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rr. 1«7 MM ^ M Nr. SSS Seit- S Berliner Allerlei. «cht «»«lisch» P»tl»«er. — De«ts«t» Ware Ist di» d«fte. — Da« M«»»li»rDlch»». — U«d kehlt ei» Sri»»»«»!«»». — Nutz» stell««« «»»hehr. — >«» der »atftedu»«G«»schlchte »»» Och»«r»r»t«etd. — Die Mode de» De,»«d ««»1. — Klemperer« »Kideli^. Sine» Pumpe» könne st» gut gebrauchen, sagt un« »«. traulich unsere alte Waichfrau. Sie hat am «. Dezember «edurtstaa. Den feiern wir immer, als wenn sie ein Lind wäre: sie kriegt richtig »ausgcbaut", „nd auch die Blume und »er Kuchen fehlen nicht. Nur die Lichtchen fehlen. Wir «übten ja über sechzig anstecken. Also einen Jumper. In unserer Näh« ist «in Wollwarenladen. der hat setzt quer turch alle Schaufenster breite Plakate kleben: »Echt englische Pullover wieder eingetrossen." Aehnlichc Inschristen gibt es in Berlin zu Dutzenden, während man in London sich einen Aushang mit den Worten ..Original Osrmun strick iscken just eoms in" einfach nicht vvrsteüen kann. Es sehlt dem Berliner doch sonst nicht an Selbstbewusttsetn, aber der Kausmann wirft sich immer noch vor allem fremden aus den Bauch. Und wenn er. weil die Steuerbandervle es verrät, nicht aut das »deutsche Erzeugnis" leugnen kann, behält er wenigitena den fremden Namen. Eine Flasche Hcidsieck, bitte! Da» klingt sa so herrlich vornehm: und der Nachbar ahnt vielleicht nicht den winzigen Unterschied, das Fehlen eines kleine» „e" aus dem Schildchen: Hctdsieck Monopol statt l-eidsieck Monopole. Bor fllnfunddrcisiig Jahren war das deutsche Gedrlicktsein ja noch begreiflich Damals fällte unser deutscher Professor Reuleux über unsere Beteiligung an der Weltausstellung in Ehikago das berechtigte Urteil: billig und schlecht. Wir machten Pvsel für alle Welt. Schund für Nigger: seither sind wir aber doch in der Herstellung von Qualitäts ware an die erste Stelle gerückt, nur verstehen wir eö noch nicht. unS im In- und Auslande darauf zu berufen. Was soll der fremde Einkäufer, der nach Berlin kommt, von uns denken, wenn er überall »eckt" englische, schweizerische, sran- Miche ägvpltlche. an.erikamsche Erzeugnisse empfohlen sicht > Wir schädigen unseren Absatz. Selbstverständlich gehe ich nun in den benachbarte» Wollwarenladen. zeige dort die Quittung über daS anderswo erstandene Geburtstagsgeschenk für unsere Waschfrau vor »nd sage: »Wir brauchte» einen echt deutschen Jumper, da Sie aber englische Pullover anzctgcn, konnte ich diesmal nicht zu Ihnen kommen." Die Reklame sür die eigene Arbeit verstehen die Engländer übrigens aus gezeichnet. Der Poststempel auf englischen Briefen hat den Schwanz: ..kritisl, goock« nro ttzo best!" DaS wirkt. Bei unS werden statt dessen Bäderanzeigcn von Wiesbaden usw. a». gehängt. Auch nicht dumm. Sine Zcttlang machten wir es den Engländern nach, brachten aber auf dem Poststempel nicht den überzeugende» Satz: »Deutsche Ware ist die beste!", sondern statt besten den viel matteren Imperativ: »staust deutlchc Waren!" An einer Stelle ln London sind freilich auch deutsche Sachen ausgestellt. Nämlich im englischen KriegSmusrum. DaS ist manchmal zum Piepen. Da sieht man in deutschen Schützengräben eroberte Dinge. Darunter ein Paptcrtütche» mit dem Aufdruck „Manolt". Wir haben in Deutschland, überall bei Privaten ver. streut, viel bessere Dinge. Ich selber habe von fast allen Krtcgsscha»»lätzen. von Ostende bis zur Dvbrudscha. vom Kinntschen Meerbusen bis zum Tigris, nette Andenken heim gebracht. darunter zwei dem Sinne nach gleichlautende, kulturell hvchbedeutsame Anschläge von einem gewisse» Herüben eines „ersten" Hotels ans Wilna i» Polnisch- Litaiic» und aus Udtne in Lberttalien. Auf dem einen stand: »Streng ist serbote» zu smutzcn aus die Erde nur zu sitzen aus dem Bank." Und aus dem anderen: . Nrogram xentilmnnto ck, non nppcmkiarm. eoi piacki wii «vciii«." Da lächelten unsere Soldaten, wenn ihnen das übersetzt wurde. Aber wir haben nicht nur solche komische Sachen, sondern auch ganz hervorragende MuseiimSgegcnstande. In Berit» befindet sich im Besitze eines gut deutschen StadtbauratS, der in Ostprensten Berwandte hat, bei denen der Großfürst Nikolai Nikolajewitkch etngnartiert war. che er Hals über Kops in Zivil vor Hindenbnrg davonsloh, der Säbel dieses Krvsstiirstcn. Wenn daS keine »Trophäe" erste» Ranges kür ein Kriegsmuscum ist, dann will ich Dämlack Heiken. Aber — wir haben kein Kriegsmiiscum. Sogar in Wien haben sie eines, ein recht gutes sogar. Alle Völker haben eines. Davor, wie die Italiener in ihrem Nationaldenkmal. daS Grab deS unbekannten Soldaten. Da liegen immer ein paar frische Kränze. Sogar der Präsident von Liberia hat da einen nicdcrgelegt, alö er im «ugust ln Rom war: nachher, in Berlin, fand er keine Stelle, wo er de» gleichen Höflichkeit««»» hätte vollziehen könne». In Helflngfor« sah «ch vor dem finnischen und deutschen «rteaergedenkstetn ln diesem Gommer Kränze einer nor. wegijcheu Retleaesellschaft. Ueberoll erschauert man vo, der heldischen Leistung. Nur ln der deutschen NelchShanptstadt gibt e« kein Ehrenmal und kein Museum für daS in der Weltgeschichte Unerhört«, dab das Heer eines abgeschnittenen und sozusagen «n Europa belagerten Volkes viereinhalb Jahre lang einer vielfachen Uebermacht standhielt, die eigenen Grenzen schützte und wett in Feindesland leine Schlachten schlug. Allmählich werden die Andenken und auch die künstlerischen Urkunden verschwinden. Dabei haben wir wirklich ein hervorragendes Material, wie cs kaum ei» zweites Volk besitzt. Bon der SonderanSsteUung des Krtegs- malers Mattschast habe ich schon vor zwei Jahren erzählt. Dann hatten wir vor Jahr und Tag die gemeinsame Aus stellung »Der deutsche Frontkämpfer" vvn Dutzenden deut scher Künstler. Schließlich hat jetzt einige Wochen lang Prvsestor Bollbehr keine außerordentlich wertvollen Sachen i« dem ehemaligen Hotel »Bellevue" am Potsdamer Platz gezeigt das jahrelang der franzüstiche» Schnüssclkommiision als Heim dient« und setzt geleert und von dem Dreck ge- reinigt ist. VvllbehrS ganzes Vermögen und seine ganze Lebensarbeit steckt in diesen Hunderten vou Gemälden und in dem ehemaligen Hotel Bellevue am Pmsda »er Pl-uz unsere» Kolonien. ES ist zurzeit unrcalisierbar. Soviel ich weist, hat eine bayrische Bank so viel nationales Ver ständnis besessen, die ganze Sainmlun» wenigstens als wert volles Pfand anzucrkennen und gegen dessen Hlnlcrlegung Vollbehr einige Mittel zur Verfügung zu stellen. Er be findet sich eben aus einer Studienreise nach Java. Seine urkundlich getreue Darstellung kann ich vielfach bestäiige», so seine Interieurs aus Kriegölustschisscn »nd seine lücken losen Vogelschau-Ausnahmen der gesamten Westfront vvn der Schweizer Grenze bis zur Nordsee. Er war dem KorpSstabs- guartier des Generals Grasen Schmetton» — der heule ab wechselnd mit Admiral v. Rebeur-Paschwitz und anderen frei willig Adjutantendicnstc in Doorn verrichte! und bei dem ge waltigen dortigen Bricscingang Hilst — zugetctlt und wurde vvn hier wcitcrgercicht: überall hat er im Korbe der Fessel ballone bei jeder Windstärke gehangen und dort seine Farbenskizzen der Krtegslandschaste» entworfen, nin sic nach her. durch photographische Ausnahme» unterstützt, im Atelier in breiten Gemälden ausS minutiöseste zu vollenden. Die Landschait verändert sich. Bet Festrbellin suchte ich einmal den hist,»risch berühmten Sumpf aus dem Gefecht des Grasten Kurfürsten, fand mich aber in den trockenen Roggenfeldern nicht zurecht Aus dem Schlachtielde vvn Waterloo sichen heute Mietskasernen. Anderswo werde» Wälder zu Feldern. Felder zu Wäldern, und Flüsse und Kanäle ändern ihren Lauf, also wird man sich nach hundert Jahren manche Kämpfe nicht mehr rekonstruieren können, wenn man nicht diese Urkunden zeitgenössischer Maler von heute auskausl und in einem Nationalmuseum sammelt. Wir haben kein Geld dazu? Weist ich. weist ich Parker Gilbert säbe so etwas nicht gern in unserem Etat. Aber augenblicklich wird sowieso darüber beraten, wo das ReichSehrenmal hin soll, auf die viel- umsahrcncn Lorchcr Inseln in der Weltstrastc, dem Rhein, oder in den ganz abgelegene» und stillen Wald von Berta in Thüringen, oder in die Brandung der Huiidcrttameiidc von Besuchern Berlins. Jedenfalls gehört in die Neichs- hauptsiadi et» Museum, wie cö. für einen Tcilkriegsichan- platz wenigstens, in den Türmen von Tannenberg geplant ist. und das Geld dafür könnte durch eine jahrelang wieder holte Lotterie aufgebracht werden. Zuständig wäre daS ReichSministerium des Innern. Vielleicht legt das einmal jemand Herrn v. Kcudell nahe. Aber auch jede einzelne deutsche Stadt müsste etwas zum Gedächtnis ihrer Söhne auö grvster Zelt tun. etwa im Rathause ein Bild aufhänqen, das eine Schlacht zum Gegenstand hat. oder ein Gelände, in dem Sie Söhne der Stadt litten und kämpften und starben. Oder auch Einzclszenen aus irgend einem Regiment. So etwa in Kiel von den 8-'»ern, in Wiesbaden von den kstern, in Darmstadt von den llkern usw. Allein aus den Werke» von Mattschast in Zehlendorf-Berlin — man kan» ja bei ihm anfragen — lässt sich schon mancher solcher Wnnkch befriedigen. Wo die Städte aus Etatnötcn versagen, könnte die Bürger schaft privat dafür sammeln. Und daß über dem Oer die Flotte nicht zu kurz kommt, wo wir doch die besten Marine maler haben, dafür müstten überall, namentlich an der Wasserkante, ihre alten Angehörigen sorgen. Alö wir tm Sommer 1015 Mitau cinnahmen, ritt ich zur dortigen russischen Dragonerkaserne und fischte mir nach einigem Suchen in dem wüsten Durcheinander des Regiment», Geschäftszimmer» ein rotes Plakat, den Mobilmachung«, befehl vom Juli litt«. Das gäbe ich gern dem Museum. Darunter müsste die dcuiiche Ueberseyung und tn Riesen, buchstaben die Inlchrtst hänge»: „Rustland macht drei Tage früher als Deutschland mobil!" Ich möchte wissen, wer an gesichts einer solchen Urkunde dann »och von einem deutschen Uebersaü auf die unschuldige Entente sprechen könnte. Aber ich weist schon, weshalb unsere Demokraten. Defaitisten, Sozialisten daS nicht mögen. Am Ende fänden sich nämlich tn dem Museum auch die schwarzrotgelb umrandeten Flug, blätter, die zu Hunderttausendcn über der deulschen Front abgeivorsen wurden und unsere Soldaten zur Meuteret, zum Erschießen der eigenen Offiziere und zum Ueberlaufen zum Feinde ausforüerten, wobei die Ueberläuser daS Wort „Republik" auSruse» sollten. An die Entstehungsgeschichte gewisser Dinge lästt man sich nicht gern urkundlich erinnert^ Im übrige» paradieren unsere Pazifisten gern kriegerisch. Sogar die Langhaarigen im Lilcraten-Eass kommen stolz im troritl, cnnt angcwackelt, in dem englische» Schützcngraben- mautel mit nummerlosen Achselklappen. ES sicht blödsinnig auö. gilt aber als schick. Die Engländer und Amerikaner werden ihre sonst uuverivcrtbaren Restbcständc an AuS. rüstungSstückcn glänzend an uns loö. Stärker noch alö tn der Diode ist die Ueberfremdung der Berliner in der darstellende» Kunst und tn der Musik. Geschaffen wird nicht viel bleibendes Neves, aber ungeschasse« vieles eindrucksvolle Alte. Man will verblüffen. Man will den Eindruck pvtcnzteren. Dichter »nd Komponist sind nur noch Sprungbrett für den Regisseur mit jeinen Einfällen. So hat auch Beethovens „Fidelio" es sich gefallen lasten »nisten, in der Staatsoper kubislisch zerspalten und aufgebaut zu werden, während die Statisterie gleichzeitig nicht als eine Fülle verschiedenster Einzelwesen, sondern geschlossen als Maste Mensch vorgesührt wird. Der Chor der Gefangene» in de» trostlose» Kuben der Festung wankt rhythmisch hin und her. hebt ruckartig Köpfe »der Hände, ist zur Maschinerie geworden: ebenso seelenlos, nur als Vertreter irgendeines „Prinzips" erscheine» »nS die Solisten, die auch nur noch vom Regisseur an der Strippe gezogene Hampelmänner sind. Natürlich ist dies in seiner Art nicht ohne Eindruck, es ist eindringlich, es gräbt sich wie mit Krallen in unsere Nerven, isl freilich nicht der alte Beethoven. Es scheint nachgerade, dast olle unsere Dichter und Musiker nur dafür gelevt und gearbeitet habe», damit ein moderner Formzertrümmerer an ihnen sein Talent erprobt. In ganz alten Zeiten ärgerte man sich über die Unbchvlscnheit der Choristen und ihr unlebendtges Spiel, es wurde dann seit der Meininger Aera bis zu Reinhard! unendlich viel getan, um diese tote Maste tn bewegliches Leven aufzulösen, aber setzt erstarrt sie wieder zu einem exerzierten Tanscndiust. Wer eö mag, der mag rS ja wohl mögen, pflegte Reuter zu sagen. Aber t» Wirklich keit wird die Bühne zum Schauplatz einer Demonstration, und im Ziischancrraum wird der Kunstgcniist auch durch die Demonstration ersetzt. Geht der Vorhang endgültig herunter, dann beginnt die Schlacht. Viele schütteln den Kops, sind aber wenigstens durch Beethovens »uvertilgbare Musik ge tröstet, einige wenige zischen, eine starke Minderheit aber ruft frenetisch nach Klemperer. dem Nmschöpfcr des bisher gewvhiiten »Fideltv". Auch in der Zeitungskritik scheidet sich nachher alles nach Parteien: die Linke tut entzückt, die Rechte ist entrüstet. Sonst konnte man in der Kunst sich von dem Leben erholen Heute ist auch sie zur Havdlangerin der Politik geworden, wenigstens in dem unglückseligen Deutsch land. Hart und feindselig sehen sich die Leute in die Augen. Hinter mir, im ersten Rang, sitzen Volksbühne-Abonnenten, die wohlgefällig scststellen, dast sie „bei der Platzverteilung Schwein gehabt Ham" aber nach der Vorstellung sich aucq politisch ereifern. Ich werde auf die Schulter geklopft, in das Gespräch cinbczogen. Ich sage nur kurz, mir sei Becthove« mehr als Klemperer. Da antwortet ein stämmiger Un entwegter: »Wat verstehen Sie RSdkssvnäi' von-AiGst^*** R uMpeTstilz ch e /«Ec rracNo gekört in jeöes tteim! VoUriantllxe »nlox-n NK. 8«.^. IN».—, INL. , »4».7V miä NaNks. Ou.'n.»"-- »II« -»»"»Vt, VaEn^s. u«» N»MLU«. 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