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14900 Börsenblatt f. b. Dtschn. vuchhanve.,- Nichtamtlicher Leü. ^ 278. 1. Dez^müer 1^1^ arbeitete Radierungen allgemein gefallen und zum Teil be reits verkauft wurden. Eine ganz prächtige Arbeit ist das Blatt »Die Welträtsel« betitelt. Dargestellt ist der Erdball und um ihn herum eine Anzahl von Gelehrten verschiedener Wissensgebiete, alle bemüht, die Geheimnisse des rätsel haften Planeten zu ergründen. Der eine betrachtet seine Oberfläche durch ein Vergrößerungsglas, der andere legt gespannt lauschend sein Ohr an die Erdrinde, indessen wieder andre, in tiefes Sinnen versunken, durch Nachgrübeln zu erfassen suchen, was die Welt »im Innersten zusammenhält.« — Der jetzt in München tätige Leipziger Richard Preuße bietet der Öffentlichkeit zum ersten Male einen Zyklus von Radie rungen — betitelt »Von der Vernichtung«. Es sind dies etwas bizarre, doch nicht uninteressante Einfälle. Neue Gedanken sprechen aus ihnen, darum wollen wir nicht achtlos daran vorübergehen. Zwei feine Bleistiftzeichnungen und einige famose Radierungen beschert uns Ernst Liebermann: ein Nachtbild von den Ufern der Donau und ein Motiv aus einem freundlichen fränkischen Städtchen. Teils dem sonnigen Süden, teils unserer nordischen Heimat entstammen die Blätter, die Waller Waentig ausstellt. Es sind stimmungs volle Landschaftsbilder, unter denen »Der Buchenwald« uns als besonders gelungen erscheinen will. Äußerst geschickt und mit erstaunlich wenigen, sicher sitzenden Strichen stellt Max Wolffhügel eine kleine Zahl Frauengestalten vor uns hin, die wir der Aufmerksamkeit der Besucher empfehlen. Zum Schluß wollen wir nicht unterlassen, ein Porträt Max Halbe's zu nennen, das Hubert Wilm soeben vollendete — ein treffliches, wirklich lebenswahres Bildnis des oft genannten Dichters; — des weiteren auf ein freundliches Interieur hin zuweisen — ein Bodenkämmerchen — gezeichnet von Luise Thiersch, eine fleißige und geschickte Arbeit. (Schluß folgt.) Kleine Mitteilungen. * Geschäftsjubiläum. — Auf fünfzig Jahre ihres Bestehens und Wirkens blickt am heutigen 1. Dezember 1910 die geachtete Buchhandlung Josef Weeber in Friedland (Böhmen) zurück. Sie würde am I. Dezember 1860 eröffnet und führte zuerst die Firma Jannasch <L Helbig', später Julius Helbig. Im Dezember 1891 übernahm sie Herr Josef Weeber und gab ihr die Firma seines Namens, unter der sie sich in erfreulicher Weise weiter entwickelt hat. Zu ihrem heutigen Ehrentage begrüßen wir sie mit unfern aufrichtigen, guten Wünschen für weiteres Gedeihen und Blühen. Red. * Geschäftsjubiläum. — Ein Jubiläum fünfundzwanzig jährigen ehrenvollen Bestehens darf am heutigen 1. Dezember die Buchhandlung M. von Nordheim in Zella St. Blasii (Thüringen) feiern. Seit 1900 ist die Handlung im Besitz von Herrn M. Kaufhold, dem wir zum festlichen Tage unsere besten Segenswünsche aussprechen. Red. * Gegen Schundliteratur. Ausstellung. — Die »Weser- Zeitung« (Bremen) vom 23. November schreibt: Eltern und Erziehern, erwachsenen Freunden der Jugend überhaupt, ist der Besuch der Ausstellung, die morgen, Donnerstag, nachmittags um 6 Uhr, im Mittelstock des Lesehallen-Gebäudes eröffnet wird, bestens anzuraten. An einer Fülle von Beispielen wird dort zu sehen sein, mit welcher literarischen Giftmischerei an den Seelen der Unmündigen und Urteilslosen gefrevelt wird. Statistische Tafeln und Sammlungen von Preßberichten werden den riesigen Umsatz dieser Literatur und ihre Rolle in der Kriminalität vor Augen führen. Anderseits wird eine Sammlung derjenigen billigen Unterhaltungs literatur für jung und alt vorgeführt werden, die sich durch Treff lichkeit des Inhalts und niedrige Preise vornehmlich eignet, der Schund- und Kolportageware im Leben der Jugendlichen und Unerfahrenen Konkurrenz zu machen. Auch eine Sammlung in struktiver Abhandlungen, die über das Thema »Schundliteratur« orientieren, liegt in der Ausstellung auf. * Vom Reichsgericht (Nachdruck verboten. Unlauterer Wettbewerb. — Die Fabrikanten L. und R. W. in Ben- feld i. E. hatten die Konkurrenzfirma G. L L. in Frank furt a. M. ersucht, ihnen eine Musterkollektion ihrer Waren unter Angabe der Engrospreise zu senden, nach der sie ihre Be stellung machen würden. Vor Übersendung der bestellten Muster kollektion verschaffte sich die Frankfurter Firma die ausdrückliche Zusicherung, daß die Auswahlsendung nicht zu Konkurrenzzwecken mißbraucht, sondern sofort nach der Auswahl wieder zurück gesandt werde. Die Bestellerin gab auch wirklich einen Auftrag zur Lieferung. Die Musterkollektion übergab sie jedoch ihrem Reisenden, der damit in Frankreich und im Elsaß Bestellungen sammeln sollte. Die Frankfurter Firma mußte später der Be stellerin erklären, daß sie den ihr gewordenen Auftrag nicht oder nicht innerhalb der bestimmten kurzen Frist ausführen könne. Letztere glaubte sich deshalb berechtigt, um den ihrem Reisenden gewordenen Aufträgen Nachkommen zu können, teils nach den Vorlagen der Kollektion, teils auch nach den von Kleinhändlern der Frankfurter Firma aufgekauften Mustern selbst Waren der bestellten Art anzufertigen. Die Firma G. L L. in Frankfurt er blickte darin sowohl einen Verstoß gegen die vertraglichen Ab machungen wie auch gegen die guten Sitten, der ihr gegenüber zu Schadenersatz verpflichte. Das Landgericht Straßburg hatte den Behaup tungen der Beklagten nachgegeben, sie sei zur Anfertigung der Waren gezwungen gewesen, um sich selbst vor Schaden aus den übernommenen Aufträgen zu bewahren, und hatte in dem Vor gehen der Beklagten weder eine vertragliche Verletzung noch einen Verstoß gegen Treu und Glauben erblickt und die Schadens ersatzklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Colmar dagegen hatte die Klag ansprüche dem Grunde nach als gerechtfertigt anerkannt. Die streitenden Parteien seien Konkurrenzfirmen, indem sie beide gewerbsmäßig gewisse Waren unter den gleichen Absatz verhältnissen vertrieben. Aus diesem Grunde habe die klagende Firma vor Absendung ihrer Musterkollektion die ausdrückliche Zusicherung verlangt und auch erhalten, daß die Auswahlsendung nicht zu Konkurrenzzwecken mißbraucht und alsbald wieder zurückgeschickt werde. Man brauche nun gar nicht erst so weit zu gehen, die Behauptung der Klägerin für wahr anzusehen, die ganze Bestellung der Beklagten sei nur ein Scheinmanöver gewesen, gerichtet darauf, die Muster und die Engrospreise kennen zu lernen. Jedenfalls habe nach Lösung des Vertragsverhältnisses für die Beklagte die Pflicht be standen, die Musterwaren sofort zurückzusenden. Dieser Pflicht sei die Beklagte aber nicht nachgekommen, sondern habe die Muster nachgeahmt, um die ihr gewordenen Aufträge auszuführen. Um sittenwidrig zu sein, sei nicht nötig, daß die Nachahmung ein besonderes Recht der Klägerin verletze. Es genüge viel mehr, daß die Nachahmung in dem Bewußtsein geschehen sei, durch sie den Sittenanschauungen der betreffenden Kreise, insbe sondere den Anschauungen ehrbarer Fabrikanten zuwiderzuhandeln. Die Beklagte habe die besonders zusammengestellte Musterkollektion nur zu vorübergehendem Gebrauche und gegen die Zusicherung erhalten, solche Waren nicht selbst zu fabrizieren. Sie habe dadurch Geschäftsverhältnisse der Klägerin erfahren, deren Kenntnis sie auf andere Weise nicht erlangt haben würde. Deshalb habe sie sich klar sein müssen, daß sie das Vertrauen der Klägerin gröblich täuschen und dem Anstandsgefühl billig denkender Menschen und des ehrbaren Kaufmanns zuwiderhandeln würde, wenn sie diese Kenntnis in irgendeiner Weise zu Konkurrenzzwecken verwerte. Dabei sei es einerlei, ob die nachgeahmten Waren eine besondere Spezialität der Klägerin seien oder gar Musterschutz genössen. Daß der Klägerin Schaden erwachsen sei, brauche nicht erst bewiesen zu werden, denn es sei eine allgemeine Erfahrungs regel, daß jede Konkurrenz Vermögensschaden bringe. Das be wußte Handeln der Beklagten verpflichte deshalb nach ß 826 als Verstoß wider die guten Sitten zu Schadenersatz, und es brauche nicht erst geprüft zu werden, inwieweit die Beklagte auch ver traglichen Abmachungen entgegengehandelt habe. Entgegen der Revision, die behauptete, es sei keine sitten widrige Konkurrenz, nicht geschützte Muster einer anderen Firma nachzuahmen, stellte sich das Reichsgericht gleichfalls auf den Standpunkt, daß die Beklagte sittenwidrig und wirkungsvoll Kon-