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örerdnrr Nachrichten Nr. ZZ6 ürn Professoren der Tierärztlichen Hochschule be standen Nabe un» man verlangte Garantien von der Re gierung dafür, da», sich ein derartiges zusammenhangloses Arveiie» nicht wiederhole. Wo der Neubau errichtet wer den soll, unterliegt noch der Erörterung und Beschluß fassung * Am Denkmal des Herzogs Eugen von Württemberg bei Krietzschwitz legte am Dienstag, dem Geburtstage der am 2. Sevleniöer dieses Jahres verstorbenen Herzogin 'ileranürine NiaihUde von Württemberg, Herr Hofrat Lchmidt ans Schluß Earlsruhe in Oberschlesien je einen Kranz des Negierenden Fürsten Heinrich XXVN. von Neuß j. L. und der Prinzessin Elisabeth zu SolmsBiaun- iels. Enkeln des Herzogs trugen, nieder. Im Aufträge der Prinzessin Elttatzett, -,n Svluis-Braunfels überbrachte »err Hvsrat Schmidt, wie der »Pirn. Anz." mitteilt, den Herren Professor Speck. Buchhändler Diederich. PrivatnS Hiiniche. Hanvtinann Voigtländer Tetzncr nnd Architekt Krßler in Pirna, soivie Herrn Generalmajor schramm >n Vantzrn je ein gerahmtes Bild des Herzog» langen nebn einem Tvindschi eiben der Prinzessin, ferner über reichte er im Namen des Negierenden ,Fürsten von Nens, j. V. Herrn Major Friedrich in Dresden da» N reu sulche Ghrenkreuz 2. Klassr, Herrn Oberlehrer K l r m m - König nein das ckienßiiche Glnenkreuz > Klasse nnd Herrn Ge- meiudevorüaiid -Nitzsche Krietzschwitz die Neu Nische Di! Verne Berdieuslinedaille. Der Gemeinde Krietzschwitz wurde ein «Seldvetrag iivergeben, dessen Innen zur Instand Haltung de» Denkmals Berivendnng finden sollen. Dem Vehrei der Gemeinde, Herrn Oberlehrer Bollbrecht, wurde ein gerahmtes Bild deS Herzogs Eugen übcrbracht. wahrend an die Schulkinder eine Anzahl Lithographien de» Helden ans dem Befreiungskriege verteilt wurden. s Hochwasscrngchrichtcn. Durch den anligltcndcn Negen in die Nöder über l Nieter gestiegen. Die Post nnesen overhulv des Ories Seeligstadk, die lSärlen im Orte und die Wiesen unterhalb des Dorfes und bei der Drrauchermülile sind überflutet. Auch der Spielplatz der Schule in größtenteils nberschwemmi. In etwa 15 Keller in das Waher eiiigedrungeii und hat mehrfach Schaden angerichlel. Die Mulde ist an mancken Stellen ans den Ufern getreten. — Die Sv ree führt beträchtliches Hochwasser, namentlich im Oberläufe. In Sv re mb erg wurden an den Niederungen die Häuser unter Wasser ge tttzl. Die Schäsersche Holzvankofselsabrik mußte Dienstag nachmittag wegen Hochwassers den Betrieb einstellen. In F u g a n glich die ausgetretene Spree einem kleinen See. In D a n b e n h e i m reicht das Wasser bis an die Häuser heran. Auch in Sobl g n d überschwemmt die Spree große Wieientlächeii. —Der Landesverband Königreich Lachsen des Deut schen Wchrvercius, die Ansicht vertretend, daß Heer nnd Bevölkerung untrennbar zusammengehörige, für einander notwendige Glieder des gesamten deutschen Volkes dar nellen, legt nachdrücklich Berivalirung gegen alle Berinche ein. durch Aufbauschung der Zaherncr Vorgänge Zwietracht zwischen Armee und Bürgertum zu säen. Er erwartet von allen einsichtigen Kreisen des Landes und non der nationalen Presse unbedingtes Festhalten an der alten llebeilicferung unserer Vorfahren, daß dir Armee die würdige und achtuiigheischendc Versinnbildlichung deutscher Voltskrast nnd deutscher Staatsgewalt darstellt. —* Die Wcihnachtsnenheiten des Ecntral-Dhcaters prägen seit Montag dem Dezeinbervrogramm ihren Stem pel aus. Und man kann ohne Ucbertreibung behaupten, daß die neuen 'Nummern neben den alten in Ehren be stehen. Das hat lim so mehr zu bedeuten, als die von der ersten Monats!,älftc übernommenen Künstler zu unseren Varietesicrnen erster Ordnung gehören. Von den neuen Kräften muß in erster Linie der Kartcniüiistler Dario Paini genannt werden. Unter einem hnvnvtischen Deck maulet führt er eine große Neihe der verblüffendsten Kunst- siüctchen vor. Langjährige Hebung setzt ihn dank größter manueller Geschicklichkeit nnd Feinfühligkeit in den Stand, durch alte und neue Tricks einige Zeit aufs angenehmste zu — täuschen und zu unterhalten. Die aus dem Publi kum gebildete Kontrollkommission paßte zwar scharf auf. mußte aber doch erkennen, daß dies nicht die Art war, mlt Hexenmeistern uinzngchn: denn zu entdcclcn gab's natür lich nichts. Geschwindigkeit ist bekanntlich keine Hexerei, und Paini verfügt über ein solches Tempo, daß cs beleidi gend wäre, wollte man bei ihm bloß von affcnübnlichcr Geschwindigkeit reden. Ganz vorzügliche Nummer» sind die Equilibristen Artur Varai und Gcorgctti sUS Truppe. Varat bringt einen sehr wirkungsvollen Balanceakt. Sein Kampf um die Erhaltung des Gleichgewichts ist in den schmierigsten Lagen von solchem Erfolg gekrönt, daß ihn die gesamte europäische Diplomatie darum beneiden könnte. Was er in der Höhe von drei und vier Tischen ans zwei über oder nebeneinander gestellten Stühlen leistet, ist durchaus erstklassig. Auch die Georgetti filS Truppe zeigt mit ihren Hanüvolitgen hervorragende Leistungen. Namentlich der kleine Spezialist voltigiert mit fabelhafter Nnhe und Sicherheit, und zwar sowohl einarmig als auch zweiarmig. Fünszehnmnliger Stgndwcchsel scheint ihm ebensowenig auszumachcn, als das Standfassen nach einem kräftigen Salto. Ein gewandter Mimiker, Harry A l l i st e r, der über eine gute Ausstattung an Kostümen. Perücken. Bärten und Naien verfügt, stellt eine Neihe bistviischer und lebender Persönlichkeiten mit Erfolg dar. Ein Maler nnd Sänger, F ranz M n h r n. der stimmungs voll zwei Volkslieder singt und wirkungsvoll zioci Bilder mali, soivie Miß Zoö, die einen zahnathletischcn Akt mit einer Entklridungsszcue verbindet, vervollständigen de» Rovitätenteil. Bon den alte» Nummern sind die besten geblieben: Otto Rentier, da« Pariser SuftbMett. die Ge- schwtster Iainczsk aus der Eisbahn, Jean Slermont mit seinem Burlesk-ZtrkuS und die Miniatur Soubrette Lilly Walter Schreiber: sie haben fast allesamt ihre Nummern durch neue Einlagen bereichert. —* Die Dippoldt«»aldaer Titvser besitzen bekanntlich ein altes Privilegium, nach dem sie auf dem Dresdner Ehrt st markte seil halten dürfen. Sie werden auch diesmal ihren alten Stand an der Sreuzkirchc beziehen und dort ihr beliebtes Tüpfcrktndersptelzrug feil halten. —» Berhastnag eines Defraudanten. Der au- Leipzig nach Unterschlagung von 18 000 Mk. flüchtige NatSaktuar Hartmann wurde am Mittwoch von der Dresdner Kriminalpolizei verhaftet. Er befand sich in Begleitung seiner Iran und halte Verwandte ausgesucht. Bei der Fest nahme wurde von dem »nterschlagenen Gelbe nichts mehr vorgefunöen. - * Erwischt. Et» großer Einbruch wurde, wie ge meldet, Anfang Dezember in die Billa deS Fabrikbesitzers Gebier in Nadebeul verübt und dabei größere Beute gemacht. Als am Mittwoch die Köchin deS Bestohlenen in der inneren Stadt weilte, um Einkäufe zu besorgen, trat sie einen der damals beobachteten -Spitzbuben. Schnell entschlossen setzte sie einen Gendarmen in Kenntnis, der den Verdächtigen sofort ans die Polizeiwache brachte. Die auf- merksame Köchin hatte sich auch tatsächlich nicht in der Per son getäuscht. Der ans so ungewöhnliche Weise ermittelte Einbrecher entpuppte sich als der 28 Jahre alte Monteur Johann Reißer aus Metz. - * Ein schweres Brandnuglttck ereignete sich am Mitt woch abend a»f dem SlrasFiibalinhofe Trachenberger Straße. Als der daselbst beschäftigte und auf der Böhmischen Straße wohnende Arbeiter Johann Potuka aus einer sogenannten fahrbaren Arbelterbnde sein Jackett heranStiolen wollte, war? er eine Naphthalampe um. Diese crvlvdiertc sofort und setzte die Kleider des Arbeiters augenblicklich in Flammen. Wie eine lebende Feucrsäulc kam Potnka auS dem Wagen herausgestitrzl. Obwohl sofort hilfsbereite Leute hinzu- snrangcn, um die Flammen zu ersticken, hatte der Unglück liche doch am ganzen Körper schwere Brandwunden erlitten. Der Verunglückte ist am 18. Januar 1880 in Rückersdorf in Schlesien geboren. Er wurde in hoffnungs losem Zustande mittels Krankenautoinobils nach dem Fried- richstüdter Krankenhaus gebracht. Ein ivcitcrcs schweres Brandunglück trug sich am Montag früh in der vierten Stunde im Grundstück Zivickaucr Straße l 8 zu. Wie gemeldet, hatte dort die 48 Jahre alte MontcnrSchcfrau Bürger gleichfalls eine brennende Petroleumlampe um- geworfen und sich dabei sehr schwer verbrannt. Die Ver unglückte ist im Fricdrichstädlcr Krankenhausc verstorben. * Eine schwere Lchädelverleßnug erlitt am Mittwoch abend der in den siebziger Jahren stehende und auS Tirol gebürtige Ltukkctteurgebilse Vvnicr. Schützenplatz 3 wohn- baft. Infolge eigener Unvorsichtigkeit war der Mann in der Nähe der Hauvtseuerwachc aus der Anncnstrake in ein Votensuhrwerk hineingelausen. Er wurde Hingerissen und schlug dabei mit großer Gewalt ans die Bort kante der Fnßbahn aus. Der Verunglückte wurde zunächst in die Hauptfencrwache »nd später nach dem Friedrichstädter Krankenhaus gebracht. Ein tödlicher Unfall trug sich hentc vormittag gegen 10 llhr ans der Bankstraße zu. Dort stürzte der in den dreißiger Jahren stehende Fensterputzer Traugott Hermann Osche aus zwei Stockwerk Höhe während der Ausübung seines Berufes ab und wurde mit zertrümmer tem Schädel tot aufgehoben. Der Verunglückte war un verheiratet und wohnte Röhrhossgassc 8 zur Untermiete. - » Selbstmordversuche. Am Mittwoch abend gegen 0 Mir sprang die 17 Jahre alte Tochter eines Leipziger Postassisientcn von der Kaimauer oberhalb der Friedrich- Nugust-Vrüclc aus in die Elbe. Das lebensmüde Mäd chen erfaßte im Wasser den Staken eines verankerten Dampfers und schrie dann laut um Hilfe. Einige Bootsleute eilten rasch herbei und zogen das junge Mädchen wieder aus dem Wasfer. woraus dann mittels Krankcn- automobils seine Ucbcrftthrung nach der Heil- und Pflcg- anstalt erfolgte. Das Mädchen war in Leipzig als Kon toristin in Stellung und extra zwecks Ausführung der Tat nach Dresden gefahren, verweigerte aber im übrigen, den Grund anzngebcn. -- Von einem Gendarmen wurde rin in den dreißiger Jahren stehender Arbeiter ans Mockritz in dem Augenblicke am Elbuser überrascht, als er einen Zettel an seine Frau aeschricbcn batte, um alsdann in die Elbe zu springen. Auch dieser Lebensmüde fand Aufnahme in der Heil- und Pslcganstalt. .. s Bergung einer Leiche. Wie seinerzeit gemeldet, sprang am ersten Weihnachtsfcicrtag l0>2 von der Losch- witzer E l b b r ü ck c aus eine 25 Jahre alte Wirtschaf tcrin in die Eibe, um alsbald in den Fluten zu ver schwinden. Jetzt, nach fast einem Jahre, wurde der Leich nam des Mädchens an der Gauernitzer Ucbcr- fähre auf Flur Kotitz ans dem Strome gezogen. * Infolge plötzlich überkommenen Irrsinns sollte am Montag abend gegen 7 Uhr an der Ecke der Eliien- und Holbeinstraßc ein Gcrichtsdiener auf die Passanten mit gezücktem Messer losgcgangen sein: wie uns mitgcteilt wird, entspricht dies nickt den Tatsachen. Es hatte sich lediglich um eine plötzlich auftretende Nervenschwäche ge handelt, die die Zuführung des Betroffenen nach seiner Behausung durch hilfsbereite Personen erforderlich machte. - * Fcurrwe-rbertcht. Die Feuerwehr würbe gestern abend gegen 7 Uhr nach Brühlsche Gasse 4 gerufen Im «. Obergeschoß de« Seitengebäudes brannten Holz hinter einem Ofen und eine Säule der Fachwerkwand. —* Voschwill- DaS stürmische und regnerische Wetter in der Nacht zu», Dienstag hatten sich zwei Einbrecher zunutze gemacht und waren in eine Billa in der Parkstraße eingrdruligen. hatten dort mehrere Behältnisse erbrochen und in der Hauptsache nach Geld gesucht, aber auch Kleidungsstücke und andere Gegenstände nicht verschmäh,. Der Geldschrank hatte ihren Versuchen widerstanden. Der Dresdner Polizei gelang es. die beiden Einbrecher, Göhrig aus Basel »nd Reiser aus Metz, am nächsten Tag« beim Versetzen der gestohlenen Gegenstände sc st zunehmen. SilchM« Landtag. ^wettr Kammer. An ihrem letzten SitzungStage vor den WeihnachtSferten nimmt die Kammer »och de» wichtigen Entwurs eines Elsen» bahngcst'tzea und in Verbindung damit den Antrag der kon servativen Abgeordneten Neutsch, Dr. Böhme und Ge nossen detresscnd da» Entgegenkommen des Gtaates gegen über Gemeinde«, deren Wünsche nnd Petitionen um Ber- kchrsverbcsfcrnugcu als berechtigt anerkannt worden sind, tu Vorberatung. Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt der Minister des Innern Gras Vitzthum folgende Erklärung ab: Der Herr Abgeordnete Dr. Böhme hat sich in der Sitzung vom 15. Dezember darüber beschwert, daß er von dem Amts- Haupt m a n n von P > r n a zu einer Verhandlung wegen Errichtung einer Automobillinic Pirna—Licbstadt nicht zu- gezogen worden sei, obwohl er in seiner Eigenschaft als Abgeordneter des Wahlkreises dies hätte erwarten können. Es ist mir nicht erklärlich, woraus sich diese Erwartung des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme stützt. Es ist dem Herrn Abgeordneten nicht unbekannt, daß durch eine Ministcrial- Verordnung der unmittelbare amtliche Verkehr der Staats beamten mit den Abgeordneten untersagt ist. Widerspruch von allen Seiten des Hauses. ZuruseI Die Hinzuziehung des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme zu den Verhattblungen würde, was wohl nicht zu bestreiten ist, mlt dieser Verord nung in Widerspruch gestanden haben. Der Amtshanptmann von Pirna handelte also nur im Sinne dieser Verordnung, wenn er von der Zuziehung des Herrn Abgeordneten Ab stand nahm. Ich muß also den AmtShaupttnann in Schutz nehmen. Wenn aber weiter dem AmtShauptmann von Herrn Abgeordneten Dr. Böhme der Vorwurf gemacht wirb, daß er durch Einziehung des Paratales in die geplante Auto mobillinie die Verbindung direkt geschädigt habe, und daß er, wenn er mit den Verhältnissen vertraut, oder, wie der Abgeordnete Dr. Böhme gesagt hat, im Bilde gewesen wäre, so muß ich auch hier erklären, daß der Amtshanptmann min destens so vertraut mit den Verhältnissen seines Bezirks ist, wie der Abgeordnete Dr. Böhme in seiner Eigenschaft als Abgeordneter. sHört! Hört! von verschiedenen ScitenI Die Verhandlungen haben nicht ans eigenem Antriebe deS Amtöhanptmanns, sondern lediglich aus Veranlassung der Generaldirekiion der Slaatseiscnbahn stattgefunden. Den Vorsitz bei der Verhandlung führte zwar der Amtshaupt- mann, die sachliche Erledigung erfolgte aber durch einen Vertreter der Gcncraldirektion der Staatsbahn. Die Ver handlungen sind lediglich daran gescheitert, daß die in Frage kommenden Gemeinden sich nicht bereit finden ließen, die Bedingungen zu erfüllen, die ihnen gestellt worden waren, daß sie vor allem nicht den Bau eines Automobilschuppens übernehmen wollten. Nach allem kann ich nur nochmals er klären. daß der Amtshanptmann von Pirna lediglich nach seinem pflichtmäßigen Ermessen gehandelt hat. Widerspruch: Zuruf des Abgeordneten Rcntsch: ES wird immer schöner!', Minister des Innern Gras Vitzthum v. Eckstädt führt sodann zur Tagesordnung aus: Bereits im Landtage l807,08 wurde die Frage einer allgemeinen gesetzlichen Re gelung des Straßcnbahuwcsrns aufgeworfen. Die zweite Stnndckammcr stimmte damals mit der Staats- rcgierung darin überein, daß das Straßenbahnwesen noch im Fluß und in der Entwicklung und daher für die gesetz liche Regelung noch nicht reif sei. Der Wunsch nach einem Straßenbahngesetz ist seitdem wiederholt und auch außer halb dieses Hauses geäußert worden. So in den Vertre tungen größerer Städte, im Verbände Deutscher Lohnfuhr- uittcrnehmungen und sonst noch von anderer Seite. In der Sitzung vom 11. November 1007 hat dann die Regie rung die Einführung eines solchen Gesetzes in Aussicht ge stellt. Unsere Landeogesctzgebung hat sich, vom Ent- cignungsgesetz abgesehen, mit der rechtlichen Ordnung des Eisenbahnwesens bisher noch nicht befaßt. Die Grund lage für die Regelung von Eiseiibahnangclegeuheitcn bilden im wesentlichen nur Verordnungen, zunächst die wichtigste aus der Anfangszeit der Eisenbahnen, die Eiscnbahnvcr- ordnung vom 28. Juni 1811, sodann u. a. die Vcrord uungen vom 80. September 1872, vom 20. September 1802 und zuletzt die von 1800, die die Staatsaufsicht über die elektrischen Bahnen einem Kommissar überträgt, der dabei als Organ beider Ministerien des Innern und der Finanzen tätig zu sein hat. Der Staatsregierung scheint nunmehr der Zeitpunkt, für eine gesetzliche Regelung des Gegenstandes gekommen. Der vorliegende Entwurf ist auf Grund der Verordnung über die Nessortverhältnisse von 185l von beiden Ministerien gemeinsam ausgearbcitct. Er gebt über die den Ständen gegebene Zusage insofern hinaus, als er sich nicht lediglich mit dem Straßenbahn- Morde. Selbstmorde. Naubanfällc, Betrügereien verzeich nt waren, als in den Berliner Zeitungen, die der fleißige Berichterstatter daraufhin io furchtbar eifrig studiert hat. Und was die K.rbarclts, Vars. Tanzsülc, Nachteasc-s und ähnliche Stätten nächtlicher Zerstreuungen anlangt, so mögen sic in Berlin, weil sie sich in der Hauptsache um uvci große Mittelvunkic: die Friedrichstrabe und den Kur- uirstcndaiinn legen, den Nvllcndvrfplatz angesiedclt haben, durch aufdringlichen Luxus mehr in die Augen fallen, un gefähr ebcnioviele dieser „Amüsicrbndcn" wird rs aber sicherlich in Paris, vielleicht selbst in dem keuschen London geben, wo bekanntlich die bösesten Laster inmitten der größten Prüderie und der echtesten Frömmigkeit üppig ge deihen. Die Entwicklung, die Ncu-Berlin in diesem Jahr hundert genommen hat nnd die anscheinend erst am Be ginn einer wenig ersreulichen Umwandlung aller Lcbcns- gcwohntiettcn und Anschauungen steht, flößt auch dem wohl wollenden einheimischen Beobachter ernste Sorge ein. Aber wenn Ausländer daherkommen und nnS Vorreden wollen, Paris und London seien die reinen Waisenknaben gegen den Berliner Sinidcnvsubl, so werden sic schon gestatten müssen, daß wir sie auslachcn. Wir wissen dabei ganz genau nnd leugnen cs gar nickt, daß sich allmählich hier in Berlin aus aller Herren Länder, aus dem Reich und namentlich ans den östlichen Provinzen und Gegenden ein Gesindel angcsammelt hat, das, obwohl eS zum Teil in seidenen Kleidern, in tadel losen Frackanzitgcn und Lackstiefcln einherstolziert, höchst unsauber ist und diese Stadt, die auf den Beinamen »die Sauberste" höchst stolz ist, mit moralischem Schmutz zu über ziehen beginnt. Ein Lkandalprozetz. wie der, in dessen Mittelpunkt die Gräfin Fischlcr-Trenberg steht, die Tochter eines ehrsamen Handwerkers in Frankfurt a, M,, wo sie sich die ersten Sporen ihres im tiefsten Sumpf endenden Lebenswandels verdient hat. hebt den Schleier von einer Welt, in die der ehrsame Bürger nur mit Grauen nnd Schaudern einen Blick wirst. Diese Elisabct Emilie Uhl, die schon in früher Jugend ihr weites Herz betätigt, und ichließlich unter dem glänzenden Aushängeschild einer richtig einem echten Grafen angetranten großen Dame in der Berliner Schicberwelt lebt, wo neben acmerbSmäßigcn G.rnncrn auch sogenannte Gentlemans verkehren, die durch aus latisfaktionssähig sind und es dennoch nicht ver schmähen, sich in dieser anrüchigen Gesellschaft zu zeigen, ist leider nachgerade zu einem Tnp, nicht gerade sür Groß- Berlin. aber doch für einen großen Ausschnitt von Berlin geworden. Gewiß, das ist eine Welt für sich, aber ihre Grenzen verschieben sich doch bedenklich und verwischen sich oft so. daß sie äußerlich kaum noch kenntlich sind. Solange der Strafrichter sie nicht ereilt hat. ist die geborene Uhl sür die Außenstehenden die Frau Gräfin, und auch nach ihrer Verurteilung gehört wenigstens ein Teil der Männer, die bei ihr ein- und ausgingen und sich an ihren höchst anfecht baren Geldgeschäften aktiv oder passiv beteiligt haben, z»r sogenannten Gesellschaft, in der sie das Gift, vvn dem sic selbst bereits infiziert sind, weiter tragen und verbreiten können. Das ist der Fluch der Riesenstadt, daß man dort dlc einzelnen so wenig oder gar nicht kennt und schließlich nur nach Acnßerlichkciten beurteilt, die an sich so herzlich wenig bedeuten oder gar beweisen: ist temand tadellos angczogen, hat er gute Manieren, besitzt er gar noch einen Titel oder einen Orden, so gilt er bis zum häufig schwer oder überbauvt nicht zu führenden Beweise als das Gegenteil, als rin Gentleman, der überall Zutritt hat, während der Ehrenmann, der schlecht gekleidet ist. sich nicht gewandt zu benehmen weiß und nur einen fleckenlosen schlicht- bürgerlichcl, Namen hat. verschlossene Türen findet. Ja. diese Großstadtluft — was trägt sich unter ihrem Einfluß nicht alles zu! Komödien, Tragikomödien und Tragödien spielen sich da unaufhörlich ab. Wie unendlich traurig, und fast nur in solcher Riesenstadt möglich, ist das Ende, das eine unserer liebenswürdigsten, prächtigsten Schauspielerinnen gefunden hat, Frau Nuscha-Buhe, vor kurzem eine bezaubernde Salondame, jetzt im Begriff, am König!. Schauspielhause als Erbin der Frieb-Blumaner nnd der Schramm in das Fach der komischen Alten htnein- zuwachsen. Nun haben sie die aus Amerika und England zu uns gekommenen »Gesundbeter" überraschend schnell zu Tode gebetet. Aus diesem tragischen Anlaß erfuhr man erst, daß diese unheilvollen Kurpfuscher, die unter dem anglo-amertkanischen Deckmantel einer „cßrirti-in »cience" die Gimpel fangen, hier noch immer ihr Unwesen treiben. Man glaubte sie längst zu allen Teufeln und muß nun mit Entsetzen hören, daß sic noch ungestört unter nnS weilen und daß ihnen sogar zeitweise ein so kostbares Opfer ins Netz geht, wie diese urwüchsige, treffliche Künstlerin. Vor Jahr und Tag erregte cs hier kein geringes Aussehen, als eines Tages bekannt wurde, daß der inzwischen in den Ruhestand getretene Direktor eines Berliner städtischen Realgymnasiums unter dem Einflüsse seiner Gattin die Aula der Lehranstalt für die Versammlungen der damals plötzlich aus Amerika aufgctauchtcn Sekte der Gesundbeter hergegebcn hatte. Es gab einen fürchterlichen Krach und der Direktor erhielt einen strengen Verweis von seiner Vorgesetzten Behörde. Das mögen jetzt an die 12 Jahre her sein. Damals erfuhr man auch mit Staunen, daß die „Bereinigung christlicher Wissenschaft" in den ersten Kreisen Berlins und Potsdams zahlreiche begeisterte und überzeugte Anhänger beiderlei Geschlechts habe und die Zeitungen brachten darüber spaltenlange Enthüllungen, Aber wie alles in dieser großen Stadt, wurde auch diese Geschichte schnell vergessen, bis sie nunmehr unter so trau rigen Umständen wieder ins Gedächtnis gerufen wird. Die Herrschaften sind in der Zwischenzeit recht vorsichtig gewesen und haben möglichst geräuschlos gearbeitet, um die allgemeine Aufmerksamkeit nicht ans sich zu lenken. Nun stellt sich heraus, daß sic in Berlin einen recht frucht baren Boden für ihre Tätigkeit gesunden haben und sicher ausgezeichnete Geschäfte machen. Es gibt hier als Zentrale der Gesundbeterei eine sogenannte „Metaphysische Klinik". In dieser merkwürdigen Heilanstalt besteht nach den Aus sagen der Leiterinnen die Behandlung darin, daß man sich „konzentriert", d. h. man setzt die kranke Person in einen Stuhl, nimmt neben ihr Platz, spricht mit ihr eindringlich und — konzentriert sich. Und was ist bas? «Das ist das Aufgchcn im Geiste Gottes, der in uns wohnt. Ein Strahl dieses göttlichen Geistes gebt vom Heiler bzw. von der Heilerin auf die kranke Person über nnd macht sie gesund!" Dieser bare Unsinn, man sollte cS nicht für möglich halten, findet in der „Stadt der Intelligenz", wie sich Berlin gern nennen läßt, wirklich Gläubige, die in ernsten Krankheits fällen, anstatt zu einem Arzt z» gehen, sich solcher „Gesund beterei" anvertraucn. Freilich, nur Ferner-stehende wun dern sich darüber. Wer Berlin näher kennt, weiß längst, daß hier der Aberglaube in jeder Gestalt blüht.