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Redaktioneller Teil. 260, 8. November ISIS, auf unsere buchhändlerischen Ordnungen zu finden, und da möchte ich Ihne» meine Korrespondenz mit Herrn Illing, die ich dieserhalb gepflogen habe, Mitteilen, Ich schrieb am 21, 8, 1916 an ihn: »Sehr geehrter Herr! Ihr Aufsatz ,Buchhandelsamt uud Lehr lingsausbildung' hat »ilch sehr interessiert und angeregt, die letztere Frage, die ich aber auf das ganze jugendliche Personal beiderlei Ge schlechts ausgedehnt haben möchte, in meinem Kreisverein Sachsen- Thliringen zu besprechen. Obligatorische Fachklassen halte ich in Städten unseres Verbandsbczirkes für ausgeschlossen. Es würde sich also darum handeln, für die Errichtung von nichtobligatorischen Fachknrsen im Sommer-Semester Geld und Zuunterrichtenbe zu sammeln. Ist beides vorhanden, müßten wir an die kaufmännischen Fortbildungsschulen herantrcten. Eine Schwierigkeit zur Übernahme der Lehrtätigkeit bilden ja nun die Fächer: Buchhanbelsbetriebs- lehre — Geschichte des Buchhandels — bnchhändlerischc Gesctzcslehrc, Wie hatten Sie sich nun die Sache gedacht? Existieren Leitkurfe, die in der Buchhändler-Lehranstalt zu Leipzig für diese Zwecke leih weise oder käuflich zu haben wären? Ich glaube, der an sich gute Gedanke dürfte am Mangel an Lehrkräften scheitern! Ich würbe mich freuen, wenn Sic mir einige Fingerzeige geben wollten, wie die Sache mit Aussicht aus Erfolg begonnen werden kann. Da ich gerade an dem Geschäftsbericht für die Hauptversammlung am 17, 9, arbeite, wäre ich Ihnen für eine recht baldige Rückäutzerung sehr dankbar.« Darauf antwortete Herr Illing am 25, 8,: »Sie haben sehr richtig die Hauptschwicrigkeit erkannt, die sich der Einrichtung von Buchhandlnngsknrsen in den Weg stellt. Ich hatte bei der Lösung der Lehrerfrage zunächst daran gedacht, daß die Kurse in einer Reihe von Städten eingeführt würden. In diesem Falle würde es sich dann lohnen, für die in Aussicht genom menen Lehrkräfte vorher in Leipzig, vielleicht während der Sommer- Ferien, eine Art von Sonder-Ausbildungskursen einzurichten, wie sie ja auch aus anderen Gebieten sehr häufig abgehalten werden. Dabei könnten den Herren ein Überblick über den Stoff der ver schiedenen Unterrichtsfächer, sowie Anregungen und Material zu selbständiger Fortbildung, besonders aber auch durch den Besuch bnchhändlcrischcr Betriebe reichlich Einblicke in die Praxis geboten werden. Aber wie gesagt: Dieser Gedanke läßt sich nur verwirk lichen, wenn sich mehrere Vereine zur Einrichtung solcher Fachklasscn entschließen, was ich zuversichtlich hoffe. Da Sie unter Umständen der Sache schon im kommenden Sommer nähertreten möchten, müßte allerdings ein anderer Ausweg gesucht werden. Dieser würde vielleicht darin zu finden sei», baß Sic einen oder mehrere erfahrene Gehilfen für Lchrzwcckc gewinnen, die sich an der Hand geeigneter Unterlagen ihren Stoff Zusammentragen, Als Material kämen vor allem die bekannten Werke in Frage: Paschkc und Rath, Lehrbuch des Buchhandels — Kapp und Golbsricdrich, Geschichte des Buchhandels — Tittel, Kontorarbciten des Buchhändlers — Unger, Wie ein Buch entsteht — Voigtländcr und Fuchs, Urhcber- nnö Verlagsrecht — Mothes, Urheberrecht n, a. Vortragsbüchcr gibt cs an der Buchhändler-Lehranstalt z» Leipzig nicht, Sic würden auch in diesem Falle wenig nützen, da ja bei uns der Stoss ans verschiedene Jahre mit ziemlich viel Unterrichtsstoff verteilt ist, während für die Kurse wohl eine etwas knappere Darstellung der verschiedenen Untcrrichtsgcbiete erwünscht wäre. Immerhin könnte ja manches Material aus unserem Unterrichte verwendet werben, so z, B, die von mir znsammcngestclltcn Bnchfiihrungslchrgänge, Im übrigen bin ich persönlich jederzeit gern bereit, meine Kräfte und meine Erfahrungen in der Lehrtätigkeit, soweit mir dies möglich ist, in den Dienst der Sache zu stellen, etwa durch Mitwirkung bei der Zusammenstellung geeigneter Lehrpläne und Stoffüberstchtcn, Sollte der Gedanke von Ihren Herren Kollegen freundlich anfgc- nonimcn werden, so würde sich vielleicht auch einmal Zeit und Ge legenheit zn einer persönlichen Anssprache zwecks eingehender Er örterung aller Einzelfragcn bieten. Wahrscheinlich erhalte ich auch durch weitere Zuschriften noch Anregungen, die mir in abseh barer Zeit Gelegenheit zu weiteren Ausführungen im Börsenblatt geben werden, usw.« Illings Idee gipfelt also in der Ausbildung und Bereit stellung von Wanderlehrern, die in den Gebieten der verschiedenen Orts- und Kreis-Vereine die Kurse abhallen könn ten, und auch mir erscheint dieser Plan als der bessere, soweit sich eine genügende Beteiligung in den Vereinen dafür findet. Zugleich verweist er aber bei geringerer Beteiligung auf die Selbsthilfe im Unterricht, Ob sich dazu ältere Gehilfen nun gerade eignen dürften, weiß ich nicht; es ist die Gabe der Beleh rung nicht jedem in die Wiege gelegt, aber vielleicht sollten sich 1386 doch einmal die Herren Chefs selbst die Frage vorlegen, ob ihnen nicht eins der aufgeführten Themen so nahe liegen würde, das; sie bereit sein möchten, den Unterricht darin zu übernehmen. Für die Stoffverteilung würde es sich dann empfehlen, das Angebot des Herrn Illing anzunehmen, bevor ein solcher Unterrichtsgang zum Unterricht paffend erscheinen dürfte. Die sich hieran anschließende Diskussion wird ja zeigen, ob sich dieses Zukunftsbild, um dessen Verwirklichung wir auf die Dauer nicht herumkommen, schon jetzt bei Ihnen eines gewissen Interesses erfreut. Und mit diesem Blick in die Zukunft will ich das Kapitel der wirtschaftlichen Lage des Buchhandels verlassen und mich zunächst demKampf um denLadenpreis zuwenden. Da muß ich zu meiner ganz besonderen Freude und Genugtuung feststellen, daß die ernste und schwere Zeit des auf uns allen lastenden Krieges ein viel größeres Zusammengehörig keitsgefühl hervorgerufen hat, als zu schaffen uns früher mög lich gewesen war. Während z, B, im Geschäftsjahre 1S10/11, dem letzten meines Vorsitzes, in Sachsen-Thüringen ca, 25 Fälle von Sortimentsschleuderei und 10 Fälle von Verlagsschleuderet behandelt werden mußten, sind in diesen letzten drei Jahren im ganzen nur 21 Fälle von Sortimentsschleuderei und 14 Fälle von Verlegerschleuderei zu behandeln gewesen. Und aus beiden Seiten viele Fälle, die nur aus ungenügender Kenntnis der Ver kaufsordnung seitens eines mangelhaft geschulten Personals ge schehen und auf Anruf und Belehrung sofort abgestellt worden sind. Alle sind den Satzungen gemäß erledigt, zwei Fälle sind auch mit Bußen zugunsten unseres Unterstützungsvereins ge sühnt; nur in einem Falle steht noch die erneute Sicherstellung durch Wechselhinterlcgung aus, und es mutzte die Sperre ver hängt werden. Das Zugabenzirkular hat doch als ein »steter Tropfen« langsam und allmählich gewirkt. Es kommen nur noch selten Verstöße dagegen vor, die wir selbst bei Buchbindern, also außer halb des eigentlichen Buchhandels Stehenden, durch deren Leip ziger Versorger unterbinden konnten, soweit uns diese bekannt- gegeben werden konnten. Also dürfte sich auch in Zukunft die Versendung dieses Rundschreibens empfehlen. Wir haben uns in Magdeburg für die üblichen Schlllerkalender aus den Laden preis von 30 ^ für die Abnehmer von Schulbüchern geeinigt lsonst 50 -1) und verkaufen nunmehr ziemlich die gleiche An zahl, die früher dem leidigen Zugabewesen zum Opfer siel. kSchluß folgt.) Wissenschaft und Buchhandel. (Zum 70. Geburtstage von Geheimrat Eduard König (Bonn), 15. November 1916.) Wenn man vor dem Lebenseinschnitte steht, den schon der he bräische Dichter als die durchschnittliche Lebensgrenze bezeichnet hat, liegt einem nichts näher, als den Blick in das weite Feld der Er innerungen zurückschweiscn zu lassen. Als mir nun von sehr ge schätzter Seite der Wunsch geäußert wurde, das; ich einen Teil dieser rückschauenden Tätigkeit doch vor der Buchhändlerwelt entfalten möchte, war mir diese Anregung ebenso angenehm, wie ehrenvoll, und so möge denn dieses Blatt der Erinnerung hinausflattern und hie und da einem mir liebgewordencn Vertreter des Buchgewerbes — denn auch die Herren Buchdrucker sollen nicht vergessen werden — einen dan kenden Gruß übermitteln! Die Anfänge einer Beziehung sind ja gewiß stets die interes santesten, weil sie am meisten zugleich die Urkraft des Strebens und die Wehen der sich zum Lichte drängenden Geburt veranschaulichen. Wenigstens waren die Anfänge meiner Beziehung zum Buchvcrlag so beschaffen. Denn was nützte es, daß ich über das selbstgefundene — nicht von einem Lehrer öargebotcnc — Thema »Gedanke, Laut und Akzent als die drei Faktoren der Sprachbildung komparativ und laut physiologisch am Hebräischeu dargestellt« eine Arbeit geschrieben hatte, die mehr als anderthalbhundert Druckseiten füllen konnte, wenn ich für das Buch keinen Verleger fand? Da war es die rühmenswerte Liberalität eines Hermann Böhlau (Weimar), die mir die Sorge ab nahm (1874). Dasselbe Entgegenkommen fand ich dann, als ich drei Jahre später meine Methode der Spracherklärung in einer größeren Arbeit über das Äthiopische und die siidsemitischcn Sprachen überhaupt noch einmal dnrchfiihrte, bei dem ehrwürdigen Hermann Rost (Leipzig).