schanghai wieder zu blutigen Zusammenstößen. Dagegen meldet Reuter, nach Telegrammen aus Nan king sei die Lage dort ruhiger. Die Beschießung von Nan king durch britische und amerikanische Kriegsschiffe sei mit Rücksicht darauf, daß die Entfernung der Ausländer wieder ausgenommen worden ist, verschoben worden. Auch der amtliche englische Funkdienst berichtet von einer Besserung der Lage In Nanking. Die in der Stadt verbliebenen Ausländer, über deren Schicksal bisher nichts bekannt war, sotten danach nunmehr ohne Zwischenfälle abtransportiert werden. Die Beschießung von Nanking soll LKW Opfer an Toten nnd Verwundeten gefordert haben. Nach Pekinger Meldungen ist ein Unterhändler der Nord regierung auf dem Wege zum Haiiptgnarticr der Kanton- truppcn. um über einen baldigen Waffenstillstand zn verhandeln. London, 25. März. Wie auS Schanghai gemeldet wird, hat der Pekinger amerikanische Gesandte den Abtransport aller Amerikaner aus dem chinesischen Kampfgebiet angcordnct. Deutsche als Berater -er Kantvnregierung. (Durch Funkspruch.) Wiesbaden, 25. März. Wie die „Neue Wiesbadener Ztg." hört, hat Professor Dr. Wagner von der hiesigen Landwirt- schastskammer die an ihn ergangene Berufung als Professor für Landwirtschaft au der Universität Kanton und als land wirtschaftlicher Berater der südchinesischcn Negie rung angenommen. Dr. Wagner wird im Laufe des Monats März die Reise nach China antreten. Außer ihm sind noch sechs Mediziner und ein Oberförster als Pro fessoren nach Kanton berufen worden. Sie sind zum Teil schon abgereist. sW. T. B.) Tfchangkaifcheks Siegeshoffnung. Schanghai. 25. März. Der kommandierende General des Südens erklärt: Wir weisen den Kommunismus scharf zurück und beschützen sowohl die Arbeiter wie auch die Pro duktion und das Kapital. Die Vorschläge Ser Arbeiter auf Schiedsgerichte unter Mitwirkung der Gewerkschaften haben ihre Berechtigung. Der Süden wird innerhalb von sechs Monaten ganz China erobern. Paris, 25. März. Wie der Londoner Berichterstatter des „Echo de Parts" meldet, fühlt man sich in englischen Negicruiigskretsen durch die Haltung Italiens im Alba- nienkoufltkt in eine unangenehme Lage versetzt. Italien lehne kategorisch jede Intervention des Völkerbundes ab. be tone seine Rolle als Ankläger und erwarte nicht, einer Untersuchung nnterworfcn z« werden. * Belgrad, 28. MSrz. Wie verlautet, hat Jugoslawien der Abhaltung einer Untersuchung znge stimmt. voraus gesetzt, daß gleichzeitig in Albanien eine gleiche mili tärische Untersuchung stattsindct. iW. T. B.j Sine rumänische Stimme zum Avria - Konflikt. Bukarest, 25. März. Znm Adria - Konflikt bemerkt die Bukarester „Pvlitica", daß Rumänien im Hinblick aus seine Freundschaft zu Italic» und die Ententcbcziehnngen zu Jugoslawien strikteste Neutralität wahren müsse. Die Bvt- schaftcrkvnscrcnz habe bereits 1921 die Ordnung in Albanien der italienischen Regierung anvertraut nnd die Erregung in Jugoslawien über den Tirana-Vertrag sei deshalb gar nicht opportun. Die rumänische Regierung habe Belgrad aus die für Ungarn und Bulgarien günstigen Folgen eines bewaff. ncten Adria-KonflikteS aufmerksam gemacht. In diesem Sinne sollen auch die Vertreter der Großmächte interveniert haben. (T.-U.) Die Slun-e -er Kuomintang. In Nanking haben die englischen und amerikanischen Schiffskanonen gesprochen, haben zügellose kantouesische Truppen die Stadt geplündert, das englische Konsulat ge stürmt, den englischen Konsul verwundet und das geflüchtete Personal des amerikanischen Konsulats beschossen. Eng länder und Amerikaner sind den chinesischen Kugeln zum Opfer gefallen. Damit hat dte auch ans lange Sicht die Wclt- pvlitik beherrschende Entwicklung in China eine Wendung genommen, die für die ganze chinesische Bewegung von ent scheidender Bedeutung werden kann. Nicht so sehr in dem Sinne, daß nun etwa ein großer Expeditivnskricg der Welt mächte in China bevorstände. Die Zeiten sind vorüber, nach dem einmal das chinesische Volk zu einem ungestümen Frei heitsdrang erwacht ist, und nachdem vor allen Dingen die Großmächte selbst dem Lande nicht mehr in einheitlicher Front gcgenüberstehen. England und Amerika werden sich kaum zu anderen Schritten drängen lassen, als sie durch den Schutz ihrer Landsleute und die Verteidigung ihrer Stellung unbedingt geboten sind. Die Bedeutung der letzten Ereig nisse in China liegt vielmehr darin, daß sic in der maßgeben den Partei Südchinas, der Kuomintang, ein gefährliches Anwachsen des kommunistisch-bolschewistischen Einflusses er kennen lassen, der mehr und mehr die besonnenen national- politischen Kräfte Kantons in den Hintergrund drängt. Ein in der verworrenen Entwicklung Chinas beispielloser Siegcs- zug unter dem zielbewussten Heerführer Tschangkaischek hat die Kantoncscn bis an den Jangtsckiang geführt, der das chinesische Nieseureich in zwei etwa gleichgroße Hälften teilt, hat ihnen Chinas überragenden Hafcnplatz Schanghai, einen der größten und bedeutendsten Häfen der Welt, als reife Frucht zufallen lassen und sie jetzt auch in den Besitz des wichtigen Eisenbahnpunktes Nanking gesetzt, dessen Einnahme die stärkste Sicherung gegen weitere Maßnahmen der Nvrd- truppcn bedeutet. Die Einnahme Schanghais kann in ihrer Bedeutung für Kanton gar nicht hoch genug veranschlagt werden. 43 Prozent des gesamten chinesischen Handels gehen über Schanghai, wo allein die englischen Kapitalanlagen etwa 1)4 Milliarde Mark — von etwa 2 Milliarden Gesamtwert an fremden Anlagen — betragen. Von den Gesamtzollein- nahmcn Chinas entfallen allein auf Schanghai 42 Prozent, die für die jetzigen kantoncsischen Besitzer einen ebenso großen finanziellen Machtzuwachs wie für den Norden einen Ver lust bedeuten. Die Entwicklung in China steht damit am Ab schluß eines ersten großen entscheidenden Abschnittes, und die Folgerungen, die Kanton aus der neuen Lage zieht, wer den die weitere Entwicklung maßgebend beeinflussen. Sie gehen notwendig in zwei Richtungen: Einmal gilt cs die Neuordnung der innerchincsischen Verhältnisse, d. h. die Aus einandersetzung mit Nordchina, wo General Tschangtsolin, gestützt auf die reichen, fest organisierten Hilfsmittel der Mandschurei, der überragende Machtfaktor ist. Und wenn es richtig ist, daß zwischen Tschangtsolin und Kanton bereits Verhandlungen stattfinden, bann märe das eine hvchbcdeut- same Angelegenheit. Zum andern aber wird die Frage bren nend, wie sich bas siegreiche Kanton zu dem internationalen Besitz und den Konzessionen in Schanghai stellt. Schanghai ist die verwundbarste Stelle der großen Handelsmächte. Eine maß volle Haltung und ciw Ausschöpfen aller VcrhaiidlungSmög- lichkctten läge darum um so mehr im Interesse Chinas, als die Mächte infolge ihrer Uneinigkeit durchaus zum Entgegen kommen bereit sind, jedes gewaltsame Vorgehen aber ans einhelligen Widerstand stoßen würde. Tic Stellung Kantons gegenüber den fremden Mächten ist in Verhandlungen stärker als bei offener Gewaltanwendung. Beide Wege der Kantonrcgierung, sowohl zur Ausein andersetzung mit Nordchina als auch mit den Mächten, würden jedoch gefährlich verbaut, wenn cs der Kuomintang nicht ge länge, den kommunistischen Einfluß so weit zurückzudrüngen. baß er nicht die weitere Politik beherrscht. Dte Plünderungen und Gewalttaten in Nanking sind dabei nicht weniger alar mierend als der Aufruf des Kvmmandautcu von Schanghai, nach dem Schanghai nicht nur ein fester Stützpunkt des chine sischen Nationalismus, sondern auch der Weltrevvln- tion werden soll. Das ist eine zu deutliche Anleihe bei dem Propaganda-Rüstzeug des russischen Bolschewismus, als daß man das übersehen könnte, und damit werden auch die Zu sammenhänge klar, die die Kantoncsen mit dem russischen Kommunismus verbinden. Die Knomintangpartci ist zwar heute ebensowenig bolschewistisch, wie es ihr großer, von