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blinkenden Tröpfen, die auf Busch und Strauch zurück geblieben sind. Mariannes Blick gleitet gedankenverloren über die mit steiler Kinderschrift bedeckten Seiten, auf einem Blatte aber haftet der Blick länger, stärker. „Ein seltsames Ereignis" steht an dem Kopfende des Blattes. „Heute ist mir ganz Seltsames passiert. Noch klopft mein Herz stürmischer, noch fühle ich, wie mir das heiße Blut in die Wangen steigt, wenn ich zurückdenke. Ich saß in den Zweigen meines Kastanienbaumes, in dem ich fast immer sitze, wenn Papa im Bureau weilt und Mama ihr Nuhestündchen hält. Ich beobachtete die Spaziergänger, die über die Brücke gehen. Es sind ihrer nicht viele, meist Menschen, die in eilendem Schritt zu ihrem Tagewerke gehen. Ganz einzelne gehen auch längs der Gartenmauer am Stadt graben entlang. Auch er ging dort, von dem ich schreiben möchte, und er sah so tieftraurig aus, daß es mir ganz eigen und Weh ums Herz wurde. Lange stand er still und starrte in das trübe Wasser. Ich konnte sein Gesicht deutlich sehen, denn er stand gerade unter dem Baume, in dem ich saß. Es war ein hübsches, offenes Knabengesicht, aber aus seinen Zügen lag viel Angst und Qual. „Es wäre ja alles vorbei, wenn ich mich entschließen könnte, da hineinzuspringenl" sagte er plötzlich halblaut. Ich schrie auf, aus Angst, er möchte sein Vorhaben aus- sühren, und durch meinen Schrei erschreckt, blickt er empor. Er staunt, verwirrt sahen wir einander an, dann plötzlich ging ein Lächeln über sein finsteres Gesicht, es war, wie wenn die Sonne plötzlich durch dunkle Wolkenmassen blickt. Und dann klagte er mir seine Not, er hätte. Schulden, Spiel schulden, die er dem gestrengen Vater nicht offenbaren durfte. Ich eilte ins Haus. Welch ein Glück, daß heute mein Ge burtstag war und daß mir Papa eine Geldsumme geschenkt, die gerade hinreichte, seine Schuld zu löschen. Wie seine Augen auflcuchteten bei meinen Worten, welch liebe, gute Augen er hat, und doch wollte er das Geld nicht nehmen. Er ist ja ein so feiner Herr, und wie mir scheint, furchtbar stolz. Schließlich nahm er's doch als Darlehen gegen monatliche Rückzahlung. Ich habe ihm versprochen, am Ersten jeden Monats hier im Kastanienbaum auf ihn zu warten. Ich habe ihn nicht wieder gesehen. Ach Gott, etwas so schreckliches ist ja passiert, seit jenem Tage. Mein Mütterchen ist gestorben, mein liebes, gutes Mütterchen! Ich habe es nicht sterben sehen, Papa wollte mich nicht an das Sterbebett lassen. Zwischen Blumen hat man sie aufgebahrt, wie still und friedlich sie da auf den weißen Kiffen lag, schöner noch fast sah sie aus als im Leben. Ich habe mich in den jetzt leeren Sessel auf die Veranda gesetzt und geweint, so lange geweint, his meine Augen ganz heiß und trocken geworden sind. Nun werde ich hier immer ganz allein sein. Niemand wird mehr „liebe, kleine Anny" zu mir sagen, niemand mich mehr küssen oder mir Haar und Wange streicheln. Doch mitten in meinem Schmerz kam Tante Erna. Sie nahm meine Hand und führte mich an Mütterchens Sarg. „Marianne!" sagte sie sehr ernst, aber doch freundlich, „du darfst um die Tote nicht allzu sehr trauern. Gönne ihr die himmlische Ruhe, sie hat sie Wohl verdient. Du aber mußt deinen Schmerz bezwingen, müßt lernen, das Schwerste im Leben klaglos zu ertragen." Sie ist eine starke, mutige Frau, und doch so gütig, die liebe Tante Erna, ich möchte ihr gerne gleichen. Ich habe mich bemüht, die Tränen, die nur immer wieder kamen, hinabzuschlucken, und ich habe cs fertig gebracht. Nur als man Mütterchen in die schwarze, enge Grube senkte, habe ich noch einmal fafsstngslos geweint. Vater ist so still und ernst, ich fürchte mich fast vor ihm. Heute hatte er eine lange Besprechung mit Tante Erna. Ich hörte, wie sie von Mama sprachen und auch von mir. Als ich Papa „Gute Nacht" wünschte, blickte er mich so eigen und lange an, dann küßte er mich plötzlich, und ich fühlte etwas feuchtes und warmes auf meiner Stirn. Vater weinte! Mein kleines Herz krampfte sich zusammen bei dieser Wahr nehmung, ich hätte ihm um den Hals fallen, ihn trösten mögen, aber er war schon wieder der kühle, ruhige Mann, der er immer gewesen. Heute schreiben wir den 20. September. Ein wichtiger Tag für mich, denn ich werde in einigen Stunden mit Tante Erna abreiscn in die Heimat meiner Mutter. Darum also war Papa gestern abend so seltsam: die Trennung von seinem Kinde tat ihm weh. Es klingt eigentlich hart, aber dennoch, ich kann nicht traurig sein übe> die Trennung, ich freue mich vielmehr, aus diesem kalte,., finsteren Hause fortzukommen, in dem cs ohne Mutter so öde und leer ist. Mein liebes Tagebuch aber soll mich be gleiten, getreu werde ich alle Eindrücke meines. Lebens niederschreiben. Schloß Brefeld im Oktober. Nu» bin ich schon eine ganze Reihe von Tagen in der Heimat meiner Mutter. Wie schön cs hier ist, wie farbenprächtig die Wälder zur Herbst zeit leuchten! Der weite Park voll Blumen und Sonne, so ganz anders als der dunkle Park daheim. Nun begreife ich, warum Mutter sich so nach ihrer Heimat sehnte. Wer einmal im Bann dieser dunklen Waldcsaugen gestanden, muß sich nach ihnen ja zu Tode sehnen. Eins aber begreife ich nicht, Onkel Ferdinand, der Bruder meiner Mutter, hat meiner Mutter die Heirat nicht vergeben können. Er ist doch sonst so lieb und gut, warum war er denn gegen mein armes Mütterchen so hart? Ist cs denn so schlimm, wenn eine Tochter aus altadcligem Hause sich mit einem bürgerlichen Manne vermählt? Ich begreife .das nicht. Fortsetzung folgt. V / 7Ä> ckr'v «N5 50 äbevsllv V / / ^ OküaLwünvc/ie unck Oon/renLe an/a'55/rc/r ^ v ckanke/r erc/rt /tc/Ä/cü " ^ ^ alten, mcke/re m /.lebe aaveeen Z-eckac/rl ^ ^ ^' /(srV ueicl ' - ^ l?ele/renbnaaek, lar OLlobe,' 79/9. ^ -venu jaulst j^rsjjZig uricl ffvsu Llall Xanleal /Äe ckle aa5 anla'55lle/r anee/ee ii/iemiLL/voF eewleeeae/r /la/äreeLramäel/en anel Oereben/e ea^ea nn> bleer/aer/r anoenea au/nlebll^5len ee/rck 7?ott/üA lm OLloSee 79/9. Ltrickmml, flott und sauber arbeitend, für Längen und Finger gesucht Ravenstein, Gartenstr. 21. tinksskrilker. Nuderslrlüerllll) gesucht Siegmar. Rosmarinstr. 25. L geübte ^ dit-Hmckm in die Fabrik sucht sür sofort Handschuhfabrik, Rabenstein. Geübte in die Fabrik und außer dem Hause sucht 2 zur Aufwartung für den ganzen Tag gesucht. »Mar, Neustadt, Friedhofstraße. kine LiilWNstrickerin gesucht r Sonnksg, Rabenstein. Forststraße 2. Selbständiger Kettenarbeiter gesucht von Ein hübsches, freundliches junges MWen für Konditorei gesucht. Zu melden Sonntag, den 12. Oktbr. Limbacher Straße 7, I in Siegmar. ^Waschfrau' wird gesucht Siegmar, Hofer Straße 33. Für die vielen Beweise der Liebe und Teilnahme beim Hinscheiden meiner lieben Gattin, unserer guten Mutter. Groß- und Schwiegermutter, Schwägerin und Tante zm Mm MK MI für die herrlichen Blumenspenden unseren herzlichsten Dank. Besonderen Dank Herrn Pfarrer Rein für die trostreichen Worte, sowie Herrn KantorKrauße sür den erhebenden Gesang. herzliches „habe Dank" in die Ewigkeit nach. Der tieftrauernde Gatte Bernhard Löbel nebst übrigen Angehörigen. Reichenbrand, den 8. Oktober 1919 Dank. EmilSrunopreitzler sagen wir allen Freunden und Bekannten für die herzliche Teilnahme unsern innigsten Dank. Besondern Dank auch seinem lieben Herm Ehef sowie der Arbeiterschaft der Firma Gesang des Kirchenchors. Dir aber, lieber Vater, rufen wir ein „Habe Dank" und „Schlafe wohl" in deine KHHle Gruft nach. Die trauernden Hinterbliebenen. Relchenbrand, den 11. Oktober 1919. Nilksnrdeiter' lllbin 5üknel keuerinLiiii kmii preirsler aus R.eiakendrLnd aus unserer Nitte gerissen. Wir beklagen den Verlust dieser beiden piliclittreuen Banner Luis tiefste und werden ibnen jederzeit ein edrendes Andenken dewabren. ^irma ttonn L Svkiinsi». Slexmse, 11. Oktober 1919. Größeres SWuiiiiicheo als Aufwartung ges. b.Fr.LLvtrvr, Siegmar. Am Bahnhof Nr. 6, II. Iröentliches Milchen wird für Lagerarbeiten sofort in dauernde Stellung gesucht. Zu melden in Metallgießerei IllviLiLlx . Siegmar. Größerer Schuljunge für StaUarbeit bei guter Ver> pflegung sofort gesucht LüUor» ICavbk., Siegmar, Frtedrich'August.Straße 3. Zuverlässiger ehrlicher Mann für Garten, und Hofarbeiten gesucht Siegmar, Hofer Straße 33. Zwei geübte LillWllstrlckerlMll werden angenommen. Auch werden daselbst Handschuhe zum Rauhen und Garn zum Spulen auoge- geben Rabenfteio, Talftratze 2Y. Eine ehrliche, saubere Frau aller Milchen als Aufwartung sucht sofort Frau Loaa laLQLvnäürksr, Siegmar. Hofer Straße 41. 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