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^ 260, 8. November 1S16. Redaktioneller Teil. Unter diesen Umständen ist es Wohl begreiflich, daß er die Erstattung des Jahresberichts nicht übernehmen zu können er klärte, während unser zweiter Vorsitzender, Herr I. Eckard Mueller, bei feinem geringen Personal und dem Lebhafter- werden des Antiquariatsgeschäfts seine Kräfte nicht seinem Ge schäfte entziehen zu dürfen glaubte. Und so sehen Sie mich denn als Ersatzmann an alter lieber Stelle, und ich bitte Sie, den Ge schäftsbericht von mir entgegenzunehmen. Allerdings mutz ich um eine gewisse Nachsicht bitten. Wenn ich auch einen überblick über die buchhändlerischen Geschehnisse der Zeit besonders durch meine Tätigkeit im Vorstände des Börsenvercins besitze, so sind mir doch die Akten des Sächsisch-Thüringischen Verbandes natur gemäß nicht so geläufig, wie ich es für die Abfassung des Ge schäftsberichts gewünscht hätte. Unsere Mitglicderzahl. Bestand 14. 0. I8l3 Eingetreten neue Es traten davon aus Bestand 14. 10. 1914 Hinzu neue Es schieden aus 1915/16 Bestand Hinzu traten Es schieden aus 200 Mitglieder >4 214 Mitglieder 10 204 Mitglieder 9 213 Mitglieder ll 202 Mitglieder 11 213 Mitglieder 8 1916/17 Bestand an, 16. 9. 205 Mitglieder. Von den Ausscheidenden verloren wir folgende durch den Tod: 1913/14: Fr. v. Zezschwitz-Gera (auf dem Felde der Ehre); Fritz Rümpler-Gotha; Fr. Krüger (Teichs Buchh.), Lobenstein; W. Schneider-Querfurt (bekannt als Vorsitzender des Vereins der Zeitungsverleger); 1914/1 : Hugo Güther-Erfurt; Otto Raßmann in Jena; Julius Neu mann in Magdeburg ; 1915/16: Carl Haase (Costenoble), Jena; Bruno Rie mann Hofbuchh., Coburg; Raimund Krüger, Sondershausen. Von unseren Toten waren uns besonders nahegetre- ten: Fritz Rümpl er, der Geschäftsführer von F. A. Perthes in Gotha, der Wohl auf keiner Versammlung fehlte und durch sein fröhliches, heiteres Wesen sich manche Freunde unter uns erworben hatte; Otto Ratzmann, Jena, der längere Jahre alz Vor standsmitglied unseres Verbandes gewirkt hatte. Nach einer schweren Operation anscheinend wieder vollkommen hergestellt, hat er sich noch mehrere Jahre an der gemeinsamen Arbeit in voller Frische beteiligt, bis ihn das alte Übel dennoch darnieder warf. Wir haben ihm den Dank des Verbandes in Form eines Blumenschmucks aufs Grab legen lassen; Julius Neumann, Hofbuchhändler in Magdeburg, ebenfalls ein Mitglied des Vorstandes, war unserem Herzen be sonders nahe. Er war ein liebenswürdiger, feinsinniger Kollege, der sich aus der Sommerfrische in seinem Ferienheim durch einen Unglücksfall den Tod zuzog. Wir betrauern den so frühzeitigen Heimgang des allzeit bereiten Helfers sehr; Bruno Riemann war eins der ältesten Verbandsmit glieder, der die' Versammlungen häufig besucht und uns auch einmal — im Jahre 1909 — die Hauptversammlung im schönen Coburg so verständnisvoll ausgerüstet hatte. Darf ich hieran noch drei andere Tote reihen, die unserem buchhäudlerischen Leben besonders nahegestanden haben: Heinrich S ch ö n i n g h-Münster, Anton Hoff man n-Stuttgart und Otto Petters-Heidelberg. Heinrich Schöningh war ein unermüdlicher Kämpfer sür die Interessen des Sortiments. Seine reichen Erfahrungen im Sortiment und Verlag, sein gerader, aufrechter Sinn, sein durch nichts zu beeinflussender Mut, seine bedeutende Rednergabe ha ben ihn besonders befähigt, auch in Verlegervereinsvcrsamm- luugen für das Sortiment ciuzutreten. Er wird in seiner Art schwer erschlich sei»; Anton H o f f m a n n-Stuttgart hatte seine reichen beruf lichen Kenntnisse als Mitglid des Ausschusses zur Revision der Restbuchhandelsordnung, für die Beratung der Vcrkaussorduung und als Vorsitzender des Württembergischen Buchhändler-Ver eins lange Jahre in den Dienst des Buchhandels gestellt und war ein besonders sympathischer und liebenswürdiger Mensch, den Wohl alle Kantate-Besucher kennen gelernt und wegen seines herzlichen Frohsinns ins Herz geschlossen haben, während Otto Petters in Heidelberg mit seiner zwerchfellerschüt ternden Komik und seinem ulkigen Humor es so vortrefflich ver standen hatte, nicht nur Tränen der Freude in unsere Angen zu locken, sondern auch viele Tränen der Trauer und des Kummers Leidtragender und Bedrückter durch seine hervorragende erfolg reiche Sammeltätigkeit und -Fähigkeit für den Unterstützungs- Verein zu trocknen. Ihnen allen möge die Erde leicht sein! Wir aber erheben uns alter Sitte gemäß zu ihren Ehren von den Plätzen. Bei dieser Gelegenheit sei gleich darauf hingewiesen, daß sich der Vorstand nach 8 7 Absatz 4 unserer Satzungen durch Zuwahl wieder auf seine volle Milgliederzahl ergänzt hat, und zwar nach dem Tode des Herrn Ratzmann durch Wahl des Herrn Wilhelm Presting in Dessau und nach dem Ableben Julius Reumanns in Magdeburg durch die des Herrn Ernst Holtermann in Magdeburg. Beide Herren hatten sich in dankenswerter Weise zur Übernahme der Ämter bereit erklärt. Wenn wir in der nun über zwei Jahre währenden Kriegs zeit unsere Blicke zunächst auf unsere wirtschaftliche Lage werfen, so ist das wohl nur ein natürlicher Vorgang. Ein ganz klares Bild über sie zu geben, dürste allerdings sehr schwer sein, denn die verschieden gearteten Geschäfte werden natürlich auch sehr verschiedene Ergebnisse gezeitigt haben. So haben, wie ich aus Erfahrung feststellen kann, Sortimenter einer leb haften Kreisstadt bei nicht besonders aus dem Rahmen des Son stigen fallender Tätigkeit einen Mehrumsatz bis zu 20 7» erfahren, während wohl bei der Mehrzahl ein gewisser Rückgang von 10 bis zu 20 7° je nach dem Charakter des Geschäfts zu beobachten war. Namentlich die Musikalienhandlungen hatten zuerst eine sehr erhebliche Einbutze erfahren, denn wer wollte in den Zei ten der Not und der Trauer fröhliche Weisen in seinem Hause erschallen lassen! — Jedenfalls kann Wohl gesagt werden, datz das Sortiment in seinen Einnahmen durch den Krieg nicht so erheblich geschädigt worden ist, wie allgemein befürchtet wurde. Und gerade weil die Besorgnis so groß gewesen war, mag auch manche Äußerung über die Lage im Börsenblatt zufriedenstellen der ausgefallen sein, als nach den Tatsachen eigentlich berechtigt war. Es kam eben dem Sortiment zugute, datz sich eine erheb liche Kriegsliteratur als notwendig und erwünscht herausstellte und diesen Bedürfnissen seitens des Verlags — leider mutz ich es sagen — in überreichem Matze Rechnung getragen worden ist. Das Blättchen hat sich nun aber gewendet: War früher Kriegsliteratur Trumps, so ist jetzt das Interesse wieder zu rein literarischen Schöpfungen zurückgekehrt. Der Umschlag ist aber ein so plötzlicher und ein so gänzlicher gewesen, daß es nicht ohne Schädigung der reich ausgestalteten Kriegsliteraturläger der Sortimenter und auch namentlich der betreffenden Verleger ab geht. Aber wer weiß es, vielleicht findet später auch hierin noch einmal ein Ausgleich statt. Das Antiquariat hat eine schwere Zeit hinter sich. Kein Zweig des Buchhandels hat so durch den Krieg gelitten wie das wissenschaftliche Antiquariat, was erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß säst alle jungen Studenten und Dozenten im Felde stehen. Der Verkehr mit dem Ausland hat natürlich ganz aufgehört, während er früher im Antiquariat sehr erheblich zu Buche schlug. Etwas hat sich ja auch das wissenschaftliche Anti quariat im Laufe der Kriegszeit gehoben, aber doch nur um ein Geringes. Anders dagegen steht es mit dem bibliophilen Anti- 1383