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7L Jahrgang S» ää» Sonntag, 27. November 1«27 Gegründet 1838 Vrablanlckrttz, Vnchrtcht«« Drrod»» SkinspkkLer - Lammkluummer: SVS^I Nur für Slachtaespräch«! S0011 - (Aollll kr Li"? >»-bt» 30. November,021 bei i»ol. »wetmaliser 8uslel!una irrip-u, I..v,4 VVVVUlf» Poftb^u„vr«i» für Wonai Novrmder 3 Mart obn« Polt»iisieIIun,»o,düln. »t»,«lau«»«r ir> «vienn,» Mt. Anzeigen-Prelse: autzerbalbrro »erden nach Golbmart berechne!: die einsvaliia» » mm drei!» für auswärt» <0 Pi«. KamUienameiaen und AirSenariuche ohne >., aunerbalb 2» Pia., die «, mm drei!» Neklumezeil« A« Pi«.. Via. OsteriengebüdrtoPfg. Ausw.Auflrriae acocn Bomiisbeiatlii. Echrifüeüuntz und .tzauvlvefchäfisürl!«-. Marienftrahe 3S -»2 Druck u. Verla« von Ltevlch ck Stetcharbt in Dresden Posischeck-Konio 1OSS Dresden Nachdruck nm mii beullicher Quellenangabe .Dresdner Nqchr.' »ulässtg. Unoerlangic Schrifisiücke werden nick! aufbewadrt. Kinüer-^utomodile Visl ^Isußsitsn / groös ^U8t»s!il / Spislrsug- 6. NVLM»r, prsgvr StesVv SL rvLnir VrrLMir srir 2V Liserne Oken aller Lvslvme klorian dLvekerts I^ackk. s-u> 2S«V vroockoo-^., Döpkerstr. S 18 VVieaunr i«.- s«, Frankreich die stärkste Stütze Polens. Gegenseitige Freundfchastsverslcherungea. Ae Mission Franchet dMereys in Warscha». Lilwiuow wir- Aubenminisler? - Japan meidel die Ermor-ung Tschiangkaischeks. - Schurman über die -eulschen Auslanösaaleihea. Die Deziehunaen zwischen Paris und AZarchau. Warschau. 26. Nov. Die polnische Press« betont im Zu. sammcnhang mit den Gerüchten über polnisch« Absichten gegenüber Litauen sehr stark di« Festigung des Verhält nisses zu Frankreich. Die polnischen Blätter «eben in großer Aufmachung eine Meldung anö Paris wieder, daß vor kurzem ebne Sitzung einer polnisch»französischen Parla- mcutaricrgrnvve stattgcsunden habe, in der rin Meinungs austausch zwischen polnischen und französischen Parla mentariern die Ucbereinftiinmung zahlreicher außenpolitischer und wirtschaftlicher Interessen beider Länder festgeitellt habe. Außerdem bericht«« die polnischen Blätter über ein Bankett dcim polnischen Gesandten in Paris z» Ehre» des ehemalige» Ministers Mackvwskt. Auf diesem Bankett habe der Abgeord- nete Barthelmt «ine Rede gehalten, in der er Professor Macknmski bat. seinen Landsleuten die Versicherung zu über- dringen, daß Frankreich fest neben Polen stehe, kin starkes Polen sei auch Frankreich erwünscht. Die pol nische Presse gibt auch ziemlich deutlich der Meinung Aus druck. daß Polen seine Hoffnungen iu der litauischen Frage aus Frankreich stützt. Ter Marschall Franchet d'Esperey, der militärische Sondergesandte Frankreichs, ist nach der Zeremonie der Dekorierung Pilsudslts mit der Militärmedaillc noch einige Zelt in Polen geblieben. Nachdem der sranzösilche Marschall, den ctn zahlreiches Gefolge begleitet, so daß von einer Militär mission aesprociren werden kann, das Gelände von Pnltnsk, wo im Fahre 1666 Kämpfe zwischen Russen und Franzosen slatlsandcn, besichtigt hatte, reiste er nach Gdingen und Danzig und von dort nach Posen, Krakau. Kallowitz und Oberschicht«. Man mißt in Warschau dem Besuche große Bedeutung zu und glaubt, onnchmcn zu können, daß er mit der neuerdings wieder bemerkbaren Aktivität der französischen Politik auf dem Balkan und in Osteuropa zusammcnhängi. Zurückhaltung in Berlin. nach Durchmarsch sranzösischer Truppen durch Deutschland Polen? lLrabtmelbuna unsrer Berliner L ck r l s t l « i t n « g.l Berlin, 26. Nov. Von seiten deS Auswärtigen Amtes wird zu den Gefahren, die im Osten des Reiches her- ausgezogen sind, erklärt, das, man den bis jetzt cingetroffencn Nachrichten aus Litauen gegenüber zunächst eine ab- wartende Haltung einnehmen müsse, da cd sich vorerst nur um Gerüchte handelt, von denen noch gar nicht seststehe, inwieweit sie sich bestätige» könnten. Natürlich wünsch« die deutsch« Außenpolitik eine friedliche Beilegung der ganze« Anaelcgcuheit. Sie lehne cs aber ab. iu derselben irgendeine Initiative zu ergreifen, etwa den Völkerbund zur Vermitt lung anzurusen. Man weist von seiten des Auswärtigen Amtes zur Beurteilung der Lage im Osten noch daraus hin. daß sich Litauen noch immer als im Kriegszustand mit Polen befindlich betrachte, während dies seitens Polens Litauen gegenüber nicht der Fall sei. Dieser ctnsetttge Kriegs zustand lxrbe ja auch schon wiederholt den Völkerbundsrat beschäftigt. Vs läßt sich nun nicht »»erkennen, daß die starke Reserve, die sich das Auswärtige Amt auseriegt, durch die in Polen ganz allgemein verbreitete Meinung veranlaßt ist. daß Deutschland hinter Litauens Rücken stehe. DaS ist nicht der Fall, und «an will von selten deS Auswärtigen Amtes auch Leu bloßcu Anschein »ermiedcu »iffen. als »d davo» die Rede sein könnte. Unter Bezugnahme aus die gestrige Unterredung, die der Reichsaußenminister Stresemann mit Lit >vtnow hatte wird noch darauf hingewteien, daß die Unterredung ans den ausdrücklichen Wunsch Litwinoivs stattgesundcn habe, und daß das über diese Unterredung ausgcgcbcne amtliche Kom muniquö keine deutsche Initiative in Mir Sache in Aussicht stellt. — Trotz aller Beschwichtigungsversuche wird in den politischen Kreisen Berlins die Lage im Osten nach wir vor als sehr ernst betrachtet. Man befürchtet sogar, daß. wenn Polen aggressiv gegen Litauen Vorgehen sollte, Rußland tat sächlich aus Grund seines mit Litauen getroffenen Descusiv- abkommcns eingreisen und dadurch auch Frankreich znm Gin- greisen im Osten veranlaßt werden würde Man hält es in einem solchen Falle für sch» wahrscheinlich, daß Frankreich seine zur Unterstütz»»« Polens brstimmten Trnpven »rot, des Artikels 18 der Völkerbnndssatznng ohne weiteres durch Deutschland marschiere« lassen würde. Noch elne Gnttchei-nira Eakonvers zugunsten der Deuttch-Polen. Sattowitz, M. Nov. Aus Anordnung der zuständigen Stellen der Woiwodschaft sind Anischristen und Vordrucke für Bücher und Akten der deutschen Mindcrheits- schulen ausschließlich in polnischer Sprache abgesaßt. und es wird von den Minderheltsschnklebrern verlangt, daß sie ihre Gintragungen in polnischer Sprache vornehmen. Gegen diese Anordnung Hai der Deutsche VolkSbund Beschwerde bei der gemischten Kommission cingerricht Präsident Ealonder hat nunmehr entschieden, daß den in polnischer Sprache aba-saßten Zchristcu eine dentsckie Uebersetznng beiznsügen ist. Auch ist den Lebrcrn der deutschen Minderbeitgschnlen zu gestatten, die bezüglichen Eintragungev nvd Mitteilungen in dcuischcr Sprache vorznnrhme». Ein Jahr zu früh! Das schlechte polnische Gewissen. Sehe wegen -er Konferenz Lilwlnow- Slrelemann. Warschau. 26. Nov. „Expreß Poranny" läßt sich aus Berlin über die.Konferenz zwischen Ltresemann und Lilwtnom berichten, daß diese besonders der drohenden Kriegs, gesahr durch die aggressive Haltung Polens gegenüber Litauen gewidmet gewesen wäre. In diesem Sinne lautete angeblich auch das offizielle Kommunique der deutschen Regie rung und der russischen Somjetbotschast. das auch dem pol nischen Gesandten Olschcwskl zur Kenntnis gebracht worden sei. Das polnische Blait versucht, durch einen Angriff gegen Deutschland das schlechte Gewissen zu verbergen, das man tu Polen hat, weil die gegenwärtige Spannung Im Osten u. a. den Beweis erbracht hat. daß die polnische Politik zur ständigen Be unruhigung Europas führt. DaS Blatt überschreibt diese Mel dung in großen Lettern als eine provokatorische Intrige Berlins rind Moskaus geoe» Polen und ist der Meinung, daß es nur ein deutsches Manöver sei, womit dem setzt zu- lammcntreiendcn VölkerbunbSrat bewiesen werden solle, daß Polen Litauen bedrohe. Nor einem Sturz Wol^em»''as? Die Oftkrlse Im Spiegel der englischen Presse. London. 26. Nov. Der gefährlichen Spannung zwischen Polen und Litanen schenken die englischen Blätter tm Zu sammenhang mit der Sowsetnote an Polen und den gleich zeitigen freundschaftlichen Vorstellungen deS russischen Brr- tttter» bet der litauischen Regierung, in Kowno erneute Be- achtung und weisen darauf hin. daß Moskau in Warscha« und st,«n» ganz verschiedene »««arte« «ng«»«ndt habe. In einer Rigaer Meldung der „Times' wird gesagt, daß die Vertreter der benachbarte» Staaten bet dem litauischen Ministerpräsidenten Woldemaroö Vorstellungen erhoben hätten, in irgendeiner Weise eine konstitutionelle Regierung zu bilden, da sonst eine .Katastrophe nnvcrmcidbor wäre. Es bestätigt sich, daß die Vertreter Englands. Frankreichs und Italiens bet der iitanische» Regierung de» dringenden Wunsch aus sriedlichc Beilegung des Konflikts ausgesprochen habe«. Dem zweimaligen Besuche PiksudskiSin Wilna im Verlause einer Woche und seine» Besprechungen mit hoben militärische» und diplomatischen Vertretern Polens werde, so äußern sich die englischen Blätter weiter, namentlich aus russi scher Seile größte Bedeutung bcigcwessen. Unter russischem Einfluß mache sich in Litanen bereits eine gewisse Nervosität bemerkbar. In dem im Anschluß an dir Besprechungen zwischen dern Außenminister Dr. Stresemann und Litwinow ver öffentlichten offiziellen Berliner Bericht sieht die „Times" den Reflex der allgemeinen deuiicbcn Tendenz, dir Sorgen SowsetrußlqndS wegen eines polnischen Angriffs aut Litauen in gewissem Grade ernst zu nehmen. Die „Daily Mall- berichtet ans Ri^a. daß »ach Insormatlone« a«S pvln scher On sie mit der Bildung einer «»«bhLnglge» Reairrnna in Wilna tu wenigen Tagen gerechnet wird. Diese R,g>ernag soll unter dem Schutze Polen» »olle Unabhängigkeit genießen und man hasst, baß il-rer vilduna der Sturz de« Kabiuetts Wolde, mara» »nmlttelbar solgen »ird. Der diplomatische Korrespondent de» „Daily Expreß" weist darauf hin. daß in der Tat seit dem Handstreich Polens aus Wilna tm Oktober 192« der Kriegszustand zwischen Litauen und Posen bestehe. Dem unblutigen Kriege . , .— ... könne ... sehr leicht eine AnSeinanderschuna mit de» Waffe« folgen, pslogenheit fortgesetzt zn sehen, die sich infolge ihrer Regel« Es ist das Wort von der üblichen Wcihnachtskrise ge^ fallen. Ein neues, schillerndes Wort zum Anblasen jener Wählkampsmacke, die nun schon seit Monaten — ein volles Jahr zu früh — von der Linken mit allen Mitteln propagan distischen Aufwandes betrieben wird. Leider auch nicht ganz ohne elne gewisse Beihilfe durch führende Männer des jetzigen RcichSkabinctts. Am letzten Oktobcrsonntag hatte der Reichs- tanzler in seine große Essener Rede das Wort von der Mög lichkeit früherer Reichstagswahlen einsließen lassen, für die sich das Zentrum die Hände frei halte. Und Dr. Stresemann hat es in Braunschweig abgelchnt, den optimistischen Pro pheten zu spielen, der setzt schon weissagt, daß der Reichstag auf jeden Fall eines natürlichen Todes sterben würde. De» Erleuchteten von der Linke» wurde damit zur Gewißheit, was DurchschnittSbegabten zum mindesten reckt zweifelhaft ist: Der Reichstag wird kein natürliches End« findenI Inzwischen sicht man aber den Reichstag, noch längst nicht todcsblcich. in ernster und reckt positiver Arbeit an einer Reihe grundlegender Gesetzentwürfe, an die sich noch keine Negierung vorher gewagt hatte, weil ihnen fester innerer Zusammenhalt und sichere Mehrheit fehlten. RctchS-- schnlgesctz und Strafrechtsreform sind mehr als Berhand-- liingsobjekte der Parteien. Sie sind staatspolitisch und ethisch notwendige Forderungen sür die Zukunst unseres Volkes. Und auch Liquidationsschädengesetz, Rentnerversorgung und BcsoldungSrcsorm. — immer wieder zurückgcstellt, als noch Geld dafür vorhanden war — bedürfen nicht wcntgcr der Erledigung als der Etat deS nächsten IahreS, dessen von Dr. Köhler soeben bekanntgegebenc Umrisse bereits eine recht saubere Arbeit und praktisch betätigte Sparsamkeit erkennen lassen. Seine Verabschiedung ist nicht nur ans innen-, sonder» vor allen Dingen auch aus außeupoliiischen Gründen ein« dringende Notwendigkeit, die jeder Wahlncigung voran- zugchen hat; denn der Schriftwechsel mit dem Reparations« agcntcn hat zur Genüge erkennen lassen, wie eifrig Parker Gilbert über einer glatten und einwandfreien Etatspolitrk wacht. Kein Wunder, daß unter diesen Umständen, wenigstens unter den Regierungsparteien, die Einsicht wächst, daß Parla- »icntsarbciten von solchem Ausmaße und solcher Bedeutung keinesfalls unter dem hydraulischen Druck einer vorzeitigen Wahlmache gedeihen können. Da aber die Opposition sich täglich ehrlich abmüht. dem Reichstag sein Grablied zu singen, sicht sich die Deutsche VvlkSpartci veranlaßt, den vom Wahl- steber Geschüttelten das zur Erkenntnis der Krankheit not wendige Fieberthermometer zu reichen. Unter der recht er nüchternde» Ucberschrift: „Nur keine Wahlpsuckose!" wendet sich nämlich das ossiziöse Organ der Volksparrci. die «Natio- nallibcrale Korrespondenz", vor allen Dingen gegen die falsche Auslegung der Brannschwcigcr Rede Stresemanns, der. weit davon entfernt. Wahlgelpenster an die Wand zu malen, vielmehr auf die Gefahren der künstlich erzeugte» Wahlpsychvse hingewicsen und von den Parteien und Parla menten sachlich verantwortungsbewußte Arbeit ohne Rücksicht ans Wahltaktik verlangt habe. Man steht jetzt all» klarer darüber, daß es sich bet Marx sonwhl wie bei Stresemann bet ihren Hinweisen auf Wahlen mehr um gegenseitige Ein- schüchlcriingsversnchc zur Durchsetzung ihrer auseinander- gchcnden schulpolitischcn Ziele als um innere Neigungen zu vorzeitigen Neuwahlen gehandelt haben dürste. Weiterhin aber betont das volksparteilichc Organ mit aller Deutlichkeit folgende Tatsache: „Der Reichstag erreicht sein normales Ende erst am g. Dezember IÜ28. für die Anberaumung von Neuwahlen stehen also noch weitere 60 Tage zur Verfügung, so daß die Neuwahl normalerweise erst Ende Januar bzw. Anfang Februar lll29 zu erfolgen brauchte. Wozu da die Eile?" Diese klare volksparlcillche Feststellung hat bereit» stark ernüchternd gewirkt; die demokratische Prelle zum mindeste« läßt das deutlich genug erkennen. Die sozialistischen Gewerk schaften sind zwar eben erst noch mit einer für schrankenlose Anslandskredite und für den Einheitsstaat plädierenden Wahlparole beransgctvminen Da man aber gerade in den Opposttlonsparteien großes Gewicht auf die Bvlksoartei legt, die man im nächsten Reichstage trotz aller sozialistischen Ab neigung doch nicht entbehren zu können glaubt, io wird man wobl in diesem Jahre daraus verzichten müssen, mit der „üb lichen Wetbirachtskrtse" eine innenpolitische Ge-