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Wochenblatt für Ar Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein nnd Rottluff. ZS 16. Sonnabend, den 22. April 1811. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. knzeigen werden in der Expedition IReichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thiem in Rottluff entgegen- geuommen und pro Ispaltige Petit-eile mir 15 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Aazeigeo-Annahme in de« Expedition bis spätesten« Freitags nachmittags 8 Uhr, bei de« Annahmestellen bi« nachmittag« S Uhr. VereirrSiuserate müssen bis Freitags nachmittags L Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Bekanntmachung. Am 30. April 1911 wird der 1. Termin Einkommen- und Erganzungssteuer sowie der Stempel betrag für Miet- und Pachtverträge fällig. Diese Steuern sind spätestens bis zum 21. Mai 1911 an die hiesige Ortssteuer^kinnahme abzuführen. Nach Ablauf dieser Frist wird gegen die Säumigen das Mahn- bezw. Zwangsvollstrekkungsverfahren eingeleitet. Der Gcmeindcvorstand zu Rabenstein, am 21. April tSIl. Meldungen im Fundamt Rabenstein. Verloren: 1 Anhängsel mit 2 Photographien. Der Gemeindevorstand zu Ravenstein, am 21. April 1911. Kartoffelfeld-Verpachtung. Das der Gemeinde gehörige Feld unterhalb des neuen Friedhofs hier soll in Zeilen zum Kartoffel legen vergeben werden. - > - Angebote nimmt entgegen der Straßenwärter Oberländer am Sonntag, den 23. April ds. Js. vormittags im Rathause. Weiteres wird später bekannt gegeben. Ravenstein, am 21. April 1911. Der Gemeindevorsiand. Wilsdorf. Schule zu Neustadt. Die Aufnahme der Neulinge erfolgt nächsten Montag, d. 24. April, nachmitt. 2 Uhr. Ravenstein. Nachdem die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt zu Dresden mit der Entsendung der Schwester Marie Tischer ihre vor 5 Jahren erteilte Zusage, die Rabensteiner Station zu besetzen, eingelöst hat, soll die neue Gemeindeschwester Sonntag Quasimodogeniti in üblicher Weise im Gottesdienste der Gemeinde vorgestellt und ein- gewiesen werden. ES ist mit Freude zu begrüßen, daß die Einrichtung der Gemeindediakonie damit aus dem Uebergangsstadium der Ungewiß heit in das erwünschter Stetigkeit k?mmt. Die überaus günstigen Er fahrungen, die die vielen Gemeinden (auch solche in der Umgegend z. B. Reichenbrand, Oberfrohna, WittgenSdorf) mit Schwestern aus dem Dresdner Mutterhause gemacht haben, sichern der neuen Schwester auch in der Parochie Rabenstein ein herzliches Willkommen. Möge sie lange zum Segen aller Pflegebedürftigen in ihrem neu-- Wirkungs kreise arbeiten! Dem Hausväterverbande aber ist für die Erhaltung und Förderung seines gemeinnützigen Wirkens die Treue seiner bis herigen und der Beitritt neuer Mitglieder zu wünschen. Ter Mindest jahresbeitrag beträgt 1 Mark. Anmeldungen können aus dem Pfarramt oder bei der Gemeindeschwester bewirkt werden. — Die Station der Schwester bleibt Gartenstrabe 1398. in Kittels Haus.^ Ravenstein. Allen beteiligten Kreisen, sowie der geehrten -Einwohnerschaft von Rabeilstettr, ,'el"ykrknrit vre kurz? Mtietümg, daß das 50jährige Jubiläum der Freiw. Feuerwehr 1. Komp, nicht am 24., 25. und 26. Juni d. I. stattfinden kann, sondern in- folge des um diese Zeit festzul egen den Verbandstages in Taura erst am 8., 9. und 10. Juli d. I. vor sich gehen kann. Es sei noch er- wähnt, daß die Vorarbeiten zum Jubiläum in flottem Gange sind und wird sich ein demnächst zu bildendes Ehren-Komitee obiger Sache annehmen. Jngeborg. Eine altschwcdische Geschichte von Karl Karolus. Kottsetzung.i „Was hilft mir das? Diese Geschichte spricht sich in der Stadt schnell herum, meine Landsleute hören davon und dann werden sie daheim mit Fingern auf mich zeigen. Das ist eine Schmach, die ich zunächst meiner Base und dann mir selbst verdanke, weil ich mich überreden ließ." »Inge," rief der Prinz feurig, „ich weiß ein Mittel, das alles Gerede verstummen machen wird. Sich, Du weißt, Du hast es schon gemerkt, daß ich Dich liebe wie keine der vornehmen Damen in der Residenz. Bist Du meine Frau, die einstige Königin von Schweden, wird kein Mensch es wagen, Dich zu kränken oder zu verdächtigen." „Ihre Frau soll ich werden? Die Frau einesiPrinzen?" rief Inge erschrocken. „Du verdienst diesen Borzug vollkommen, denn Du bist schön und von Herzen gut. Ich habe Dich nun schon die ganze Zeit beobachtet und es ist meine feste Ueberzeugung, daß Du des höchsten Glückes würdig bist." Eine Purpurwelle überzog das liebliche Gesicht Inges. Ihre Hand zitterte in der des Prinzen. Groß ruhte ihr Auge auf dem erregten Antlitz des Mannes, der ihr ein solches Geständnis seiner Liebe gemacht hatte. Noch vor wenigen Stunden war sie tief gekränkt worden und jetzt be gehrte Schwedens Kronprinz sie zur Frau. Unwillkürlich machte sie die Entdeckung, daß der junge Prinz eigentlich ein schöner Mann war. Verwirrt schlug sie schnell die Augen wieder nieder. „Inge, ich will nicht eher wieder sortgehen, als bis ich von Dir eine bestimmte Antwort erhalten habe. Ich kann ihn nicht länger ertragen, diesen schrecklichen Zustand des Zweifelns und Höffens, der Besorgnis um Dich und Dein Schicksal, das von Neid und Verleumdung umgeben ist. Ich will und muß Gewißheit haben. Werde meine Frau, Inge, und ich will Dich lieben und achten, wie es der künftigen Königin geziemt. Inge, sage „ja!" Seltsam! Während der Prinz flehend zu ihr sprach, tauchte das Bild Erich Klaasens vor ihr auf und tief in ihrer Seele erklang die Mahnung, nicht um ihres schönen Gesichtes willen Geld zu verdienen. Jetzt verstand sie plötzlich die ernste Warnung. „Lieber Herr, es kann ja ihr Ernst nicht sein. Bisher habe ich den vornehmen Leuten zur Belustigung gedient, und Sie meinen jetzt, den allergrößten Scherz mit mir treiben zu können." Der Prinz beteuerte, daß er nur seine heiligste, innerste Ueberzeugung ausgesprochen habe, und daß er alle Hinder nisse überwinden werde, die sich der Verbindung in den Weg stellen könnten. Er »erstieg sich sogar zu der bekannten Phrase vom Sterben in seiner leidenschaftlichen Erregung. Still entzog ihm Inge ihre Hand. „Sie wollen eine offene Erklärung?" „Ich bitte herzlichst darum, mein Lieb. Fällt sie günstig für mich aus, so stehst Du fortan öffentlich unter meinem Schutz. Aber der lästernden Welt gegenüber bleibst Du solange verborgen, bis ich Dich als meine Gattin zeigen werde." Inge hatte einen schweren Stand, über den ihr aber ihr gesunder, natürlicher Verstand und die reine Liebe zu Erich hinweghalfen. Wie manches Mädchen an ihrer Stelle würde der glühenden Werbung erlegen sein, geblendet von dem Glanz, der ihrer harrte. „Das Versprechen, das man einmal gegeben hat, muß r biS-znm -Todc^halten." „Darin kannst Du Dich auf mich verlassen!" „Ich habe mich Erich Klaasen versprochen, Sie wissen es ja. Er ist zwar nur ein armer Bauer, aber ich war auch so arm, als er um meine Hand anhielt, die ihm meine alte Mutter zugesagt hat. Was würden Sie selbst von mir denken, wenn ich mein Wort bräche? Müßten Sic nicht fürchten, ich würde auch Ihnen wortbrüchig? Wer einmal lügt, lügt noch öfter, sagte mein seliger Vater, und deshalb habe ich mich stets vor der ersten Lüge gehütet." Prinz Oskar blickte erstaunt das Mädchen an. Er hatte geglaubt, sein Stand würde genügen, jedes Bedenken zu zerstreuen, nun stieß er doch auf Hindernisse, an die er ernstlich nicht gedacht hatte. Ein schlichter, armer Bauer trat ihm in den Weg und begehrte die Blume, nach der er schon die Hand ausgestreckt hielt. „Wenn Dich nun jener Erich Deines Versprechens entbindet?" „Das wird er nie tun, das glaube ich wenigstens." „Du hast ein festes Vertrauen, Inge, aber wenn er es nun doch täte?" Inge gedachte des Briefes, den die falsche Base ihr vor- gclescn hatte. Sie seufzte. „Wenn er wortbrüchig wird, dann freilich brauche ich mein Versprechen auch nicht zu halten. Dann halte ich es auch nicht und könnte mich selbst entschließen, die Frau eines and^m Mannes zu werden." „^.°e weinige, Inge! Versprich es mir!" „Unter einer Bedingung." „Und die ist?" „Erst muß Erich eine andere Frau haben und es mir selbst sagen. Davon weiche ich nicht ab." Wunderbare Wirkungen vermag die Liebe hervorzurufen. Der Prinz unterwarf fleh der Bedingung, daß ein Bauer über ihn, den Erben der Krone, entscheiden solle. Er hatte bereits mit der alten Base gesprochen, die Erich längst für beseitigt erklärt hatte. Deshalb war er voller Hoffnung. „Aber nun sagen Sie mir auch, wo ich eigentlich bin. Und was soll aus mir werden?" „Du befindest Dich in einem Schlößchen der Gräfin Brahe zu Deinem eigenen Besten. Frage nicht weiter und bleibe ruhig hier." „Aber die Base wird sich meinetwegen ängstigen." „Sie weiß schon alles." „Aber wenn nun Erich kommt?" „So wird man ihn zu Dir führen," sagte Prinz Oskar verlegen. „Ich hatte mir aber fest vorgenommen, der Gräfin Brahe alles zurückzugeben, was sie mir geschenkt hat." „Das darfst Du nicht tun, Inge. Wenn die Gräfin, die Dich achtet und Dir wirklich gut ist, Dir hier ihr Haus überläßt, so siehst Du doch daraus, daß sie für Dein Wohl bedacht ist. Du darfst sie nicht kränken." Die Kammerfrau trat ein. „Graf von Tromsö hat sich angemeldet." „Was, Gustav? Ich komme sofort," sagte der Prinz. Frau Anna entfernte sich. „Inge," sagte ernst der Prinz, „Du brauchst Dir keine Sorge zu machen, ich wache über Dich. Auch stehst Du unter dem Schutz der Gräfin Brahe in diesem Hause. Glaube cs mir, sie ist völlig von Deiner Unschuld überzeugt. Die, die Dich beleidigen wollte, ist entfernt. Das Rätsel mit Erich wird sich nun auch bald lösen und wir werden Gewißheit haben. Jetzt muß ich fortgehen, aber morgen komme ich wieder. Denke an Dein Versprechen, mein Lieb!" Einen Kuß noch auf die Hand, den Inge in der Ver wirrung nicht wehren konnte, und fort war er. Sinnend stand sie am Kamin. tzWö „Das ist doch eine seltsame Geschichte! Der Prinz will mich zur Frau haben und Gräfin Brahe sperrt mich hier ein. Was hat das nur zu bedeuten? Wahr ist es, der Prinz ist ein ganz hübscher Mann, aber Erich ist auch schön -und spricht überdies ganz anders wi^dic vornehmen Leute-, die ich doch alle für falsch halte. Die Gräfin hat doch auch gehört, was das vornehme Fräulein gestern über mich sagte, und trotzdem nimmt sie mich in Schutz. Ja, aber vor wem denn eigentlich? Das begreife ich einfach nicht. Mir soll nur einer mal kommen! Wenn sie mir nur mit Erich keinen schlechten Streich spielen. Aber da täuscht sich der Herr Prinz. Selbst muß Erich mir sagen, daß er mir untreu ist, sonst lasse ich mich auf garnichts ein! Schade, daß ich nicht schreiben kann, sonst schickte ich einen Brief an den Schullehrer, dann wüßte ich gleich, woran ich bin. Es ist doch lächerlich, ich kann weder lesen noch schreiben und soll die Frau eines Prinzen und später gar Königin werden! Nun, vielleicht lerne ich es noch. Jetzt aber habe ich Hunger." Sie zog die Glocke und Frau Anna erschien. „Mich hungert liebe Frau." „So will ich sofort auftragen lassen. Bitte, folgen Sie mir in das Speisezimmer." „Was soll das Speisezimmer? Ich möchte hier essen. Platz ist genug da und immer von Zimmer zu Zimmer laufen, das mag ich nicht." „Verzeihen Sie, ich muß den mir erteilten Vorschriften in diesem Falle folgen. Die Etikette erfordert es, daß Sic nicht im Empfangszimmer speisen." „Was ist Etikette? Das kenne ich nicht. Wenn das Zimmer gut genug war, daß ich darin die ersten Stunden in einem Sessel schlafen konnte, so ist es auch zum Eß zimmer gut." „Es geht nicht, ich darf nicht." „Daun meinetwegen; ich habe Hunger." Im Eßzimmer stand ein gedeckter Tisch. Silberne und goldene Geräte standen auf dem blütenweißcn Tischtuch. Inge nahm auf einem Sessel Platz, Frau Anna trug die Speisen auf. „Soll ich denn ganz allein essen?" „Jawohl." „Aber allein schmeckt es mir gar nicht." „Ich wüßte nicht, wer Ihnen Gesellschaft leisten sollte. Wir befinden uns wieder allein im Schlößchen." „Nun, Sie!" „Ich? Das würde sich nicht paffen." „Nicht passen? Aus lauter Schicklichkeit soll ich mich langweilen? Nein, das gibt es nicht. Wenn ich esse, muß ich Unterhaltung haben, so ist es bei uns daheim Sitte. Holen Sie sich einen Stuhl und setzen Sie sich zu mir." „Verzeihung, ich bin nur dazu da, Sie zu bedienen. Ich darf mich auf keinen Fall zu Ihnen an den Tisch setzen." „Sagen Sie nicht selbst, daß ich hier die Herrin bin?" „Jawohl, das sind Sie." „Also habe ich auch zu befehlen?" „Jawohl." „Und Sie haben zu gehorchen. Deshalb befehle ich Ihnen jetzt, daß Sic mit mir essen. Wenn Sie cs nicht tun, beklage ich mich bei dem Prinzen, der Sic ja sicher hier bestellt hat. Also kommen Sie, sonst wird mir der ganze Appetit verdorben."