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Dresdner Nachrichten : 16.12.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188612168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18861216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18861216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-12
- Tag 1886-12-16
-
Monat
1886-12
-
Jahr
1886
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 16.12.1886
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inckgrkehrt. Der ankere Bruder. Abel Mauren-, ist heute Steuer, erhebungsvorsteher beim Staatsrath. Emil FloiirenS. der heutige Minister, ist von hoher schlanker Gestalt, mit gebräuntem Gesicht und grauen Haaren und von intelligentem Au-sehe»; man merkt ihm die Anstrengung an, welche c- ihm kostet, liebenswürdig zu sein. Er ist Großgrundbesitzer in Bass», dem seine Hausinteressen über Alles geben. — Eine amüsante Gerichtsverhandlung fand vor dem Panier Polizeirichter statt. Die Dienstmagd Ernestine Ronssel hatte einen, Polizisten gegenüber, der sie aufforderte, nicht stehen zu bleibe», geäußert: »Du machst mir den Eindruck einer Pille I" Der Beamte verklagt, sie wegen Beleidigung während der Ausübung seines Amtes, doch wurde die Angeklagte freiaesproche», weil der Ansicht des Richters zufolge „Pille" keinen Dolus der Beleidigung enthalte. Er führte unter allgemeiner Heiterkeit des Auditoriums viele Fälle an. in deneir Pillen sehr nützlich und wohlthuend wären und habe die Angeklagte nicht eine besondere, vielleicht schädliche Art dicker pharmaceutuchen Produkte angegeben. — Es genügt den französischen Ehauvinisten nicht mehr, sich uni deutsche Produkte durch Verdächtigungen aller Art verdient zu machen, sie greisen nun auch die englischen Erzeugnisse an und wird dein Kriegsminister ein grober Borwurf daraus gemacht, daß in den Kriegsschulen englische Stahlfedern benutzt werden sollen. Der „Federkrieg" war so heilig in den Zeitungen, bah General Boulanger eine Untersuchung ein- lcitete und nun zur Beruhigung der französischen Gcmüther bekannt werden läßt, daß solch' ein unpatriotischer Mibbrauch nur in Mon- treuil vorgekommcn sei und sofort verboten wurde. Nun kann Frankreich ruhig schlafen, kein Schuljunge bedient sich ausländischer Federn. Italien. Gräfin Anna Pecci, die Nichte des Papstes, genas in Nom vor einigen Tagen eines Mädchens. Sc. Heiligkeit hatte sich stündlich über daS Befinden der Wöchnerin Bericht erstatten lassen, und als er hörte, dab Alles vorüber, fuhr er ui's Palais der Gräfin, um seinen Besuch in der Wochenstube abzustattcn. Die gesammtc Dienerschaft und die Wärterinnen empfingen den Papst kiiiecnd, doch dieser bedeutete ihnen, sie mögen aufilcheu und schärfte ihnen ein, die Wöchnerin gut zu pflegen. Der Papst küsste seine Nichte und lieb sich die neugeborene Kleine zeigen, die er segnete. Tie neugeborene Komtesse wird auf Wunsch des Papstes „Paulina" Heiken. Als der Papst sich entfernt hatte, fand man in der Wiege kostbare Schmucksachen für die junge Mutter und deren Töcdterchen. Das Märchen von der „Gefangenschaft" des Papstes wird durch diesen Ausflug nicht gerade verstärkt. Eine Stadt, die cinzustürze» droht, ist Bagnara in Calabricn. Es sind dortselbst 23 Häuser emgestürzt und das gleiche Schicksal droht andern, 24 Gebäude». Tie Ursache der Katastrophe liegt in einem im Bau begriffenen, falsch angelegten Tunnel. Die Er bitterung gegen die Leiter des Eisenbahnbaues ist eine auker- ordentliche und muhte Militär reguirirt werden, um diese sowie das Baupcrsonal vor der Wuth der Bevölkerung zu schützen. England. Die Regierung bat beschlossen, die egpptische flehende Armee auf 10,000 und die Okkupationsarmee aui 5000 Nüiiin zu reduziren, wodurch die Ausgaben der cgpptischen Negie rung für militärische Zwecke bedeutend vermindert würden. Stanley, welcher die Expedition zur Unterstützung Einin Deys befehligen soll, wird am 22. d. M. in London erwartet. Derselbe wird die Organisirung der Expedition überwachen. Das vom Gerichtshöfe in Dublin im Prozeß Dillon gefällte Urtheil erklärt den Plan der Pächter, eine Organisation zu bilden zum Zwecke, die Zahlung des Pachtzinses ganz von ihrem Beliebe» abhängig zu machen, für ungesetzlich und die Reden Dillon's als nccignet. eine Verletzung der Verträge und öffentliche Unordnung l.erbriziiführen. Dillon wird autgegeben, ffit sich selbst eine Kaution von 1000 Pfund Stert, zu leisten, und innerhalb >2 Tagen zwei andere Bürgen zu stellen, welche ein Jeder 1000 Pfund Stcrl. als Garantie für Dillon's künftiges gutes Verhalten zu leisten hätten. Würden diese Garantien nicht gegeben, so verfiele Dillon in eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten. London. Es scheint, daß die Rede Moltkcs und der Bericht des- Majors Haberding im deutschen Reichstage von solch' konsier- nirendcr Wirkung auf das englische Publikum waren, daß erst jetzt die Zeitungen sich zu regen amangen und die einzelnen Sätze im Vergleich mit ähnlichen Aussprüchen in der französischen Kämmer einer genaue» Besprechung unterziehen. Die Majorität der engli schen Blätter drückt sich um eigene Meinung herum und meint, da» Frankreich und Deutschland Erbfeinde find und man bei diesen die «schuld am Ausbruch von Feiiidscliakcitcn Keinem absprechen kann. Wenn Frankreich auch noch nicht die Truppenstärke Deutsch lands besitzt, so ist cs in der Artillerie dem Gegner doch bedeutend überlegen. Deutschlands Infanterie, hingegen seit der neuen Be waffnung mit Rcpetirgewehrc», leiste mehr; dies müsse man bedeu ten und man wird verstehen, daß die drei Millionen deutscher, österreichischer und rumänischer Soldaten sich nicht vor den 5 Mil lionen Russen und Franzoien zu fürchten brauchen. Die russische Armee sei übrigens nur ein .Heer, das auf den, Papiere steht. — Der englische Gesandte in Petersburg, Sir MorrieS, ist plötzlich nach London abgcreist. Er gab noch am selben Abend eine Gc>ellschnst zu Ehren des russischen Gesandten in London, Baron Etaal. Der Fall wird sehr kvmmentirt. — Ein reicher Engländer Namens Jakob Skitten hat znm Andenken an den berühmte» Ele- samen „Jumbo" eine große Marmorplatte aus einem Granitsockel, einen Elefanten darstellend, gestiftet. Die in goldenen Lettern ans der Tafel angebrachte Jmchrist lautet: „Znm Andenken Jumbos, Königs der Elefanten, Geboren in Afrika 1801, Gestorben in St. TbomaS (Amerikas 15. September 1885 ca. 14 Jahre alt". Weiter heisst eS dcinn: „Ein Herz schlug hinter dieser ledernen Brust, Und Tbräne» flössen die hartbäutiae Wange herab. Kinder kletterten aus seinen Rücken und küßten sein Gesicht und fingen nach seinem Namen und Aufenthaltsort, Alter und Rasse. Ewig wird Dein Andenken fort- lcben in seliger Erinnerung und tiefem schmerz". — Eine sehr zahl reich besuchte Versammlung der Bäckermeister und Gesellen fand in der Memorial Hall in Fcirriiigtoir Street statt, um gegen die zu nehmende Sonntagsarbcit zu protestircn. Früher wäre cs selbstver- ständlich gewesen, daß am Sonnabend das letzte Brod gebacken und nicht vor Montag früh mit dem Geschäft wieder begonnen wurde. Seitdem aber ausländische Bäcker nach London gekommen, die cs mit den gesetzlichen Bestimmungen und Sitten Englands nie genau nehmen, wäre eine förmliche Revolution ausgcbrochen. Um die Konkurrenz anszuhaltcn, müsste man auch am Sonntag arbeiten. Man beschränkte sich auf Weißbrodbacken, io daß man um 11 Uhr fertig war und die annen Leute noch Gelegenheit hatten, ihr Mittag essen beim Bäcker zu kochen. Die Bäcker verlangen energisch volle Sonntagsruhe und sind diesbezügliche Schritte beim Ministerium des Innern bereits cingelcitct. — Ein Meeting der Landeiacnthümer von Wales beschloß eine „Landbesitzcrvertheidigunqsgcsellschast" für Nord-Wales zu gründen, welche den Zweck hat, die nationalistische Agrarliga zu bekämpfen. — Ter Prinz von Wales niit Familie wohnte der Eröffnung des neuen Hippodroms „Olympia" m Ken- sington bei. Dieses Etablissement ist das großartigste und ele ganteste, waS je im Eirkuswesen auf der ganzeil Welt geleistet wurde. Es gehören dazu 400 Künstler und Künstlerinnen, 300 Pferde, 80 Ponics, 5 Elefanten, 38 Hirsche, 6 Gemse», 12 Ziegen, 20 Widder, 30 Eiel und Maulesel, 12 Tiger. 3 Löwen, 50 Affen und 140 Hunde. Das Orchester besteht aus 100 Mitgliedern und die Zahl der römischen Wagen, historischen Geschirre w. ist eine fast unglaubliche. — Mr. Booth. der General der Heilsarmee, ist von Amerika zurückackchrt und physisch vollkommen gebrochen; er hat nicht weniger als IM Versammlungen abgehalten. Rußland. Die Macht des Nihilismus in Rußland scheint, wenn auch noch nicht vollständig gebrochen, so doch im Niedergang begriffen Als ein bcmerkcnöwertheS Anzeichen der rückläufige» re volutionären Bewegung in Rubland muß der Umstand bezeichnet werden, daß seit einigen Monaten angesehene, im Ausland weilende Nihilisten, den Botschaftern von London und Paris ihre Unter werfung anzeigend, um Pässe nach der Heimath baten- Den reuigen Nihilisten wird die Unterwerfung unter die Landesgesetze leicht gemacht: gegen Ausstellung eines Reverses an die Botschaft, daß der Betreffende sich von der revolutionären Partei ei»- für allemal lossage, erhält derselbe den gewünschten Pak nach Russland. Wegen der Vergangenheit soll der reuige Nihilist bei seiner Rück kehr nach Rußland in keiner Weise belästigt oder verfolgt werden; jedoch erhält derselbe von der Regierung eine Stadt zum Aufent halte angewiesen, welche er in den ersten Jahren nach seiner Rück kehr nicht ohne Erlaubnik der Behörden verlassen darf. Ein brmcrkenswcrther amtlicher Artikel im Petersburger „Nc- gierunascuiz." kehrt sich mit Schärfe gegen die deutschfeindliche Sprache der panilavistische» Presse. ES heißt dabei: Die Ereignisse in Bulgarien Hütten im russischen Publikum und in der Presse eine durchaus begreifliche Erregung hervvrgerusen. Bei Besprechung der Beziehungen der enropäiichcu Machte zu Rubland hätten inehrcrc Zeitungen zu Miithmaßuiigen und Voraussetzungen ge griffen. Die aus so schwankendem Boden basirten Raisonncmcnts wichen nicht nur von der Unparteilichkeit ab, sondern sie seien zu weilen in ausdrücklichen Widerspruch mit der Wirklichkeit gerathen Durch solchen Charakter zeichneten sich einige jüngst erschienene Aussätze auS. welche der deutschen Politik gewidmet seien und worin dem russischen Publikum beigebrackt werden solle, daß Rußland die Schwierigkeiten, welche eine besrievigende Lösung der bulgarischen Frage hinderten, vornehmlich dem geheimen Widerstande Deutsch lands verdanke, welches als gefährlicher Feind Rußlands dargestellt werde und UrbleS gegen die Würde und Sicherheit Rußlands im Schilde führe. Man könne nicht umhin, solche Ausschreitungen zu bedauern. Mit Deutschland als unmittelbarein Nachbar sei Ruß land durch zahlreiche vitale Interessen verknüpft, dank welche» die Beziehungen beider Mächte von jeher kontolidirt und schon mehr fach erprobt seien. Solche Beziehungen seien gleicherweise für die Wohl iahet beider Länder wichtig, was auch von ihren Regierungen anerkannt werde. Man könne nicht umhin, zu wünschen, vaß diese Beziehungen noch lange Jahre svrtdauern möchten, indem die kaiicr- liche Regierung fest beabsichtige, wie früher, speziell den deutschen Interessen gegenüber die gebührende Rücksicht vlnvalten zu lassen. Dieselbe habe vollen GrunP versichert zu sein, daß auch Deutsch land seinerseits fortfahren werde, sich aller Aktionen zu enthalten, welche die Würde Rußlands und die Interessen desselben berühren könnten, welche durch die historischen Beziehungen Rußlands zu seinen Glaubensgenossen entstanden seien und daß der Einfluß Deutschlands lediglich auf Erhaltung des Friedens gerichtet sei, dessen Europa bedürfe, und der gleicherweise Gegenstand der leb haftesten Wünsche des Zaren wie seines Volles sei. Je verwickelter und mißlicher die politischen Umstände seien, desto größere Vorsicht und Kaltblütigkeit sei bei der Schätzung derselben geboten. Um so weniaer könne man folglich die Ucbcrstürznng und den Eigendünkel der Raisonnements rechtfertigen, welche durch gewisse Prehorgane an den Tag gelegt worden seien, deren Stimmen durchaus nicht be deutungslos für die internationalen Beziehungen seien. Bulgarien. DaS erste türkische Rundschreiben, welches die Kandidatur deS Minarcliers empfahl, hatte in Sofia einen merk würdigen diplomatischen Skandal zur Folge. Der Minister Natiche- witsch hat nämlich die Note den Vertretern der Mächte mit- aetheilt, worüber der türkische Gesandte Gadban in fassungslose Wuth gerieth und Natschewilsch gegenüber eine beleidigende Lärm,neue aussühcte. Als er später wieder während der Abwesenheit des Ministers desAeußeren ausdasMinisterium kam, schrie er den Diener, der ibm die Abwesenheit seines He.rn mittheilte, an. den Minister solle dcr Teasel holen. Daraufhin ließ Natschewilsch Gadban ersuchen, fernere Mitthci- lnngen schriftlich zu machen, da er sich in seinem eigenen Hause nicht in Anwesenheit der Diener beleidigen lassen wolle. Diese Eröffnung wurde von Gadban mit groben Schimpireden entgcgengcnommcn. Später machte Gadban auch den Regenten öffentlich eine Szene. Auffallend ist, daß Gadban's Zorn sich auch gegen die diplomati schen Agenten richtet, die er ohne Ausnahme in roher Weise be schimpfte und „Pclcvenks", zu deutsch Kuppler, nannte. Gadvcm's Ansehen ist in Sofia so viel gesunken, daß man solchen Ausbrüchen keinen Werth beilegt. Immerhin dürste sein Benehmen gegen die Agenten sein weiteres Verbleiben in Sofia unmöglich machen. Die kaiserlich russische Negierung hat in der bulgarischen Bank 700,000 Francs liegen und bei derselben angescagt, wann sie die Summe zurückerhalten könne, worauf die Bank die Antwort: ^Zn jeder Zeit" crtheilte. Nu» bringen Wiener Blätter folgendes Telegramm aus Sofia: „Der deutsche Konsul, Baron Thielmann, stellte an die bulgarische Bank das Verlangen, die von der russischen Agentie bei derselben oeponirteii 700,000 Francs nach Berlin zu transseriren. Die Bank benachrichtigte Thielmann, daß dies in drei Tagen geschehen sein werde." — Die bulgarische Regierung hat die russischen Aerzte Dr. Ochs und Dr. Petrowics, weil sie das Volk ausznwiegeln versuchten, ans Bulgarien ansgemiesen. Amerika. Der Pariser Gcmeinderath hatte den Beschluß ge faßt, sich zu Gunsten der Begnadigung der zm» Tode vcrurtheilten Chicagoer Anarchisten zu verwenden, und den Gesandten der Ver einigten Staaten McLane in Paris eriucht, dem Gouverneur des Staates Illinois eine dahinzielende Petition zu übermitteln. Der Pariser Gemeinderath hat sich mit diesem Vorgehen einfach lächerlich gemacht, und das hat ihm Herr McLane. welcher sich in der Ange legenheit sehr taktvoll benommen, ziemlich deutlich zu verstehen ge geben. Der Gesandte erklärte sich zwar bereit, die betreffende Petition an ihre Adresse zu übermitteln, bemerkte indessen den Gc- meinderaths-Mitglicdern, ihre'Einmischung werde in diesem Falle zwecklos lein, da sich die Vcrnrtheiltcn eines gemeinen Ver brechens, nämlich des Mordes, schuldig gemacht; ein politisches Vergehen welches vielleicht eine derartige Verwendung um Be gnadigung rechtfertigen würde, liege nicht vor. Herr McLane hielt den Franzosen ferner aus diesem Anlasse eine Vorlesung über unsere sozialen und politischen Institutionen, ans welcher sie ersehen konnten, daß sie sich gehörig mit ihrer Einmischung in diesem Falle btaniirt. und dass Frankreich von seiner Schwester-Republik noch Manches lernen kann. In Amerika hat der auf vollständiger Unkenntnis; der dortigen Verhältnisse beruhende Schritt der Pariser Behörde, gelinde gesagt, großes Vekremdcn erregt. Der Schatzsekretär Hewilt hat in der Neprü>'entante»kain»icr eine Vorlage cingcbracht, das Schatzamt zu ermächtigen, die Zal> lung der Zinsen für die niit mehr als 3prozentigen verzinslicher Anleihen zu antiziviren. Das Schatzamt soll 75 bis 80MillDoll hierzu verwenden könne». Afrika. Die Airikcmischc Gesellschaft in Mailand erhielt anS Zanzibar die Nachricht, daß Mnango, König von Uganda, mit seinem Heere in das Reich Unioro eingefallen sei und dessen König Kavrega, sowie 10,000 seiner Getreuen habe hinschlachten lassen. Dr. Emm Vcy sei daher jetzt gänzlich in der Gewalt Muangos. wenn man Ihn ln den nächsten Rollen sich in dem eigentlichen Fahrwasser und hoffentlich mit recht viel Glück hat erst bewegen sehen. Schließlich sei hcmcrkt, dag das Publikum die Hanvtvei- treter, auch den Gast, mit wohlverdientem Beifall und .Hervomlie» auszeichnete. Franz K vpp el - Ellield -j- Kgl. Hoftheater (Altstadt). Die vorgestrige Reprise von Roisini's „Barbier von Sevilla" bot Herrn S ch c i d c m a n l e l Gelegenheit, sich hier zum ersten Male als Figaro zu bewähren. Nach dem, was man bisher von Herrn Scheidemantel zu hören ge wohnt war. durste man eine gute Leistung erwarten eine solche bot Herr Scheidemantel. Gleich schlagfertig im Dialog wie »r der Musik zeigte dee Künstler neben einer iniponirenden Eantilene eine überraschende Beherrschung des Parlando, der Fioriturcn und allem Anderen, was zur Bnssv-Opcra gehört, so daß man, nach der Voll kommenheit zu urtheilc», mit welcher er sich seiner ziemlich schwie rigen Aufgabe entledigte, wohl annehmen darf, dak er diele Partie anderwärts schon öfter gesungen haben muß. Es bleibt also nur zu konstatiren, daß seine Figaro-Darstellung eine abgerundete künstle rische Leistung war, zu welcher man ihm aufrichtig gratnliren darf. Die Vorstellung selbst verlief in gewohnter, d. h. in vorzüglicher Weise. Hofralh Schuch leitete das Roisini'sche Meisterwerk mit der selben Hiiigebiing und Feinheit der Nüancirung, als ob er vor einer Wagner'ichcn Partilur sähe. Das ist u. A. an diesem Dirigenten das BewundernngSwüldiae, daß er in seinem künstlerischen Thun und Lassen ebenso wohl Rossini wie Wagner, Bellini wie Beetho den gleiches Recht, oder, was s dasselbe jage» will, gleiche Hingebung e Besetzung und Darstellung des „Bar Aeuilleto». ß Kgl. Hostheater. (Neustadt). „Gras Waldemar", Schau spiel in 5 Auszügen von Gustav Freytag. Sämmtliche Literar historiker, Kritiker. Jonrnalisten und schließlich der gefeierte Dichter selbst schreiben seinen Namen nicht mit dem wochentäglichen i. sondern dem exclusiven y. Obschon min der liebe Gott mehr auf's Herz, als die Orthographie sehen soll, so könnte cs doch nichts schaden, wenn unser Theaterzettel sich endlich auch der richtigen Schreibart anbeaucmte. Ter nrdeutichc Gustav Freytag also hatte anfangs auch seine sranzösischcn Anwandlungen, „Die Valentine" und „Graf Waldemar" Wiste» davon zu erzählen. Laube hat be hauptet, „Graf Waldemar" lebe nur in Wien in guten Verhält nissen. Es ist allerdings eine Glanzrolle Sonnenthals, dessen geistige und formelle Ucberlcgenheit ini modernen Genre als „Wal dcmar" Triumphe feiern kann. Auf den meisten Bühnen hatte das Stück mit ungenügender Jniceneictznirg zu kämpfen: in Berlin wurde seiner Zeit der allerdings beinahe unmögliche letzte Akt so ungeschickt behandelt, daß das Schauspiel noch im Haien Schiffbruch litt. An unserer Hosbühnc hat „Graf Waldemar" eine Jnscenc ge funden, welche der am Burgthentcr kaum nachstehen dürfte, und die Besetzung in den Hauptrollen mit Herrn p. d. Osten, Frl. Ulrich und Herrn Klein kann nicht günstiger gedacht werden. Auch vor treffliche Einzelheiten der Leistung des Frl. Hell als Gertrud sind von der hiesigen Kritik bereits gebübrcnd gewürdigt worden. Herrn Kramers Gärtner Hiller ist ein Kavinctstück in seiner Art und Herr Erdmann stellt als Kammerdiener Box ein vortreffliches Pendant dazu. Mit einem Wort — in besseren Verhältnissen als bet uns kann sich „Gras Waldemar" ans Gottes Welt nicht befinden und von Herrn Nhil. der als Gast die Titelrolle spielte, ist wiederum zu sage», daß er denselben schweren Stand wie neulich als Don Ccsar hatte und sich alle Mühe gab, mit Ehren zu bestehen. Mit welch' hinreißendem Feuer spielte Frl. Ulrich, die im 4. Akt sich förmlich selbst übertraf, die Fürstin Udcüchkin! Mit welch' kecker Realistik gab HerriKlein den brutalen Fürsten Fedor. Da war jedes Wort echter grobkörniger Caviar. Dazwischen brachte der Gast den Grafen vielleicht etwas zu gemessen und feierlich, im Ganzen aber init oft recht wahrer Empfindung und häufigen lobenswerthcn Anläufen zu treffender Charakteristik recht anständig zur Geltung. Wenn es ein „gemischtes Fach" an der Bühne gicbt, so ist Graf Waldemar ein Hauptrcpräseiitant desselben. Die cvnischc frivole Ironie des Rons, der Alles bis zum Ekel durchgckostet bat, mischt sich mit einem unverwüstlichen Fond angeborener Tüchtigkeit, die den Sieg davon trügt, nachdem die reine Liebe Gertruds dem Grasen geholfen hat. sein Herz zu entdecken. Diese Mischung so zu gestalten, daß ein ungemischter Genuß für den Zuschauer dabei hecauskommt, dazu gehören glänzende schauspielerische Mittel. Es wäre ungerecht an dieicr Stelle zu verschweigen, daß Herr v. d.Ostc» besonders günstig für diese Rolle veranlagt ist. .Herr Robert Nhil soll unseren genannten Heldcnspicler. dessen Nvllcnconto im Hanpt- bnch unseres Schanspielrepertoirs 'ehr hoch ausgelaufen ist. ent lasten. Man hat den Gast bis jetzt als Don Ecsar und Graf Waldemar vor die Entscheidung der Kritik und des Publikums ge stellt-die Regie wird aber nicht daran denken, die Nolle dcs Ccmr dem Herrn v. d. Osten abzunehmen und die Rolle des Grasen Waldemar nbzugcbcn: daran wird Niemand weniger denken als Hm v. d Osten selbst. Wenn man trotzdem aus dcni oben ange- dcutetrn Gesichtspunkt das Engagement des Gastes nach dem aün- stigen Gcsammteindmck schon jetzt mit gutem Gewissen empfehlen könnte, so wird man cs sicher noch mit mehr Nachdruck thnn können. bicrs" schon oft besprochen und gewürdigt wurde, sei doch zum io und so vielsten Male wiederholt, baß Frau Schuch eine vorzügliche Rosine und Herr Erl ein unvergleichlicher Almaviva ist. Beiden Künstlern sind ihre Partien vollständig in Fleisch und Blut über gegangen und es ist ein wahres, von keiner Nebensächlichkeit ge trülstes Vergnügen, ihren vollkommenen Leistungen zu folgen. Die geistreichen und musikalischen Schönheiten und Lazzi der unver gleichlichsten aller komischen Opern gelangen genannten Künstler — welche in den Ensembles von Herrn Decarli (Basilio) und Eich- bergcr (Bartolo) in wünschenswerthcster Weise unterstützt wurden — wie immer auch diesmal ans das Beste und es blieb nur Eines zu bedauern: eine so vorzügliche Darstellung vor einem gähnend leeren Hause abgespielt zu sehen. H. Sk. V Kammmäiiger Theodor Neichmann, der von ver schiedenen Seiten ernstlich krank gemeldet wurde, singt heute friich und munter und jedenialls ganz vorzüglich den „Trompeter von Säklingen" im Kgl. Hosthcater (Altstadt). Eine andere Partie wäre zu schön gewesen. — Im Ncustädier Harne setzt Herr N h i l hcute^seii, Gastipiet als Dr. Ernst Müller in „Tilli" 'ort. Nächsten Dienstag singt Herr Reichniai», den Wotan in der „Walküre". v Statt .,'Fiesko" findet morgen im Kgl. Hostheater (Altstadt! eine Aufführung des Putlitz'schen ^chausviels „D a s Test» in c n : des großen Kurfürsten" zu erinüsjigten Preisen statt. Fiesko geht nächsten Montag niit.Herrn Dettmer in der Titelrolle in Scene. V Kgl. Hostheater. (Altstadt.) „Preciosa" als 3. Vor stellung im W e b e r - E Y k l u s. Zur Vervollständigung der Be sprechung dieses Cyklus ieinoch nachgetragcn, daß „Preciosa" am Montag in einer dem Meister würdigen Weise zur Darstellung ge langte. Die Regie hatte au Pracht der Ausstattung das Mög lichste geleistet, so daß in dieser Beziehung nichts zu wünschen übng blieb. Die pocsivolle, hochromantochc Musik Carl Maria v. Webers kam unter der Leitung des Kgl. Musikdirektor Riceius mit ihrem ganzen Zauber zu vorzüglicher Geltung, und doch konnte man sich an der Vorstellung im Ganzen nicht recht erwärmen. Lag es an dem leider nur spärlich dejctzlen Hause — oder daran, das; man sich mit der Darstellung der Titelrolle durch Frl. Bastö, welche sich trotz schöner äußerer Erscheinung nicht recht in den romantischen und heroischen Charakter der Prccioia zu finden wusste, nicht einver standen erklären konnte, kurz es kam während des ganzen Abends zu keinem rechten Fest-EnthiisiasmuS. Die Ausführung der übrigen Rollen, namcinlich die Darstellung des ZigeuncrhanptmaiinS durch Herrn Porth, Hecr Schubert als Schlotzvoigt, Herr Dettmcr als feuriger Liebhaber Don Alvnzo und Frl. Berg als Wiarda ließen nichts zu wünschen übrig. v Im heutigen Acwcrbehanskonzcrt gelangt eine neue Konzert- Ouvcrtnre vonM a x Renner, unter Direktion des Com- ponistcn zur erste» Aufführung. -s Im vorgestrigen Konzert der G ew erb eh a us - Kap e l l e unter Direktion des Herrn Kapellmeister Stahl trat eine noch sehr jugendliche Violin-Virtuosin. Frl. Rcin h ard t. auf. Gewiß werden die regelmäßigen Besucher dieicr Konzerte dem Dirigenten dankbar, für Vorführung neuer junger Talente sein; ist es doch eine Abwechselung, ein wenn auch mir vorübergehendes Interesse er weckendes Ereignis; für einen Konzert-Abend. Ist mm das smrge Talent noch dazu ein ammilhigeö bescheidenes Mädchen, so ist die Ausnahme allemal eine srcmidliche. Frl. Reinhardt ist noch im künsllerischen^Werdcn begriffen und die Au'drnckssählgkcit noch nicht zu der Selbstständigkeit gelangt, die dem Vortrag des Virtuosen den eigentlichen Reiz verleihen muß. Aber ihre Technik hat be- merkeiiSwcrthe Sicherheit und ihr Ton, obschon nicht groß, ist doch angenehm und in den sanglichen Stellen sogar von zarter Schvn- heir. Sie erfreute immerhin und fand auch lebhaften Bestall. 1' Das übermorgen stattsindende Konzert des sungcn schottischen Pianisten, Herrn Frcderik Lnmond. erweckt in den musikaliichen Kreisen Dresdens ein vielversprechendes Interesse. Freden! Lmiiond, in Glasgow in Schottland geboren, ist Schüler von Bülow und Liszt. Trostdcm er eigentlich noch im Jünglingsalter steht, wird ihm eine große geistige Reife, die sich selbst bei den schwersten Aus gaben gellend machen soll, mgesprochen. V Unter den Berliner Musikern wurde unmittelbar nach dem Dresdner B ü l o w - S ka nd a l eine Adresse in Cirknlation ge setzt, die unter Versicherung der unbegrenzten Verehrung für den Künstler die Vorgänge in Dresden vcrurtheilte und ihm für den Fall seines Kommens nach Berlin einen herzlichen und ungetrübten Empfang versprach. Wie man der „Rat. Ztg." mittheilt, ist diese Adresse nicht abgeaangen, weil die Zabl der Unterzeichner eine zu geringe blieb. Namenllich unter den hervorragenden Künstlern Berlins war die Stimmung der Absendung sehr entgegen. s- Die Klavicrpirtiwsin Frl. Margarethe Stern giebt it;r diesjähriges Konzert im Verein mit Herrn Konzertmeister Grüß- machcr, Grokhergl. Meckl. - Schweriner Hofoperniängcr Carl Hill und .Herrn Pros. Eugen Krantz am 29. d. im Saale des Hotel de Saxe. Das Programm enthält n. A.: Sonate T-ä»r >ür Klavier und Cello von Beethoven, Carncval von Schumann, Klavierstücke voir Liszt, Gricg, Träseke, Dclibes, Violineettosoli von Schumann und Lieder von Schnbcrt, Grädener. Schumann und C- Löwe. -ß Gestern kehrte Herr v. d. O st e n aus Halle zurück, nachdem „die Befürchtung seines linken Auges", ein verhärtetes Geschwür, durch eine nothwendig gewordene Operation in der dortigen Gräte'schcn Klinik glücklich beseitigt worden ist. Wie schon jo oit hilfsbereit, hat auch jetzt Herr Direktor Karl kaum die beklagenswertste Lage Karl Mittek'S erfahre», als auch er sich den Berliner Bühnen anschlicßt, welche Vorstellungen zum Besten des armen erblindeten Künstlers veranstalten. Die übcrmorgende — Soiinnbcnd-Vorstcllnng — soll diesem Humanitären Zwecke dienen und „Die Novize", die geh so allgemeiner Gunst er sreuk und seit Sonntag jeden Abend ein gut besetztes nnd immer animirtes Haus sicht, wird da wiederholt werden. Möge sich dieser Vorstellung recht viel Thcilnahme ziiwcndcn. — UebrigenS hat das Residenzthcater jetzt zwei — Löwinnen, denn neben Frl. Paiila Löwe wirkt deren Schwester Frl. Klara Lowe mit. welche in dieser Posse als eine der Pensions-Elevinnen ihren ersten theatralischen Versuch absolvirt. — Tagtäglich sind jetzt die Probe» zu dem Weihnachtsmärchen „Die sieben Raben" im Gange. Es wird seitens der Direktion Alles gctban, um der Jugend das szcnenreiche Stück so bunt nnd glanzvoll, wie nur möglich, vorzn- führen. 's- Wildenbruchs „Harold" als Oper aus der russischen Bühne. Am 23. November ging in der russischen Over in «sr. Petersburg ein Opcrnwerk in Szene, das von einem ganz außer gewöhnlichen Erwlgc begleitet war. „Harold", dessen Textbuch von P. Weinberg nach dem Wildciibruch schm Drama licrgestellt und von dem Kapellmeister des genannten Instituts, Naprawnik, com ponirt wurde. Der Musik wird nachgelühmt, daß sie ans der vollsten künstlerischen Höhe der Aufgabe stehe, wahr und echt empfunden sei, sich in wolildurchdachtcr nnd abgewogener Steigerung und Hal tung in stetem, engstem Anschlüsse an Text und Situation bewege — kurz, von einer iinpoilircnden Genialität Zeugnis; gebe. Dciitickie Hörer, welche der Vorstellung anwohiiten, meine», das; diese glänzende Novität hauptsächlich auf deutschen Bühnen zu ihrer höchsten Geltung gelangen müsse. iS * In Iden Forsten des königlichen Jagdschlosses Soestdhck bei Luxemburg ist kürzlich eine Jagd auf Eichhörnchen vorgenonnnen worden, weil sic die Tannen »nd Cedern zu Grunde richten. Binnen drei Tagen wnrdcn nicht weniger als 600 dieser Thicrchcn erlegt.
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