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242. 18. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. 12349 graphie eines Daumier, Charlet, Raffet, Grevedon, Deveria, Gavarni; unter den Radierungen Blätter von Meryon, Braque- mont, Meissonier usw. Die alten Meister vom fünfzehnten bis siebzehnten Jahr hundert in der ersten Abteilung des Kuhnenschen Katalogs bieten ein vollständiges Bild alter graphischer Kunst. Auf diesem weiten Gebiete wurde Kuhnen durch seine Vorliebe für holländische Stecher und im besonderen deren Porträts geleitet, so daß die Werke von Goltzius und seiner Schule bis Delff, Suyderhoef und den Stichen der Familie Wierix mehr zu Worte kommen als etwa die holländischen Radierer. Obenan steht ein wunder volles Exemplar der Ikonographie von van Dyck, das fast vollständig mit Ausnahme der eigenhändigen Radierungen in ersten Plattenzuständen zusammengebracht wurde. Es soll nur im ganzen verkauft werden und ist im Katalog ausführlich beschrieben. Es dürften wenig schönere Exemplare dieses Haupt werkes existieren. Unter den Porträtstichen Delffs und Suyderhoefs befinden sich eine Anzahl allererster Qualitäten. Das Goltzius- und Wierix-Werk enthalten große Seltenheiten. Doch auch die andern Schulen sind nicht zu kurz gekommen. So verzeichnet der Katalog prächtige Exemplare der großen dekorativen Stiche der Antwerpener Schule, meist nach Rubens und van Dyck, ein fast vollständiges Waterloo-Werk, eine größere Sammlung von Stichen Callots und nicht zuletzt eine Serie von Radierungen Rembrandts mit manchem hervorragenden Einzelblatt. In dem von Kuhnen gesammelten ausgezeichneten Dürer-Werk findet sich manche große Kostbarkeit und Seltenheit. Auch unter den Blättern von Schongauer und von den Kleinmeistern finden sich manche vorzügliche und brillante Abdrucke. Die Italiener treten der Zahl nach wesentlich zurück. Auch in der ersten Abteilung findet sich die besondere Vorliebe für sitten-, kultur- und kostümgeschichtliche Bilder, welche die Sammlung so anziehend machen. Die pracht volle Reihe der Stiche nach Peter Breughel dürfte in der vor handenen Qualität außerordentlich selten sein. Der Boernersche Katalog enthält kein Blatt, das nicht zur Sammlung Kuhnen gehört hatte. Jubiläum von »Illustrarab l'iäsucks«, Kopenhagen. Am 1. Oktober war ein halbes Jahrhundert verflossen, seit die illustrierte wöchentliche Zeitschrift »IlluZ^reroä 'l?iä6uck6« (in Format und Ausstattung der »Jllustrirten Zeitung«) in Kopen hagen zu erscheinen begann. Sie feierte den Abschluß ihres fünfzigsten Jahrgangs (über ihre Vorgänger vgl. Börsenblatt 1908, Nr. 267) mit einer umfangreichen Festnummer (Einzelpreis 1 Kr.). Der Umschlag bringt eine kolorierte Zeichnung von Prin zessin Marie, die Titelseite schmücken Bildnisse der vier Gründer des Blattes, nämlich der Inhaber der jetzt erloschenen Verlags- sirma »^orlaAsdursauet.«, der Buchhändler G. E. C. Gad, Fr. Hegel, C. C. Lose und O. H. Delbanco. Auf Anregung Delbancos (lange Redakteur des dänischen Buchhändlerfachblattes) wurde das Blatt geschaffen und er selbst der erste Textredakteur, während Lose den Bilderstoff besorgte. Dieser holte den dänischenHolzschneiderH.P. Hansen für das xylographische Atelier der Zeitschrift aus Leipzig heim. Die Leitung desselben batte bis 1863 Obermann, dann der Sachse Georg Pauli; beide kamen von der Leipziger »Jllustrirten Zeitung«. Mit Pauli wuroe für die Zeitschrift eine Hauptkraft gewonnen, er wurde 1892 ihr Besitzer und blieb es, bis er unter dem Druck des scharfen Wettbewerbs der vielen neuen, die Aktualität pflegenden dänischen illustrierten Wochenschriften, 1908 das Blatt an den jetzigen Verleger, Louis Henius, übergehen ließ. Manche Verbesserungen in der Illustrierung und dann die Ein führung der modernen Reproduktionsverfahren, Zinkätzung und Autotypie, statt des Holzschnitts — in deren technischer Herstellung es ihm nach rastlosen Versuchen gelang, sich vom Ausland unab hängig zu machen —, sind Paulis Verdienst. korlaxLdureaust verstand es, die Zeitschrift siegreich aus dem Kampf mit der Konkurrenz zu führen. Es kaufte 1880 die seit 1872 bestehende Zeitschrift »Mr o§ k'järn« an, die damit zu er scheinen aufhörte, und machte deren Herausgeber Peter Hansen (Verfasser einer großen dänischen Literaturgeschichte) zum Re dakteur. 1884 verschmolz es auch das seit 1877 bestehende »Iläs OA Hjeinuie«, eins der schönsten dänischen Kunst- und Literatur blätter, mit dem eigenen Unternehmen. Gleichzeitig wurden, mit dem Beginn des 26. Jahrgangs, Text- und Bildredaktion ver- Börscnblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang seinem ersten Jahre viele neue Mitarbeiter namentlich unter den Führern der literarischen Linken, u. a. Carl Ewald, die Brüder Georg Brandes (den ersten festangestellten Theaterkritiker des Blattes) und Edward Brandes (den Dramatiker und Dramaturgen), Erik und Amalie Skram, Schandorph und später Holger Drachmann. Seine zweite Nummer, für die Galschiöt zur Darstellung des großen Brandes von Schloß Christiansborg in Kopenhagen, das erst heute aus den Ruinen sich wieder zu erheben beginnt, eine Reihe von Zeichnern in Bewegung setzte, war in Schnelligkeit und Vollständigkeit für damalige Zeit eine bedeutende Leistung und fand reißenden Absatz (wohl über 50000 Exemplare), auch die Holberg-Nummern im Jahre 1885 schlugen gut ein. Der Jahres preis wurde von 20 auf 12 Kr. herabgesetzt, was viele neue Abonnenten brachte; eine Zeitlang hatte man 4000. Im Jahre 1892 übertrug der neue Besitzer, Pauli, Einar Christiansen die Leitung. Als dieser 1899 Direktor des Königlichen Theaters wurde, wechselte die Redaktion in kürzeren Zwischen räumen mit L. C. Nielsen, Chr. Gulmann, Helmer Lind und Vilh. Ostergaard, bis 1908 der jetzige Redakteur, W. Thulstrup, die Leitung bekam. Außer Artikeln der früheren Schriftleiter mit Schilderung ihrer Redaktionszeit, umrahmt vou einer sehr großen Anzahl kleiner, aber guter Porträts wohl aller früheren und heutigen Mitarbeiter, enthält die Festnummer Jubiläumsgrüße von diesen in reicher Mannigfaltigkeit, teils in Poesie, teils in Prosa, teils in Form von Originalzeichnungen; Beiträge z. B. von Sophus Bauditz, der uns verrät, daß seine erste Novellein »Illu^roret.'I'ickeucls- stand, von Professor Wilhelm Andersen, der gleichfalls hier mit seinen Literatur- und Theaterartikeln debütierte, von den Kunsthistorikern Karl Madsen und Emil Hannover u. a. m. Viele bekannte Männer und Frauen teilen Erinnerungen darüber mit, welchen großen er zieherischen Einfluß die Jahrgänge des Blattes in den Tagen der Kindheit und Jugend auf sie gehabt haben, zuerst im Elternhause als Bilderbuch, dann als Darstellungen der Zeitgeschichte. Die dänischen Königstöchter: Königin Alexandra von England und Kaiserin Dagmar von Rußland sandten der »IIlu8t.r6r6t.'1'i<l6ncls« als Jubiläumsgruß eine mit ihren Namen gezeichnete große Photo- graphie, die die beiden Herrscherinnen in ihrer gemeinsamen dänischen Sommerwohnung, der Villa »Uviäörs« am Sund bei Kopenhagen, zeigt. Das Bild ist in Nr. 2 des 51. Jahrgangs reproduziert. Dieselbe Nummer bringt Wiederabdrucke aus alten Jahrgängen von Bildern großer Ereignisse. G. Bargum. Vom »'I'lisZaiirus linxiiLs Latinas«. — Während die deutschsprachlichen Lexika großen Stils — man vergleiche in Nr. 237, S. 11 981 den Auszug aus Professor Ludwig Fränkels Aufsatz »Das Schicksal des deutschen Technolexikons« — langsam, oft schneckenmäßig vorwärts rücken (wofür das größte, das Grimmsche, zugleich das drastischste Beispiel ist), manche sogar ganz aussetzen, schreitet der mächtige '1'b68auiu8 Inn§uas I^atinas rastlos fort. Am 11. und 12. Oktober tagte in München, wo ja die Redaktion und die gesammelten ausgedehnten Materialien sich befinden, die interakademische Kommission für das großartige Unternehmen, bestehend aus den Vertretern der beteiligten Akademien der Wissenschaften: den Universitätsprofessoren der Philologie K. Brugmann (Leipzig), H. Diels (Berlin), Hauler (Wien), F. Leo (Göttingen), Fr. Vollmer (München), welch etzterer den Vorsitz führte als ehemaliger Generalredaktor und Amtsnachfolger auf dem Lehrstuhl des eigent lichen Gründers des l'bogaurr^, Geheimrat Ed. v. Wölfflin. Dieses im Vorjahre Heimgegangenen ausgezeichneten Latinisten gedachte die Kommission pietätvoll, auch deshalb, weil seine letztwilligen Zuwendungen die Hilfsbücherei der Thesaurus- Zentrale aufs erfreulichste vervollständigt haben (wozu dankens werte einschlägige Geschenke einzelner Verlagshandlungen kamen), desgleichen des verdienten kürzlich in den besten Jahren ver storbenen früheren Redakteurs Professor Ihm. Im Vertrauen auf wohlwollende Zusagen der beteiligten Regierungen, die eine Vermehrung der jährlichen Zuschüsse erhoffen lassen, wurden jetzt alle verfügbaren Mittel aufgewandt, um die Zahl der Mitarbeiter auf den höchsten Stand zu bringen und dadurch die Vollendung 1604