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265, 14. November 1899. Nichtamtlicher Teil. 8601 bestimmten Termins zur nachherigen freien Benutzung für Aufführungen abstempelii lassen, sei es, daß sie die Anf- führungssreiheit für eine festzusetzende kleinere Frist bei behalten, nach deren Ablauf der Komponist in seine vollen Rechte eingesetzt würde. Wenn auch im Vorhergehenden die Beanstandungen des Entwurfes zahlreicher zu sein scheinen, als die hervorgehobenen Vorzüge, so haben nichtsdestoweniger zugestandenermaßen die Redner cs sich angelegen sein lassen, das Wohlwollen, das offenbar die Verfasser des Entwurfes gegenüber den Autoren geleitet, sowie die von ihnen vorgeschlagenen fort schrittlichen Bestimmungen gebührend hervorzuheben; ins besondere haben sie betont, daß von jedermann die Aus arbeitung eines wahren Mustergesetzes durch Deutschland gewünscht wird, und ihre Kritik fußte insofern auf einem breiteren Boden, als sie darauf hinwiesen, daß die Aufnahme mangelhafter oder rückschrittlicher Vorschriften vermieden werden sollte, da gerade solche von anderen Ländern mit Vorliebe nachgeahmt werden würden; nur durch eine fort schrittliche Revision werden die Wege für eine allmähliche Entwickelung, die zur gesetzgeberischen Vereinheitlichung und zur gegenseitigen Annäherung der Völker zu führen bestimmt ist, geebnet. Es wird nicht unnütz sein, die Beschlüsse, zu denen sich diese Verhandlungen über den deutschen Entwurf verdichtet haben, hier zum Schluffe noch anzuführen: -Der 21. Kongreß der ^.ssooiation littsr-ckrs st artistigus intsr- rmtiovals verdankt Herrn A. Osterrieth seinen klaren und voll ständigen Bericht, nimmt mit lebhafter Befriedigung Kenntnis von den wirk lichen Bcrbesserungcn, die der Rcgierungsentwurf gegenüber der jetzigen deutschen Urhebcrgcsetzgebung enthält, insbesondere in Bezug auf den Schutz des liebersetzungsrechtes, die Abschaffung des zur Wahrung des Aufführungsrechtes nötigen Vorbehalts, die Aus dehnung der Rechte des Urhebers auf alle Umarbeitungen seines Werkes, die Verlängerung der Schutzdauer, die Anerkennung des Autarschaftsrechts (droit moral) und dessen gesetzliche Durchführung; er bedauert jedoch, daß in gewissen Punkten die dem Autor »erkannten Rechte durch zahlreiche und übertriebene Ein- chränkungcn geschmälert sind, hofft, die Verfasser des cndgiltigcn Entwurfes werden an dem vorgcschlagenen Wortlaut noch eine Anzahl Verbesserungen anbringen, die sich mit den von der Asso ziation zu wiederholten Malen verfochtenen Grundsätzen decken, und äußert in dieser Hinsicht folgende Wünsche: 1. Die in Aussicht genommene Revision möchte sich auf alle Geistesprodukte erstrecken und alle Bestimmungen, betreffend litterarisches und künstlerisches Eigentum, in einem einzigen Gesetz vereinigen. 2. Es möchte die Fassung des Entwurfes einfacher gestaltet werden in dem Sinne, daß die zu zahlreichen Einzelbestimmungen wegfallen und insbesondere für die Bezeichnung der schutzfähigen Werke und die Strafbestimmungen die einschränkenden Auf zählungen durch allgemein gehaltene Vorschriften ersetzt werden. 3. Es möchte das öffentliche Vortragsrecht dem Autor für alle seine Werke, auch für die schon veröffentlichten, gewahrt werden. 4. Es seien alle Zeitungsartikel ohne Unterschied und ohne daß hierzu die Anbringung eines Vorbehaltes nötig wäre, zu schützen; dabei solle allerdings ein in den durch die öffentliche Diskussion gegebenen Grenzen sich bewegendes Recht, zu citieren, gewahrt bleiben. 5. Es sei die vom Autor nicht genehmigte Uebertragung eines Tonwerkes auf Musikinstrumente zu untersagen und jedenfalls das Recht, die öffentliche Aufführung mittels solcher Instrumente zu gestatten, dem Autor zu wahren. 6. Es seien die im Artikel 26 enthaltenen Einschränkungen des Aufführungsrechtes sämtlich zu streichen, eventuell, es sei bei Ziffer 1 dieses Artikels das Wort -Tanzlustbarkeitcn» durch das Wort -volkstümliche, zu ergänzen und die in Ziffer 3 enthaltene Ein schränkung auf die aus aktiven Mitgliedern bestehenden Gesell schaften zu begrenzen. 7. Es möchte die Schutzdauer für alle im Gesetze aufgeführten Werke einheitlich gestaltet und auf 50 Jahre nach dem Tode des Autors gebracht werden, wobei die Neichsregierung ganz besonders auf die notwendige Vereinheitlichung der Schutzfrist in allen Ländern der Berner Union aufmerksam zu machen sei, die unmög lich wäre, wenn eine Frist unter 50 Jahren beibchalten oder ein Ekchsuadskchzlgsier Jahrgang. Unterschied zwischen litterarischen und musikalischen Werken gemacht würde. 8. Es sei das Minimum der Schutzfrist für nachgelassene Werke auf 30 Jahre nach der ersten Veröffentlichung zu bestimmen. 9. Es möchten die fremden Autoren in Beziehung auf Rechts schutz den einheimischen Autoren gleichgestellt werden. Der Kongreß beschließt, Herrn Osterrieth mit der Ausarbeitung eines cndgiltigcn Berichtes zu beauftragen, in dem die in, ersten Berichte gemachten Ausstellungen, sowie die in den Sitzungen des Kongresses gefallenen Bemerkungen zusammenzufasscn sind; dieser Bericht soll dem Ausschüsse der Assoziation unterbreitet und von diesem im Namen der ganzen Vereinigung an die deutsche Re gierung geleitet werden.» * -«- * Seit Monaten schon beschäftigt sich die ^.ssoeiation lit- tsrsärs st artistigus ivtsrnationals mit der Organisation des Kongresses, der im Jahre 1900 anläßlich der Weltausstellung in Paris stattfinden und besonders glänzend ausfallen soll. Man konnte deshalb die Befürchtung hegen, die aufsteigende Sonne dieses Kongresses werde das Licht, das ein in der schönen, aber bescheidenen badischen Stadt Heidelberg abge haltener Kongreß auszustrahlen vermöchte, verdunkeln, und der diesjährige Kongreß werde nur ein unbedeutenderes Zwischen spiel in der Reihe der Zusammenkünfte der Assoziation bilden. Dem war aber nicht so. Der Heidelberger Kongreß hat eine nutzbringende Aufgabe erfüllt; seine Beschlüsse werden sicherlich einen glücklichen, wenn auch nicht unmittelbaren, so doch mittelbaren Einfluß auf die Beratungen der Behörden und der privaten Vereine ausüben. Vermöge ihres internationalen Gepräges und der unter ihren Mitgliedern herrschenden freundlichen Kameradschaft hat die Assoziation neuerdings wieder die von ihr verfolgten Ziele bekräftigt; diese gehen dahin, auf eine immer allgemeinere Anerkennung der Urheberrechte von Schriftstellern und Künstlern zu dringen und dadurch mitzuarbeiten an der friedlichen Zu sammengehörigkeit der Nationen. Kleine Mitteilungen. Postpaketvcrkehr nach Mittel- und Südamerika. — Der Staatssekretär des Reichspostamts erließ unterm 8. November folgende Bekanntmachung: Für Postpakete aus Deutschland nach einer Anzahl von Staaten in Mittel- und Südamerika: Argenti nische Republik, Columbien, Costa-Rica, Guatemala, Republik Honduras, Mexiko, Nicaragua, Paraguay, Salvador, Uruguay und Venezuela sind bei der Beförderung über Hamburg und Bremen zwei Portostufen — für Pakete bis 1 IcZ und für Pakete über 1—5 lc^ (für Paraguay über 1—3 lc^) —, wie sie bereits im Ver kehr nach den Vereinigten Staaten von Amerika bestehen, eingeführt worden. Gleichzeitig hat eine Herabsetzung der deutschen See beförderungsgebühren für die Postpakete nach den genannten Län dern stattgefunden. Infolgedessen ist im Postoerkehr mit den ge nannten Ländern eine wesentliche Ermäßigung des Portos ein getreten, namentlich für Postpakete bis zum Gewicht von 1 Ic§. lieber das Nähere geben die Postanstalten auflVerlangen Auskunft. Neue französische Postmarken für das Jahr 1900. — Die französische Postverwaltung wird im Wcltausstellungsjahre 1900 neue Briefmarken ausgeben. Zur Anfertigung der Vorlagen hierfür hatte man den Graveur Roty, Mitglied des-Jnstituts, aus- crsehen. Dieser soll jedoch abgelehnt haben. Er mar vor einiger Zeit Preisrichter bei einem Ausschrciben von Vorlagen für neue französische Briefmarken, und die Eingänge fielen damals so kläg lich aus, daß keiner davon gewählt wurde. Der ehemalige Richter will nun den unglücklichen Autoren von damals, so behauptete wenigstens der «Figaro», keine doch jedenfalls siegreiche Konkurrenz machen. Diesmal erfolgte kein Ausschreiben, sondern Handels minister Millerand bat einige hervorragende Künstler um Ein sendung von Entwürfen. Privatbriefkästen in Frankreich. — Die französische Post behörde hat seit kurzem eine praktische Neuerung eingeführt. Jeder kann an seiner Haus- oder Geschäftsthür gegen eine jährliche Ge bühr einen vorschriftsmäßigen Briefkasten anbringen, der mit einem von der Post genehmigten Schloß versehen sein muß. Diese Briefkästen werden täglich zu bestimmten Stunden von Postbeamten geleert. Die Kosten betragen für Paris und Städte mit über 80 000 Einwohnern 80 für Städte mit 20 000 bis 80 000 Ein- 1141