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ikö 27, 1. Februar 1924, Redaktioneller Teil. vöUrnblatt s. d Dückn Vuckbond-I 1 Y4S Im allgemeinen wurden billige Bücher bevorzugt, über 5 Mt. wurden nur in Ausnahmesällen angelegt. Religiöse Werke gemein, verständlichen Inhalts mit tröstender und aufrichtender Tendenz fanden guten Absatz, so die Schriften von Bischof Keppler, Heit mann, Pfarrer Jäger und anderen, die zwischen 3 und 6 Mk. erhält lich waren. Von schönwissenschafllichen Autoren erfreuten sich be sonderer Nachfrage Bonsels, Dörfler, Fedcrer, August Ganther, Handel-Mazzetli, Heer, Herzog, Paul Keller, Zahn. Nach Klassikern und Kunstliteralur war die Nachfrage wenig lebhaft, für Preislagen zwischen lö und 20 Mk. fanden sich kaum Liebhaber. Jugendschrif ten in der Preislage von 2 bis 4 Mk. fanden guten Absatz, Bilder bücher dagegen waren weniger verlangt. Unter den Jugendschristen waren die älteren Indianer- usw. Schriften zumeist begehrt, wäh rend all« Schriften, die mit dem letzten Kriege Zusammenhängen, beiseitegeschoben wurden. In gleicher Weise trifft dies auch auf die Memoirenwerke zu. Nur keine kriegsgeschichtlichen Bücher mit der ganzen Folge der Denkwürdigkeiten und Erinnerungen. Ta- gegen erfreuten sich Henry Ford, Kllgelgen usw. einer lebhaften Nachfrage. Im großen und ganzen fand ernstere Literatur mehr Ab nehmer, leichtere Literatur wurde abgelehnt im Hinblick auf di« schwere Zeit. Zum Teil stellte sich auch alte Kundschaft wieder ein, wenngleich diese wegen Umkehrung aller Verhältnisse sich größere Anschaffungen nicht erlauben konnte. Das Kunstgeschäft war im allgemeinen sehr ruhig, da der Bedors zumeist schon in den Monaten der Geldentwertung ge deckt wurde. — Im wissenschaftlichen Sortiment war cs infolge des Abbaues der Gehälter vollständig ruhig. Die frü here gut« Kundschaft ist zurzeit kaum noch in der Lage, ein Werk zu kaufen. Im allgemeinen nimmt das Publikum auch jetzt noch eine ab- wartende Haltung ein, immerhin kam aber das Vertrauen in die Stabilität der Verhältnisse doch zum Ausdruck. Dadurch wurde das Weihnachtsgeschäft in günstigem Sinne beeinflußt. Es fiel daher wenn auch nicht glänzend, so doch besser aus, als man vorher an nehmen konnte. Möge uns ein gütiges Geschick vor der Wieder holung der vorjährigen Zustände bewahren! So notwendig gegen über der fortschreitenden Entwertung unseres Geldes Grund- und Schlüsselzahl gewesen sind, so hat sich doch der stets höher steigende Multiplikator und insbesondere dessen Erhöhung über den Gold multiplikator hinaus als Totengräber des Buches als Ware er wiesen. Der Verein Freiburger Buchhändler. Emil Frick, Vorsitzender. Hamburg (vgl. Bbl. Nr. 17): Die Bllcherpreise hatten auf den Absatz einen ganz erheblichen Einfluß. Es wurde durchschnittlich nur billige Ware verlangt, ungefähr bis zu >5.— Mk. Größere Werke, wie z. B. Gesamtaus gaben, wurden wenig verkauft. Als literarische Gattung trat bei mir die Schöne Literatur in den Vordergrund, außerdem Lebens beschreibungen, Reisewelle. Zudem fanden plattdeutsche Bücher guten Absatz. Das Jugendschristen- und Bilderbücher-Geschäst war meiner Beurteilung nach etwas lebhafter als im vorigen Jahre. Ich vertreibe in erster Linie nur wertvolle Bücher. Es wurde darin ein gutes Geschäft gemacht. Am meisten verkauft« ich: Ford, Leben und Werk, Kügelgen II, Jansen, Heinrich der Löwe, Förster, Abenteuer, Kosel, Dürer und Brockhaus, Handbuch. Sehr erfreu lich war es, daß in Anbetracht der wertbeständigen Währung alte Kunden wieder in meinen Laden kamen, die mir erklärten, daß sie jetzt wieder in der Lage wären, Bücher zu kaufen. Mein Anti quariat, in dem hauptsächlich gute, schöne Literatur, Reisebeschrei bungen, Lebens-Schilderungen vorhanden sind, hatte recht lebhaften Absatz. Bedauerlich ist es, daß die Renten- bzw. Goldmark erst so spät in Pie Tat umgesetzt worden ist, sonst hätten wir schon früher mit einem besseren Geschäfte und zu Weihnachten mit einem noch lebhafteren Umsatz zu rechnen gehabt. Es war sehr bezeichnend, daß das eigentliche Weihnachtsgeschäft erst so spät einsetzte, bei mir am >2. Dezember. Der Umsatz in meiner Rciseabteilung war vor Weih nachten sehr lebhaft. Buchhandlung Reinhard Müller. Innsbruck: 1. Die Berechnung nach Goldmark oder Dollar zeitigt bei uns in Österreich Preise, die die Bevölkerung bei Bücherkäusen schließ lich nicht mehr bewältigen kann. So war auch der Absatz im «No vember recht schwach, im Dezember sehr mäßig, erst in der letzten Weihnachtswoch« gut, aber nicht so, daß er den früheren Ausfall hätte wettmachen können. 2. Größer«, teurere Werke, besonders auf dem Gebiete der Kunst, wurden überhaupt nicht abgesetzt. Gekaust wurde der ein bändige Roman, der durchschnittlich 65 000 Kronen kostete. 3. So fanden neben den älteren Werken von Heer, Herzog, Zahn, Bonsels usw. di« diesjährigen Neuerscheinungen von Paul Keller, Greinz, Bartsch usw. die meiste Ansprache. Gekauft wurden auch praktische Sachen wie Handarbeits- und Beschäftigungsbücher. Der Verlag Union in Stuttgart dürfte bei seinen entgegenkommen den Berechnungen in Tirol viele seiner schönen Jugendbücher abgc- setzt haben. Universum, Kamerad, Kränzchen wurden immer aus verkauft. In Tirol steht das Gebiet der Elektrotechnik im Vorder grund des Interesses. Jugend wie Erwachsene befassen sich mit Experimenten. Die Ausnützung der Wasserkräfte trägt ihren Teil dazu bei, daß für die Zukunft immer mehr Literatur über Elektrizi tät und Technik verlangt werden wird. 4. Bilderbücher wurden gekaust, wenn sie billig waren, 20 000 Kronen-Bücher waren recht. Jugendschriften bis 50 000 Kronen sind ebenfalls befriedigend fortgegangcn. Deutsche Sagen neben den unverwüstlichen schweren und leichten Indianer-Sachen, Robin- sonaden und Jules Verne mit Nachläufern. 5. Bei dem Ernst der Zeiten ist wahrscheinlich die heitere Lite ratur bevorzugt worden. K. Die alten Kunden aus dem Bürgerstande möchten gern kau fen, auch Klassiker für ihre Kinder, aber dieser alte Stamm des Ge schäftes schaut nur voll Andacht die Schaufenster an. 7. Wie schon im Anfang meiner Ausführungen bemerkt, glaubt offenbar der deutsche Verleger, wir in Österreich seien saniert. Wir sind aber nur im Stadium der Sanierung und müssen für die nächste Zeit noch recht bescheiden leben. Unsere Mitbürger können nur zu Festzeiten ein liebes Buch für sich erschwingen. Der Wunsch zu Bücherkäusen ist da, es ist Hunger nach guter Literatur, aber leider der Geldbeutel leer. Die Innsbrucker Buchhandlungen hatten auf Anregung der hiesigen Urania «ine gutbesuchte B u ch au s st e l l u n g im llniver- sitätsgebäude veranstaltet und auch so dazu beigetragen, in der Bevölkerung das Interesse für das Buch zu vertiefen. Heinrich Pohlschröder. Kiel (vgl. Bbl. Nr. 17): Das Gesamtbild, wie es sich in Kiel darstelltc, ist nicht bes ser wiederzugeben als mit den Worten, die Ihr Berichterstatter sür das Leipziger Weihnachtsgeschäft gefunden hat; di« Schilderung trifft genau auf die hiesigen Verhältnisse zu. Auf die einzelnen gestellten Fragen eingehend, erlaub« ich mir hinzuzufügen, daß l. die Bücheipreise vom Publikum als noch nicht genügend abgebaut empfunden wurden. Alle Hinweise auf die besonderen Verhältnisse im Buchgewerbe verfingen nicht gegen di« Vergleichziehung mit den Friedenspreisen. Das Publikum ist im allgemeinen nicht mehr gewillt, höhere Preise zu bezahlen als vor dem Kriege, und weist auf die geringere Ausstattung hin. 2. Im Vordergrund des Interesses standen die Standard werke der Roman-Literatur; auffallend war hier die Nachfrage ins besondere nach Thomas Mann, Ganghofer, Heer und Herzog. 3. Außer den schon Genannten hatten folgend« Bücher leb hafte Nachfrage: Ford, Mein Leben; Kügelgen Bd. il; Jansen, Heinrich der Löwe; Radioliteratur, Heimatbücher (unter diesen besonders Gorch Fock, Kinau und Lobsien). Im allgemeinen wur den nur Bücher in niedriger Preislage gekauft, insbesondere auch Kalender und ähnliche kleine Dinge. Bei guten Büchern der schö nen Literatur wurde ein Preis von 7.— Mk. noch gern bezahlt. 4. Jugendschristen fanden etwas stärkeren Absatz als im vori gen Jahre, Bilderbücher dagegen nicht. 5. Im allgemeinen wurde wieder mehr leichtere Literatur ge kauft, Klassiker lvurden auffallend wenig verlangt. 135